Immer noch das eine Kleid

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Ich bin, wie Sie wissen, meine Damen und Herren, ein Verehrer von Uta Ranke-Heinemann (URH), und deshalb wurde ich kürzlich darauf aufmerksam gemacht, dass URH aus irgendwelchen Gründen an einer Kochshow des Revolverfernsehens teilgenommen hat, wo üblicherweise Prominenz der Schiessbudenkategorie (= «Promis») sich gegenseitig bekocht und besucht. Seis drum. URH kann bei mir nichts falsch machen, und ich habe mir das umgehend online angesehen, und das wars auch wert, denn es gab da diesen Moment, wo URH auf die Frage einer dieser Schiessbudenfiguren, ob sie im Verlaufe des Bekoch- und Besuch-Marathons nicht zugenommen hätte, erwiderte: «Ich trage seit 22 Jahren dasselbe Kostüm. Ich muss die Figur halten.»

Und in der Tat verfügt URH, die im Oktober 87 Jahre alt wird, über eine tadellose Figur.

Worauf die Schiessbudenfigur ein wenig ungläubig erwiderte: «Sie tragen jeden Tag dasselbe Kostüm?»

«Nein», antwortete URH, «nur im Fernsehen. Das wär doch sonst viel zu schade.»

URH ist das Gegenteil von einem «Promi». Und ab und zu cremt sie die türkisgrüne Lederkostümjacke (die offenbar auch schon ein bisschen mit Tesafilm geflickt ist) mit Nivea-Milch ein. Und während ich dies alles in dem einen Fenster auf meinem Bildschirm sah, lief in einem zweiten Fenster «Kick Out the Jams» von MC5, und zwar der Wayne-State-University-Michigan-Auftritt von 1970, weil Richie, der beste Ehemann von allen, mir gerade versuchte, den ganz eigenen Zauber dieser spezifischen Protopunk-Formation auseinanderzusetzen.

Und dann kam ich drauf: URH ist protopunk, in a way.

See what I mean?

Bis übermorn.

10 Kommentare zu «Immer noch das eine Kleid»

  • Irene feldmann sagt:

    🙂 wie immer, zauberhaft…

  • marie sagt:

    schliesse mich ihrer verehrung urhs an. …und ich weiss, was ich heute abend online gucken werde. die frau ist klasse und hat klasse seit jeher.

  • Carolina sagt:

    Habe eine Tante, die jahrzehntelang zu jeder Familienfeier im jägergrünen Strickkleid gekommen ist, eigentlich ein scheussliches Ding aus was-weiss-ich-was-für-einem Fundus. Aber da sie es mit Stil und wechselnden Accessoires getragen hat und soviel Selbstbewusstsein und Humor ausgestrahlt hat, ist niemand auf die Idee gekommen zu lästern. In späteren Jahren musste sie allerdings einen Quetscher drunter tragen – kaum jemand hält wohl seine Figur so wie URH….. Aber was soll’s, mittlerweile hatte das Ding ein Eigenleben angenommen und war völlig ok.

    • marie sagt:

      …haben wir nicht alle solche teile irgendwie? ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich einen pulli habe, der ja sämtliche meiner gewichtsklassen im verlaufe unseres gemeinsamen lebens mitgemacht hat. irgendwann war er mir erfreulicherweise viel zu gross und fortschmeissen wollte ich ihn nicht. also habe ich mein merinoschaf (das ist sein name) einfach zu warm gewaschen. er sitz! die wolle ist einfach ein wenig zu hart und die ärmel sind zu kurz (nein, auch nicht edel 3/4, sondern einfach zu kurz)… aber ich trage ihn immer noch und liebe ihn innigst 🙂

    • marie sagt:

      ach ja, der pulli hat mittlerweile das teenageralter erreicht, er ist 14 jahre alt. das weiss ich, weil ich ihn mir zum arbeitsbeginn meiner damaligen neuen stelle geleistet habe. das war 1.2.2001; somit hat er sogar ein geburtsdatum.

    • marie sagt:

      ups, das war 1.2.2000 natürlich.

  • Henry sagt:

    Der Dame wird viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, der Dank gilt dem Herrn Dr. für die neuerliche Erwähnung. Wenn die katholische Kirche die Matamorphose der Frau Ranke-Heinemann durchleiden hätte wollen (wenn es noch möglich gewesen wäre, hätte sie der eine oder andere dieser “ Brüder “ sicher gerne auf dem Scheiterhaufen brennen sehen) würde ich lärmend für diesen Glauben durch die Straßen ziehen……

  • Henriette sagt:

    Ein Teil von ihr ist immer noch die kleine, vorlaute Göre.

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