Am Freitag oder spätestens am Dienstag wird sich die Schweizer Nationalmannschaft für die WM 2014 in Brasilien qualifizieren. Das ist schön. Und es ist die Basis für weitere Höhenflüge dieser talentierten Auswahl. Für die junge, freche, forsche Equipe ist in den nächsten Jahren viel möglich.
Xherdan Shaqiri ist das perfekte Sinnbild des Nationalteams. Der Offensivspieler ist bereits sehr gut, aber noch nicht am Ende der Entwicklung angelangt.
Shaqiri ist vieles, er ist spielstark und schnell, schussgewaltig und selbstbewusst. Und auch geduldig, aber zielstrebig, sonderbegabt, aber lernwillig. Seinen Wechsel zu Bayern München im Sommer 2012 durfte man als mutig, vielleicht sogar als verwegen bezeichnen. Möglicherweise war er auch falsch, weil ein junger, aufstrebender Fussballer wie Shaqiri in jedem Pflichtspiel im Einsatz stehen sollte. In den grossen Spielen der Bayern muss der 21-Jährige zu oft auf der Ersatzbank Platz nehmen – er darf dann in Freiburg, gegen Mainz oder mal im DFB-Pokal ran.
Das ist zu wenig, und vielleicht wäre – wie in diesem Blog bereits im Sommer gefordert – ein Transfer zu Wolfsburg, Leverkusen oder Schalke schlauer für die Entwicklung Shaqiris gewesen. Einerseits. Andererseits hat der frühere Basler möglicherweise doch vieles richtig gemacht. Bei Bayern spielt er im derzeit besten Clubteam der Welt, er trainiert täglich mit Superstars, und seit der smarte Coach Pep Guardiola im Sommer den Champions-League-Sieger übernommen hat, wird Shaqiri tatsächlich stärker gefördert. Shaqiri – klein, passbegabt, quirlig – ist ein perfekter Pep-Spieler. Am Samstagabend stand Shaqiri sogar im Spitzenkampf in Leverkusen (1:1) in der Startformation. Er war gut, teilweise brillant, vergab aber auch beste Gelegenheiten – und bleibt in der internen Hierarchie vorerst hinter den Weltgrössen Franck Ribéry und Arjen Robben. Freiburg und Mainz und DFB-Pokal: ja. Barcelona, Dortmund und ZSKA Moskau: leider nein.
Der polyvalente Shaqiri, auch als Aussenverteidiger oder Stürmer einsetzbar, ist am Flügel zwar schon sehr stark, doch es gibt eine Position, auf der er noch besser ist: Er ist derart spielfreudig und fussballintelligent, dass er im Zentrum des Aufbaus agieren sollte. Auch das ist an dieser Stelle schon gefordert worden. Bei Bayern ist die Konkurrenz, etwa durch Mario Götze, Toni Kroos, Thomas Müller, Thiago oder Bastian Schweinsteiger zwar riesig, und doch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich Shaqiri mit seiner Klasse einen Platz im Zentrum erobern könnte.
Ganz sicher aber könnte Shaqiri im Nationalteam im 4-2-3-1-System von Ottmar Hitzfeld als offensiver Zentrumsspieler aufgestellt werden. Seine unberechenbare, rasante, draufgängerische Spielweise würde das Aufbauspiel der Auswahl im Zentrum merklich beleben. Hitzfeld setzt Shaqiri am rechten Flügel (mit vielen Freiheiten) ein, Shaqiri darf oft in die Mitte rücken. Aber Shaqiri wäre im Zentrum (mit allen Freiheiten) noch wirkungsvoller, torgefährlicher, besser. Der Weg zum gegnerischen Tor wäre kürzer, und mit seinem präzisen Schuss, seiner grossartigen Übersicht und seiner schnellen Übersetzung wäre Shaqiri für die Gegner schwierig unter Kontrolle zu bringen. Selbstverständlich kann er auch als Flügelspieler ein ganz Grosser werden. Doch als Nummer 10 wäre er ein atemberaubender Spektakelmacher.
Noch hat es kein Trainer gewagt, Xherdan Shaqiri auf dessen Lieblingsposition – als Regisseur – aufzustellen. Im Schweizer Nationalteam spielt dort mit Granit Xhaka ein grossartiger Stratege, der allerdings ein paar Meter weiter hinten noch stärker ist und sich dort auch wohler fühlt. Im zentralen, defensiven Aufbau stehen jedoch mit den drei Napoli-Akteuren Gökhan Inler, Valon Behrami und Blerim Dzemaili oder auch Pirmin Schwegler bereits hervorragende Akteure. Und dahinter warten weitere Fussballer, die in grossen Ligen engagiert sind, auf ihre Chance. Aus diesem Grund dürfte Shaqiri vorderhand weiter als Flügelspieler aufgestellt werden. Im Nationalteam. Und bei den Bayern.
Für die Fussballfans ist das irgendwie schade.
Was denken Sie? Auf welcher Position ist Xherdan Shaqiri am stärksten? Wo sollte er im Nationalteam spielen? Und: Setzt er sich bei den Bayern schon diese Saison durch?