Beziehungsknigge für Männer

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Nach meiner persönlichen Anschauung ist die Grundlage dauerhaft funktionierender Beziehungen nach einer sehr simplen Formel aufzuschlüsseln: charakterliche Ergänzung plus geteilter Sinn für Humor. Das hilft natürlich noch nicht unbedingt bei konkreten Einzelfragen. Hier sind deshalb fünf ganz konkrete Antworten auf fünf ganz reale Fragen des heterosexuellen Mannes:

 


  1. Wie gebe ich als Mann stilvoll einen Korb?

    Immer so schonend wie möglich. Immerhin war eine Dame so freundlich, sich für Sie zu interessieren, und sogar wenn Sie das als blanke Unverschämtheit empfinden, weil die Dame vielleicht aussieht wie Paul McCartney oder wie Stéphanie von Monaco an einem schlechten Tag, so gilt trotzdem die Grundregel: So schonend wie möglich. Mit anderen Worten: Jede Lüge ist gerechtfertigt, solange sie dem Gegenüber rücksichtsvoll und deutlich die Botschaft sendet, dass Ihrerseits kein Interesse besteht. Ja, das hier ist eine der wenigen Situationen, in denen es sogar von Vorteil ist, wenn Ihre Ausflucht einigermassen absurd und fabriziert ausfällt, also als Ausrede erkennbar ist, weil diesfalls Ihr Gegenüber in der Regel keinerlei Anstalten zu einem weiteren Anlauf unternehmen wird (es sei denn, es handelt sich tatsächlich um Prinzessin Stéphanie). Also können Sie in Ihrer Entschuldigung ruhig etwas exotisch werden, zumal ja auch keine Notwendigkeit besteht, sich später je wieder daran erinnern zu müssen, weil Sie die Dame idealerweise nie wieder sehen. Gerne können Sie auch Entschuldigungen vorbringen, die Sie selbst als ein bisschen seltsam erscheinen lassen, denn das wirkt in der Regel zusätzlich abschreckend (ausser vielleicht für Prinzessin Stéphanie). Zum Beispiel: «Danke für die Einladung, aber ich habe jetzt keine Zeit für einen Drink, denn ich muss mal schnell meinen Facebookstatus ändern.» Oder: «Gerne würde ich mit Ihnen tanzen, doch leider muss ich zurück nach Hause, mein Babysitter soll nämlich um Punkt zehn Uhr wieder im Jugendgefängnis sein.» Oder: «Bedauerlicherweise kann ich nächste Woche nicht mit Ihnen essen gehen, denn ich habe zwei Pflanzen zu Hause, die vollkommen abhängig von mir sind.»

  2. Ist es angebracht, vor Publikum über ein unbefriedigendes Sexleben zu reden, wenn die Partnerin mit am Tisch sitzt?

    Nein, niemals. Es sei denn, man spricht offensichtlich im Scherz. Ansonsten gilt: 1. Man kann jederzeit mit Personen seines Vertrauens über ein unbefriedigendes Sexleben reden, wenn die Partnerin nicht anwesend ist. 2. Die einzige Situation, in der man in Anwesenheit der Partnerin über ein unbefriedigendes Sexleben reden sollte, ist unter vier Augen. Oder beim Therapeuten.

  3. Wie mache ich mich nach einem One-Night-Stand am Morgen danach schnellstens aus dem Staub, ohne taktlos zu sein?

    Die wichtigste Regel für One-Night-Stands ist die NAH-Regel, und das steht für: Never At Home. Die entscheidende Voraussetzung dafür, sich am Morgen danach taktvoll aus dem Staub und auf den Weg nach Hause machen zu können, ist nämlich die, dass Sie nicht schon zu Hause sind. Wenn es nun um die Begründung Ihres plötzlichen Verduftens geht, so sollten Sie irgendeine plausible Ausrede auftischen, die möglichst gefühlsschonend ausfällt. Argumentieren Sie stets praktisch, niemals emotional, d. h. versuchen Sie nicht, bloss weil Sie nicht als sexhungriges oberflächliches Monster dastehen wollen, irgendwelche Befindlichkeiten darzulegen oder vorzuschieben. Denn auch für den One-Night-Stand gilt die oberste Grundregel des sozialen Umgangs: Niemand interessiert sich für Ihr Innenleben auch nur annäherungsweise so wie Sie. Mit anderen Worten: Jede Erklärung Ihres Abgangs, die eigentlich weniger dazu dient, sich taktvoll aus dem Staub zu machen, als vielmehr dem Zweck, irgendwie moralisch integer, abgesichert und gerechtfertigt dazustehen (also dem, was Psychologen «self buffering» nennen) – ist unmanierlich und eine Zumutung. Und: Vielleicht ist Ihre Sexbekanntschaft ja ebenfalls ein oberflächliches Monster und jetzt eigentlich ganz froh, dass Sie sich schnellstens aus dem Staub machen wollen. – Falls Ihnen eine Telefonnummer angeboten wird, nehmen Sie sie an und melden sich nie. Das ist gemein, aber zulässig.

  4. Wie lange muss man auf ständiges Wehklagen der Partnerin (zum Beispiel tägliches Jammern über ihren Chef) mit Betroffenheit reagieren?

    Gar nicht. Natürlich gelten in einer Partnerschaft die gleichen Anstandsregeln wie überall: Es ist unhöflich, keine Anteilnahme zu zeigen. Aber Betroffenheit ist eine wenig konstruktive Haltung. Die unproduktivste Haltung freilich ist das Jammern selbst. Doch Jammern kann Freude machen, für die Psychohygiene wichtig sein und bisweilen das Problem schon erledigen. Ein bisschen Gejammere sollte daher jeder seinem Partner oder seiner Partnerin zugestehen. Die Faustregel sieht so aus: Ein paar Mal jammern lassen und zustimmend zuhören und Ratschläge nur auf Anfrage erteilen (Stufe 1). Wenn das Wehklagen darauf nicht abnimmt, konkrete Hilfestellungen anbieten und Jammern als Ausflucht nicht zulassen (Stufe 2). Tritt keine Besserung ein, erfolgt der Übergang zu Stufe 3: Man weist die Partnerin darauf hin, dass permanentes Jammern unattraktiv macht. Oder fängt selbst an zu jammern. Das kann dann allerdings jahrelang so weitergehen und endet in der sogenannten Charles-und-Diana-Sackgasse.

  5. Wie laut darf ich als Mann beim Sex sein? (gilt für jede sexuelle Präferenz)

    Egal, wo: Sie können so laut sein wie Sie wollen – solange Sie nicht sprechen. Dirty Talk ist nur den absoluten Profis vorbehalten (und das sind europaweit ungefähr 12). Ansonsten können Sie seufzen, stöhnen und meinetwegen schreien, denn mehr oder weniger abgestimmte Geräusche sind nicht zuletzt dabei hilfreich, dem Partner quasi den Weg zu zeigen. Apropos Partner: Werden Sie nicht zum Echo desselben. Damit meine ich jene Kategorie von Personen, die beim Sex immer mit einer gewissen Zeitverzögerung genau das (nach-)macht, was man ihnen gerade vorgemacht hat. Wie ein Cockerspaniel, der einem Ball hinterher rennt. Das ist zu komisch. Aber Lachen ist beim Sex genauso heikel wie Reden.

Im Bild oben: Felicitas Woll und Stephan Luca im Film «Kein Sex ist auch keine Lösung» (2011). (Foto: ZDF)

10 Kommentare zu «Beziehungsknigge für Männer»

  • Adam Gretener sagt:

    Ich machte es jeweils so, beide konnten das Gesicht bewahren. Immer bei mir zu Hause.

    Am morgen zuerst aufstehen und einen Kaffee ans Bett bringen. Dann ein paar Komplimente und der Hinweis, ich gehe jetzt duschen und würde gerne anschliessend alleine sein.

    Weder zu freundlich noch zu unfreundlich. Nur vielleicht das Portemonnaie nicht gerade beim Eingang rumliegen lassen… 😉

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