Dick und Dove

Die Werbung hat noch nie ein besonders schmeichelhaftes Bild von Frauen gezeichnet. Schon als Kind konnte ich nicht verstehen, warum die Frau in der Palmolive-Werbung ihre Hände im Geschirrspülmittel badet («Nein, es ist Palmolive!»). Damals schon fragte ich mich in meiner kindlichen Irritation,
ob es wirklich Frauen gibt, die sich von so einer Werbung angesprochen fühlen, sich also für so dumm verkaufen lassen.
Dieselbe Frage stellte sich mir jüngst erneut mit der neuen Dove-Werbung. Die Spots der Pflegemarke sind deshalb interessant, weil sich Dove seit einigen Jahren einer Art Aufklärung in Sachen weiblicher Selbstbilder verschrieben hat. Man begann damit, dicke Frauen für Produkte werben zu lassen, und ging weiter zu den «real beauty sketches», die Frauen vor Augen führen sollten, welch unrealistischen Schönheitsidealen sie normalerweise nachrennen. «Wir von Dove möchten, dass Schönheit eine Quelle des Selbstbewusstseins und nicht der Angst ist», heisst es dazu auf der Website.
Es ist natürlich höchst erfreulich, wenn das jemand möchte. Stammt das noble Bekenntnis allerdings von einer Kosmetikfirma, darf man es schon deshalb bezweifeln, weil das Geschäftsmodell solcher Firmen zu einem schönen Anteil auf dieser Angst basiert. Das zeigt sich besonders im neuen Spot von Dove. Darin verabreicht eine als Wissenschaftlerin verkleidete Frau Kundinnen ein «Schönheitspflaster». Es sei dazu entwickelt worden, so erklärt sie, die Trägerin ihre eigene Schönheit besser wahrnehmen zu lassen. Um die Wirkung zu testen, sollten die Probandinnen ein Videotagebuch führen. Sauber ausgeleuchtet und begleitet von sich sanft steigerndem Synthiegesäusel berichten die Frauen von ihrem anfänglich angeschlagenen Selbstwertgefühl, das sich dank des Pflasters auf wundersame Weise schlagartig bessert. Eine berichtet, sie fühle sich schön, trotz des Pickels auf der Nase, eine Zweite freut sich, dass sie endlich den Mut zum Shoppen gefunden hat, und wieder eine weitere erzählt, wie sie plötzlich Menschen anlächle, ohne zu wissen, warum.
Natürlich sind alle begeistert vom Schönheitspflaster: «Es hat mein Leben verändert!» – so bekennen sie. Und sind bass erstaunt, wenn die Studienleiterin ihnen erklärt, das Pflaster enthalte keinerlei Wirkstoffe, sie hätten sich die verbesserte Selbstwahrnehmung ganz selber zu verdanken. Nach einem Moment der Verwunderung lachen die Frauen, eine weint, eine weitere sagt: «Ich bin schön, ich bin stark, ich bin unabhängig, und ich kann sein, was ich will.»
«Schönheit», so der Claim der Marke, «beginnt im Kopf.» Der Spot besagt aber eigentlich etwas anderes, nämlich: Frauen, ihr seid so doof. Nicht nur, weil es sich bei den Probandinnen nicht um ganz gewöhnliche, sondern überdurchschnittlich gut aussehende Frauen handelt, die sich scheinbar von einem Pickel auf der Nase das Leben vergällen lassen. Die Werbung zeigt so, wie bereitwillig wir uns im verzweifelten Wunsch nach Selbstoptimierung von der Kosmetikindustrie verführen lassen. Und damit sind wir genauso blöd wie die Palmolive-Frau. Vielleicht sollte sich Dove also einen neuen Claim geben: «Dick und Dove». Das wär wenigstens ehrlich.
Bild oben: Warum sollte man Hände in Geschirrspülmittel baden? Werbung, die für Frauen gedacht ist – wie diese von Palmolive aus den 60er-Jahren – hinterlässt einen oft ratlos. Foto: via Clickamericana.com
31 Kommentare zu «Dick und Dove»
Ich denke viel eher: Wir SIND schlicht und einfach so dumm! Der Jahrzehnte andauernde Erfolg dieser Kosmetik-Giganten beweist doch wie unreflektiert wir jeden Mist (entschuldigung) aus diesen Häusern konsumieren. Wir Männer sind da nicht viel besser. Nehmen wir nur all die Wässerchen und Tinktürchen gegen Haarausfall. Leute. Was tot ist, ist tot! Es gibt keine Wunder. Mein „Liebling“ sind aber die Frauen die nach 20 Jahren Solarium eine Haut wie ein 80 Jähriger Älpler mit einer „Verjüngungscreme“ verwöhnen.
Solange diese Produkte tatsächlich gekauft werden, bestätigen die Konsumentinnen dieses seltsame Frauenbild, das sie eher dümmlich darstellt. Ganz anders bei Toilettenreinigungsmittel. In diesen Werbungen möchten ich den Männern immer empfehlen, sich nach einer anderen Frau umzusehen: Eine, die nicht wartet, bis das Weiss der Schüssel kaum noch zu erkennen ist. Es kann natürlich auch sein, dass eine solche Frau, sich dann lieber nach einem anderen Mann umsieht, als diese bescheuerten Produkte zu kaufen. Gegen solche Werbung hilft nur Konsumverweigerung.
Nicht Tante Tilly die Palmolive-Frau war blöd. Die brachte das Zeugs ja unter das Volk. Bestenfalls waren die Konsumenten blöd, die das Produkt kauften und der Tilly glaubten. Und schaut man sich so an, was uns täglich im Werbeblock präsentiert wird, sind wir wohl alle schon grenzwertig randdebil. Und da fällt eben der Dove-Spot etwas aus dem Rahmen. Einfach weil er die Aussage so schön verpackt rüberbringt im Gegensatz zu anderen unsäglichen Ergüssen.
Hiess sie nicht Clementine?
Merkwürdig, dass es immer noch Werbung gibt, wenn doch alle wissen, dass dort übertrieben und gelogen wird – offenbar gefällt Werbung trotzdem.
In einem Haushalt ohne Spülmaschine aufgewachsen konnte und kann ich jedenfalls die Palmolive-Werbung sehr gut nachvollziehen, die verkündet, dass mit diesem neuartigen Spülmittel die Hände nicht austrocknen – regelmässiges Handspülen ohne Handschuhe für eine Familie sieht man nunmal den Händen an.
Dicke Frauen hat es bei Dove übrigens nie gegeben und die Frauen im neusten Spot sind auch eher durchschnittlich und nicht aussergewöhnlich hübsch
Wow, diese palmolive- Werbung wirkt bei mir noch heute….:)
Genau. Ich erinnere mich auch noch sehr gut an diese Werbung. Natürlich wird da ein etwas spezielles Frauenbild vermittelt. Doch alleine die Tatsache dass ich nach 40 Jahren oder so Palmolive immer noch mit diesem Spot verbinde zeugt doch an der Wirksamkeit der Werbung. Es gibt übrigens auch genügend Spots die Männer für dumm verkaufen. Es sind also nicht immer die armen Frauen die dran glauben müssen.