Haben Frauen keinen Humor?

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Ich bin ein Bewunderer des englisch-amerikanischen Autors Christopher Hitchens, wenn ich auch seine Ansichten durchaus nicht immer teile. Hitchens, Freidenker und Lebemann, schrieb, kurz bevor er selbst im Dezember 2011 an der Krankheit starb, eine Art Etikette für den Umgang mit Krebs. Eine der höchsten Formen von Ironie ist der Humor angesichts des eigenen Untergangs. Für mich ist das eine der Formen der Courage, die Hemingway meinte, als er von Grace Under Pressure sprach. Und, speaking of humor: Christopher Hitchens vertrat die Ansicht, dass Frauen keinen haben. Das ist jetzt etwas zugespitzt formuliert, aber nicht unbedingt von mir; Hitchens selbst war ein grosser Freund der Pointierung. Vor ein paar Jahren schrieb er in der amerikanischen und einzig wahren Ausgabe von «Vanity Fair» einen Beitrag unter dem Titel: «Why Women Aren’t Funny».

Hitchens’ Begründung für seine These, dass es einen humor gap zwischen den Geschlechtern gäbe und dass dieser zuungunsten der Damenwelt ausfalle, ist eine doppelte. Der erste Grund: Männer müssen humorvoller sein. Denn die Hauptaufgabe des Mannes sei es, so Hitchens, die Frau zu beeindrucken, und da bleibe dem durchschnittlichen Mann eigentlich nur die Waffe des Witzes. Denn das Lachen ist der Anfang von Zuneigung. Frauen hingegen müssten nicht mit Humor ausgestattet sein, weil Männer ihnen ohnehin schon zuneigten. Diese Begründung ist – lieber Mister Hitchens, verzeihen Sie mir, wo immer Sie sind – doof. Und schwach. Es handelt sich lediglich um die verallgemeinerte Perspektive eines heterosexuellen Akademikers, dessen körperliche Reize nicht mit seiner Libido Schritt halten können. Ich teile auch nicht die Auffassung, dass alle Frauen bei allen Männern Humor als attraktivste Eigenschaft bewerten. «For a woman to say a man is funny is the equivalent of a man saying that a woman is pretty», hat die bisweilen umwerfend komische Fran Lebowitz gesagt, und das stimmt. Aber während manche Frauen Männer mit Humor bevorzugen, bevorzugen andere Frauen Männer, die Telefonbücher zerreissen können (was sich übrigens nicht ausschliesst). Mit anderen Worten: Wenn Humor bei Männern von Frauen allgemein und universell als unwiderstehlich empfunden würde, hätte Woody Allen nicht seine Quasistieftochter heiraten müssen.

Die zweite Begründung von Hitchens ist etwas komplexer und, wenn Sie so wollen, daseinsphilosophischer: Humor, so schreibt er, entstehe aus der unleugbaren Tatsache, dass das Dasein ein verlorener Kampf sei. Derjenige Teil der Menschheit (nämlich der weibliche), der Umstände und Schmerz riskiere, um Kinder in dieses Fiasko zu setzen, könne sich dieser Einsicht allerdings logischerweise nicht hingeben. «Für Frauen», schreibt Hitchens, «ist die Fortpflanzung die Hauptsache. Dies verleiht ihnen nicht nur eine ganz andere Einstellung zu Schmutz, Schmuddeligkeiten und Peinlichkeiten, sondern es erfüllt sie auch mit jener Art von Seriosität und Bedachtsamkeit, über die Männer sich nur wundern können.» Mit anderen Worten: Frauen dürfen nicht allzu humorvoll sein, weil die Menschheit sonst ausstürbe. Dies sei, so Hitchens, auch ein Grund dafür, dass es, über sämtliche Kulturen hinweg, die Frauen wären, die das stützende Fussvolk der Religionen bildeten. Wozu Hitchens, leidenschaftlicher Atheist, konstatiert: «Religion is the official enemy of all humor.»

Und dann schliesst Mr Hitchens etwas melancholisch: «For men, it is a tragedy that the two things they prize the most – women and humor – should be so antithetical. But without tragedy there could be no comedy.»

Ich für meinen Teil möchte den heutigen Beitrag schliessen mit Fran Lebowitz: «Being funny is like being tall. That is surely a thing that can’t be taught or learned. You either see things in a funny way or you don’t. It’s a reflex, the way things strike you.» – Wobei, hang on, Frau Lebowitz wird auch in Hitchens’ Essay zitiert, und zwar so: «Unsere kulturellen Werte sind männlich. Und Humor ist seinem Wesen nach vor allem aggressiv und präemptiv – und was könnte männlicher sein als das?»

Im Bild oben: Crista Flanagan (als Juney) in der Persiflage «Disaster Movie». Foto: Jon Barren Farmer

36 Kommentare zu «Haben Frauen keinen Humor?»

  • Hans sagt:

    Ist Fakt: Frauen haben in den allermeisten Fällen keinen aktiven geschlechterübergreifenden Humor. Sie bringen sich vielleicht gegenseitig zum Lachen, selten aber Männer. Und wenn, dann ist es von Männerseite ein „Flirtlachen“, eine Art des Zuneigungsbekenntnisses.
    Finde das aber nicht schlimm – Frauen erhellen das Gemüt von Männern halt auf eine andere Art und Weise: Durch Charme, durch passiven Humor (–> lachen ab dem Humor von Männern), die weibliche Anwesenheit an sich ist meistens schon Grund, dass Männer sich besser fühlen.

  • Daniel Küttel sagt:

    Ich empfinde das gar nicht so. Ich würde nicht sagen dass die Frau weniger/mehr Humor hat, sondern allenfalls eher einen subtileren Humor vorzieht. Aber im Grunde genommen ist das alles Charaktersache.Humor gibt es als Denkform, Schriftlich, Mündlich, Verhalten, Theater, Darsteller, Bilder, Filme etc. Somit ist es kein Wunder dass Mann und Frau nicht den selben Humor besitzen. Wir sind nicht auf alles gleich affine.

  • R. R. sagt:

    Was ein Quatsch! Das glaubt doch niemand und ist nur zur Provokation geschrieben.
    Ich frag mich, wie oft sich dieser Hitchens mit Frauen unterhalten hat.

  • Tom sagt:

    Frauen haben keinen Humor,oder wieviele wirklich lustige Komödiantinnen kennen Sie?
    Oder hat sie schon jemals eine Frau so richtig zum Lachen gebracht,so mit Tränen und so?
    Eben…

    • Anna sagt:

      So ein Quatsch. Sie kennen wohl zuwenig Frauen.
      Und was Komödianen betrifft, da haben sie recht, da ist der Deutschsprachige Raum mit seinem eher oberflächlichen klischeehaften Humor schlecht bedient. Bei Giaccobo/Müller gähne ich nur. Und für all die Deutschen männlichen Comediens habe ich meist nur ein müdes lächeln übrig, Wirklich lustige kommen mir gerade keine in den Sinn… Mir fällt nur Nadeschkin ein, von Ursus und Nadeschkin. Aber es gibt sehr viele Komödiantinnen, Englische zum Beispiel. Sarah Millican ist zum schreien, Miranda Hart, Jo Brand, Shappi Khorsandi, sind alle super..

  • Stephan Kupper sagt:

    Nachdem ich also auch noch „präemptiv“ nachgelschlagen habe, glaube ich, den Artikel nun gut genug verstanden zu haben, um ihn einigermassen fachgerecht sezieren zu können.
    Ok, die Frau ist eine Yin und ich bin ein Yang. Was also ist das Komplementäre von DER Humor? Etwas natürlich, das äquivalent und nicht konträr sein muss. Yeah! DIE Kritik! Aber im Sinne von Ellie Katz: „Warning: Humor may be hazardous to your illness.“ Und so muss ich Wohl oder Übel mein eigenes, berühmtestes Zitat in Erinnerung rufen: „Beamten sind cool, sie kennen jedes rule.“
    Klar, das ist dann präemptiv auszulegen.

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