Warum so fies gegen Foulards?

Wie können Sie es wagen, derart über das Foulard herzuziehen? Ich werde es weiterhin mit Stolz tragen, Sie haben einfach keine Ahnung. E. M.
Liebe Frau M., es fegte ja ein kleiner Shitstorm über mich hinweg, nachdem vergangene Woche das Foulard Gegenstand dieser kleinen Spalte gewesen bzw: nachdem das Foulard hier eher, nun ja, schlecht weggekommen ist. Die Menschen waren darob sehr empört, nachgerade im Furor; einer forderte gar meine Entlassung. Es herrscht da offenbar, stelle ich staunend fest, eine sehr innige Bindung seitens der Leserschaft zu ihren Foulards.
Gleichzeitig gilt es trotz dieser Liebe, eine folgenschwere Konfusion bezüglich des Vokabulars zu konstatieren. Ein Foulard ist kein Halstuch im Sinne eines Schals. Ein Foulard besteht aus Seide, ist quadratisch und wird in der Regel beim Tragen gefaltet. Im Volksmund spricht man auch von Tüechli. Man trägt also zum Wintermantel in der Regel kein Foulard und eben auch kein Tüechli, sondern einen Schal, meist ist der aus einem wärmenden Material, zum Beispiel aus Wolle. Der Effekt desselben bringt uns sogleich zum nächsten Punkt: Es sei unerhört und unverantwortlich, dass ich mit dem Abraten vom FoulardTragen den Erkältungstod zahlreicher Mitmenschen in Kauf nehmen würde, schrieben erboste Leser sinngemäss.
Dazu ist festzuhalten: Ich bin total gegen das Frieren, ganz grundsätzlich, abgesehen davon lässt es einen verkniffen aussehen. Dass bei den herrschenden Temperaturen irgendwas um den Hals geschlungen werden muss, versteht sich ja von selbst (Frostbeulen gibt es nur in einem Fall in Kauf zu nehmen: bei Ugg-Boots. Lieber abgestorbene Zehen als diese Monstrosität an den Füssen und nein, von dieser Haltung werde ich nie auch nur einen Millimeter abrücken).
Bei der betreffenden Frage ging es indes nicht um den wärmenden, sondern ausschliesslich um den optischen Effekt, also um das Foulard als Dekoration im Sinne eines drapierten Arrangements (Stichwort: Pepp), konkret um das Foulard als mehr oder minder zweckfreies Textil.
Foulards können als Farbtupfer eine erfrischende und gerade bei einer nicht mehr taufrischen Halspartie schmeichelhafte Wirkung entfalten und sind als Halstuchersatz völlig in Ordnung. Ansonsten bleibe ich beinhart dabei: Wer ein Tüechli trägt, in der Hoffnung, es verleihe Pepp, ist auf dem Holzweg.
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9 Kommentare zu «Warum so fies gegen Foulards?»
Ich wundere mich ja, wie viele Leute überhaupt immer irgendetwas um den Hals geschlungen haben müssen. Zunehmend auch Männer. Und durchaus nicht immer Leute, die den Tag im Freien verbringen. Ich frage mich immer, was denn die im Winter noch anziehen.
Henry wotton: +1!!!!
Die Kombination macht’s doch aus – wieso hier nicht auf Dogmen zu verzichten wie „Man trägt also zum Wintermantel in der Regel kein Foulard und eben auch kein Tüechli, sondern einen Schal, meist ist der aus einem wärmenden Material, zum Beispiel aus Wolle“.
Also z.B: Flauschiger Wollmantel, und dazu ein 90cm-Carré 2x um den Hals geschlungen, geknotet, damit das teure Stück nicht verlustig geht – das gibt, bei guter Qualität (evt. noch Mantelkragen aufstellen bei Schwerwetter) gut warm, und sieht bei städtischen (erwachsenen) Females besser als ein Wollschal (Hals-Amputieren-Optik!).