Der härteste Job der Welt

Man vergisst gerne. Das sagen jene, deren Kinder schon gross sind. Und zwar dann, wenn solche mit kleinen Kindern fragen, ob das eigentlich ewig so weitergehen wird. Mit dem Stress, den unterbrochenen Nächten, den blank liegenden Nerven und dem ganzen Chaos, das kleine Kinder so mit sich bringen. Ja, man vergisst, und bald vergisst man, dass man vergessen hat, und betrachtet die kleinen Knirpse der anderen und denkt an die faszinierende Zeit zurück, als die eigenen Kinder kleine Dreikäsehochs waren, ihre ersten Schritte machten, wie Mini-Godzillas herumwankten und mit kindlichem Ernst so taten, als seien sie schon ganz gross und vor allem sehr ernst zu nehmen.
Ernst zu nehmen ist vor allem das, was Mütter so leisten. Das ging mir vergangenes Wochenende wieder einmal auf, als ich die beiden Kinder meiner Schwester über Nacht hütete. Es war keine aussergewöhnlich schlimme Nacht, sondern Durchschnitt. Zwar übernachteten die beiden an einem fremden Ort, zudem gab es ein Quartierfest samt Disco, was bedeutete, dass die Kleinen lange keinen Schlaf fanden und in der Nacht ein-, zweimal aufwachten und Trost brauchten.
Nach einem Morgen mit Spielen und Streiten und Aufräumen und noch mehr Spielen und Aufräumen holte meine Schwester ihre Kinder ab. Ich blieb mit meinen eigenen Kindern so erschöpft zurück, als hätten wir gerade den Ironman absolviert. Und ich dachte: Muttersein ist wirklich der härteste Job der Welt. In der Nacht, als die Dreijährige nicht schlafen konnte, rief sie nach ihrer Mutter. Ich will meine Mama, sagte sie. Meine Mama. Es mag Fälle geben, da der Papa verlangt wird, aber das werden Einzelfälle sein. So modern und präsent der Papa im Familienalltag auch sein mag, im Zweifelsfall muss es die Mama richten. Ich spielte also die Mama, legte mich zur Kleinen und sie kuschelte sich an mich und schlief ein. Nicht ihre Mama zwar, aber immerhin eine Frau.
Jetzt erinnere ich mich dafür wieder, was es heisst. Den Körper herzugeben in der Schwangerschaft, den Körper herzugeben nach der Geburt, das Kleine zu stillen, jede Nacht geweckt zu werden, immer verlangt zu werden und immer da zu sein. Denn so modern man den Familienalltag auch gestalten mag, diese Rolle nimmt einem niemand ab.
Ich habe es versucht. Ich habe bei beiden Kindern nach vier Monaten wieder zu arbeiten begonnen, der Papa war zu Hause. Ich habe die finanzielle Verantwortung für die Familie getragen, ich habe im Job Leitungsfunktionen übernommen und mich gegen Konkurrenten durchgesetzt. Das Arbeitsleben kann einem auch viel abverlangen. Aber es ist nur Arbeit. Bei der Mutterschaft geht es um Leben. Das ist eine viel umfassendere Art von Verantwortung – und Freizeit gibt es auch nicht.
Es geht hier nicht darum zu sagen, die Väter machten zu wenig. Heutige Väter sind im Schnitt wohl die aktiveren und präsenteren Väter als noch die Generation zuvor. Aber was die Mütter leisten, wissen wohl nur andere Mütter. Und das verdient grössten Respekt. Mutterschaft ist wirklich der härteste Job der Welt – oder vielleicht auch der weichste Job. Weil man weich sein und annehmen und geduldig sein muss. Das ist sehr oft viel anstrengender, als Härte zu zeigen.
Vielleicht wird man auch etwas weich in der Birne, durchaus möglich. Wenn Sie das jetzt nach der Lektüre dieses Blogs gedacht haben, dann wissen Sie wenigstens, warum.
Bild oben: Dieses Kind scheint zu schätzen, was Mama alles macht.
72 Kommentare zu «Der härteste Job der Welt»
Im Grunde genommen ist es schon Krass, Frau zu sein: Mutter sein ist der härteste Job der Welt, darüber sind alle einverstanden, aber wenn sich eine Frau der Aufgabe nicht stellen will wird sie nach strich und faden fertig gemacht (siehe der abschätzige Bericht in der Pendlerzeitung-am-Abend vom 07.07.14 über den Wunsch von Cameron Diaz, Kinderfrei zu bleiben)
Wenn man dazu noch alle anderen Unannehmlichkeiten rechnet, bin ich doch froh über mein Y Chromosom!
Ein Job den man in der warmen Wohnung in Pyjamas erledigen kann soll also der Härteste sein? Vermutlich würden Bergarbeiter, Feuerwehrleute, Arbeiter auf Oelbohrplattformen, Näherinnen in Bangladesh etc etc etc. da widersprechen. Ist aber nur eine Vermutung 😉
Der werte Herr denkt tatsächlich, dass frau nur daheim sitz, wenn sie Kinder betreut?
Der Arzt kommt vorbei & die Spielgefährten kommen auch alleine angelaufen & die Einkäufe beamen sich automatisch in den Kühlschrank?? Putzen, bügeln & kochen, mit dem Kind draußen spielen & so viel mehr erledigen wohl die wenigsten im Pyjama auf der Couch sitzend.
Bergarbeiten, Feuerwehrleute, Oelplattformarbeiter (können übrigens auch Frauen sein!) und selbst die Näherinnen (oder Näher!) haben aber auch mal Feierabend! Als Mama & Papa hat man den aber NICHT. Was man nie gmacht hat, kann man nicht beurteilen!
Was Väter leisten, wissen wohl in dem Fall auch nur andere Väter….
Und die Autorin weiss darum auch gar nicht wie viel dies ist und kann dies fogedessen nicht vergleichen?
Sorry, aber soche Beiträge sind einfach nur tendenziös, voller Vorurteile und blöd um nicht gerade zu sagen beleidigend für alle veantwortungsvollen Väter.
@ alle Väter: Erstaunlich. Ich schreibe: Was Mütter leisten, verdient Respekt. Und alle Väter hier: Tendenziös! Sexistisch! Es scheint heute schon politisch inkorrekt hervorzuheben, was Mütter verdammt nochmal jeden Tag leisten. Traurig.
Mich stört sehr, wie Sie an dieser Stelle alle Väter in einen Topf werfen, Fr. Binswanger. Ich bitte Sie etwas mehr zu differenzieren, denn das können Sie wirklich besser.
@Frey: Was meinen Sie mit „alle Väter in einen Topf werfen“? Ich würde behaupten, in diesem Blog geht es überhaupt nicht um Väter.
Sie sind es doch, die hier „alle Väter“ explizit benennen. Ihre Emotionalität ist Ihnen unbenommen, aber Sie legen hier kollektiv allen Vätern Pauschalisierungen in den Mund. Ich bin auch Vater, arbeite mehr als 100%, stehe oft jede Nacht vor meiner Frau auf (ganz einfach weil ich die Kinder oft zuerst höre) und fühle mich nicht angesprochen. Sie haben mich jedoch mitgemeint.
Liebe Frau Binswanger, wenn Sie in einer Geschichte, in der es nur zwei Parteien gibt – hier Mutter und Vater -, die Leistung der einen Seite extrem hervorheben und gar als unvergleichlich bezeichnen, mindern sie automatisch – ob Sie es wollen oder nicht – die andere Seite herab. Wie kommen Sie z.B. dazu, zu behaupten, alle Kinder würden in der Nacht stets nach der Mamma schreien, nie nach dem Papa, nur weil dies gerade in Ihrer Familie so ist? Mein Mann arbeitet Vollzeit, ich Teilzeit. Die Kleine schreit in der Nacht mindestens so oft nach ihm wie nach mir. Für mich hat er den härteren Job.
Schöner Artikel zu einem oft vergessenen Thema. Eine Fulltime-Mutter und Hausfrau verrichtet eine unglaubliche Arbeit, völlig unabhängig davon, ob sie später wieder in den Beruf einsteigt oder nicht. Einzig der Abschnitt über die Papis finde ich nicht ganz zeitgemäss. Persönlich arbeite ich mehr als 100%, stand aber jahrelang jede Nacht auf wenn gerufen wurde, und zwar einfach weil ich es zuerst hörte. Und so geht es sicher vielen Vätern, alles andere ist etwas ein Klischee, Fr. Binswanger.
Möchte noch folgendes Video empfehlen: World’s Toughest Job – #worldstoughestjob auf Youtube, wunderbar.
Ja, bei dieser „Care-Arbeit“ geht es ums Leben. Das würde eigentlich auch für jede andere Arbeit „draussen“ in der Wirtschaft gelten, denn was für einen Sinn hat Wirtschaft, wenn sie sich nicht um das Leben/die Menschen kümmert? Keinen.
Leider ist die Wirtschaft schon längst zum Selbstzweck verkommen und die Menschen zu ihrem Mittel.
Verkehrte Welt.