Der Ton macht die Musik

Also, meine Damen und Herren, kürzlich war ich in der Orell Füssli Medienhandlung am Zürcher Stadelhoferplatz und wollte eine DVD kaufen. Zu diesem Zweck begab ich mich ins Untergeschoss und trat an eine Art Kundenschalter, hinter dem eine kleine kurzhaarige Frau mit Brille stand.
«Grüezi wohl», sagte ich.
Die Frau aber beachtete mich nicht. Dann schickte sie sich an, den Schalter zu verlassen.
«Einen schönen guten Tag auch für Sie», sagte ich.
Darauf sie: «Ich bin am Bedienä!»
Darauf ich: «Deswegen können Sie doch trotzdem Guten Tag sagen.»
Der Ärger über unhöfliches Verkaufs- und Servierpersonal ist in Zürich (und der gesamten Deutschschweiz) schon beinahe klischeehaft, was nichts an der sehr realen Ursache ändert: Ein derart katastrophaler Service (oder eher: Nicht-Service) ist in unserer schönen Limmatstadt leider gar nicht so selten. Man ist hier bisweilen etwas schwerlebig. Ich denke dann immer daran, wie dieselbe Situation beispielsweise in der Medienhandlung Barnes & Noble in Newport Beach, Kalifornien, abgelaufen wäre. Ungefähr so: Ich trete grüssend an den Schalter. Die Frau hinter dem Schalter schaut mich an, lächelt und sagt: «Hi, how are you, I’ll be with you in a second. Thanks for your patience.»
Und dann fiel mir ein, dass ich kürzlich im «Guardian» von diesem Café in Nizza gelesen habe, dass weltweites Aufsehen dadurch erregte, dass es seine Preise nach dem Benehmen der Gäste diskriminierte, nach folgendem Muster:
«Un café» – €7
«Un café, s’il vous plaît» – €4.25
«Bonjour, un café, s’il vous plaît» – €1.40
Und das finde ich eigentlich gar keine schlechte Idee, nur schon, weil es die Eleganz einer Marktlösung hat.
Was aber, wenn man wortkarg bestellt, weil man schon von der ersten Unhöflichkeit der Bedienung bedient ist?
Bild oben: Szene aus «Waitress» mit Keri Russel (M.). Foto: Night and Day Pictures
62 Kommentare zu «Der Ton macht die Musik»
Einen hab ich noch:
What are words worth? (Tom Tom Club: Wordy Rappinghood)
Dr. Tingler, ich bin ganz bei Ihnen! Ich befürchte aber, es geht keine Stunde mehr und schon sind die Nörgler auf dem Platz: dieses ganze Ami-Freundlichkeit sei nur oberflächlich…
So what! Ich will ja mit den Dienstleistenden nicht in die Tiefe gehen!
Warum denn nicht, wenn sie halbwegs ansehnlich sind………
Zum Glück gibt es Sie noch, die freundlichen Gäste/Konsumenten…! Von mir – Kellner – wird Freundlichkeit erwartet, ab er wehe wenn ich das gleiche vom vis – a vis einverlange! Für mich hat der Spruch der Kunde ist König noch einen wichtigen zweiten Teil: Solange er sich wie ein König benimmt!
Ansonsten kann ich auch eiskalt freundlich sein..
Endlich sagts mal einer! Bin immer wieder erstaunt, wenn ich aus dem Ausland zurückkomme. Man fühlt sich meistens wie ein Störobjekt als Kunde….
Es könnte daran liegen, dass der Schweizer zu stolz ist und Dienen als eine Art Demütigung vor dem Kunden betrachtet. Ausserdem stellt man zuviele ein, die es nur des Überlebens willen tun, ganz ohne Flair und Freude am Beglücken von Kunden. Den Gipfel habe ich mal im Bündnerland in einem Cafe erlebt. Wir wollten pünktlich zum Z`vieri etwas bestellen. Der Kellner – schon vom Gesichtsausdruck her nicht gerade ein Hurrabündel – machte nach unsere Bitte um die Karte Absatz kehrt und fluchte in sehr abschätzigem Ton und sehr hörbar: “ Jetzt wollen die auch noch ein Z`vieri“…