Zürcher Erfolgserlebnisse

SCHWEIZ Z†RICH WINTERTHUR

Unlängst, meine Damen und Herren, las ich im Flugzeug die deutsche Ausgabe von «Cosmopolitan». Und auch aus einem Blatt, das trotz seiner vorgeblichen Fixierung auf Sex in einer nachgerade bestürzenden Schlichtheit an biederen Geschlechterrollenbildern festhält, kann man noch was lernen. In meinem Fall den Ausdruck: Mastery-Erlebnis. Damit wird populärpsychologisch ein Erfolg bei der Bewältigung einer schwierigen Situation bezeichnet, der den Glauben an die eigenen Fähigkeiten stärkt, mithin die Selbstwirksamkeitserwartung positiv beeinflusst. Also ungefähr das, was man früher «Erfolgserlebnis» nannte. Und das hat mich wahnsinnig inspiriert. Man muss ja nicht immer gleich Mandarin lernen oder seine persönliche Triathlon-Bestzeit überbieten. Nein: Mastery ist vielmehr gerade im Alltag wichtig. In Zürich sieht das zum Beispiel so aus:

  1. Am Hegibachplatz von der 31 auf die Linie 11 umzusteigen, ohne dass das Tram einem vor der Nase wegfährt.

  2. Bei Sprüngli die nette Verkäuferin zu erwischen.

  3. Am richtigen Tag das Papier für die Abfuhr rauszustellen.

  4. Einen Parkplatz im Seefeld zu finden. Direkt vor dem Restaurant.

  5. Die richtige Spur vor dem Gotthard zu erwischen. (Okay, dies wäre eher eine landesweite respektive sogar europaweite Mastery Challenge; ich habe nur gerade gestern wieder diese Stehen-wir-in-der-richtigen-Spur-oder-eventuell-nicht-Diskussion geführt, weshalb mich das noch umtreibt.)

Bild oben: Wehe, man verpasst in Zürich den richtigen Tag, um das Altpapier rauszustellen (siehe Punkt 3). Foto: Nicola Pitaro

12 Kommentare zu «Zürcher Erfolgserlebnisse»

  • tststs sagt:

    Also, das mit dem Zeitungspapier würde ich als Bachelory-Erlebnis bezeichnen (kommt ja jede Woche und trotzdem scheitern so viele daran); Mastery ist dann der Karton 🙂

    • Heidi sagt:

      Nö, Mastery ist wenn man es am entsprechenden Tag vor 7 Uhr schafft und nicht illegal am Abend vorher in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Oder, alternativ, wenn man während besagter Aktion nicht vom Hausdrachen (made in Switzerland) erwischt wird.

    • tststs sagt:

      @Heidi: Made my day… Sie wohnen dämfall auch am Anfang der Route???

  • Oscar Wilde sagt:

    Der Zürcher Musiker Ian Constable hat mal einen Song geschrieben, der hiess: „Mitm Auto uf Züri“. Der Refrain ging: „Ich han es Auto und ich fahre uf Züri“. Vielleicht wäre es mal an der Zeit für einen Song mit dem Titel: „Ich wohn in Züri und fahre Auto in Züri“.

  • Meinrad Angehrn sagt:

    Ad 3: Ich hoffe nur, dass Sie nichts Selbstgeschriebenes ins Altpapier geben. Das wäre sehr schade!

  • Christian Weber sagt:

    Ich dachte, richtige Zürcher hätten kein Auto.

  • Rémy sagt:

    In Basel sieht das so aus:
    1. In weniger als 30 Minuten mit dem Auto über den Aeschenplatz fahren
    2. Über den Bahnhofplatz laufen, ohne einmal vom Tram angeklingelt werden
    3. Auf einen frischgelehrten Dosencontainer zu stossen
    4. Im 8er um 17.15 Uhr einen Sitzplatz zu ergattern (oder im 6er, oder 3er, oder 11er)
    5. Mit dem Auto durch die Stadt fahren ohne sich innerlich ein Velofahrer-Genozid zu wünschen

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