Zum Rauchen
Man muss kein Mann sein, um sich am Anblick des weiblichen Körpers zu erfreuen. Aber man muss auch nicht unbedingt Feministin sein, um sich über sexistische Werbung der Art zu ereifern, wie sie Villiger Söhne gerade für ihre neue Billigzigarre vorgestellt hat. Im Bild eine Reihe Bikini Girls unterschiedlicher Haar- und Hautfarbe, die dem Betrachter in lasziver Pose zu verstehen geben, dass sie bereit zum Beischlaf sind. «Abwechslung macht Freude», heisst der Claim dazu. «Im Zentrum stehen die Sortenvielfalt der Tubes und die Lust, diese auszuprobieren», erklärt eine Medienmitteilung das Sujet. Mit der «zielgruppengerechten Inszenierung» solle «die Freude an der Abwechslung dramatisiert» werden.
Freude an der Abwechslung? Ich finde, da wird eher die Freude an der sexuellen Ausbeutung inszeniert, schliesslich wissen wir seit Bill Clinton, was es mit mächtigen Männern und Zigarren auf sich hat. Dabei sollen mit der Werbung nicht mal vermögende Herren, sondern Prolls angesprochen werden, wie Mirjam Eberle von der verantwortlichen Werbeagentur Metzgerlehner auf Nachfrage erklärt. Man habe mit dem «jugendlichen Sujet» ein junges Publikum «mit einem Augenzwinkern für eine preisgünstige Zigarre begeistern wollen. Angesprochen wird also die Generation «jung, wild & sexy», vermittelt wird, dass man es dann geschafft hat, wenn einem Frauen wie Konsumgüter zur Verfügung stehen. Vielen Dank, nur das Augenzwinkern ist mir entgangen.
Mit der sexistischen Werbung ist es so eine Sache, denn die Grenzen zwischen sexy und sexistisch sind fliessend. Gerade gab es einen Aufstand im Tessin, weil das Kulturamt als Werbesujet für die kommende Theatersaison ein tiefes Decolleté (siehe Bildstrecke oben) wählte. Dies rief die Frauengruppe von Amnesty International in der italienischen Schweiz auf den Plan, die in einem öffentlichen Brief feststellte: «Die Tatsache, dass ein Teil des Körpers aus seinem literarischen Kontext herausgerissen wird, stellt eine Manipulation zum Schaden der Frau und der Kultur im Allgemeinen dar». Theaterdirektor Renator Reichlin gab zurück, die Kritik sei heuchlerisch und Ausdruck einer Prüderie «aus anderen Zeiten».
Ich muss gestehen, dass mir auch der Schaden der Frau und der Kultur im Allgemeinen in dem Werbesujet des Theaters entgangen ist. Sexismus liegt im Auge des Betrachters oder vielmehr der Betrachterin. Feministinnen, die bei aus dem Häuschen geraten, wenn ein Körperteil aus dem Kontext gerissen wird, machen es den Gegnern zu einfach. Das Spiel mit der Sexualität ist Teil unserer Kultur, und das ist gut so. Zumindest, wenn es auf originelle, hintersinnige oder überraschende Art geschieht, und unsere Wahrnehmung für einen kurzen Moment herausfordert. (Beispiele dazu finden sich etwa hier) .
Etwas anderes ist es, ätzende Klischees neu aufzulegen, die den längsten Bart der Welt tragen: Frauen als käufliches Konsumgut. Das ist weder überraschend, noch originell sondern einfach nur doof. Ein zigarrenrauchendes Klischee mit Vollbart. Nicht nur eine Beleidigung für beide Geschlechter, sondern auch für Werbeästheten.
35 Kommentare zu «Zum Rauchen»
Ich finde die Werbung äussert dumm….die Frauen haben beinahe exakt denselben Körper….wahrscheinlich sogar die gleiche BH-Grösse….wo bitte ist da die Abwechslung? In der Haarfarbe? Die würde ich mir als Mann etwas anders vorstellen….aber ich bin ja keiner und rauchen tu ich eh Romeo y Julieta. Ist irgendwie romantischer, leidenschaftlicher…haha
Nicht moderne Werbung, das älteste Gewerbe der Welt (eine unbestrittene Frauendomäne) macht die Frau zum Konsumgut.
Wie war das mit dem langbärtigen ätzenden Klischee?
Frau und Mann hat ja in der schweiz keine anderen Probleme als über ausbeuterische Werbung zu schreiben. Vieviel verdienen die Mädels für ein solches Fotoshooting?
Mir gefällt, wie die Farben der Bikinis schön auf die Farben der Zigarrenverpackungen abgestimmt sind.
Dass diese Werbung immer noch und immer wieder zieht, liegt an unserer evolutionären Programmierung: seit 480´000 Jahren versammeln sich Menschen ums Feuer und lebten in Stämmen von mehreren Männern mit mehreren Frauen. Woher die Kinder kamen, wurde erst allmählich klar. Seit ca 4´800 Jahren, also 1% versucht der Mensch die Kulturform von Zweierbeziehung mit Monogamie und Privateigentum mit Geld und mit Kirche. Aber 99% unseres Innenlebens (von Freud das Ich und das Es genannt) ticken eben völlig anders! Würde das Ganze etwas weniger moralisch sehen. Die Werbung ist ästhetisch ganz ok.