«YB macht glücklich», hiess es vor ein paar Jahren in der Bundesstadt.
«YB könnte glücklich machen», ist man heute geneigt zu sagen.
Der elffache Meister besitzt alles, um sich nachhaltig an der Spitze des Schweizer Fussballs zu etablieren – gesunde Strukturen, eine starke Mannschaft, ein treues Publikum und ein modernes Stadion, das dank des geschickten Finanzierungsmodels dem Klub jene Mittel zuführt, die sich etwa in Zürich im Dickicht von Bürokratie, Politik und Kartelldenken in Luft auflösen.
Und dennoch haben die Young Boys seit ihrem letzten Titel (Cup 1987) nur etwas gewonnen: den Trostpreis für das grobfahrlässige Vergeben der besten Chancen. Im Cup-Final 2009 hatten sie anderthalb Hände an der Trophäe – und mussten letztlich dem FC Sion gratulieren. In der vergangenen Saison verspielten sie auf der Zielgerade die Meisterschaft auf jämmerliche Weise.
Auch hinter den Kulissen lassen sie nichts ungenutzt, ihre Position zu unterminieren. Im August 2010 verabschiedeten sie CEO Stefan Niedermaier, einen der Hauptverantwortlichen für die solide sportliche und wirtschaftliche Basis, auf stillose Weise – und installierten den Blick-Sportchef Ilja Kaenzig als neuen starken Mann. Der Zürcher lieferte gleich Kampfansagen für grosse Buchstaben: «Wir müssen die nächste Stufe zünden.» – «Wir wollen auf Augenhöhe mit dem FC Basel sein». Verwaltungsratspräsident Benno Oertig (aus St. Gallen) und seine (Zürcher) Weggefährten Andy und Hans-Ueli Rihs klopften dem neuen Heilsbringer jovial auf die Schultern.
Fünf Monat später ist davon nicht viel übrig. Zwar stehen die Young Boys – dank einer erfolgreichen Schneeballschlacht gegen den VfB Stuttgart – in der K.-o.-Phase der Europa-League. Davon abgesehen, sind in diesen milden Januartagen im Stade de Suisse keine Frühlingsgefühle auszumachen. Im Gegenteil: Hauptsponsor Migros verlängert sein Zweimillionen-Engagement nicht. Andere Geldgeber stehen offenbar auch vor dem Absprung.
Derweil räumt Kaenzig mit der Vergangenheit auf: Der frühere Chefscout Werner Gerber und Sportchef Alain Baumann sind nicht mehr erwünscht. Auch diverse Administrations-Angestellte aus der Ära Niedermaier erhalten den Laufpass. Im Fall von Baumann ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen. Weil Kaenzig den blauen Brief während der Ferienzeit abschickte, lag der so lange auf der Poststelle, bis er an den Absender zurückging. Dumm gelaufen.
Die Young Boys machen glücklich – dank ihren Zürcher Führungskräften vor allem die Konkurrenz aus Basel, Luzern und Zürich. Bei Meisterschaftshalbzeit liegen die Berner im Niemandsland der Tabelle – acht Punkte hinter Leader Luzern. Kaenzig, der Fast-Bundesliga-Manager und Kurzzeit-Boulevardjournalist, droht in Bern zum Möchtegern-Meister zu verkommen – und seinen Arbeitgeber zur Hertha Berlin des Schweizer Liga zu degradieren. Der deutsche Hauptstadtklub wartet seit 80 Jahren auf den Meistertitel.