Zum Rauchen

  • Hier werden Frauen zur Ware: Werbung für Villiger-Zigarren.

  • Wo ist die Grenze zu sexistischer Werbung zu ziehen? Plakat für die Theatersaison 2012/2013 in Lugano.

Man muss kein Mann sein, um sich am Anblick des weiblichen Körpers zu erfreuen. Aber man muss auch nicht unbedingt Feministin sein, um sich über sexistische Werbung der Art zu ereifern, wie sie Villiger Söhne gerade für ihre neue Billigzigarre vorgestellt hat. Im Bild eine Reihe Bikini Girls unterschiedlicher Haar- und Hautfarbe, die dem Betrachter in lasziver Pose zu verstehen geben, dass sie bereit zum Beischlaf sind. «Abwechslung macht Freude», heisst der Claim dazu. «Im Zentrum stehen die Sortenvielfalt der Tubes und die Lust, diese auszuprobieren», erklärt eine Medienmitteilung das Sujet. Mit der «zielgruppengerechten Inszenierung» solle «die Freude an der Abwechslung dramatisiert» werden.

Freude an der Abwechslung? Ich finde, da wird eher die Freude an der sexuellen Ausbeutung inszeniert, schliesslich wissen wir seit Bill Clinton, was es mit mächtigen Männern und Zigarren auf sich hat. Dabei sollen mit der Werbung nicht mal vermögende Herren, sondern Prolls angesprochen werden, wie Mirjam Eberle von der verantwortlichen Werbeagentur Metzgerlehner auf Nachfrage erklärt. Man habe mit dem «jugendlichen Sujet» ein junges Publikum «mit einem Augenzwinkern für eine preisgünstige Zigarre begeistern wollen. Angesprochen wird also die Generation «jung, wild & sexy», vermittelt wird, dass man es dann geschafft hat, wenn einem Frauen wie Konsumgüter zur Verfügung stehen. Vielen Dank, nur das Augenzwinkern ist mir entgangen.

Mit der sexistischen Werbung ist es so eine Sache, denn die Grenzen zwischen sexy und sexistisch sind fliessend. Gerade gab es einen Aufstand im Tessin, weil das Kulturamt als Werbesujet für die kommende Theatersaison ein tiefes Decolleté (siehe Bildstrecke oben) wählte. Dies rief die Frauengruppe von Amnesty International in der italienischen Schweiz auf den Plan, die in einem öffentlichen Brief feststellte: «Die Tatsache, dass ein Teil des Körpers aus seinem literarischen Kontext herausgerissen wird, stellt eine Manipulation zum Schaden der Frau und der Kultur im Allgemeinen dar». Theaterdirektor Renator Reichlin gab zurück, die Kritik sei heuchlerisch und Ausdruck einer Prüderie «aus anderen Zeiten».

Ich muss gestehen, dass mir auch der Schaden der Frau und der Kultur im Allgemeinen in dem Werbesujet des Theaters entgangen ist. Sexismus liegt im Auge des Betrachters oder vielmehr der Betrachterin. Feministinnen, die bei aus dem Häuschen geraten, wenn ein Körperteil aus dem Kontext gerissen wird, machen es den Gegnern zu einfach. Das Spiel mit der Sexualität ist Teil unserer Kultur, und das ist gut so. Zumindest, wenn es auf originelle, hintersinnige oder überraschende Art geschieht, und unsere Wahrnehmung für einen kurzen Moment herausfordert. (Beispiele dazu finden sich etwa hier) .

Etwas anderes ist es, ätzende Klischees neu aufzulegen, die den längsten Bart der Welt tragen: Frauen als käufliches Konsumgut. Das ist weder überraschend, noch originell sondern einfach nur doof. Ein zigarrenrauchendes Klischee mit Vollbart. Nicht nur eine Beleidigung für beide Geschlechter, sondern auch für Werbeästheten.


35 Kommentare zu «Zum Rauchen»

  • Manuel Tasso sagt:

    Seit wann sind photo shop Barbies sexy? Die Barbies, die sich für solche Werbung hergeben, dürfen sich nicht über Sexismus aufregen. Es gibt niveauvollere Werbeagenturen und Auftraggeber. Es lohnt sich eigentlich nur über gute Werbung zu sprechen, alles andere bitte rechts liegen lassen!

  • michi h. sagt:

    Wer die Dinger raucht, ist typischerweise schon seit 30 Jahren verheiratet und träumt allenfalls am Stammtisch von Abwechslung 😉

  • Ramon sagt:

    Und wer setzt sich für UNSERE Badenixe Ursula Andress ein?
    Sie wurde aufgrund ihrer James Bond, Dr. No Rolle (Honey Rider)
    zum best Bond-Girl ever gekrönt (oder reduziert).

  • Siobhan sagt:

    Ich weiss nicht wieso, aber mir gefällt die Blonde im schwarzen Bikini am besten, wenigstens auf diesem Foto…Rauchen tue ich trotzdem nicht.

  • James sagt:

    Ich vermute, dass die Werbung bei der anvisierten Zielgruppe wirken wird. Das ist weder überraschend, noch originell. Da hat die Autorin recht. Soll man also den Einsatz von Frauenbildern bei der Bewerbung von Produkten für Männer verbieten?
    Ich frage mich folgendes: Was würde passieren, wenn ein Produkt für Frauen mit 4 halbnackten Männern präsentiert würde? Würde sich irgend jemand aufregen? Ich vermute nicht. Leider wird eine solche Werbung bei Frauen wohl nicht funktionieren.

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