Devote Männer?

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Ich weiss nicht genau, woran es liegt. Vielleicht an unserer ach so postmodernen Orientierungslosigkeit in Sachen Genderrollen, vielleicht auch an der Faulheit der Werber. Jedenfalls versucht immer wieder einer, besonders verwegen zu sein und mit dem Aufpolieren alter Genderklischees zu glänzen, laut denen Frauen sich mit nichts anderem beschäftigen als mit Männern, Nagellack oder ihrer Verdauung. Das kommt dann meistens nicht so gut.

Zum Beispiel die EU. Lancierte die doch jüngst eine Kampagne zum Thema «Wissenschaft ist Mädchensache», in der wohlmeinenden Absicht, die Lücken an der Forscherfront mit Forscherinnen zu schliessen. Für ein anständiges Budget wurde ein knapp einminütiger Spot produziert, der anfängt wie ein Pornofilm – ein paar kurzgeschürzte Girls scharwenzeln um einen Macker im Laborkittel, nur um zu erfahren huch, dass auch Make-up Chemie ist. Das Machwerk kam nicht besonders gut an. Es hagelte Proteste von allen Seiten, im Internet wurde der Spot endlos seziert, bis die EU den Film stoppte. Zu Recht, denn wer Mädchen in die Forschung locken will, sollte zeigen, dass nicht nur ein Minirock Lust verschafft, sondern auch die Betätigung des Gehirns.

Einen ähnlichen Effekt zeitigte eine Kampagne der Lufthansa für ihr Angebot Miles & More. Darin warb eine fiktive Blondine, die mit schwülstigen Liebesbekenntnissen und einem üppigen Kussmund um eine Lufthansa Partner-Karte bettelt. Auch hier war die Reaktion über das devote Frauenbild ungnädig, Lufthansa musste sich entschuldigen und zog die Werbung zurück.

Natürlich darf Werbung alles und muss die Konventionen brechen, wenn sie auffallen will. Aber in erster Linie muss sie ihr Produkt verkaufen. Und so ist es erfreulich, dass sich heute nicht mehr nur die unverbesserlichen Feministinnen zu Wort melden, um solch plumpen Sexismus zu exponieren, sondern die Zielgruppe selbst: Moderne, berufstätige und gut informierte Frauen, die solche Rollenklischees einfach bescheuert finden und zu Recht der Meinung sind, dass die Werber sich gefälligst etwas mehr anstrengen sollten, wenn sie etwas von ihnen wollen.

Zum Beispiel neue Rollenbilder etablieren. Das etwa hat sich die Organisation Terres des Femmes vorgenommen und dazu eine Kampagne namens Rollenrollen produziert. Fotografin Judith Schönberger durfte dafür Plakatmotive kreieren, auf der Männer in Unterwäsche um die Aufmerksamkeit ihrer Karriere-Gattinnen buhlen. «Musst du schon wieder arbeiten, Schatz?», fragt etwa ein Adonis in Boxershorts und klammert sich an den Arm der telefonierenden Freundin. Auf dem Bild mit der Überschrift «Wer wäscht bei dir?» ist ein Mann in gebückter Haltung zu sehen, der eine Wäschetrommel füllt, während zwei Frauen ihm dabei zusehen. Hm, knapp daneben. Wen sollte das ansprechen? Welche Frau wünscht sich schon einen Bubi in Unterwäsche an den Rockzipfel?

Warum ist es eigentlich so schwer vorstellbar, dass Mann und Frau nicht zwangsläufig dominierend oder devot sein müssen? Eines ist sicher: Sexismus ist mit einem simplen Personalwechsel zu Lasten der Männer nicht beizukommen. Und Werber, die es nicht schaffen, mehr zu machen als plumpe Klischees, sind ihr Geld nicht wert.


19 Kommentare zu «Devote Männer?»

  • Chris Heyduk sagt:

    Die Autorin hat offensichtlich keine Ahnung, wie Werbung entsteht. Es sind nicht immer die faulen Werber, die auf diese Ideen kommen. Es fängt oftmals schon mit dem Kundenbriefing an, welches eine klare Richtung vorgibt. Dann ist es auch so, dass in vielen Fällen gute, neue oder überraschende Ideen vom Kunden nicht gekauft werden – mit dem Hinweis, etwas zu kreieren, das die Zielgruppe schon kennt oder sich gut verkauft.

  • Marcel Henggartner sagt:

    Der ganze Artikel wäre eigentlich schön und gut. Nur stört mich dieser Satz: „Welche Frau wünscht sich schon einen Bubi in Unterwäsche an den Rockzipfel?“ Damit schieben sie ja dem Mann automatisch wieder die offenbar durch die Frau gewünschte dominierende Rolle zu, wie Sie mit diesem Satz beweisen. Sprich: Er darf nicht „schwach“ sein, kein „Bubi“ sein – sich nicht an den Rockzipfel kleben. Warum nicht? Er darf. Ohne devot zu sein. Ohne eine Rolle einzunehmen. Es ist nicht alles Gender, was aneckt.

  • Bernhard Emenegger sagt:

    „Genderrolle“ ist ja ein super Wort. Mischen wir die Anglizismen jetzt schon mit den deutschen Begriffen in einem Wort? Dass mir das auffällt, muss wohl an meinem substädtischen Lebensstyle liegen. Geschlechterrolle hätte es auch getan, aber tönt halt voll oldschulisch.

    • AB sagt:

      Googeln Sie mal das Wort gender. Es bedeutet eben nicht nur Geschlecht. Interessant, wie nach all den Jahren unzähliger Diskussionen, diese Tatsache offensichtlich an Ihnen vorbeigerollt ist 🙂

  • Blanche Wu sagt:

    Ich frage mich, warum wehren wir uns eigentlich gegen unsere Natur. Wenn der Mann nun mal muskulöser, haariger, agressiver und stärker ist, dann ist das nun mal so. Wenn die Frau zierlich, schwacher, einfühlsamer, etc. ist, ist es nun mal so. Ansonsten müssen alle, welche behaupten wir stammen vom Affen ab das Maul halten. Anscheinend ist das ja unsere Natur. Wie soll ein Mann die Familie beschützen, wenn er bei einem Mückenstich zu flennen beginnt und Schutzt sucht bei der Frau. So was ist doch lächerlich oder nicht? Die Klischees sind da und jetzt? Manche stimmen ja wirklich.

  • bekennender bubi sagt:

    Ihre Version des Feminismus frustriert mich. Mir scheint, sie wollen, dass Frauen männlicher werden (sexuell agressiver, egoistischer, beruflich erfolgreicher, etc.). Auch die Männer sollen auf keinen Fall weiblicher werden (Bubis etc.). Ist es nicht sinnvoller von den Männern zu fordern, dass sie weiblicher werden: mehr Verantwortung in der Familie übernehmen, Kochen und putzen, Beziehungen und Kultur pflegen?
    Was sind die Ursachen für ihre Ideologie? Was sind ihre Gründe?

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