Weshalb immer Anzug und Hemd?

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Sehe ich jeweils die Männermode in den Schaufenstern, ärgere ich mich immer. Wieso gibt es immer nur diese furchtbar langweilige Kombination von Kittel-mit-Hose, Krawatte und Hemd? Ich erwarte kein Zurück zu Mozarts Perücke mit hellblauen Knickerbockern, weissen Strümpfen und schwarzen Schnallenschuhen – aber die Männermode soll endlich loskommen von dem, was ich beschrieben habe. Damit auch die Banker mal etwas legerer und entspannter zur Arbeit gehen dürfen. C.P.

Liebe Frau P.,
ich werde mir erlauben, eher den praktischen Ansatz zu verfolgen statt des empathischen, denn es berührt mein Herz wenig, was die Bänkler zu tragen gezwungen sind. Abgesehen davon: Ich mag Anzüge. Ich mag Kittel. Und Hemden. Darum weiss ich jetzt auch gar nicht, was Männer sonst anziehen sollten. Kurze Hosen mit Kniestrümpfen? Jogginghosen? Im Schritt hängende Jeans? Auch weiss ich nicht, weshalb hierzulande so allergisch auf Kleidervorschriften reagiert wird. Es dünkt mich, als meinten Schweizerinnen und Schweizer, sie würden dadurch in ihrer Entfaltung und in ihrer höchst persönlichen, sozusagen verfassungsmässig garantierten Freiheit eingeschränkt.

Sehen Sie, ein Hemd macht einen schöner als ein lausiges T-Shirt, eine anständige Hose schicker als eine ausgebeulte Manchesterhose. Zudem kommt es den allermeisten entgegen, wenn sie mithilfe des Textils – konkret: mit einem Anzug – ein bisschen etwas aus sich machen können. Niemand will hässlich sein, was völlig logisch ist, weil alle Menschen viel lieber etwas Schönes anschauen als etwas Hässliches.

Vanessa Friedman, die kluge, abtretende Modekorrespondentin der «Financial Times», erklärte unlängst, wie sehr es sie ermüdet habe, während 13 Jahren immer wieder erklären zu müssen, weshalb ihr Titel eine Moderedaktorin beschäftige. Abgesehen davon, dass die Frage von wenig wirtschaftlichem Verständnis zeugt, schwingt zudem eine schmallippige und schlecht gelaunte Haltung der Mode gegenüber mit, im Sinne von: Weshalb zum Teufel hält eine Zeitung vom Schlage einer «Financial Times» so etwas Unwichtiges wie die Mode für berichterstattungswürdig? Friedmans Antwort: «Mode ist deshalb wichtig, weil die Menschen nicht nackt durchs Leben gehen.»

15 Kommentare zu «Weshalb immer Anzug und Hemd?»

  • Peter sagt:

    Der Mann ist ein Augentier. Bester Beweis: Je optisch ansprechender sich eine Frau darstellt, je höher sind ihre Chancen bei der Männerwelt. Gleiches gilt auch untereinander. Einem Mann im Anzug wird von seinen Geschlechtsgenossen viel eher Kompetenz unterstellt, als würde die gleiche Person in Jeans daher kommen. Das Paradoxe an der Situation ist, das Männer es eigentlich wissen müssten, das das nicht immer so ist. Aus diesem Grund wird sich an der Männermode in der Vorstandsetage nichts ändern.

  • Anh Toan sagt:

    Gebe es keine Mode, wäre Sie zumindest unwichtig, würden die Menschen nackt durchs LKeben gehen, ausser es wäre kalt oder nass, dann ziehen Sie etwas an, was sie vor Kälte oder Nässe schützt. Lebt man an sehr heissen Orten, zieht man Ohne Mode etwas an, was einem vor Hitze schütze.

    Bei Anzug, Kittel, Hemd und vor allem Krawatte, dominiert die Form („machen einen schöner“), über die Funktion, das Zeugs braucht man so dringend wie ein Kropf.

    Heute tragen eigentlich nur noch Drogengrosshändler, Politiker, Banker und Anwälte Anzug und Krawatte……

    • Anh Toan sagt:

      Mir sind da noch ein paar Leute eingefallen, die vornehmlich Anzug, Hemd und Krawatte tragen: Bestattungsunternehmer, Scientologen, Versicherungsvertreter und Autohändler, wobei man letztere den Bankern oder Versicherungsvertretern zuordnen könnte, denn die Autos brauchen sie nur, um Kredite und Versicherungen zu verkaufen.

      Auf alle Fälle alles Menschen, von denen man sich im Allgemeinen soweit als möglich fern hält.

      P.s. Das alller aller Schlimmste aber, sind billige Anzüge und Krawatten.

  • Irene feldmann sagt:

    Die Verpackung, in diesem Fall das Outfit, hat einen großen Einfluss auf die bevorstehenden Ereignisse. Stellen sie sich vor, die softicekugel würde ihnen in die offene Hand geklatscht und nicht in dieses frische, knusprige Biskuit??? Und so wenn der BANKER mit rastazöpfen, heilandschuhen, zerlöcherten Shorts und von Schweiß stehenden Shirt sie in die Kunden Beratung einlädt, werden sie sich 5 mal überlegen, ob diese Bank ihren Ansprüchen entspricht oder sie vielleicht doch mit ihrem Ersparten ein quartier Lagerfeuer veranstalten möchten….

    • Gummibaer sagt:

      Eben nicht. Ich will mit dem Mann reden der es sich dank seiner Position leisten kann mir in Dockers und einem gut passenden Hemd entgegenzutreten, nicht mit einem Lakaien dem befohlen wird einen Anzug und dieses unsaeglich unnuetze Wuergetuch um den Hals zu tragen.
      Der Vergleich mit der Softeiskugel hinkt. Niemand will die Leute nackt praesentiert haben.
      Aber: das schoenste Ei kann innen faul sein !

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