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Die Bundesliga ist die beste Liga der Welt

Fabian Ruch am Montag den 19. August 2013


Die grossen Ligen nehmen im August den Betrieb auf, am nächsten Wochenende geht es auch in der Serie A wieder los. Es ist also Zeit, die Ligen zu vergleichen – und ein Ranking bezüglich Spielniveau, Unterhaltung und Attraktivität zu erstellen.

Manche gewichten dabei den Spektakelgehalt von Barcelona und Real Madrid höher als andere, viele sind Premier-League-Enthusiasten, jeder hat seine persönlichen Vorlieben. Dennoch gibt es Indikatoren, mit denen man das Treiben messen und die Ligen gegenüberstellen kann. Als erstes sicherlich die Spielstärke, und da hat die Bundesliga auch in jenem Bereich aufgeholt, in dem sie in den letzten Jahren oft noch kritisiert wurde. Mittlerweile gibt es nämlich mit Dortmund nach den Bayern einen zweiten internationalen Topverein – und auch Schalke sowie Leverkusen besitzen die Möglichkeit, in der Champions League weit zu kommen.

Klar: Die Spanier haben die Giganten Barça und Real. Und die Engländer haben am meisten Topteams, erwähnt seien die Manchester Edelklubs United und City, die Londoner Chelsea, Arsenal und Tottenham, auch Liverpool ist ein Riese, und insgesamt kommt die Premier League der Bundesliga in Sachen Spielstärke und Ausgeglichenheit am nächsten. Aber in Deutschland ist am meisten Spannung garantiert, selbst wenn es in den letzten Jahren eine Tendenz zu «spanischen Verhältnissen gab», weil Bayern und Dortmund die Saisons ähnlich dominierten wie Barcelona und Madrid. In der Bundesliga jedoch sind die meisten Überraschungen möglich.

Und die deutsche Eliteklasse, im Sommer 50 Jahre alt geworden, boomt. Nicht nur wegen der Champions-League-Finalisten München und Dortmund. In Sachen Zuschauerschnitt kann seit langem niemand mehr mithalten, auch letzte Saison erschienen über 40’000 Besucher pro Partie. Weltrekord im Fussball. Die Stadien sind dabei insgesamt deutlich grösser, schöner, moderner als in konkurrierenden Ligen, es hat fast überall prächtige Bauten und angemessene VIP-Räumlichkeiten, es sind Unterhaltungstempel der Superlative – von München bis Hamburg und von Gelsenkirchen bis Dortmund. Auch in diesem Bereich hält einzig die Premier League annähernd mit. In Italien und Spanien sowie auch Frankreich sind die Arenen dagegen häufig veraltet und wenig attraktiv.

Nicht zuletzt aber ist die Bundesliga eine riesige wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Die Bayern sind auch diesbezüglich das leuchtende Vorbild, und die meisten Vereine arbeiten finanziell vernünftig und führen die Geschäfte nicht undurchsichtig und mit Dutzenden von Millionen Schulden wie oft in Spanien oder Italien. Die Misswirtschaft ist in Spanien äusserst ausgeprägt, das kostet der Primera Division viel Ansehen – und in unserem Ranking einen Platz auf dem Podest. Denn ausser Barcelona und Real Madrid bietet La Liga in diesen wirtschaftlich für Spanien so tristen Zeiten wenig Erbauliches.

Italien dagegen geht es zwar auch nicht besonders gut, Leute wie Fussballvereine leiden. Aber die Serie A ist besser als ihr Ruf. Es herrscht Spannung, zumindest mehr als in Spanien, hinter dem aktuellen Primus Juventus versuchen Milan und Inter, Serienmeister noch vor kurzem, einen finanziell gesunden Kurs einzuschlagen, ohne an Klasse einzubüssen. Die Superstars spielen nicht mehr in Italien, klar, doch es hat interessante Mannschaften wie Napoli oder Fiorentina, die auf dem Vormarsch sind oder mit spektakulärem Offensivfussball zu begeistern wissen. Letztlich ist die Serie A jedenfalls erheblich ausgeglichener als die Primera Division, wo Barcelona am Wochenende gegen Levante in der ersten Halbzeit gleich mal sechs Tore erzielte und am Ende im Schongang 7:0 siegte. Solche Steinzeitresultate sind auf Dauer langweilig.

Unsere Top 11 der Fussballligen sieht derzeit so aus: 11. Schweiz. 10. Holland. 9. Ukraine. 8. Türkei. 7. Portugal. 6. Russland. Und dann folgen die grossen fünf Ligen. Fünfter wird Frankreich. Die Ligue 1 hat dank Paris Saint-Germain, von Scheichen alimentiert, sowie Aufsteiger Monaco, welcher das Spielzeug eines Russen ist, zwei aufregende neuschwerreiche Projekte zu bieten. Die fürstlichen Gehälter bei beiden Klubs locken Topkönner an, und es hat mit Marseille, Saint-Etienne, Bordeaux oder Lyon auch durchaus weitere Prominenz in der Liga. Dennoch ist die Primera Division, auf Rang 4 liegend, selbstverständlich besser, grösser, attraktiver. Weil aber eben hinter Barcelona und Real Madrid viel Mittelmass, Finanzakrobatik und Tristesse wartet, muss sich Spanien für einmal geschlagen geben.

Dritter wird Italien, Zweiter England, Sieger Deutschland. Die Gründe für die Besetzung dieses Podests sind erläutert worden. Und vielleicht ändert sich das Ranking in den nächsten Monaten ja wieder. Gerade die Premier League könnte an der Tabellenspitze sehr spannend verlaufen. Die Bundesliga dagegen muss aufpassen, dass die Bayern nicht zu überlegen werden. Das würde der Anziehungskraft schaden.

Und, liebe Fussballfreunde, wie sehen Sie das? Ist die Bundesliga die beste Liga der Welt? Oder doch eher die Premier League? Wo steht die Primera Division mit ihren zwei Giganten Barcelona und Real Madrid?

Die schönsten Fussballbars in Zürich

Simon Zimmerli am Donnerstag den 15. August 2013

Ich bin ein Gegner grosser Public-Viewing-Anlässe und schaue mir die Spiele der WM und der EM lieber zu Hause oder im kleinen Kreise meiner Fussballexpertenfreunde an. Für Spiele der Bundesliga oder der Super League schweife ich aber gerne aus und zwar so weit wie es mein beschränkter Aktionsradius zulässt. Da die traditionelle Fussballbar Penalty beim Hallwylplatz seit einiger Zeit geschlossen hat und die Wiedereröffnung bis September auf sich warten lässt, war ich gezwungen, mich zum Auftakt der grossen internationalen Ligen nach Alternativen umzusehen. Kaiser Franz

Rudy Carpineti am Tresen im Kaiser Franz.

Rudy Carpineti am Tresen im Kaiser Franz.

An der Rolandstrasse 22 im Kreis 4 befindet sich der Kaiser Franz. Wie der Name bereits vermuten lässt, wird hier vieles dem Fussball untergeordnet. Die Öffnungszeiten werden quasi von den einzelnen Fussballverbänden, respektive anhand des Spielplans festgelegt. Ob Bundesliga, Champions League, Nati-Spiele oder Super League, alle wichtigen Spiele werden hier gezeigt. Auch für den spanischen Clásico oder Lugano-Chiasso öffnet Rudy Carpineti, ein gebürtiger Tessiner, seine Bar. Wühltischspiele, wie Slovan Liberec gegen den FCZ, die vom SRF nicht übertragen werden, sehen wir bei Carpineti dank Livestream auf der grossen Leinwand trotzdem. Zu Essen gibt es leider nichts, dafür werden wir mit einer kaiserlichen Auswahl an Gerstensaft beschenkt. Vom Westvleteren XII, das stolze Fr. 25.- pro 3,3 dl Fläschchen kostet, über das Brinkhoff’s No. 1, dem Stadionbier von Borussia Dortmund, bis zum Liefmans Fruitesse, einem belgischen Früchtebier, das mich stark an die Tiki-Brause erinnert aber dennoch hervorragend schmeckt, hat Carpineti weitere 30 Biersorten im Angebot. Ab 19. August findet hier dann auch wieder «ZWÖLF – die Fussballbar» statt, wo Fussballprofessor Mämä Sykora mit spannenden Gästen zum Fussball-Talk lädt. Le Calvados

Am zweijährigen Geburtstag der Calvados-Bar.

Am zweijährigen Geburtstag der Calvados-Bar.

Auch am Idaplatz im Kreis 3 haben wir es mit einer reinrassigen Sportbar zu tun. Eingerahmte Bilder vom jungen Stéphane Chapuisat im Lausanne-Sport-Dress oder von Alain Sutter im Bayern-Trikot, der neckisch neben einem Baum posiert, zieren hier die Wände. Das Live-Sport-Programm des Calvados (es werden auch andere Sportevents wie Golf oder Tennis gezeigt) finden wir jeden Montag auf der Homepage und dürfen per Mail- oder Facebook-Voting mitbestimmen, welches Spiel gezeigt wird. Zum Auftakt der Bundesliga am letzten Freitag wurde vornehmlich hochdeutsch gesprochen. Dazu passt auch das kulinarische Angebot; Weissbier und Weisswürste werden während den Bundesligaspielen vornehmlich bestellt, obwohl der eigentliche Klassiker das Philly Cheese Steak ist. Ein warmes Baguette mit Rindfleisch und Gemüse, überbacken mit Cheddar-Käse. Sitzplätze gibt es hier nur wenige aber dank drei TV-Geräten ist man immer am Ball. Mars Bar

Eine überrraschend angenehme Bar hinter einer tristen Fassade.

Eine überrraschend angenehme Bar hinter einer tristen Fassade.

In einem Geisterhaus an der Neufrankengasse 15 befindet sich eine liebevoll eingerichtete Bar, die sich ab und an in eine Fussballoase von einem anderen Planeten verwandelt. Die Mars Bar. Für die Spiele der Bundesliga und des FC Zürichs wird hier die grosse Leinwand ausgerollt. Auch hier ist die Speisekarte klein aber fein. Snacks wie Oliven, Fenchelsalametti oder Bündner Bergkäse reichen aus, um über die Runden zu kommen. Nebst einem grossen Biersortiment bietet die Mars Bar den besten Eiskaffee in Zürich – wahlweise mit Amaretto, Brandy oder Rum – der auf den Letzigrundsitzschalen im schmalen Kiesgarten noch besser schmeckt. Zigaretten, ein Fumoir, das an ein gemütliches Wohnzimmer erinnert und charmantes Personal gibt es alles hinter der Theke. Piccolo Giardino

Das Piccolo Giardino an der WM 2010.

Das Piccolo Giardino an der WM 2010.

Einen Steinwurf von der Mars Bar entfernt liegt das Piccolo Giardino, das insbesondere bei den FCZ-Auswärtsspielen sehr beliebt ist. Die Spiele lassen sich trotz gut befahrener Strasse auf dem Schöneggplatz prima unter freiem Himmel schauen. Und da draussen kein Ton gesendet werden darf, ist man mit der richtigen Radiofrequenz auch akkustisch immer am Ball. Da der Garten nicht bedient ist, geniesst man beim Bier holen, inklusive anstehen eine vertraute Stadionatmosphäre. Und falls am Sonntag Abend niemand zu Hause auf Sie wartet, können Sie noch etwas Leckeres essen und danach den Tatort im Ersten verfolgen. Restaurant Schlössli

Hier gibts die Schlössli-Spiesse.

Hier gibts die Schlössli-Spiesse.

Wie es der Name schon verrät, handelt es sich hier nicht um eine klassische Fussballbar sondern in erster Linie um ein Restaurant. Trotzdem kann man bei Panos Delingianis zu später Stunde einkehren und das Finale des Confed-Cups schauen. Auch hier bestimmt der Spielplan des FCZ, ob Delingianis die Pforten bereits am Sonntag Nachmittag öffnet. Die Konferenzschaltung der Bundesliga ist bei schönem Wetter ohnehin zu einem Pflichttermin geworden, im lauschigen und gedeckten Garten an der Neufrankengasse 25 im Kreis 4. Und wenn der FCZ verliert, bleibt immer noch der Schlössli-Spiess als Trost. Ein wunderbares Ensemble aus zartem Rindfleisch, Speck und Peperoni. Fast so schön wie wenn der Ball nach einer Kombination über Pedro, Rikan und Gavranovic im Basler Netz einschlägt. Bar Zucchero

Die erste Adresse für Bayern-Fans in Zürich.

Die erste Adresse für Bayern-Fans in Zürich.

Ebenfalls im Kreis 4, an der Brauerstrasse 30, befindet sich die Bar Zucchero. Hier sollte man nicht zum falschen Zeitpunkt mit dem falschen Trikot reinspazieren, da es sich um das Vereinslokal des «FC Bayern München Fanclub Zürich» handelt. Metin Güner, selbst eingefleischter Bayern-Fan, tischt schon mal Brezn und Weisswürste auf bei einem grossen Spiel, von denen es in der letzten Saison ja so einige gab für die Bayern. Hier kann man es sich aber auch auf einem der zahlreichen Sitzplätze draussen gemütlich machen und bei einem Augustiner-Bier die Super League verfolgen. Oder die Reality Show der Brauerstrasse. Die Bar meines Vertrauens bleibt aber das SI O NO an der Ankerstrasse 6. Fussball hin oder her. Tolles Personal, wenig Hipsters, gespickt mit grossartiger Musik in der richtigen Lautstärke und vernünftigen Öffnungszeiten. Da verzichte ich auch mal auf Fussball und schaue bei einer Rhabarberschorle grosszügig über das GC-Herz des Besitzers hinweg. Habe ich ein Lokal vergessen und wie sieht es in anderen Städten aus, liebe Steilpass-Blog-Leser?

Doping im Fussball – ach was …

Fabian Ruch am Mittwoch den 14. August 2013
Die Sieger des 100-Meterlaufs an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul wurden alle des Dopings überführt (v.l.): Linford Christie, Carl Lewis und Ben Johnson. (AP/Gary Kemper)

Die ersten Drei des 100-Meter-Laufs an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul wurden inzwischen alle des Dopings überführt (v.l.: Linford Christie, Carl Lewis und Ben Johnson). (AP/Gary Kemper)

Im Sport wird fleissig gedopt, klar, und wahrscheinlich wird man auch die Sieger der letzten Tour-de-France-Veranstaltungen, die amtierenden Schwimm-Weltmeister oder die Medaillengewinner der aktuellen Leichtathletik-WM irgendwann noch überführen – wenn neue Kontrollmethoden existieren, welche die heute verwendeten Substanzen erkennen. Die Proben werden ja aufbewahrt. In Sportarten, in denen vor allem Kraft und Ausdauer benötigt werden, gab es schon immer Doping. Warum sollte das heute anders sein?

Wie aber sieht es im Fussball aus? Wird gedopt? Wenn ja: für was? Es ist ein sehr heikles Thema, denn der Fussball ist derart populär und mächtig, dass es enorm einflussreiche Kreise gibt, welche die Königssportart rigoros schützen. Es gibt, das darf man schreiben, gewiss Sportarten, die konsequenter gegen Doping vorgehen als der Fussball.

epa03442129 A picture dated 24 July 2005 shows US cyclist Lance Armstrong of the Discovery Channel Team signalling a seven as he is on his way to win his seventh Tour de France in Corbeil-Essonnes, France. Armstrong has been stripped off his seven Tour de France titles the international cycling federation UCI announced at a press conference in Geneva, 22 October 2012.  EPA/OLIVIER HOSLET

Die Radsportverbände bekämpfen Doping rigoroser als die Fussballverbände: Der gedopte Lance Armstrong vor dem Gewinn seiner siebten Tour de France, 24. Juli 2005. (EPA/Olivier Hoslet)

Illegale Mittel helfen im Fussball jedoch sowieso nur bedingt weiter. Jeder, der schon einmal auf dem Fussballplatz gestanden ist, weiss, was es bedeutet, wenn man einen Ball erhält. Man hat jetzt geschätzte 100 und gefühlte 1000 Möglichkeiten, wie es weitergeht. Kurzpass? Langer Pass? Dribbling? Schuss? Ball stoppen? Direkt weiterleiten? Nach hinten? Quer? Nach vorne? Doping kann bei dieser Entscheidungsfindung eher nicht weiterhelfen.

Im Fussball sind extrem viele Fähigkeiten gefordert, es geht etwa um Handlungsschnelligkeit, Spielintelligenz, Übersicht, natürlich aber auch um Kraft, Schnelligkeit, Erholungsfähigkeit. Dennoch: Es geht nicht einfach nur darum, einen Berg möglichst rasch mit dem Velo zu erklimmen. Oder 800 Meter so schnell zu rennen, wie es der Körper zulässt. Oder 50 Meter in extrem hohem Tempo zu schwimmen.

Nein! Man muss mit dem Ball umgehen, eine präzise Flanke schlagen oder sich im Kopfballduell durchsetzen können. Zum Beispiel.

Weil der Fussball derart komplex ist, hilft Doping also nur beschränkt weiter. Oder kann man die Technik von Lionel Messi heranzüchten? Die Freistossstärke von Cristiano Ronaldo? Die Wucht von Zlatan Ibrahimovic? Die Übersicht von Ilkay Gündogan? Die Präzision von Andrea Pirlo? Und die Intelligenz von Xavi? Nein, natürlich nicht alleine durch besonders umfangreiche Dopingpraktiken. Zu viele Faktoren sind entscheidend, als dass jemand im Fussball sich bloss mit unerlaubten Mittelchen in die Weltspitze katapultieren könnte.

Real Madrid's Ronaldo from Portugal, celebrates after he scored  during their Spanish La Liga soccer match against Almeria at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid, Spain Saturday Dec. 5, 2009. (KEYSTONE/AP Photo/Alvaro Barrientos)

Im Fussball ist Doping kein Thema: Der nicht gedopte Real-Madrid-Spieler Ronaldo zeigt seine Muskeln, 5. Dezember 2009. (Keystone/Alvaro Barrientos)

Das ist, selbstverständlich, für einige Leute eine oberflächliche These. Und logischerweise ist es die Einstellung eines Fussball-Liebhabers, werden Velofahrer und Leichtathleten monieren. Das mag sein. Aber der Fussball eignet sich nun mal eher nicht dazu, um besonders viele Muskeln oder extrem viel Kraft aufzubauen. Andere wichtige Aspekte wie Spritzigkeit, Schnelligkeit, Beweglichkeit könnten darunter leiden.

Aber, und damit folgt die Kernaussage dieser Gedanken: Es ist naiv zu glauben, im Fussball werde nicht doch gedopt. Die Hochleistungsfussballer treten mittlerweile während 10 Monaten im Jahr beinahe jeden dritten Tag zu einer Begegnung auf internationalem Niveau an. Selbstredend kann es extrem hilfreich sein, wenn man sich in diesem strengen Programm schneller erholt, bessere Ausdauerwerte besitzt, widerstandsfähiger ist. Und weil es keine Sportart gibt, in  der es um mehr Geld geht, wäre es äusserst überraschend, würde nicht auch im Fussball mit Spritzen, Tabletten und Medikamenten gehandelt. Jedes Detail kann schliesslich entscheidend sein. Und wer nach zweimal schlafen schon wieder perfekt erholt ist, der ist im Vorteil.

Es gab ja in den letzten Jahren immer wieder Verdächtigungen und Gerüchte. Grosse spanische Vereine und Fussballer seien ebenfalls Kunden beim berüchtigten Sportmediziner Eufemiano Fuentes gewesen, hiess es. Details erfuhr man keine. Gibt man aber den Namen des spanischen Arztes bei Google ein, folgen als erste Vorschläge: FC Barcelona. Guardiola. Fussball. Nur so.

Auch gegen Juventus zum Beispiel gab es regelmässig Doping-Vorwürfe. Und zuletzt hiess es in Deutschland, früher sei auch im Fussball umfassend gedopt worden. Irgendwie. Vielleicht wussten die Spieler gar nicht, was sie verabreicht erhielten. Und vermutlich half es ihnen dann eben auch nicht direkt etwas, wenn sie im Strafraum frei zum Schuss kamen. Oder vor dem eigenen Tor richtig stehen mussten. Aber es hat ihnen in diesem Moment bestimmt auch nicht geschadet.

Und was glauben Sie? Wird im Fussball gedopt? So viel wie in anderen Sportarten? Bringt es im Fussball überhaupt etwas?

Der Vater aller Dinge

Thomas Kobler am Montag den 12. August 2013

…ist der Krieg, philosophierte Heraklit vor ungefähr 2500 Jahren. Ob solche Gedanken vielleicht auch die beiden Trainer im Vorfeld von FC Basel gegen FC Zürich beschäftigten? Beide mussten sie noch unter der Woche schwer um ihre Saisonziele kämpfen. Murat Yakin kam in Tel Aviv noch einmal mit einem blauen Auge davon, aber für Urs Meier ist die Zeit der internationalen Feldzüge schon jetzt wieder vorüber. Dabei hat die Saison noch kaum richtig begonnen. Gestern standen sich also im epischsten Schweizer Fussballstädteduell ein ganz leicht angezählter und ein geschlagener «Feldherr» mit ihren Mannschaften gegenüber. Um ihre Vormachtstellung zu verteidigen, brauchten die Rot-Blauen den Heimsieg. Alles andere hätte angesichts der Berner Siegesserie für etwas Murren gesorgt auf den Rängen. Die Zürcher aber brauchten die volle Punktzahl noch mehr, um sich nicht schon nach nur fünf Runden vorläufig aus dem Super-League-Meisterschaftsrennen verabschieden zu müssen. Obwohl die Spielzeit noch sehr lang scheint – in Basel stand bereits eine erste, wegweisende Entscheidungsschlacht an.

Weil seine Mannschaft, ausgenommen Yann Sommer, im Moment nur Mittelmässiges zu Wege bringt, durfte man gespannt sein, wie Yakin die Aufgabe zu lösen gedachte. Urs Meiers Truppe leidet bisher daran, dass ihre Unerfahrenheit sie immer wieder unnötig in Bedrängnis bringt, und bis gestern keiner da war, der dann das Heft sicher in die Hand nehmen und in kritischen Momenten erst Widerstand und dann die Wende erzwingen könnte. Das FCZ-Trikot für solch einen Anker wurde gestern allerdings andeutungsweise wieder gefüllt und trug die Nr. 10.

Basel begann die Partie selbstbewusst und offensiv ausgerichtet wie es sich daheim für einen Meister geziemt, und die viel zu weit vom Gegner wegstehenden Zürcher hielten diesem Druck nur sechs Minuten stand, dann lagen sie 1:0 zurück. Danach verfiel der FCB allerdings wieder in sein behäbiges Passspiel, das zwar hübsch aussieht, aber vierzig Meter vor dem gegnerischen Tor eben nicht besonders gefährlich ist. Die Zürcher nahmen die Einladung zum Mitspielen überraschend an und drehten in der Folge das Spiel in ein 1:2. Die Basler hatten dem erstaunlicherweise nichts Überzeugendes entgegenzusetzen und verschenkten einen sicher geglaubten Sieg.

Das schwache defensive Mittelfeld des FCZ lässt die Verteidigung  zwar immer noch nicht gut aussehen, aber nach vorne sind die Zürcher schneller als die meisten in der Liga. Mit Pedro Henrique entwickelt sich beim FCZ auch wieder ein Spielmacher. Jetzt muss nur noch ein abwehrstarker Sechser gefunden werden, und der FC Zürich wäre wieder bei den Leuten.

Der FCB ist schlicht zu langsam. Hohe Passsicherheit kann nur ungenügend in Tempo umgemünzt werden – sieht man einmal von Salah ab, aber der trifft ja praktisch nie. Sollte Stocker noch nach Schalke wechseln, was ich als gar nicht unwahrscheinlich einstufe, wären die Champions-League-Träume ernsthaft in Gefahr. Ob aus Raúl Bobadilla noch rechtzeitig ein Aktivposten wird, ist völlig offen. Folglich könnte der FCB massiv unter Zugzwang kommen. Pikanterweise  ist ausgerechnet jetzt Mladen Petric auf dem Markt, und der böte relativ pflegeleicht alles, was es für die Basler Pläne in dieser Saison braucht. Kann man so eine Gelegenheit wirklich vorbeiziehen lassen, wenn man in die Champions League will und Probleme mit dem Tempo, im Sturm und im Abschluss hat sowie nach fünf Runden schon sieben Punkte hinter YB liegt?

Wie seht ihr das, Sportsfreunde?

Sind Japaner die besseren Brasilianer?

Annette Fetscherin am Freitag den 9. August 2013

Spektakelmacher, Publikumsliebling, Leistungsträger. Wer früher einen Brasilianer verpflichtete, tat dies in der Absicht, seinen Fans etwas zu bieten. Der Trend zeigt aber, dass sich Fussballeuropa nicht mehr unbedingt nach Westen orientiert, sondern ungefähr in gleicher Distanz nach Osten. In der Super League ist nicht etwa ein Südamerikaner der Überraschungsmann der Stunde, sondern mit Yuya Kubo ein Japaner. Sind die Japaner die neuen Popstars des Fussballbusiness?

In der Bundesliga spielten in der letzten Saison elf Japaner, also einer auf jeden zweiten Verein. Noch vor sechs Jahren war Naohiro Takahara der Einzige. Der Fussball boomt im Baseball-Land, immer wieder bringt Japan Ausnahmetalente hervor. Die Nationalmannschaft sichert sich als erste Nation einen Platz an der WM 2014. Und Japaner können die Massen begeistern. Dies beweist Shinsji Kagawa wie kein Zweiter. Als er 2010 aus Osaka nach Dortmund wechselte, kannte niemand den 1,72 Meter kleinen Mittelfeldspieler. Doch Kagawa eroberte die Herzen mit japanischen Eigenschaften. Er ist flink, wendig, technisch stark und zeigt einen unbändigen Einsatz und Leidenschaft.

In ähnlicher Manier präsentiert sich auch Yuya Kubo in Bern. Auf dem Platz schnell, spielintelligent und eiskalt vor dem Tor. Drei Treffer in vier Spielen – und das ohne auch nur einmal in der Startformation zu stehen. Er, der eigentlich gar nicht so richtig gewollt wurde, lässt seine Leistung für sich sprechen. Und ist in Bern bereits absoluter Publikumsliebling.

Japaner sind keine Strandfussballer – um noch einmal auf den Vergleich mit den Brasilianern zurückzukommen. Japaner bestechen durch Bescheidenheit und Mannschaftsdienlichkeit. Und irgendwie sind sie einfach sympathisch. Man kann etwa Atsuto Uchida, dem Mittelfeldspieler von Schalke, nicht böse sein, wenn er bei der Saisoneröffnung vor 100’000 verkündet: «Leck mich am Arsch, danke. Leck mich am Arsch.» Verlegen lächelt und sich hinter den Kollegen versteckt.

Japaner sind zumeist fröhliche Menschen, doch auf dem Platz längst nicht so unbekümmert wie Brasilianer. Kagawa beispielsweise wechselte für 22 Millionen Euro zu Manchester United und setzte sich da zu sehr unter Druck. Die Saison war schwierig, von Verletzungen und Formtief geprägt.

Trotzdem gerät in Dortmund eine ganze Stadt in Wallung, wenn Kagawa davon spricht, zurückzukommen. Weil er sich offensichtlich in England noch nicht so richtig zu Hause fühlt. Und weil die Gruppe wichtig ist für die Spieler seiner Kultur, die sich eigentlich sehr ungern in den Mittelpunkt stellen. Die aber durch ihre Leistung – so wie auch Yuya Kubo – automatisch ins Zentrum des Interesses geraten.

Japaner sind keine Brasilianer, aber sie haben das Zeug dazu, ähnlich grosse Glanzpunkte zu setzten wie das Fussballvolk auf der anderen Seite der Erdkugel. Nur mit anderen Argumenten. Vielleicht etwas schüchtern und unaufdringlich. Aber aufgestellt, neugierig und lernfreudig.

Pervers oder spektakulär?

Fabian Ruch am Dienstag den 6. August 2013

Bald beginnt auch in den grossen europäischen Fussballligen der Betrieb. Und man muss sich ja heftig die Augen reiben, wenn man sieht, was da auf dem Transfermarkt wieder los ist. Von der Wirtschaftkrise, die weite Kreise Europas erfasst hat, ist wenig zu spüren. Aber das kann nicht überraschen, schliesslich sind es vor allem Scheiche und Oligarchen, welche die Ablösesummen in teilweise absurde Höhen treiben. Manchester City, Paris-Saint-Germain oder Monaco, um nur drei von Ausländern alimentierte Vereine zu nennen, sind auf grosser Einkaufstour und geben Hunderte von Millionen Franken für frische Kräfte aus. Der Preis spielt oft keine Rolle, Hauptsache die neuen Spieler sind prominent, stark, beliebt. Und wenn jetzt Gareth Bale tatsächlich für rund 150 Millionen Franken zu Real Madrid wechseln würde, wäre das nur konsequent. Real Madrid stellt immer wieder Rekorde bei Transfersummen auf, das ist sich der vielleicht grösste Fussballklub der Welt wohl schuldig.

Man kann diese Entwicklung krank oder pervers finden, wie das viele tun. Letztlich aber gilt es, die Realität zu akzeptieren. Und der Fussball ist am Ende auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Schuldenwirtschaft gibt es überall, und solange die Vereine – auf welchen oft dubiosen Wegen auch immer – Möglichkeiten finden, den Betrieb zu finanzieren, geht das Wettrüsten weiter. Rationale Gründe sind hinter den Aktivitäten meist nicht zu erkennen. Weil Barcelona mit Neymar einen neuen Zauberkünstler verpflichtet hat, muss Real möglichst spektakulär kontern. Mit Cristiano Ronaldo steht zwar schon der weltbeste Linksflügel im Team, aber der zweitbeste, Gareth Bale, wird dann halt über rechts stürmen. Und das Duell der Feinfüsse Lionel Messi/Neymar gegen die Kraftpakete Ronaldo/Bale wird die Fussballwelt elektrisieren.

Dennoch muss man sich fragen, in welche Richtung der Fussball geht. Es findet nämlich gerade eine fundamentale Kräfteverschiebung statt. Jahrzehntelange Grössen wie Milan und Inter Mailand müssen fleissig sparen, und wenn neue Besitzer nicht ebenfalls vom Kaufrausch befallen werden, dürften die zwei italienischen Klubs bald endgültig den Anschluss an die neureichen Emporkömmlinge wie Manchester City und Paris Saint Germain verlieren. Immerhin: Real und Barcelona bleiben wie Bayern München als Konstante unter den internationalen Topteams. Aber vielleicht misst sich Manchester City schon bald im Champions-League-Final mit Monaco. Vor fünf Jahren wäre so eine Endspielpaarung ungefähr so realistisch gewesen wie die Vorstellung, dass Bayerns Präsident Uli Hoeness nicht über die Konkurrenz lästern kann, weil er selber ein Imageproblem besitzt.

Und es wird zwar, wie gerade in diesen Zeilen, immer mal wieder ein moralisches Fragezeichen hinter die Entwicklung gesetzt werden. Doch die meisten Fussballfans freuen sich letztlich, wenn ihr Verein Spiele gewinnt und Titel feiert – und sei es dank kostspielig engagierten Spielern und zwielichtiger Vereinschefs. So ist das. Fraglich aber bleibt, ob der Europäische Fussballverband (UEFA) das Financial Fairplay wirklich so umsetzt, wie er es angekündigt hat. Demnach dürften, grob erklärt, nur noch Vereine am Europacup teilnehmen, die nicht mehr Geld ausgeben als einnehmen. Es wird Übergangsphasen geben, wo ein gewisser Verlust zulässig ist. Spätestens in drei Jahren aber sind solche Transferexzesse wie in diesem Sommer kaum mehr möglich – ausser die Vereine finden Schlupflöcher und verkaufen beispielsweise die Trikotwerbung für astronomische, nicht marktgerechte Preise. So könnten die Gelder der Besitzer über Umwege in den Verein geschleust werden.

Die UEFA jedoch wird sowieso kaum Vereine wie Real Madrid von der Champions League ausschliessen. Das würde dem glänzenden Geschäft massiv schaden. Und die Show muss weitergehen. Oder nicht?

Und was meinen Sie? Stören Sie sich an den gewaltigen Ablösesummen im Fussball und den hohen Schulden vieler Vereine? Finden Sie die Entwicklung ungesund – oder haben Sie keine Probleme damit? Hauptsache, die Unterhaltung stimmt?

Sion säuft ab!

Thomas Kobler am Montag den 5. August 2013

Dass in Sion längst nichts mehr läuft, wie es in einem Fussballverein sollte, ist an sich keine Neuigkeit. Aber wie sehr sich der Verfall seit dem Start der neuen Meisterschaft beschleunigt hat, ist beängstigend. Die Tabelle lügt mal wieder nicht. Sion-Präsident Constantin fährt seinen eigenen Verein sehenden Auges an die Wand, weil er vollkommen den Überblick verloren hat. Der Totomat ist zwar ein brauchbarer Indikator am Ende eines Spieltags, aber natürlich ein völlig ungeeignetes Instrument zur Clubführung. Ein Fussballverein ist etwas komplexer, als es die Anzeigetafel in der Stadionecke auszudrücken vermag.

Gestern wurden die Walliser vom anderen Chaos-Verein der letzten Saison knapp besiegt und weiter ins Tabellenelend gestürzt. Im Gegensatz zum Walliser, sahen die Luzerner Verantwortlichen ihre bescheidene fussballerische Kompetenz gerade noch rechtzeitig ein und wandten sich in der Not an einen absoluten Profi. Natürlich kann Alex Frei auch keine Wunder bewirken – zumindest nicht in so kurzer Zeit – aber es gelang ihm, mit wenigen Massnahmen den entgleisten FCL wieder zurück auf die Spur zu stellen. Und das auch noch in die richtige Richtung. Wahrscheinlich ist Vereinsarchitektur bei Fussball-Profis eben doch in besseren Händen als beim baunahen Gewerbe.

Der Spielverlauf ist schnell erzählt: Der einzige Luzerner, der gestern das Prädikat Rumpelfüssler nicht verdiente, haute die Kirsche kurz vor Schluss aus der Nahdistanz gedankenschnell in die Maschen. Das genügte. Mehr als Aussie Bozanic war da nicht in fünfundneunzig unglaublich drögen Spielminuten, in denen Sion eigentlich die bessere Mannschaft war. Sie spielten einen feinen und fast perfekten «Catenaccio» – aber leider konnten sie nur das. Wie man einen Angriff führt, hatte der Trainer der jungen Mannschaft noch nicht beibringen können. Die Methodik – wie auch die guten Geister – haben das Tourbillon längst verlassen. Nebenbei, der FCL lebt tabellenmässig weit über seine Verhältnisse, aber hat mit Bozanic einen wahren Glücksgriff getan.

Was jetzt kommt, ist absehbar: Michel Decastel wird seinen Trainerstuhl mangels Spielmacher wieder räumen müssen, und der nächste Lebensmüde bzw. Arbeitslose wird in Sion einen ordentlich dotierten Kurzzeit-Trainervertrag mit einem hohen Schmerzensgeldanteil unterschreiben. Ändern wird sich allerdings nicht viel. Weil das Fundament in den vergangenen zwei skandalträchtigen Spielzeiten so geschleift wurde, dass es derzeit nicht mehr trägt, steht man beim FC Sion auf verbrannter Erde – um nicht zu sagen im Schilf. Man hat dermassen die Orientierung verloren, dass man sich nicht einmal mehr zutraut, mehr als einen Ausbildungsschritt auf einmal zu schulen. Gegenüber dem FC Sion kann man nur noch eines empfinden: Mitleid.

Kann jemand, der so unbegabt ist in Vereinsführung sonst ein erfolgreicher Geschäftsmann sein? Alles in mir sträubt sich, das zu glauben, aber im Wallis wären die Uhren wohl das wenigste, das dort anders geht. Aus seinen Ferien in Griechenland – welch passender Ort für gescheiterte Präsidenten – deklariert Herr Constantin den totalen Absturz als «Übergangssaison» und macht ein Manko im Sturm aus, wenn schon das Mittelfeld völlig kopflos ist. Der Untergang war geschichtlich gesehen schon immer die Blütezeit der krassen Fehleinschätzungen und Schönfärberei.

Ist der FC Sion noch zu retten, Sportsfreunde?

So kann Guardiola bei Bayern scheitern

Fabian Ruch am Mittwoch den 31. Juli 2013

Wer kennt Pep Guardiola richtig? Diese Frage drängt sich auf in diesen Tagen, in denen Fussballdeutschland fasziniert das akribische Treiben des spanischen Wundertrainers bei Bayern verfolgt. Plant dieser elegante Fussballästhet die ganz grosse Revolution in München? Guardiola ist ja irgendwie mit einem virtuellen Heiligenschein unterwegs, er hat bei Barcelona einen Titel nach dem anderen gewonnen, viele Fans liegen ihm und seinem Kurzpassfussball zu Füssen.

Und jetzt krempelt dieser Spanier einen Weltklub um, als würde er bloss in irgendeinem Managerspiel auf dem Computer ein bisschen viele Veränderungen vornehmen – und mal beobachten, wie sich die Dinge so entwickeln. Aber es ist keine Simulation. Es ist die pure Realität. Und es geht um den wirtschaftlich und zuletzt auch sportlich erfolgreichsten Verein der Welt. Wenn Guardiola so weitermacht, wird er entweder sehr schnell entlassen – oder er nicht nur virtuell einen Heiligenschein tragen!

Pep Guardiola scheint ein Wolf im Schafspelz zu sein. Freundlich, aber knallhart. Klug, aber ideologisch. Er geniesst einen glänzenden Ruf, selbst wenn sich seine Funktion als Katar-Fussball-Botschafter nicht wirklich mit seinem Image als Gutmensch vereinbaren lässt.

Aber Guardiola muss nur gewinnen. So läuft das im Sport.

Bei seiner Vorstellung vor ein paar Wochen in München meinte Guardiola noch demütig, er werde nur wenig verändern, ein Trainer müsse sich den Spielern anpassen, Bayern sei ein grosser Verein mit eigenständiger Philosophie. Jetzt ist alles anders, es würde nicht einmal mehr wahnsinnig überraschen, wenn Guardiola bald Franz Beckenbauer reaktiviert. Dieser könnte im Zentrum des Spiels mit seinem feinen Fuss bestimmt wertvolle Kurzpässe zelebrieren.

Der bei Barcelona wunderbare Guardiola riskiert viel. Er geht All-In. Ohne Rücksicht. Es ist die spektakuläre Pep-Revolution. Die Bayern gewannen letzte Saison das Triple, und doch müssen sie nun den Fussball neu lernen. Das Murren ist erst leise vernehmbar, wird sich aber in ein Donnergrollen verwandeln, sobald es unter Guardiola nicht läuft. Man darf gespannt sein, wie lange die machtbewussten Grössen des Teams still halten – und sich manchmal wie Schulbuben behandeln lassen. Erste Anzeichen von Unruhe gibts bereits, die 2:4-Niederlage im Supercup am letzten Samstag bei Borussia Dortmund war schmerzhaft für Guardiola. Er benötigt Ruhe, deshalb braucht er Siege.

Jupp Heynckes stellte die Bayern letzte Saison klug und pragmatisch im 4-2-3-1-System auf, mit Bastian Schweinsteiger und Javi Martinez im Zentrum als Balleroberer und Strategen. Guardiola lässt nun im flotten 4-1-4-1 stürmen, es ist sehr offensiv interpretiert, mit dem sensationellen Fussballer Thiago im Zentrum des Geschehens. Aber kann Thiago auch defensiv eine Hilfe sein? Wo spielt dann Schweinsteiger? Was ist mit Toni Kroos? Wird Mario Götze den falschen Neuner geben? Hat es Platz für Arjen Robben und Mario Mandzukic? Wird Martinez in der Innenverteidigung spielen? Und wagt es Guardiola gar, seinen Lieblingsplan umzusetzen und Philipp Lahm, den besten Aussenverteidiger der Welt, ins offensive Mittelfeld zu setzen?

Klar: Bei über 20 Nationalspielern gibt es immer Härtefälle. Aber: Wenn die Spieler nicht an die Ideen ihres Trainers glauben, hat dieser verloren. Und: Frische Impulse sind immer gut, ungewöhnliche Einfälle ebenfalls, denn im Erfolg werden oft die schlimmsten Fehler gemacht. Guardiola jedoch übertreibt es mit seiner Philosophie. Er verändert unnötig zu viele Sachen, die prächtig liefen. Er müsste bloss ein wenig an der Feinjustierung drehen – und nicht eine neue Maschine aufbauen. Nun sind aber die Bayern natürlich zumindest in der Bundesliga stark genug, um einen Kantersieg nach dem anderen zu landen. Es ist beinahe egal, wie der Trainer aufstellt. Auch mit Feinfuss Beckenbauer im Mittelfeld würde es wohl noch reichen für die Mittelfeldklubs der Liga.

Doch Bayern will erneut Barcelona, Real Madrid, Juventus bezwingen. Dazu benötigt das überragend besetzte Team vor allem Stabilität und Vertrauen. Die Gefahr ist gross, dass Guardiolas Spielidee in den wichtigen Begegnungen Schiffbruch erleiden wird. Wenn er sich nicht bald anpasst, wird er deshalb grandios scheitern. Denn keiner ist grösser als ein Weltverein. Und die Bayern haben in den letzten Jahren sehr schlechte Erfahrungen gemacht mit Konzepttrainern wie Buddhafreund Jürgen Klinsmann, der jedes Detail bis zur Gestaltung der Klubanlage bestimmen wollte. Auch der arrogante Louis van Gaal, ein grossartiger Ausbildner, musste gehen, weil er dachte, er sei mindestens so göttlich wie der Fussballgott.

Pep Guardiola ist smarter als van Gaal, aber er ist gleichfalls äusserst stur. Jedenfalls ist bei Bayern München in den nächsten Wochen noch mehr Unterhaltung als gewöhnlich garantiert.

Was denken Sie? Ist Guardiola auf dem richtigen Weg – oder scheitert er? Werden die Bayern erneut das Triple gewinnen? Und muss sich ein Trainer nicht stärker seinen Spielern anpassen als Guardiola?

Star Trek trifft auf Berner Platte

Thomas Kobler am Montag den 29. Juli 2013


In ihren neuen Trikots sehen die YB-Kicker aus wie die Firmenmannschaft des Sternenflotten-Kreuzers Laureus. Richtig goldig. Wird in Bern endlich weniger unterirdischer Fussball zu sehen sein diese Saison? Ist Uli Forte mehr Kirk als Khan? Wird es im Frühjahr vielleicht mal heissen: «Bringen Sie uns auf Meisterschaftskurs, Mr. Kubo»? Liegen dann auch wieder Warp-Reisen in die unendlichen Weiten des Uefa-Raums drin, oder weiterhin nur Impuls-Trips nach Basel, Aarau, Zürich oder ins trainerlebensfeindliche und zerfallende Sion? Und wer würde sich als das Schlitzohr an Bord herausstellen? Fussball ist keine Science, aber für Fiction ist er perfekt – besonders zu Saisonbeginn.

Die Thuner versuchten in der gestrigen Episode die heurige goldige Berner Generation zu schlagen. Zwar nicht urplötzlich – der Spielplan der Super League taugt einfach nicht für spontane Begegnungen – aber immerhin unberechenbar tauchten sie auf dem Schirm des Stade de Suisse auf. «Fischer voraus!», hatte man sich schon die ganze Woche über in Bern auf die Untertanen von weiter oben am Fluss gefreut. Dass die grad auch noch siegtrunken nach gewonnenem Kampf in Georgien angeflogen kamen, machte die Aufgabe nicht leichter.

Die Ausgangslage vor dem Spiel liess keinen Sportsfreund kalt im Kanton. Die Mannschaften waren heiss aufs Derby, und die Temperaturen im Stadion deuteten es an: Bei YB bereitet man sich wieder konsequent auf einen Platz an der Super-League-Sonne vor, auch wenn es dann erstmal regnete.

Die Dramaturgie der ersten Halbzeit war Star Trek pur. Forte in der Coaching-Zone – seiner Brücke – erlebte, wie seiner Mannschaft trotz anfänglicher Ueberlegenheit die Situation völlig entglitt. Die aussergewöhnlich talentierte Leihgabe aus den eigenen Reihen, Josef Martínez, sorgte dafür, dass die Young Boys nach 35 Minuten mit zwei Toren hinten lagen. Das erste drehte er selbst kunstvoll ins lange Eck, beim zweiten machte er die Vorarbeit, die Knipser Schneuwly eiskalt abschloss. In der Halbzeit legte Forte dann einen veritablen Kirk-Trick hin, um den Kopf wieder aus der Schlinge zu kriegen. «Bringen Sie uns auf die Siegerstrasse, Mr. Kubo», könnte er typischerweise in der Kabine befohlen haben. «Aye, Sir!», könnte Yuya Kubo geantwortet haben, ging raus und glich mit zwei Toren aus. Moreno Costanzo gelang dann noch ein Kunstschuss ins Ziel, der selbst Pavel Chekov an der Phaserkanone in Verzückung versetzt hätte. Das Unheil abgewendet, das Spiel gegen einen starken Gegner gedreht und die Tabellenspitze behauptet: So geht Happy End.

Eigentlich kaum auszudenken, wenn die Young Boys sich nicht immer selbst mit den wahrscheinlich dümmsten Transferideen des Universums am Meisterwerden hindern würden. Yapi im blödsten Moment verscherbelt, Doumbia im blödsten Moment abgegeben und jetzt auch wieder Martínez im blödsten Moment an Thun ausgeliehen – von Bürki fang ich gar nicht erst an. Anders die Thuner. Res Gerber agiert fast schon virtuos auf dem Spielermarkt, gemessen an seinen finanziellen Möglichkeiten. Urs Fischer lässt spielen, was die Mannschaft kann: defensiv aufsässig und kraftvoll, offensiv brandgefährlich im Umschaltspiel. Die Mitte lässt man am liebsten aus, das würde nur bremsen. So sind die Oberländer ein ganz unangenehmer Gegner.

Tja, wer solche Spiele drehen kann, könnte … – wie geht der Satz und die Saison für YB und auch für Thun weiter, Sportsfreunde? Fiction erlaubt.

Der Selbstzerstörer

Simon Zimmerli am Freitag den 26. Juli 2013


Der Zerfall von Paul Gascoigne, einem der grössten Fussballer Englands, geht weiter. Nachdem Gascoigne kürzlich vor einem Londoner Hotel kollabierte, wurde er vor einigen Tagen – nach Handgreiflichkeiten gegen seine Ex-Frau und einen Security-Mitarbeiter – wieder einmal verhaftet und verbrachte die Nacht in einer Polizeizelle. Gascoigne sei wegen Trunkenheit und Körperverletzung angeklagt worden, bestätigt die Staatsanwaltschaft von Thames und Chiltern.

Paul Gascoigne, 46 Jahre alt, lebte nur für den Fussball und wusste nach der Aktivzeit nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Aus Langeweile und Einsamkeit griff er zu Alkohol und Kokain. Gascoigne kämpfte aber schon während seiner Aktivkarriere gegen die Sucht. So trank er vor einem Spiel mit seinem FC Everton mehrere Flaschen Wein und etliche Brandys, schluckte Schlaftabletten und rauchte bis in die frühen Morgenstunden Marihuana. Kurz vor Anpfiff trank er nochmals einen doppelten Brandy und spielte durch. Gascoigne wachte am nächsten Morgen vor einer leeren Champagnerflasche auf und konnte sich an nichts erinnern. Er wurde in diesem Spiel gegen Sunderland als «Man of the Match» erkoren.

Gazza, wie ihn die Engländer liebevoll nennen, war an der WM-Endrunde 1990 in Italien einer der wertvollsten Mittelfeldspieler und führte die Three Lions bis in das Halbfinale gegen Deutschland. Unvergessen, wie er in diesem Match die gelbe Karte erhielt und so für ein mögliches Finalspiel gesperrt gewesen wäre. Gascoigne weinte in sein Trikot und machte sich bei den englischen Fans und Medien unsterblich. England verlor das Spiel im Penaltyschiessen.

Seit 2008 und einem Suizidversuch spielt sich das Leben von Gascoigne vorwiegend in Entzugskliniken, in Psychiatrien und vor Gericht ab. Der tragische Höhepunkt war eine Wohltätigkeitsveranstaltung im Februar dieses Jahres, als ein zitternder, desorientierter und lallender Paul Gascoigne Anekdoten aus seinem Leben erzählte. Wie er beispielsweise für seinen ehemaligen Mitspieler Tony Cunningham mehrere Besuche im Solarium buchte, wohlwissend, dass dessen Hautfarbe schwarz ist. Die Menschen krächzen auch heute noch, wenn der notorische Clown einen Teil seines Lebens Revue passieren lässt. Paul Gascoigne, ein begnadeter Fussballer und fröhlicher Mensch – vom Alkohol zerfressen.

Nach diesem Auftritt finanzierten ihm Freunde und ehemalige Mitspieler eine erneute Entziehungskur im US-Bundesstaat Arizona. Gascoigne reagierte derart schlecht auf die Entgiftung, dass er auf die Intensivstation verlegt werden musste. Er konnte die Behandlung danach aber weiterführen und erfolgreich abschliessen. Zurück in England meinte Gascoigne: «Ich dachte, ich sei dabei, mich zu verabschieden. Ich sah wie eine Leiche aus. Ich war ein totales Wrack. Das muss eine Inspiration sein, dass mir das nie wieder passiert.»

Nicht mal vier Monate später ist es wieder passiert und er wieder da, wo er so oft war: im wichtigsten Match seines Lebens. Und die Welt kann dabei zuschauen. Wie einst bei Amy Winehouse.

Es ist Gascoigne zu wünschen, dass er nochmals aufsteht und diesen Kampf gewinnt. Alles Gute Gazza!