Neinsagen für Fortgeschrittene

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Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren? Wir haben kürzlich das Neinsagen geübt. Und wenn Sie sich da erfolgreich durchgekämpft haben, kommt jetzt die Stufe für Fortgeschrittene. Hier sind fünf extraheikle Situationen – wahre Proben der eleganten Verneigung. Los gehts:

 

 

  1. 1. «Willst du auch?»

    Sie kennen das: Manchmal will man als erwachsener Mensch einfach nicht an einem abgelutschten Joint ziehen oder Pillen von Fremden schlucken. Und so weiter. Geben Sie vor, Ihre eigenen Pillen zu haben. Oder gerade in einem 12-Schritte-Programm zu sein. Oder seien Sie einfach erwachsen und sagen Sie: «Das ist sehr aufmerksam, aber nein danke.»

  2. 2. «Wars schön für dich?»

    Diese Frage kann man eigentlich nur ironisch stellen. Genau wie: «Wie war ich?»

    Antworten Sie auf beides mit: «Meh.»

  3. 3. «Kann Paul / Annalena ein Praktikum bei dir machen?»

    Hier schieben Sie am besten den Drachen aus der Personalabteilung vor. Oder dass die Natur Ihres Gewerbes ein prägbares jugendliches Gemüt von Grund auf korrumpieren würde. Wofür Sie sich selbst als Beispiel hinstellen. Niemand wird widersprechen.

  4. 4. «Kannst du mich mitnehmen?»

    Diese Anfrage ist besonders gefürchtet, wenn Motormouth Moni oder Boring Beat sie im Anschluss an irgendeinen Anlass vorbringt, den Sie gemeinsam besucht haben.

    Antworten Sie: «Das geht leider nicht, denn ich nehme schon Susi mit und habe bloss einen Zweisitzer.»

    Oder: «Das geht leider nicht, denn ich muss noch in Hunzenschwil den Hund abholen.»

    Dann gibt es noch den umgekehrten, nicht weniger schlimmen Fall: Motormouth Moni oder Boring Beat fragt: «Kann ich dich mitnehmen?»

    Antworten Sie: «Das ist ja nett, danke, aber als Beifahrer werde ich seekrank.»

  5. 5. «Darf ich rauchen?»

    Neulich sah ich am Strassenrand ein Grüpplein von Sektenanhängern neben einem Plakat: «Rauchen: Wie steht Gott dazu?» Tja. Es ist zwar nicht direkt überliefert, wie Gott dazu steht; aber Gott hat mutmasslich auch nicht häufig Gäste zum Abendessen, und ich persönlich finde jedenfalls, dass man als Gastgeber seine Gäste rauchen lassen sollte, wenn sie dies wünschen. (Aber ich bin ja auch schockiert, wenn Gastgeber verlangen, dass die Gäste die Schuhe ausziehen.) Falls Sie einen triftigen Grund haben, die Frage nach dem Rauchen zu verneinen, zum Beispiel Asthma, sagen Sie das einfach. Was Sie nicht tun sollten, ist ein gequältes «Okay» vom Stapel zu lassen und dann die ganze Zeit dramatisch zu hüsteln oder mit den Händen zu wedeln. Das ist passiv-aggressiv und also wahnsinnig unhöflich.

Im Bild oben: Wenn Motormouth Moni oder Boring Beat mitfahren wollen: Taxifahrer in New York. (Flickr/NYCArthur)

15 Kommentare zu «Neinsagen für Fortgeschrittene»

  • Franka sagt:

    Gäste dürfen gern auf dem Balkon rauchen. Aber eigentlich: Ich kenne glücklicherweise keine Raucher, die so unanständig sind, zu glauben, ich wolle meine Wohnung neu mit Rauchgeschmack haben…

  • Jacques sagt:

    Wir sind ein Raucherhaushalt. Aber selbstverständlich darf man auch nicht rauchen. Für sensible Gäste gibt es auch gut belüftete Fensterplätze. Das Mitziehen an kreisenden Joints lehnen wir dankend ab. Auch aus medizinischen Gründen (vegetative Dystonie). Meine Partnerin und ich mögen uns lieber beschwipst, als an-/ abgetörnt…

  • Markus Brechbühler sagt:

    Ein schlechtes Beispiel: Eine x-beliebige Kollegin wollte von mir das Einkommen wissen. Ich erkläre ihr mehrmals, dass ich nicht offen über den Lohn spreche. Da sie als Kleinkinderzieherin arbeitet und leider des Öfteren die Art und Weise der Kunden (6Mte bis 3-Jährige Kinder) annimmt und nicht locker liess, bat ich sie ihren Lohn zu sagen. Mit einem Lächeln erwiederte ich, dass dies nicht viel ist. Ich fügte noch an, dass ich immer noch nicht über den Lohn spreche. Ein Wutanfall ihrerseits zog die Aufmerksamkeit auf uns 🙁

    Wie kann das Nein angenehmer kommuniziert werden?

    • Markus Brechbühler sagt:

      Zu ihrer Person kann angemerkt werden, dass sie oft in Fettnäpfchen tritt, sich nicht belehren lässt und eine unerwartete Antwort (Nein) zu einer späteren anhaltenden Trotzreaktion führt (vgl. 3-Jähriges Kind). Persönliche Gespräche, feine Wissenserweitrung im sozio-kulturellen Bereich ihrerseits, Diffamieren vor einer grösseren Gruppe hat alles nichts gebracht. Erst ihre Freunde kann die Diskussion mit einem kecken Kommentar (Alte, mach nicht so ein Stress) unterbinden und bringt eine gewisse zeitliche Linderung. – By the way, Madame ist führ ihre Mobbing-Attacken gekannt…

  • Christian Bolliger sagt:

    Zu 5: Wie Gott zum Rauchen steht, kann in der Bibel nachgelesen werden (Ex. 19,18 – http://tinyurl.com/jhwh-rauch). Da ich mir keine Göttlichkeit anmasse dürfen meine Gäste nur auf der Terrasse rauchen.

  • Esther Baltensperger sagt:

    Philipp Tingler, ich liebe Sie! Aus tiefstem Herzen.

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