Fünf Ambivalenzen moderner Männer

Contestants of all ages compete in a motorcycle hill climb race

Das Modell Mann ist evolutionär bestens bewährt, in der modernen Gesellschaft aber unter Anpassungsdruck gekommen. Grund genug für das «Zeitmagazin», dem Thema ein ganzes Heft zu widmen, aus dem sich die These destillieren lässt, dass die Rollenerwartungen an den Mann heute so paradox sind wie die an die Adresse der Frau. Ich habe das Heft für Sie durchforstet und 5 Ambivalenzen des neuen Mannes destilliert:

  1. Der neue Mann ist ein Frosch – muss man so das Cover des Magazins mit Kermit aus der Muppet-Show lesen? Nun entspricht ein dünnes grünes Nervenbündel sicher nicht dem, was moderne Frauen bei Männern suchen. Für die «Zeit» aber verkörpert die Figur Kermit die paradoxen Anforderungen an den modernen Mann: Er muss die Show schmeissen, wird dabei von der arroganten Miss Piggy bedrängt und behält, trotz Chaos rundum, seinen Humor.

  2. Männer sind ökonomisch und politisch noch immer im Vorteil, moralisch aber im Zugzwang, schreibt Bernd Ulrich. Der Kern der neuen Rollenverunsicherung: Männer werden von emanzipierten Müttern zu zivilisierten Wesen erzogen, trotzdem wünschen Frauen sich in erotischer Hinsicht vom Mann eine wohldosierte Portion Barbarei. Womit diese ihr eigenes Heilige/Hure-Dilemma haben: Zivilisation lässt sich lernen, aber Barbarei? Dafür gibt es nur eine Lösung: Die Väter müssen ran und ihren Söhnen beibringen, was ein echter Kerl ist.

  3. Testosteron ist nicht für alles Schlechte auf der Welt verantwortlich, wie das jahrelang insinuiert wurde, so Humanbiologin Esther Diekhof. Gerade Alphamännchen mit hohem Testosteronspiegel zeigten oft sozialeres Verhalten als niedrigere Chargen – zumindest wenn es um das Wohl der Gruppe geht. Was zeigt: Sozialisiertes Testosteron macht die Welt besser.

  4. Die Konkurrenz für den klassischen Playboy ist der Cougar, also die beruflich erfolgreiche Frau im besten Alter mit dem Toyboy am Arm, schreibt Harald Martenstein. Ich warte auf die Lancierung eines entsprechenden Hefts und erwarte davon: gepflegte Interviews und Reportagen statt Diättipps und Psychokolumnen. Und natürlich Playmates, männliche und weibliche. Dann können es sich die Cougars und Playboys gemeinsam ansehen, da sie als ebenbürtige Partner miteinander wohl ohnehin am glücklichsten würden.

  5. Ein paar Worte zum Stil: Bärte sind out, sagt Tillmann Prüfer (obschon oder vielleicht weil Genfer Polizisten ihn endlich tragen dürfen?). Karl Lagerfeld aber sagt, sie sind erlaubt, sofern gepflegt und der Träger ein junger Mann. Auch erlaubt und sogar sexy: Ein kleines Bäuchlein, sagt Moritz von Uslar, wenn der Träger auch sonst ganz Mann ist. Na dann: Prost!

Bild oben: Ein richtiger Kerl soll er sein, und ein zärtlicher Familienvater dazu. Foto: Alamy

12 Kommentare zu «Fünf Ambivalenzen moderner Männer»

  • Irene feldmann sagt:

    Nr 3 da bin ich einverstanden weil hinter jedem Wolf befindet sich ein Schaf. Nr. 5 das Bäuchlein….das bequemste Kissen….

  • Peter sagt:

    Ansonsten schreiben sie öfters sehr gute Texte, aber solche Texte sollten nun wirklich Männer schreiben. Wobei es begrüssenswert ist, wenn eine Frau über die angesprochenen Punkte nachdenkt. Objektiv nachzuempfinden was es heute heisst Mann zu sein, dürfte jedoch schwer sein.

    • Adrian Wehrli sagt:

      „Objektiv nachempfinden“ ist ein Widerspruch & Frau Binswanger ist mehr Animus als Ihr bewusst ist.

  • juko sagt:

    Jeder bekommt was er verdient und sonst muss man die Finger davon lassen. Übrigens Bärte und Bäuche sind voll im Trend, die Strassen sind voll davon. Jaaa, der Frühling zeigt alles, auch die verbliebenen Speckröllchen von den Weihnachtsgetsli.

  • Philipp Rittermann sagt:

    es gibt keine „modernen“ männer. genau so wenig, wie es „moderne“ frauen gibt. die ambivalenz liegt bereits im geschlecht. „verständnis“ heisst das zauberwort. ihre schubladisierung hier, werte frau binswanger, würde sie wohl als frau auch eher stören?

    • Michèle Binswanger sagt:

      @Rittermann: Ich fürchte ich verstehe nicht ganz. Schubladisierung in welcher Hinsicht?

    • KMS a PR sagt:

      frau binswanger. nicht ihre – sorry – das kam nicht klar aus meinem statement raus – sie zitieren ja verschiedene leute. somit – deren interpretierte schubladisierungen. my fault – sorry again!

    • Henry sagt:

      Mein lieber Herr Rittermann, ich verstehe Sie voll und ganz.
      Es gibt nur Schubladen und Schubladinnen.

  • Marcel Zufferey sagt:

    Sackschwach, diese Sonderausgabe der ZEIT. Nur Menschen zu empfehlen, die in Lifestyle-Kategorien denken. „Not am Mann“ von Anfang Jahr war da viel besser.

    • Henry sagt:

      Genau das hab‘ ich letzten Donnerstag auch gedacht, als ich das Heftchen in der Hand hielt. Martenstein ist zwar immer ein Lichtblick, diesmal wars jedoch das Interview mit dem fabelhaften Karl Lagerfeld.

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