
Vorstellung der neuen FCZ-Spieler vor elf Jahren: Daniel Tarone, Lucky Isibor, Miroslav König, Mario Raimondi und Marc Schneider (v.l.n.r.) an einem Fototermin des FCZ, 1. Juli 2002. (Keystone/Walter Bieri)
Die Geschichte, die sich vor über zehn Jahren ereignete, im Frühling dieses Jahres vor dem Zürcher Obergericht verhandelt wurde und nun rechtskräftig ist, war den meisten Medien nur eine Randnotiz wert: «FCZ muss 315‘000 Franken zahlen». Was war passiert?
Auf die Saison 2002/03 hin, war der FC Zürich eifrig an der Transferfront tätig und vermeldete bereits im Frühling 2002 stolz den Zuzug von Anthony Joseph Isibor. Isibor war ein grossgewachsener und kräftiger Stürmer, der fortan mit Alhassane Keita für die Tore sorgen sollte. Kurz vor dem Saisonstart teilte der damalige Präsident Sven Hotz in einem Zeitungsinterview mit, dass er immer noch auf die Freigabe des südkoreanischen Clubs Samsung Blue Wings, Isibors letztem Arbeitgeber, warte. In Tat und Wahrheit hatte der FCZ den damals 25-jährigen Nigerianer bereits wieder entlassen. Fristlos, knapp zwei Monate nach der Vertragsunterzeichnung.

Der inzwischen verstorbene nigerianische Fussballer Lucky Isibor, 1. Juli 2002. (Keystone/Walter Bieri)
Bei den medizinischen Tests wurde Isibor eine tadellose physische Leistungsfähigkeit attestiert, allerdings stellte der FCZ-Mannschaftsarzt bei ihm auch eine HIV-Infektion fest. Nun stellte man Isibor grosszügig vor die Wahl; entweder er würde seine Mitspieler darüber informieren, dass er das HI-Virus in sich trägt – oder er würde entlassen. Jeder kann sich vorstellen, wie ein Grossteil seiner Mitspieler vermutlich reagiert hätte. Isibor verzichtete auf sein Outing. Fraglich ist auch, wie es überhaupt zum Aids-Test gekommen ist, gehört er doch nicht zum Standard von Gesundheitsabklärungen im Sport. Und eigentlich bedarf er auch der Einwilligung des betroffenen Spielers. Die Verantwortlichen des FC Zürich hüllen sich in Schweigen.
Die Aids-Hilfe Schweiz ist schockiert über das Vorgehen des Stadtclubs. «Es gibt keinen Beruf, der es rechtfertigen würde, HIV-positive Menschen auszuschliessen», sagt der Medienverantwortliche Harry Witzthum und erzählt vom Fall eines technischen Operationsassistenten, der aufgrund seiner positiven HIV-Diagnose von der Ausbildung ausgeschlossen wurde. Ein Rechtsgutachten eines angesehenen Infektiologen stellte fest, dass unter Wahrung der ohnehin üblichen Vorsichtsmassnahmen – wie sie auch im Fussball gelten – im Umgang mit Blut keinerlei Ansteckungsrisiko vorhanden war. «Selbst in Gesundheitsberufen ist somit unter der Beachtung von normalen Richtlinien HIV keine Gefährdung», sagt Witzthum. Der Ausbilder musste daraufhin den Ausschluss wieder rückgängig machen.
Elf Jahre sind vergangen, seit Isibor vom FCZ entlassen wurde. Dass der Verein nun 315’000 Franken zahlen muss, nützt ihm nichts. Er fand nach dem kurzen Gastspiel in Zürich keinen neuen Verein mehr und beendete seine Fussballerkarriere mit 25 Jahren. Daraufhin reiste er in seine Heimat Nigeria und verstarb gemäss der Zeitung «The Punch» diesen Sommer im Alter von 36 Jahren nach kurzer Krankheit. Eine menschliche Tragödie.
Ich war schockiert über die zahlreichen Kommentare auf der Online-Plattform einer grossen Schweizer Tageszeitung, nachdem das Urteil des Obergerichts im Fall Isibor veröffentlicht wurde. Es gab Leser, die Isibor als tickende Zeitbombe und Gefahr für Mit- und Gegenspieler darstellten. Es würde wohl einigen Menschen gut tun, sich besser über die möglichen Übertragungswege des HIV-Virus zu informieren.
Was denken Sie liebe Leserinnen und Leser? Wie sollte ein Verein in einer solchen Situation handeln?