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Silvan Aegerter: «Wir wollen Grosses erreichen»

Thomas Renggli am Freitag den 4. Februar 2011

Am Samstag geht die Super League in die zweite Saisonhälfte. Selten war die Ausgangslage so offen. Die Top 3, Luzern, Basel und Zürich trennen zwei Punkte. Auf dem fünften Platz sind die Young Boys die grosse Unbekannte in der Meister-Gleichung. Am Tabellenende wollen die Grasshoppers den grauen Herbst vergessen machen und die Abstiegssorgen so schnell wie möglich vertreiben. In einer fünfteiligen Umfrage äussern sich Schlüsselspieler von Luzern (David Zibung), Basel (Benjamin Huggel), Zürich (Silvan Aegerter), YB (Marco Wölfli) und GC (Boris Smiljanic) zur Lage ihrer Klubs und Themen rund um die spannendste Super League, die es je gab.

Die Freitag-Frage: Weshalb soll man auf Euren Klub wetten?

David Zibung (Luzern):
«Weil unsere Mannschaft zusammengeblieben ist und wir uns in El Gouna (Ägypten) hervorragend auf die Rückrunde vorbereiten konnten.»

Benjamin Huggel (Basel):
«Weil wir über ein gutes, ausgeglichenes Kader verfügen – und Erfahrung darin besitzen, mit grossem Erwartungsdruck umzugehen.»

Silvan Aegerter (Zürich):
«Wir haben ein starkes Kollektiv. Alle Spieler sind hungrig und wollen Grosses erreichen. Zudem werden in der zweiten Saisonhälfte drei bis vier bisher verletzt gewesene Spieler ins Team zurückkehren. Davon werden wir sicher profitieren.»

Marco Wölfli (Young Boys):
«Weil wie eine junge Mannschaft mit viel Qualität und Potenzial besitzen. Was uns noch fehlt, ist die Konstanz. Ich bin guten Mutes, dass wir dies korrigieren und uns nach oben arbeiten.»

Boris Smiljanic (Grasshoppers):
«Weil viele erfahrene Spieler von Verletzungen zurückkehren. Nun können sich die Jungen besser orientieren und noch frecher auftreten. Wir dürfen nicht zu lieb mit dem Gegner umgehen – müssen mutiger und schlauer sein.»

Je näher der Wiederbeginn der Meisterschaft, desto vorsichtiger die Voten der Spieler. Das klarste Statement kommt ausgerechnet vom sonst eher zurückhaltenden FCZ-Captain Silvan Aegerter. Spricht der Solothurner davon, «Grosses erreichen zu wollen» (das will allerdings jeder), kann er nur den Meistertitel meinen. Was denken Sie – sehr geehrte Leser? Hat der FCZ das Potenzial, Luzern und Basel zu überholen?

Ich behaupte, dass sich die Meisterschaft für den FCZ schon am Samstag entscheidet. Nur wenn die Fischer-Mannschaft den FCL bezwingt – und endlich beweist, dass sie auch gegen Spitzenteams gewinnen kann, ist sie ein echter Titelkandidat.

Auch im Tabellenkeller steht dem Zürcher Fussball schon in der ersten Runde ein wegweisendes Ereignis bevor. GC muss in St. Gallen punkten, sonst sind alle guten Vorsätze bereits Schnee von gestern und die Grasshoppers auf dem Weg in die Challenge League…

Smiljanic: «Unser grösster Konkurrent sind wir selbst»

Thomas Renggli am Donnerstag den 3. Februar 2011

Am Samstag geht die Super League in die zweite Saisonhälfte. Selten war die Ausgangslage so offen. Die Top 3, Luzern, Basel und Zürich trennen zwei Punkte. Auf dem fünften Platz sind die Young Boys die grosse Unbekannte in der Meister-Gleichung. Am Tabellenende wollen die Grasshoppers den grauen Herbst vergessen machen und die Abstiegssorgen so schnell wie möglich vertreiben. In einer fünfteiligen Umfrage äussern sich Schlüsselspieler von Luzern (David Zibung), Basel (Benjamin Huggel), Zürich (Silvan Aegerter), YB (Marco Wölfli) und GC (Boris Smiljanic) zur Lage ihrer Klubs und Themen rund um die spannendste Super League, die es je gab.

Die Donnerstag-Frage: Auf welchem Platz liegt Eure Mannschaft am Saisonende? Wer ist Euer härtester Konkurrent?

David Zibung (Luzern):

«Von den anderen Teams möchte ich nicht sprechen. Aber ich bin überzeugt, dass wir eine bessere Klassierung erreichen als letzte Saison» (damals wurde Luzern 4./die Red.).

Benjamin Huggel (Basel):

«Wir werden – das ist meine Prognose – die Saison auf dem 1. Rang beenden. Als unseren härtesten Konkurrenten sehe ich den FC Zürich.»

Silvan Aegerter (Zürich):

«Wir möchten natürlich so weit wie möglich oben stehen am Ende der Saison. Mit Luzern, Basel, YB und Sion haben wir starke Konkurrenten.»

Marco Wölfli (Young Boys):

«Besser als Rang 5… Wir wollen uns vorarbeiten. Basel, Zürich, Luzern, Sion sind alle unsere Konkurrenten. Es kann auch immer sein, dass ein weiter hinten platzierter Klub für Furore sorgen wird. Aber wir schauen auf uns.»

Boris Smiljanic (Grasshoppers):

«Wenn alle gesund bleiben, ist der fünfte Platz durchaus machbar. Ich behaupte, dass unser grösster Konkurrent wir selber sind. Denn wer den FC Basel in Schach halten kann, muss sich vor niemandem verstecken.»

Leise Töne beim FCZ, Luzern und den Young Boys. Understatement oder realistische Selbsteinschätzung? Nur in Basel und bei den Grasshoppers werden klare Ansagen gemacht. Spricht dies für gesundes Selbstvertrauen – oder setzen sich Huggel und Smiljanic mit ihren Aussagen unnötig unter Druck? – Sehr geehrte Leser, was meinen Sie?

Benjamin Huggel: «Technische Hilfsmittel für Schiedsrichter!»

Thomas Renggli am Mittwoch den 2. Februar 2011

Am Samstag geht die Super League in die zweite Saisonhälfte. Selten war die Ausgangslage so offen. Die Top 3, Luzern, Basel und Zürich trennen zwei Punkte. Auf dem fünften Platz sind die Young Boys die grosse Unbekannte in der Meister-Gleichung. Am Tabellenende wollen die Grasshoppers den grauen Herbst vergessen machen und die Abstiegssorgen so schnell wie möglich vertreiben. In einer fünfteiligen Umfrage äussern sich Schlüsselspieler von Luzern (David Zibung), Basel (Benjamin Huggel), Zürich (Silvan Aegerter), YB (Marco Wölfli) und GC (Boris Smiljanic) zur Lage ihrer Klubs und Themen rund um die spannendste Super League, die es je gab. Sehr geehrte Leser, diskutieren Sie mit.

Die Mittwoch-Frage: Die Schiedsrichter sind in der Super League überproportional oft ein Thema. Wie geht Ihr mit Fehlentscheiden um? Stellt man sich auf den Standpunkt, dass sich Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit im Verlauf einer Saison ausgleichen oder hinterfragt man gelegentlich auch das System? Stichworte: Videobeweis, Torlinien-Technologie.

David Zibung (Luzern):

«Meine persönliche Einstellung ist, dass auch Schiedsrichter Fehler machen dürfen. Ich bin klar der Meinung, dass sich die Bevorteilung und die Benachteiligung über eine ganze Saison ausgleichen. Trotzdem bin ich für die Einführung von Profi-Schiedsrichtern.»

Benjamin Huggel (Basel):

«Ich denke tatsächlich, dass sich Fehlentscheide über die Dauer einer ganzen Saison einigermassen gleichmässig verteilen. Dennoch bin ich ganz klar dafür, dass den Schiedsrichtern im heutigen Profifussball alle technologischen Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, die es gibt und die sinnvoll sind.»

Silvan Aegerter (Zürich):

«Schiedsrichter sind auch nur Menschen! Aber in letzter Zeit häuften sich die Fehlurteile. Dies kann Ende Saison natürlich entscheidend sein. Die Einführung des Videobeweises finde ich nicht gut! Man würde dann immer wieder das Spiel unterbrechen, um zu prüfen ob es Tor oder Abseits war oder nicht.»

Marco Wölfli (Young Boys):

«Die Schiedsrichter sind nicht zu beneiden und haben einen schwierigen Job. Ich bin ein Vertreter der Meinung, dass sich die Fehler innerhalb einer Saison ausgleichen. Für die Einführung eines allgemeinen Videobeweises bin ich nicht. Das würde ja bei strittigen Szenen – wie Fouls oder Offsides – zu ewigen Time-Outs führen… Eine Torkamera hingegen wäre eine Möglichkeit, die Fehlerquote zu reduzieren. Der vierte Offizielle an der Linie hätte die Kontrolle, ob ein Ball die Linie überquert hat oder nicht.»

Boris Smiljanic (Grasshoppers):

«Die Schiedsrichter haben einen enorm schwierigen Job und machen ihn gut. Der Videobeweis würde ihnen das Leben vereinfachen. Aber wie oft sehen wir ein Offside, einen Penalty oder ein Tor, bei dem der Ball nicht sicher hinter der Linie war, in Zeitlupe und diskutieren trotzdem, was falsch und richtig ist? Es geht darum, den Entscheid der Schiedsrichter sportlich zu akzeptieren. Ich wünsche mir von den Unparteiischen aber eine klare Linie und mehr Persönlichkeit.»

Bei den Spielern ist es wie bei den Fans: Die Meinungen über die Einführung von technischen Hilfsmitteln bei Schiedsrichtern gehen weit auseinander. Auch wenn diese Diskussion an dieser Stelle schon öfters geführt wurde, ist es interessant, die Voten der Direktbetroffenen zu hören. Interessanterweise macht sich Doublegewinner Huggel für technische Hilfsmittel stark – Smiljanic vom Tabellenletzten GC tendiert zum Status quo und ruft zur Nachsicht auf. Liebe Leser, was ist Ihre Meinung?

Ist die Super League wirklich nur eine Ausbildungsliga?

Thomas Renggli am Dienstag den 1. Februar 2011

Am Samstag geht die Super League in die zweite Saisonhälfte. Selten war die Ausgangslage so offen. Die Top 3, Luzern, Basel und Zürich trennen zwei Punkte. Auf dem fünften Platz sind die Young Boys die grosse Unbekannte in der Meister-Gleichung. Am Tabellenende wollen die Grasshoppers den grauen Herbst vergessen machen und die Abstiegssorgen so schnell wie möglich vertreiben. In einer fünfteiligen Umfrage äussern sich Schlüsselspieler von Luzern (David Zibung), Basel (Benjamin Huggel), Zürich (Silvan Aegerter), YB (Marco Wölfli) und GC (Boris Smiljanic) zur Lage ihrer Klubs und Themen rund um die spannendste Super League, die es je gab. Sehr geehrte Leser, diskutieren Sie mit.

Die Dienstag-Frage: Die Super League gilt als Ausbildungsliga. Dies führt unter anderem dazu, dass die besten Spieler immer wieder ins Ausland abgeworben werden. Wie sehr stören die ständigen Transfergerüchte das Tagesgeschäft?

David Zibung (Luzern):

«Beim FCL ist dies momentan nicht der Fall. Aber: Transfergerüchte gehören zum Fussballgeschäft.»

Benjamin Huggel (Basel):

«Das stört uns nicht im Geringsten, denn das heisst ja auch, dass unsere Spieler für den Markt interessant sind und unsere Liga deshalb eine gute ist. Und dass so eine langfristige Planung nicht mehr möglich ist, ist ‹part of the business›. Unser Klub ist auf Spielerverkäufe mit gutem Transfererlös angewiesen, auch um damit wenigstens ein bisschen die im Vergleich mit dem Ausland sehr tiefen TV-Einnahmenzu kompensieren.»

Silvan Aegerter (Zürich):

«Das stört einen Spieler nicht gross, weil es zum Fussball dazu gehört. Die Schweizer Klubs haben keine Chance, wenn ein Verein im Ausland mit dem grossen Geld lockt.»

Marco Wölfli (Young Boys):

«Das ist normal, gehört zum Geschäft und ist nicht nur in der Schweiz so. Ein guter Spieler ist immer umworben, egal ob in England, Deutschland oder der Schweiz. Es spricht auch für die Ausbildung der Fussballer in unserem Land, dass die Spieler begehrt sind. Ich sehe das positiv.»

Boris Smiljanic (Grasshoppers):

«So ist das Geschäft. Auch in den grossen Ligen gibt es in jeder Mannschaft drei bis vier gewichtige Abgänge, die durch Zuzüge kompensiert werden müssen. Die neuen Spieler müssen sofort Leistung bringen, sonst verliert man eine halbe Saison. Einen Leistungsträger wie Zarate zu ersetzen ist nicht einfach, wenn keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.»

Liebe Leser – können Sie die Haltung der Spieler nachvollziehen? Sind die ständigen Transfergerüchte und regelmässigen Abgänge der hoffnungsvollsten Talente einfach Teil des Geschäfts? Oder spiegeln sie nicht doch auch die gesunkene Identifikation der Spieler mit ihren Klubs? Ist Vereinstreue nur noch eine leere Floskel?

Die Stars zu Gast im Steilpass-Blog

Thomas Renggli am Montag den 31. Januar 2011

Am Samstag geht die Super League in die zweite Saisonhälfte. Selten war die Ausgangslage so offen. Die Top 3, Luzern, Basel und Zürich trennen zwei Punkte. Auf dem fünften Platz sind die Young Boys die grosse Unbekannte in der Meister-Gleichung. Am Tabellenende wollen die Grasshoppers den grauen Herbst vergessen machen und die Abstiegssorgen so schnell wie möglich vertreiben.

In einer fünfteiligen Umfrage äussern sich Schlüsselspieler von Luzern (David Zibung), Basel (Benjamin Huggel), Zürich (Silvan Aegerter), YB (Marco Wölfli) und GC (Boris Smiljanic) zur Lage ihrer Klubs und Themen rund um die spannendste Super League, die es je gab. Sehr geehrte Leser, diskutieren Sie mit.

Die Montag-Frage: Wie beurteilt Ihr Eure Leistungen in der ersten Saisonhälfte – wo gibt es Steigerungspotenzial?

David Zibung (Luzern):

«Sehr gut, ich denke wir haben den Wintermeistertitel hart erarbeitet und deshalb auch verdient. Wir wissen aber, wie sehr wir um jeden Punkt kämpfen mussten. Uns wurde nichts geschenkt. Steigerungspotenzial gibt es bei jedem einzelnen Spieler und im Kollektiv. Daran arbeiten wir täglich im Training.»

Benjamin Huggel (Basel):

«Wir haben den Spagat zwischen Meisterschaft und Champions League gut gemeistert. Steigerungspotenzial gibt es «hinten wie vorn»: Wir sollten weniger Tore kassieren und vorne mehr erzielen. Auch wenn ich für diese Antwort eigentlich fünf Franken ins Phrasenschwein bezahlen müsste – es ist ganz einfach so.»

Silvan Aegerter (Zürich):

«Die Leistungen waren sicherlich nicht super, aber auch nicht schlecht – wie gelegentlich dargestellt. Zu Beginn der Saison liessen wir zu viele Tore zu. Dies konnten wir gegen Ende korrigieren. Wir können uns noch überall verbessern.»

Marco Wölfli (Young Boys): «

Wir haben mit der Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League Grosses erreicht. So etwas zu schaffen, darauf habe ich jahrelang gewartet. Die ganze internationale Kampagne war toll – die Spiele gegen Fenerbahce und Tottenham genial. Das Erreichen der Sechzehntelfinals schon ein Spiel vor Schluss der Gruppenphase war der Höhepunkt. Dies konnte man so nicht erwarten. Insgesamt müssen wir aber konstanter werden und uns in der Meisterschaft verbessern, um den Abstand nach vorne zu verringern. Im Cup sind wir dabei – da ist alles möglich.»

Boris Smiljanic (Grasshoppers):

«Wenn man als Letzter in die Winterpause geht, hat man mehr Schlechtes als Gutes auf den Rasen gezaubert. Wir haben in einigen Partien nicht gut gespielt und verdient verloren. Dann gab es Spiele, in denen wir über uns hinausgewachsen sind und einen fantastischen Fussball gezeigt haben. Und solche, in denen wir locker mithalten konnten, phasenweise stark spielten, aber trotzdem ohne zählbares Resultat blieben. Diese 12 bis 18 Punkte fehlen uns jetzt.»

Das wahre Problem der Grasshoppers liegt in Niederhasli

Thomas Renggli am Samstag den 29. Januar 2011


Urs Linsi war als CS-Banker ein Star und als Fifa-Sanierer ein Wundermann. Bei GC wurde er als König Midas empfangen – einer, der alles zu Gold macht, was er berührt. Er erhielt alle Kompetenzen, wurde als CEO und Verwaltungsratspräsident in Personalunion installiert – ein Machtkonzentrat, das nicht einmal Joseph S. Blatter auf dem Zürichberg besitzt. Hier endet die Erfolgsgeschichte. Was Linsi beim Rekordmeister anstellt, erinnert an ein hilfloses Schattengefecht – ohne Aussicht auf Erfolg.

Der Wirtschaftsfachmann macht seine Drohung war – und steuert mit den Grasshoppers ins Exil. Nach Aarau, Emmenbrücke oder St. Gallen? Nein – direkt ins Verderben.

Für ein paar 100’000 Franken weniger Mietkosten, degradiert Linsi den Rekordmeister zum Provinzklub und Heimatlosen. Das garantiert eine Hauptrolle an der Basler Fasnacht. Und auf dem Friedhof für Fussballklubs.

Würde die GC-Führung eine ehrliche, emotionslose Schadensanalyse ziehen, käme sie zu einem simplen Schluss: Das Budget des Tabellenletzten bewegt sich weiterhin auf der Höhe eines Meisterschaftsfavoriten. Der Kern des Übels liegt nicht im Letzigrund, sondern in Niederhasli. Es ist der Campus, der am Anfang des wirtschaftlichen Absturzes gestanden hat. Der Prestigebau im verkehrstechnischen Niemandsland verschlingt jährlich Millionen und erweist sich je länger je mehr als logistisches und strategisches Eigentor.

Der FCZ erhält in Schwamendingen eine Anlage, die nicht halb soviel kostet, auf städtischem Grund liegt und über die bessere Infrastruktur verfügt.

Ohnehin ist der FC Zürich der einzige Sieger im GC-Schlamassel. Macht Linsi wirklich ernst und führt GC ins Rüebliland, gehen die Rosinen an den (früheren) Stadtrivalen. Die Wirtschaftsmetropole und ihr Umfeld sind FCZ-Land. GC gibt das attraktivste Einzugsgebiet für potenzielle Sponsoren kampflos auf. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich das Kleingewerbe im Aargau plötzlich mit dem früheren Nobelklub solidarisiert.

Verlässt GC die Stadt, nimmt das ruhmreichste Kapitel des Schweizer Fussballs ein desaströses Ende. Augenwischerei und Schönreden sind nicht mehr opportun. Zwei Szenarien liegen auf der Hand: ein Neuanfang in der 1. Liga – oder ein Zusammenschluss mit dem FCZ. Obwohl eine Fusion eigentlich nur unter gleichwertigen Partnern Sinn macht…

Das Steilpass-Orakel: Luzern wird Meister – GC zügelt nach St. Gallen

Thomas Renggli am Mittwoch den 26. Januar 2011


Der FC Luzern ist der Wintermeister. Und der FC Luzern ist der Winterpausen-Meister. Ohne, dass in diesem Jahr schon Punkte vergeben worden wären, haben sich die Zeichen verdichtet, dass der Titel im Mai an den Vierwaldstättersee geht – zum zweiten Mal nach 1989.

Als einziger Spitzenklub nimmt der Leader den Spielbetrieb mit unverändertem Kader wieder auf. Trainer Fringer konnte die zweite Saisonhälfte frei von Nebengeräuschen und ohne Transferdiskussionen vorbereiten. Die Organisation steht, die Rollen sind klar verteilt. Und Hakan Yakin erinnert auf den Fotos aus dem Trainingslager in Ägypten an einen Bodybuilder.

Die wichtigsten Entscheidungen werden aber nicht im Kraftraum, sondern in den Personalabteilungen gefällt. Vor Jahresfrist gaben die Young Boys den Titel noch vor der Schneeschmelze aus der Hand – mit den Ankündigungen der Abgänge ihrer Schlüsselspieler Seydou Doumbia und Gilles Yapi. Vor allem die Vertragsunterzeichnung des ivorischen Spielmachers beim FC Basel (und das stümperhafte Berner Personalmanagement) beeinflusste den Ausgang des Championats entscheidend.

Auch in diesem Jahr wurde der Meisterschaftsendspurt auf dem Transfermarkt lanciert – diesmal zum Nachteil des FC Basel. Der ghanaische Aussenverteidiger Sammy Inkoom, der talentierteste Spieler der Super League auf dieser Position, verlässt den Doublegewinner in Richtung Dnjepropetrowsk. Zwar steht er dort im Geldregen. Wie hoch der Preis dafür aber ist, wird er erst realisieren, wenn er in der Industriemetropole mit dem ukrainischen Smog und dem postsowjetischen Rassismus konfrontiert wird. Dem FCB helfen die acht Millionen Franken Transfererlös nicht weiter. Für einen Schweizer Klub ist es unmöglich, kurzfristig auf dieser Schlüsselposition adäquaten Ersatz zu finden.

Auch der Abgang von Federico Almerares wird den Doublegewinner mehr schmerzen als zu erwarten ist. Der Argentinier war zwar nur eine Ergänzungskraft – aber immer da, wenn man ihn brauchte. Und vor dem Hintergrund der Verletzungsanfälligkeit von Marco Streller spielte er als Troubleshooter eine wichtige Rolle.

Hausgemacht ist das Ungemach beim FCZ. Mit dem Kanada-Auswanderer Alain Rochat verliert die Fischer-Crew einen Mann, der in der Verteidigung im Zentrum wie aussen einsetzbar ist und in der Super League noch lange eine wichtige Rolle spielen könnte. Spätestens im April wird sich FCZ-Sportchef Fredy Bickel hintersinnen, dass er Rochat widerstandslos ziehen liess.

Oktopus Paul hat zwar das Zeitliche gesegnet, ein Blick ins Fussball-Orakel liefert aber auch im Abstiegskampf ein klares Bild: Vorteil GC!

Die Rückkehr der diversen Verletzten und der Zuzug des FCZ-Scharfschützen Milan Gajic werden dem Rekordmeister auf die Sprünge helfen. Alarmstufe Rot droht dagegen in St. Gallen. Nach dem Rauswurf von Mario Frick und dem verletzungsbedingten Out von Sandro Calabro herrscht akuter Stürmermangel.

Steigt St. Gallen ab, gewinnt GC nicht nur den sportlichen Überlebenskampf. Auch das Stadionproblem löst sich von alleine. In der AFG-Arena bestünde plötzlich Bedarf an einem Super-League-Klub…

Juventus Turin tritt die Fussballkultur mit Füssen

Thomas Renggli am Montag den 24. Januar 2011

Frauen spielen in der Männerwelt des Fussballs längst wichtige Rollen. Bei Meister Basel und Herausforderer Zürich steht das charmante Geschlecht entweder selber (Gigi Oeri) am Regiepult oder (Heliane Canepa) hält dem Gatten moralische und finanziell den Rücken frei. Selbst in der Hochburg der Machos (Italien) lässt bei einem der traditionsreichsten Klubs (AS Roma) eine Feldherrin (Präsidentin Rosella Sensi) die Ragazzi nach ihrer Pfeife tanzen.

Ebenfalls aus Italien erreicht uns nun aber eine Meldung, die allen Fussball-Romantikern die Haare zu Berge stehen lässt und die fussballerische Emanzipation unterminiert. Juventus Turin – auch unter dem Synonym Vecchia Signora (die alte Dame) bekannt – stellt seinen Spielern mädchenhaften Support in Form einer Cheerleader-Formation zur Seite.

Nicht, dass gegen italienischen Charme und weibliche Intuition im Stadion generell etwas einzuwenden wäre, aber diese Überdosis an Amerikanisierung führt die europäische Fussballkultur ad absurdum. Und dies ausgerechnet durch den italienischen Rekordmeister, der wahrlich andere Qualitäten zu bieten hätte. Nun aber scheinen es sich die Turiner mit den Fussballgöttern verscherzt zu haben. Am Sonntag wurden sie mit einem 0:0 gegen Sampdoria Genua bestraft. Der 6. Tabellenplatz ist die gerechte Strafe für diesen Frevel – optische Reize hin oder her.

Cheerleader haben nur dort eine Legitimation, wo die Fans selbst keine Stimmung erzeugen (in den USA), wo der Karneval zur Alltagskultur gehört (Südamerika), Hopfen und Malz (der englische «Non-League-Klub» Histon) schon verloren sind oder die Meisterschaft erst nach 50 Runden beginnt (im Schweizer Eishockey). Zu welcher Kategorie sie den FC St. Gallen und die Grasshoppers zählen, sei Ihnen überlassen.

Bleibt zu hoffen, dass die Juve-Verantwortlichen ihre Cheerleader wieder dahin schicken, wo sie hingehören – an den Hof von Silvio Berlusconi oder in eine Samstagabend-Show auf RAI.

Vielleicht überrascht Juventus die Tifosi aber schon bald mit einem anderen Gefühlsaufheller – der Rückkehr zu den ursprünglichen Klubfarben: Rosaschwarz. Im mittlerweile zur Tradition gewordenen Weissschwarz spielen die Turiner nur, weil eine Textilfabrik in Nottingham 1903 die Bestellungen verwechselte und die Trikots von Notts County ins Piemont schickte. Weil die Italiener kurzfristig keinen Ersatz auftreiben konnten, vollzogen sie den Farbwechsel.

Doch zurück zum eigentlichen Thema – und der Frage: Gehören Cheerleader in europäische Fussballstadien? Sehr geehrte Leser. Ihre geschätzte Meinung ist gefragt. Wie viel Amerikanisierung verträgt der europäische Fussball?

Weshalb die Schweiz von einer Winter-WM profitieren könnte

Thomas Renggli am Samstag den 22. Januar 2011

In der Super League ruht der Ball noch zwei Wochen. Die in Zürich und Nyon ansässigen internationalen Verbände sorgen aber auch im tiefen Winter für rauchende Köpfe und hitzige Diskussionen. Zuerst schickt die Fifa die WM 2022 in die Wüste, dann denkt Joseph S. Blatter laut darüber nach, das Turnier im Winterhalbjahr durchzuführen – und schliesslich setzt Uefa-Obmann Michel Platini noch einen drauf und will den gesamten Kalender umkrempeln. Geht es nach dem Franzosen, sollen die Landesmeisterschaften ab 2015 zwischen März und November stattfinden. Die Nationalmannschaftstermine (WM- und EM-Endrunden eingeschlossen) würden in den Winter verlegt.

Die Idee des ehemaligen Ballvirtuosen hat etwas Groteskes. Aufgrund eines krassen Fehlentscheids (der Vergabe der WM nach Qatar) würde man den gesamten Sport auf den Kopf stellen – mit Auswirkungen, die uns alle tangieren: In den europäischen Fan-Meilen stünden die schlotternden Zuschauer unter Wärmelampen, würden Glühwein und Rumpunsch trinken und die Tore ihrer Mannschaft in Daunenjacken und Wollhandschuhen bejubeln.

Spätestens im Jahr 2018 hätten auch die kickenden Hauptdarsteller nichts mehr zu lachen. Eine Fussball-WM im russischen Winter ist ungefähr so gemütlich wie eine Seeüberquerung in Zürich im Januar.

Es gäbe aber auch Gewinner. Die Schweizer Nationalmannschaft hätte – dank der in dieser Woche in Arosa zum ersten Mal durchgeführten Schnee-WM – einen erheblichen Wettbewerbsvorsprung. Auch die Super League könnte profitieren. Vorbei wäre es mit den winterlichen Überlebensübungen für die Zuschauer in den Stadien – und den Stolperläufen der Spieler über die gefrorenen Äcker. Endlich würde der Fussball dann gespielt, wenn auch bei uns mediterrane Temperaturen herrschen.

Sehr geehrte Leser, vielleicht hat Platini Recht. Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, die alten Zöpfe abzuschneiden und die Gewohnheiten über Bord zu werfen. Schliesslich werden früher oder später auch die Olympischen Winterspiele im Sommer stattfinden. Qatar soll den Bau einer Indoor-Abfahrtspiste in Planung haben. Schneesicher, perfekt ausgeleuchtet, ohne störende Windeinflüsse. Deshalb sei die Frage erlaubt: Weshalb keine Fussball-WM im Winter? Für das Lauberhornrennen wäre in der Mittagspause noch genügend Zeit…

Soll der Vertrag mit Ottmar Hitzfeld verlängert werden?

Thomas Renggli am Mittwoch den 19. Januar 2011


Ottmar Hitzfeld (62) ist seit 2008 Trainer der Schweizer Fussballnationalmannschaft. Sein Kontrakt läuft bis 2012. Der zweifache Champions-League-Sieger würde gerne bis 2014 weitermachen. Bis vor kurzem schien die Vertragsverlängerung nur Formsache.

Nun aber hat der Nationalmannschafts-Delegierte Peter Stadelmann, Hitzfelds Vorgesetzter, einen Rückzieher gemacht. Erst nach den Euro-Qualifikationspartien in Bulgarien (26. März) und England (4. Juni) soll über die Zukunft gesprochen werden.

Macht sich Stadelmann der Majestätsbeleidigung schuldig? Stösst er einen der erfolgreichsten (Klub-)Trainer vor den Kopf? Hat er den Realitätssinn verloren?
Nein – definitiv nicht. Der St. Galler tut das einzig Richtige. Er misst Hitzfeld an den branchenüblichen Parametern, stellt eine knallharte Kostennutzen-Rechnung. Und diese Analyse schliesst momentan eine Verlängerung aus – vergangene Verdienste hin, Charisma her.

In seinen zweieinhalb Jahren als Nationaltrainer ist der Lörracher den Beweis schuldig geblieben, die Idealbesetzung zu sein. Weder während der Qualifikation zur WM 2010 noch während der Endrunde und schon gar nicht zu Beginn der Euro-Qualifikation hinterliess seine Mannschaft einen überzeugenden Eindruck.

Im Gegenteil: Hitzfeld steht unter Verdacht ein Verwalter und Bewahrer zu sein – und kein Erneurer und Antreiber. Doch genau dies braucht die Landesauswahl so schnell wie möglich. Egal, ob sie die Qualifikation zur Euro 2012 schafft oder nicht. Der Generationenwechsel lässt sich nicht mehr aufhalten – und davon ist auch die Position des Trainers tangiert.

Ein Blick in die Bundesliga zeigt einen deutlichen Trend: Mit Jürgen Klopp (Dortmund), Mirko Slomka (Hannover) und Thomas Tuchel (Mainz) dominieren drei Trainer der neuen Generation die Liga. Auch in der Schweiz werden zwei der Top-3 (Basel/Zürich) von Trainern (Fink/Fischer) geführt, die vor kurzem noch selber die Fussballschuhe schnürten.

Auch wenn bei der Nationalmannschaft Qualitäten wie Routine und Abgeklärtheit an Wert gewinnen, eine Mannschaft, die in ihrem eigenen System und in ihrer starren Hierarchie gefangen scheint, braucht vor allem etwas: frischen Wind.

Ottmar Hitzfeld bleiben noch 180 Minuten, zu beweisen, dass er diesen entfachen kann. Gelingt ihm das nicht, muss er die Konsequenzen ziehen. Sonst droht ihm das gleiche Schicksal wie seinem Vorgänger Jakob Kuhn – das Verpassen des würdigen Abgangs.

Sehr geehrte Leser? Was ist Ihre Meinung? Soll Hitzfeld weitermachen? Müsste man den Vertrag mit ihm schon jetzt verlängern? Oder ist es an der Zeit, seine Nachfolge zu regeln?