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Tops und Flops der Super League

Simon Zimmerli am Freitag den 11. Oktober 2013

Die Raiffeisen-Super-League ist so ausgeglichen wie noch nie. Etwas mehr als ein Viertel der Spiele sind absolviert. Während der Nati-Pause ein idealer Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zu ziehen, respektive die Gewinner zu küren und die Verlierer wachzurütteln.

DIE VERLIERER

FC Zürich

FCZ-Spieler Davide Mariani nach einer Niederlage gegen Aarau, 26. September 2013. (Keystone/ Steffen Schmidt)

FCZ-Spieler Davide Mariani nach einer Niederlage gegen Aarau, 26. September 2013. (Keystone/ Steffen Schmidt)

Der FC Zürich hat in fünf Heimspielen lediglich vier Punkte geholt. Urs Meier rotiert in den Super-League-Spielen, als müsste er nebst dem Schweizer Cup und der Meisterschaft auch noch den Uhrencup, den Uli-Hoeness-Cup und die Champions League gewinnen. Die Mannschaft trat zuletzt desolat auf, wird von der Südkurve aber trotzdem gefeiert. Der FCZ steht in der Tabelle besser da, als er dies aufgrund seiner Leistungen eigentlich müsste und es könnte ein frostiger Spätherbst werden für den Stadtclub.

Uli Forte

YB-Trainer Uli Forte während eines Spiels in St. Gallen, 24. September 2013. (Keystone/Ennio Leanza)

YB-Trainer Uli Forte während eines Spiels in St. Gallen, 24. September 2013. (Keystone/Ennio Leanza)

Nach einem fulminaten Saisonstart mit 15 Punkten aus fünf Spielen, holten die Berner Young Boys aus den letzten sechs Spielen gerade noch zwei Punkte. Fortes belanglose Erklärungen und Schönredereien nach Niederlagen erinnern mich an den früheren GC-Trainer Ciriaco Sforza. Natürlich, die Berner Young Boys haben in dieser Spielzeit einige Verletzungssorgen. Wenn man allerdings Josef Martínez aufgrund der Spielpraxis bei Thun platzieren kann, Vietkieviez nach St. Gallen ausleiht und Christian Schneuwly zu Thun abschiebt, darf man davon ausgehen, dass das Kader breit genug ist, um Ausfälle kompensieren zu können. Für den YB-Coach könnte es trotz seines Dreijahresvertrages schon bald eng werden.

Mario Gavranovic

FCZler Mario Gavranovic dikutiert mit Coach Urs Meier, 10. Februar 2013. (Keystone/ Patrick B. Krämer)

Mario Gavranovic diskutiert mit Coach Urs Meier, 10. Februar 2013. (Keystone/ Patrick B. Krämer)

Gavranovic ist abgesehen von der Transfermeldung Ende Mai noch nie aufgefallen beim FC Zürich. Dies hat sich nun geändert. Der schweizerisch-kroatische Doppelbürger lieferte sich kurz vor Spielschluss im Stade de Suisse gegen YB ein heftiges Wortfgefecht mit Assistenzcoach und Teammanager Rizzo und attackierte diesen auch körperlich. Der talentierte Gavranovic wird mit einer pädagogischen Massnahme in die U-21 degradiert und von Ottmar Hitzfeld vorläufig aus dem WM-Kader gestrichen.

Raúl Bobadilla

Raul Bobadilla nach einem verschossenen Penalty, 20. Mai 2013. (Keystone/Steffen Schmidt)

Ex-FCB-Spieler Raúl Bobadilla nach einem verschossenen Penalty, 20. Mai 2013. (Keystone/Steffen Schmidt)

Der 26-jährige Argentinier war Ende Juli an das Testspiel gegen Mainz unterwegs. Weit kam er allerdings nicht, da er noch in seiner Wohngemeinde Seewen im Solothurnischen mit 111 km/h einer Polizeipatrouille ins Netz ging. Bobadilla war nicht mehr tragbar für den Verein und wechselte für einen Discountpreis zum Bundesligisten FC Augsburg. Auch MuratYakin konnte den argentinischen Heisssporn also nicht bändigen. Bobadilla zog sich im ersten Spiel mit seinem neuen Arbeitgeber einen Innenbandriss am Knie zu und ist immer noch rekonvaleszent.

Weitere Verlierer: Fredi Bickel, Erich Vogel, die «Fussballstadt» Zürich

DIE GEWINNER

Heinz Peischl

St.-Gallen-Sportchef Heinz Peischl, 8. Dezember 2010. (Keystone/Ennio Leanza)

St.-Gallen-Sportchef Heinz Peischl, 8. Dezember 2010. (Keystone/Ennio Leanza)

Heinz Peischl sieht oder hört man kaum, obwohl dieser ein Doppelmandat als CEO und Sportchef beim FC St. Gallen ausübt. Das kritische St. Galler Publikum war selbst beim Aufstieg unzufrieden und warf Trainer Jeff Saibene vor, unattraktiven Fussball spielen zu lassen. Eineinhalb Jahre später entzückt der FC St. Gallen mit einem qualitativ überdurchschnittlichen aber nicht überteuerten Kader seine Fans mit begeisterndem Fussball. Nicht nur in der Super League, sondern auch auf der internationalen Bühne.

Christian Constantin

Sion-Präsident Christian Constantin nach dem Cupspiel gegen Sursee, 17. August 2013. (Keystone/ Steffen Schmidt)

Sion-Präsident Christian Constantin nach dem Cupspiel gegen Sursee, 17. August 2013. (Keystone/ Steffen Schmidt)

Um den exzentrischen Präsidenten des FC Sion ist es ruhig geworden. Er hielt an Trainer Michel Decastel fest, obwohl die Mannschaft mehr als 550 Minuten benötigte, um den ersten Super-League-Treffer der Saison 2013/14 zu erzielen. Dieser für Constantin ungewöhnliche Durchhaltewille scheint sich nun auszuzahlen. Der FC Sion ist seit drei Runden ungeschlagen und findet immer besser zu seinem Spiel.

 

Alexander Frei

Alex Frei während eines Spiels gegen GC, 21. April 2013. (Keystone/Sigi Tischler)

FCL-Sportdirektor Alex Frei während eines Spiels gegen GC, 21. April 2013. (Keystone/Sigi Tischler)

Auch Frei, Sportchef des FC Luzern, hält sich im Hintergrund und sorgt lediglich mit seinem guten Transferriecher für Aufsehen. Bozanic, Mikari und zuletzt der erst 19-jährige Ägypter Mahmoud Kahraba sorgen dafür, dass sich der FC Luzern in der Spitzengruppe halten kann. Für die Innerschweizer ist in dieser Saison einiges möglich.

 

 

Josef Martinez

Thun-Spieler Martinez feiert einen Treffer gegen YB, 28. Juli 2013. (Keystone/Marcel Bieri)

Thun-Spieler Martinez feiert einen Treffer gegen YB, 28. Juli 2013. (Keystone/Marcel Bieri)

Bei YB sass er letzte Saison meist auf der Ersatzbank wenn er nicht gerade mit der U-21 gegen den FC Oberwallis Naters oder den Sportclub Düdingen spielte. Heute ist der 20-jährige Venezolaner mit sieben Toren für den FC Thun Torschützenleader und eine echte Bereicherung für die Liga.

 

 

Weitere Gewinner: Jeff Saibene, Goran Karanovic, Urs Fischer, die Schrebergartenbesitzer im Hardturm, Yann Sommer

Wer war für Sie Top oder Flop nach dem ersten Viertel, liebe Steilpassblogleser?

Spiele für die Ewigkeit

Simon Zimmerli am Freitag den 27. September 2013
Siegtreffer des FCZ am 13. Mai 2006. (Keystone/ Patrick Staub)

Gewisse Spiele brennen sich in die Erinnerung ein: Julian Filipescu (3. v.l.) erzielt den Siegtreffer für den FCZ, 13. Mai 2006. (Keystone/ Patrick Staub)

Fussball ist Kampf und Technik, zum Fussball gehören schöne Tore, aber insbesondere auch Spannung, Dramaturgie und Emotionen. Ich habe Ihnen hier eine Liste mit Spielen aufbereitet, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde.

ManU – Bayern München – Champions League Final 1998/99

Als Mutter aller Niederlagen ging der denkwürdige Champions-League-Final 1998/99 in die Geschichtsbücher ein. Bayern München wähnte sich nach dem Freistosstor von Mario Basler bereits als Sieger, bevor Teddy Sheringham in der 91. Minute nach einem Eckball die vermeintliche Verlängerung erzwang. Zwei Minuten später war es Ole Gunnar Solskjaer, ebenfalls nach einem Eckball, der den Traum von Bayern München begrub.

Eintracht Frankfurt – SSV Reutlingen: Letzter Spieltag in der 2. Bundesliga 2002/03

Der SC Freiburg und der 1. FC Köln stehen schon vor dem letzten Spieltag als Aufsteiger fest. Dahinter streiten sich die Eintracht aus Frankfurt und der 1. FSV Mainz 05, damals mit Jürgen Klopp als Trainer, um den dritten Aufstiegsplatz. Beide Mannschaften haben vor dem letzten Spieltag 59 Punkte. Die Eintracht steht mit einem Tor besser da, hat aber weniger Tore als Mainz erzielt, muss also mindestens mit der gleichen Tordifferenz gewinnen. Da Mainz in der 61. Minute 4:0 führt und die Eintracht in der 56. Minute den Ausgleich zum 3:3 (Reutlingen kämpfte gegen den Abstieg) hinnehmen muss, sieht es nicht gut aus für die Frankfurter, aber schauen Sie selbst.

Manchester City – Queens Park Rangers: Letzter Spieltag in der Premier League 2011/12

Ebenfalls punktgleich gehen Manchester City und Stadtrivale Manchester United in das Fernduell am letzten Spieltag der Saison 2011/12, wobei die Citizens das um 8 Treffer bessere Torverhältnis aufweisen und mit einem Heimsieg gegen die Queens Park Rangers nach einer Durststrecke von 44 Jahren zum dritten Mal Meister werden können. Manchester United erfüllt die Pflicht und gewinnt seine Auswärtspartie gegen den FC Sunderland mit 1:0, Manchester City liegt nach der regulären Spielzeit mit 1:2 hinten.

HSV – FC Bayern München – letzter Spieltag in der 1. Bundesliga 2000/01

Unter dem damaligen Coach Ottmar Hitzfeld benötigten die Bayern einen Punkt, um im Fernduell gegen den FC Schalke 04 die Nase im Meisterschaftsrennen vorne zu haben. Die Gelsenkirchner gewannen in einem dramatischen Spiel 5:3 gegen die abstiegsbedrohten Unterhachinger, nachdem man 0:2 und 2:3 in Rückstand geriet. Und der Hamburger Sergej Barbarez traf in der 89. Minute zum 1:0 gegen die Bayern und verwandelte das Parkstadion auf Schalke in eine Festhütte. Der erste Meistertitel seit 43 Jahren schien Tatsache. Die Meisterfeier dauerte aber gerade mal vier Minuten.

FC Basel – FC Zürich: Letzter Spieltag der Super League Saison 2005/06

Mit drei Punkten Rückstand, aber dem besseren Torverhältnis reiste der FCZ in die Basler Festung St.-Jakob-Park. Nach dem Basler Ausgleich zum 1:1 gaben wir uns mit dem zweiten Platz und einer tollen Saison zufrieden und wollten die Mannschaft würdig verabschieden, bis die 93. Minute anbrach. Auch heute noch ein zuverlässiges Antidepressivum:

GC – FCZ – Cup-Halbfinal 2003/04

So grossartig es ist, das Stadionerlebnis vom 13.5.06 nicht vergessen zu können, so tief ist die Wunde von 2004, die nie mehr ganz verheilen wird. Der FC Zürich führte gegen den mächtigen Stadtrivalen GC nach 82 Minuten mit 5:2, war quasi im Final und hätte dort wohl auch den FC Wil ausgeschaltet. Es kam aber anders.

Liebe Steilpassblog-Leser und -Leserinnen, haben Sie auch Spiele, die Sie – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr vergessen werden? Ich bin gespannt.

Fussball sucht Stadion

Simon Zimmerli am Freitag den 20. September 2013
GC-Spieler Toko köpfelt den Ball, 29. August 2013. (Keystone/Salvatore Di Nolfi)

Eine Stadt mit zwei Super-League-Vereinen braucht ein Fussballstadion: GC-Spieler Toko köpfelt den Ball, 29. August 2013. (Keystone/Salvatore Di Nolfi)

Es Fuessballstadion in dr sälbschternannte Hauptstadt koschtet halt doch alli  Wält,
da zahlt mr am Carlos lieber no bitz meh Sagggäld.
So luegt mr wiiterhiin uf Tartaanbahn und lääri Sitz und frisst e Huft vom Rind,
bis alli Ziircher Clubs us dr Super League verschwunde sind. 

So oder ähnlich hallt es am 11. März aus einem dunklen Basler Keller, wo die Glaybaasler Fotzelschnitten oder die Muttänzer Trommelpeter Schnitzelbänke zum Besten geben. Die tobenden und schadenfreudigen Basler Fasnächtler sind aber das kleinste Problem. Hier geht es um weit mehr. Um die Existenz zweier Traditionsvereine.

Dass sich nun die Fifa kurz vor der Abstimmung einschaltet und das Stadionprojekt befürwortet, sorgt bei mir eher für Beunruhigung denn für Zuversicht. Das sieht für mich nämlich ganz danach aus, als könnte es knapp werden und sich die Fifa deshalb in einer Feuerwehrübung auch noch verpflichtet fühlt, die Werbetrommel zu rühren. Weiter dürfte die Unterstützung von Sepp Blatter zum Stadionprojekt etwa so hilfreich sein wie das Ja des Armeechefs zur Gripen-Abstimmung.

Nicht ohne Grund steht in meinem Kurzbeschrieb, dass ich meine schönste Saison im Jahre 2006/07 im Hardturmstadion erleben durfte. Klar, der FC Zürich wurde zum zweiten Mal in Serie Schweizer Meister und im stadioninternen Stübli neben unseren Plätzen gab es auch während der Hochrisikospiele ein kühles Bier (aus der Flasche!). Ein weiteres Plus war der ewige Süden – ein kleines Grüppchen hartgesottener Fans –, der drei Meter unter uns spielte und den Linienrichter bei heiklen Offsidesituationen freundlich aber bestimmt unterstützte. Es gab keine Gelegenheit, Augenkontakt mit dem Securitas-Hund aufzunehmen, der auf der Stabhochsprunganlage auf fliegende Würste wartete. Nach dem Spiel trippelten wir zufrieden über den Rasen, um mit Lucien Favre vor der Garderobe über Pouga abzulästern. «Pouga? Er ‘at keine Füsse, er ‘at nur Kopf.» Das Schönste an dieser Saison war allerdings, dass wir Fans einen grossen Anteil an diesem Meistertitel hatten. Wir haben den FC Zürich in einem nie dagewesenen Ambiente zum Meistertitel gepeitscht. Die Stimmung war geladen und die Gegner fürchteten den Hardturm. Zumindest bei Heimspielen des FC Zürich.

Schon das Abstimmungsergebnis über das Hooligan-Konkordat war für mich schockierend. 85,5 Prozent haben diese kantonale Vorlage angenommen, obwohl nie etwas passiert ist, was mit dieser Vorlage hätte verhindert werden können. Der Fussball oder die Fussballfans gelten als Steuergeldverschleuderer und deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass auch das Zürcher Stadionprojekt verworfen wird.

Hafenkräne, Kunststoffkühe und Velowege, da öffnet der Stadtzürcher gerne seine Brieftasche, aber wenn es darum geht, ein Stück Zürcher Fussballkultur am Leben zu erhalten ist, es vorbei mit der Grosszügigkeit.

Liebe Stadtzürcherinnen, liebe Stadtzürcher, bitte legt ein Ja in die Urne – wenn Ihr nicht schon brieflich abgestimmt habt – und lasst uns nicht zum Gespött werden als Grossstadt ohne eigenes Fussballstadion.

Starke Schweizer

Simon Zimmerli am Freitag den 6. September 2013
Haris Seferović während des Spiels der Nati gegen Zypern, 8. Juni 2013. (Keystone/Salvatore Di Nolfi)

Eine makellose Bilanz der Schweizer ist möglich: Haris Seferović während des Spiels der Nati gegen Zypern, 8. Juni 2013. (Keystone/Salvatore Di Nolfi)

Der Schweizer Fussball erfreut sich derzeit nicht bloss unter Sportpatrioten grosser Beliebtheit, sondern auch beim echten Fussballfan. Spektakuläre Spiele in der Super League, Thun und St. Gallen, die sich gegen starke Gegner für die Europa League qualifiziert haben, und Basel, das einmal mehr in der Champions League spielt. Die Brasilianer als führende Gastarbeiternation in der stärksten Liga der Welt abgelöst und mit einem grossartigen Sieg nach Hause geschickt. Nun fehlt lediglich die Kür der Schweizer Nati auf dem Weg zur WM 2014 in Brasilien.

Mit Island wartet heute der wohl spielstärkste Gegner in der bescheidenen Gruppe E. Auch wenn die Schweiz nach diesem Spiel mit einer makellosen Bilanz von 18 Punkten aus sechs Spielen dastehen könnte, zwingend ist die Dominanz in dieser Gruppe nicht. Das Hinspiel in Reykjavik hätte die Nati auch verlieren können. Die Isländer können wieder auf ihren Starspieler Gylfi Sigurdsson zählen, der nach seiner Gelbsperre versuchen wird, die Zügel im offensiven Mittelfeld in die Hand zu nehmen.

Schon einmal landeten die Isländer in der Qualifikation zur Euro 2004 einen grossen Coup, als sie sich gegen die Deutschen verdient ein Unentschieden erkämpften, und Waldemar Hartmann nach Völlers verbalem Rundumschlag mit einem dicken Werbevertrag für Weissbier ausgestattet wurde. Ein Jahr später sass ich anlässlich der Euro 2004 im Estádio José Alvalade XXI in Lissabon und musste das jämmerliche 1:2 der Deutschen gegen ein B-Team der Tschechen mit ansehen, was gleichzeitig das Aus in der Vorrunde der Deutschen besiegelte.

Kritikern des Schweizer Nationalteams, die nach dem 0:0 und dem knappen 1:0 gegen die Zyprioten aufmuckten, sei gesagt, dass die Schweiz diese beiden Spiele auch mit dem Gesamtscore von 8:0 hätte gewinnen können, ja müssen. Die Schweiz hatte stets Mühe, gegen die vermeintlich Kleinen das Spiel zu machen. Nun mangelt es aber lediglich noch an der Chancenauswertung – und mit dem Selbstvertrauen, das Seferović aus San Sebastián oder Shaqiri aus München mitbringt, wird auch das der Vergangenheit angehören. Voraussetzung für einen Sieg ist aber wie im Spiel gegen die Brasilianer eine geschlossene und kämpferische Mannschaftsleistung.

Sollte Albanien in Slowenien nicht gewinnen, kann die Schweiz mit einem Sieg gegen Island das Ticket nach Brasilien bereits reservieren und das ist auch das Dilemma. Im Freundschaftsspiel gegen Brasilien spielten die Schweizer auch nach dem Führungstreffer mutig nach vorne und drückten auf den zweiten Treffer. In einem Ernstkampf wird das bei einer allfälligen Führung wesentlich schwieriger werden.

Ein Fragezeichen bleibt für mich die Innenverteidigung, die gegen die konterstarken und schnellen Isländer harmonieren muss. Den unerfahrenen Fabian Schär neben Steve von Bergen zu bringen, birgt ein Risiko. Ich bin trotzdem optimistisch und prognostiziere ein 3:1.

Was denkt ihr, Sportskameraden?

Eine Stadt am Ball

Simon Zimmerli am Donnerstag den 29. August 2013

Alle anderen sind in der Bar: Ein einsamer Fussballfan verfolgt im Qemal-Stafa-Stadion in Tirana das Europa-League-Qualifikationsspiel KF Tirana gegen CS Grevenmacher aus Luxemburg, 5. Juli 2012. (Bild: Arben Celi, Reuters)

Vor ein paar Wochen habe ich über meine liebsten Fussball-Bars in Zürich geschrieben und mir den teils leiseren, teils lauteren Vorwurf eingeheimst, meine Sicht sei zu sehr auf die eigene Stadt beschränkt. Nun kann ich allen Kritikern sagen: Ich habe meinen Horizont erweitert – und zwar international! Ich habe die grösste, beste, wunderbarste Fussball-Bar Europas entdeckt: Tirana. Die albanische Hauptstadt ist nicht nur der kulturelle, politische und wirtschaftliche Mittelpunkt eines zentralistisch organisierten Staates, sondern auch absolut verrückt nach Fussball. Insbesondere dann, wenn ein Spieler mit albanischen Wurzeln für eine grosse Mannschaft dem Ball nachrennt.

Am Dienstag war so ein Jubeltag. Bayern München, mit dem kosovarisch-albanisch-schweizerischen Kraftwürfel Xherdan Shaqiri, der mich übrigens immer mehr an Barney Geroellheimer von den Flintstones erinnert, gastierte beim SC Freiburg. Jeton, der Barkeeper, steigerte sich in eine Art Fan-Ekstase, als der Name Shaqiri fiel, und so teilten wir freudig den Stolz, dass unsere beiden Länder beide etwas mit dem deutschen Meister, DFB-Pokalsieger und Champions-League-Gewinner zu tun haben. Stolz auf Shaqiri – aber nicht nur auf ihn, sondern auch auf die in der Super League engagierten Hyka, Abrashi, Basha und Co. – waren auch alle anderen Besucher in der Oops Bar.

Jeton, ich darf ihn jetzt übrigens als Teilverantwortlicher für Shaqiris Erfolge Jeti nennen, hatte mehr damit zu tun, die Lobpreisungen über den kleinen Fussballstar ins Englische zu übersetzen, als mit seiner eigentlichen Arbeit.  Bis auf die Frauen, die sich kollektiv nicht für Fussball zu interessieren scheinen, störte dies niemanden. Der Fusssball ist hier König, und dem König hat man zu huldigen. Es scheint, als gebe es in Tirana keine Bar, in der nicht Fussball gezeigt wird. Für die Partie Freiburg – Bayern rollten auch die feineren Lokale die Leinwände aus – und zwar auf dem Trottoir auf der anderen Strassenseite. Anders als bei uns sind Fussballübertragungen keine Rahmenveranstaltungen für Trinkgelage, sondern alles was zählt, solange der Ball rollt oder fliegt. Befeuert wird die Leidenschaft für den Sport durch die Leidenschaft fürs Wetten. Ob Bundesliga oder zweite norwegische Division, wenn ein Tor fällt, schreit immer einer auf. Weil er gerade Geld für weitere Wetten gewonnen oder weil er welches in den Sand gesetzt hat.

Und dann wurde es an diesem Dienstagabend plötzlich ganz besonders laut. Shaqiri hatte getroffen und mit ihm alle Barbesucher um mich herum. Es herrscht eine Glückseligkeit wie einst in der FCZ-Fankurve am 13. Mai 2006 beim historischen 2:1-Sieg über den FC Basel, der den Zürchern im St.-Jakob-Park zum ersten Meistertitel nach 25 Jahren Durststrecke verhalf. Shaqiri, Ehrenbürger von Tirana und Zürich, hatte nach einem Abwehrfehler der Freiburger den Ball aus kurzer Distanz zum 1:0 für die Bayern in die Maschen gewuchtet! Und lange sah es danach so aus, als würde der Schuss Shaqiris dem Favoriten aus München zum vierten Sieg im vierten Bundesliga-Spiel der Saison verhelfen. Bis, ja bis sich auch die Bayern eine Nachlässigkeit erlaubten – und der Freiburger Joker Nicolas Höfler (den kannten auch die fussballverrückten Albaner vorher nicht) mit dem 1:1 zum Partyschreck wurde.

Die Stimmung sank nun für eine Weile erheblich. Ob es nur wegen des Gegentreffers fuer den FC Shaqiri München war oder vielleicht auch ein wenig wegen verlorener Wetten, konnte ich nicht ganz ergründen, vermute aber Letzteres. Der Glaube an das Gute im Fussball ist in Albanien aber ungebrochen. Alle sind überzeugt, dass die Nationalmannschaft, die wie die Schweiz in der Qualifikationsgruppe E um ein WM-Ticket kämpft, den Sprung an die Endrunde in Brasilien schaffen wird. Und wahrscheinlich sogar als Gruppenerster vor den Schweizern, die momentan vier Zähler vor den zweitplatzierten Albanern liegen.

Der falsche Franz und andere Fussballkuriositäten

Simon Zimmerli am Donnerstag den 22. August 2013
Die Mannschaft des FC Farnborough. David Parry/PA

Klingende Namen: Die Mannschaft des FC Farnborough. (Foto: David Parry/PA)

Gerne hätte ich Euch Bilder aus einem feurigen und rauchgeschwängerten griechischen Fanblock geschickt, damit Ihr seht, mit was für Lappalien wir uns in der Schweiz herumschlagen müssen. Leider fand in der Nähe meines Feriendomizils kein Spiel statt. Und Damian Bellón, den mein Kollege, ein eingefleischter Panathinaikos-Fan, per Zufall auf der Kaderliste des Gegners, Panaitolikos, entdeckte, befand ich unter dem Strich auch als zu wenig, um ihm eigens ein Blog zu widmen. Zumal der Schweizer U-21-Internationale (1 Länderspiel) auch nicht gespielt hat. Und da mir schrecklich langweilig ist hier und ich nicht daran glaube, dass sich das SRF-Traumpaar Ruefer/Latour innert der nächsten Jahre auf ein ansprechendes Niveau steigert – dieser Blog wird leider auch in fünf Jahren noch aktuell sein – machte ich mich auf die Suche nach Kuriositäten aus der Fussballwelt.

Der englische Sechstligist FC Farnborough hat zwar kein Geld, dafür aber eine Mannschaft voller klingender Namen. Von Paul Gascoigne über Gary Lineker, Franz Beckenbauer und Johan Cruyff bis zu Diego Maradona ist in der Kaderliste alles aufgeführt, was im Weltfussball einst Rang und Namen hatte. Zu einem überraschenden Comeback hat sich aber nicht einmal die klamme Skandalnudel Gascoigne überreden lassen. Nein, die Beckenbauers und Maradonas aus Farnborough sind kickende Mogelpackungen. Sie haben ganz einfach Künstlernamen angenommen, was in Grossbritannien keine grossen Mühen erfordert. Für umgerechnet rund 140 Franken kann man sich nennen, wie man möchte, natürlich unter Einhaltung gewisser Anstandsregeln, und den gewählten Namen im Pass eintragen lassen. So ist es auch möglich geworden, dass beim FC Farnborough unter der Rubrik Trainer José Mourinho steht, obwohl das Original aus Portugal gerade erst zu seinem Ex-Club FC Chelsea zurückgekehrt ist. Der falsche Mourinho hiess ursprünglich Spencer Trethewy, ehe er sich nach dem Mädchennamen seiner Mutter Spencer Day nannte, und ist eine überaus schillernde Figur. Trethewy/Day/Mourinho sass wegen Wirtschaftsdelikten einst elf Monate im Gefängnis, soll heute dank Immobiliengeschäften aber ein Vermögen von 12 Millionen Pfund besitzen, dazu mehrere Yachten und Helikopter. Hinter dem Lausbubenstreich in Farnborough, der den englischen Fussballautoritäten gar nicht in den Kram passt, steht aber nicht der 42-jährige Tausendsassa mit der Knastvergangenheit, sondern ein Wettbüro von den Kanalinseln. Dieses tritt als Brustsponsor und Namensgeber des Stadions auf und liess sich dafür die Umsetzung des Scherzes mit den klingenden Namen zusichern. Die Liga versagt dem Club, der seine ärgsten Schwierigkeiten nach der Finanzspritze des Sponsors überstanden glaubte, aber bislang die Spielgenehmigung. Die Partien mit Beteiligung Farnboroughs wurden nach hinten verschoben. Dafür berichten nun Medien aus aller Welt über den kleinen Verein aus dem kleinen Städtchen zwischen Southampton und London.

Das grösste Schelmenstück im Fussballgeschäft geht aber nicht auf das Konto des FC Farnborough, sondern auf jenes des österreichischen Clubs Grazer AK. Der damalige Bundesligist verkaufte den Journalisten 1999 den verkleideten Komiker Hape Kerkeling als litauischen Fussballtrainer namens Albertas Klimawiszys, der die Nachfolge des deutschen Weltmeisters Klaus Augenthaler antreten werde. Kerkeling/Klimawiszys erzählte während der Pressekonferenz, zu der auch Augenthaler erschienen war, wirres Zeug, sang ein merkwürdiges Lied und liess die GAK-Profis anschliessend noch merkwürdigere Übungen auf dem Trainingsplatz ausführen. Das Lokalradio berichtete unterdessen über die so sensationell anmutende Personalrochade beim traditionsreichen Verein, der tags darauf das Derby gegen den Stadtrivalen Sturm Graz bestreiten sollte. Erst als sich Kerkeling zu erkennen gab, begriff auch der letzte der begriffsstutzigen Reporter, dass ihnen ein riesiger Bären aufgebunden worden war. Das Video des denkwürdigen Kerkeling-Auftritts ist heute ein Klassiker auf Youtube.Neben dieser Aktion wirken die Werbebemühungen des einstigen Europacup-Finalisten Lok Leipzig geradezu hausbacken an. Nach dem Konkurs und dem Neubeginn in der untersten Spielklasse setzten die Leipziger in der Saison 2004/05 den früheren Nationalspieler Heiko Scholz und den damals bereits 62-jährigen Henning Frenzel, der mit der DDR 1964 Olympia-Bronze gewonnen hatte, in Pflichtspielen ein. Dies brachte landesweite Beachtung und massenhaft Zuschauer. Das Spiel gegen die zweite Mannschaft von Eintracht Grossdeuben verfolgten 12’421 Fans. Als Krönung gab der Rekordinternationale Lothar Matthäus im Stadtpokal-Halbfinale sein Comeback für Lok. Und ja, es war der echte Matthäus.

Vielleicht kann ich nächste Woche über ein Spiel aus der Kategoria e Parë berichten, der höchsten albanischen Liga, bis dahin «ta leme».

Die schönsten Fussballbars in Zürich

Simon Zimmerli am Donnerstag den 15. August 2013

Ich bin ein Gegner grosser Public-Viewing-Anlässe und schaue mir die Spiele der WM und der EM lieber zu Hause oder im kleinen Kreise meiner Fussballexpertenfreunde an. Für Spiele der Bundesliga oder der Super League schweife ich aber gerne aus und zwar so weit wie es mein beschränkter Aktionsradius zulässt. Da die traditionelle Fussballbar Penalty beim Hallwylplatz seit einiger Zeit geschlossen hat und die Wiedereröffnung bis September auf sich warten lässt, war ich gezwungen, mich zum Auftakt der grossen internationalen Ligen nach Alternativen umzusehen. Kaiser Franz

Rudy Carpineti am Tresen im Kaiser Franz.

Rudy Carpineti am Tresen im Kaiser Franz.

An der Rolandstrasse 22 im Kreis 4 befindet sich der Kaiser Franz. Wie der Name bereits vermuten lässt, wird hier vieles dem Fussball untergeordnet. Die Öffnungszeiten werden quasi von den einzelnen Fussballverbänden, respektive anhand des Spielplans festgelegt. Ob Bundesliga, Champions League, Nati-Spiele oder Super League, alle wichtigen Spiele werden hier gezeigt. Auch für den spanischen Clásico oder Lugano-Chiasso öffnet Rudy Carpineti, ein gebürtiger Tessiner, seine Bar. Wühltischspiele, wie Slovan Liberec gegen den FCZ, die vom SRF nicht übertragen werden, sehen wir bei Carpineti dank Livestream auf der grossen Leinwand trotzdem. Zu Essen gibt es leider nichts, dafür werden wir mit einer kaiserlichen Auswahl an Gerstensaft beschenkt. Vom Westvleteren XII, das stolze Fr. 25.- pro 3,3 dl Fläschchen kostet, über das Brinkhoff’s No. 1, dem Stadionbier von Borussia Dortmund, bis zum Liefmans Fruitesse, einem belgischen Früchtebier, das mich stark an die Tiki-Brause erinnert aber dennoch hervorragend schmeckt, hat Carpineti weitere 30 Biersorten im Angebot. Ab 19. August findet hier dann auch wieder «ZWÖLF – die Fussballbar» statt, wo Fussballprofessor Mämä Sykora mit spannenden Gästen zum Fussball-Talk lädt. Le Calvados

Am zweijährigen Geburtstag der Calvados-Bar.

Am zweijährigen Geburtstag der Calvados-Bar.

Auch am Idaplatz im Kreis 3 haben wir es mit einer reinrassigen Sportbar zu tun. Eingerahmte Bilder vom jungen Stéphane Chapuisat im Lausanne-Sport-Dress oder von Alain Sutter im Bayern-Trikot, der neckisch neben einem Baum posiert, zieren hier die Wände. Das Live-Sport-Programm des Calvados (es werden auch andere Sportevents wie Golf oder Tennis gezeigt) finden wir jeden Montag auf der Homepage und dürfen per Mail- oder Facebook-Voting mitbestimmen, welches Spiel gezeigt wird. Zum Auftakt der Bundesliga am letzten Freitag wurde vornehmlich hochdeutsch gesprochen. Dazu passt auch das kulinarische Angebot; Weissbier und Weisswürste werden während den Bundesligaspielen vornehmlich bestellt, obwohl der eigentliche Klassiker das Philly Cheese Steak ist. Ein warmes Baguette mit Rindfleisch und Gemüse, überbacken mit Cheddar-Käse. Sitzplätze gibt es hier nur wenige aber dank drei TV-Geräten ist man immer am Ball. Mars Bar

Eine überrraschend angenehme Bar hinter einer tristen Fassade.

Eine überrraschend angenehme Bar hinter einer tristen Fassade.

In einem Geisterhaus an der Neufrankengasse 15 befindet sich eine liebevoll eingerichtete Bar, die sich ab und an in eine Fussballoase von einem anderen Planeten verwandelt. Die Mars Bar. Für die Spiele der Bundesliga und des FC Zürichs wird hier die grosse Leinwand ausgerollt. Auch hier ist die Speisekarte klein aber fein. Snacks wie Oliven, Fenchelsalametti oder Bündner Bergkäse reichen aus, um über die Runden zu kommen. Nebst einem grossen Biersortiment bietet die Mars Bar den besten Eiskaffee in Zürich – wahlweise mit Amaretto, Brandy oder Rum – der auf den Letzigrundsitzschalen im schmalen Kiesgarten noch besser schmeckt. Zigaretten, ein Fumoir, das an ein gemütliches Wohnzimmer erinnert und charmantes Personal gibt es alles hinter der Theke. Piccolo Giardino

Das Piccolo Giardino an der WM 2010.

Das Piccolo Giardino an der WM 2010.

Einen Steinwurf von der Mars Bar entfernt liegt das Piccolo Giardino, das insbesondere bei den FCZ-Auswärtsspielen sehr beliebt ist. Die Spiele lassen sich trotz gut befahrener Strasse auf dem Schöneggplatz prima unter freiem Himmel schauen. Und da draussen kein Ton gesendet werden darf, ist man mit der richtigen Radiofrequenz auch akkustisch immer am Ball. Da der Garten nicht bedient ist, geniesst man beim Bier holen, inklusive anstehen eine vertraute Stadionatmosphäre. Und falls am Sonntag Abend niemand zu Hause auf Sie wartet, können Sie noch etwas Leckeres essen und danach den Tatort im Ersten verfolgen. Restaurant Schlössli

Hier gibts die Schlössli-Spiesse.

Hier gibts die Schlössli-Spiesse.

Wie es der Name schon verrät, handelt es sich hier nicht um eine klassische Fussballbar sondern in erster Linie um ein Restaurant. Trotzdem kann man bei Panos Delingianis zu später Stunde einkehren und das Finale des Confed-Cups schauen. Auch hier bestimmt der Spielplan des FCZ, ob Delingianis die Pforten bereits am Sonntag Nachmittag öffnet. Die Konferenzschaltung der Bundesliga ist bei schönem Wetter ohnehin zu einem Pflichttermin geworden, im lauschigen und gedeckten Garten an der Neufrankengasse 25 im Kreis 4. Und wenn der FCZ verliert, bleibt immer noch der Schlössli-Spiess als Trost. Ein wunderbares Ensemble aus zartem Rindfleisch, Speck und Peperoni. Fast so schön wie wenn der Ball nach einer Kombination über Pedro, Rikan und Gavranovic im Basler Netz einschlägt. Bar Zucchero

Die erste Adresse für Bayern-Fans in Zürich.

Die erste Adresse für Bayern-Fans in Zürich.

Ebenfalls im Kreis 4, an der Brauerstrasse 30, befindet sich die Bar Zucchero. Hier sollte man nicht zum falschen Zeitpunkt mit dem falschen Trikot reinspazieren, da es sich um das Vereinslokal des «FC Bayern München Fanclub Zürich» handelt. Metin Güner, selbst eingefleischter Bayern-Fan, tischt schon mal Brezn und Weisswürste auf bei einem grossen Spiel, von denen es in der letzten Saison ja so einige gab für die Bayern. Hier kann man es sich aber auch auf einem der zahlreichen Sitzplätze draussen gemütlich machen und bei einem Augustiner-Bier die Super League verfolgen. Oder die Reality Show der Brauerstrasse. Die Bar meines Vertrauens bleibt aber das SI O NO an der Ankerstrasse 6. Fussball hin oder her. Tolles Personal, wenig Hipsters, gespickt mit grossartiger Musik in der richtigen Lautstärke und vernünftigen Öffnungszeiten. Da verzichte ich auch mal auf Fussball und schaue bei einer Rhabarberschorle grosszügig über das GC-Herz des Besitzers hinweg. Habe ich ein Lokal vergessen und wie sieht es in anderen Städten aus, liebe Steilpass-Blog-Leser?

Der Selbstzerstörer

Simon Zimmerli am Freitag den 26. Juli 2013


Der Zerfall von Paul Gascoigne, einem der grössten Fussballer Englands, geht weiter. Nachdem Gascoigne kürzlich vor einem Londoner Hotel kollabierte, wurde er vor einigen Tagen – nach Handgreiflichkeiten gegen seine Ex-Frau und einen Security-Mitarbeiter – wieder einmal verhaftet und verbrachte die Nacht in einer Polizeizelle. Gascoigne sei wegen Trunkenheit und Körperverletzung angeklagt worden, bestätigt die Staatsanwaltschaft von Thames und Chiltern.

Paul Gascoigne, 46 Jahre alt, lebte nur für den Fussball und wusste nach der Aktivzeit nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Aus Langeweile und Einsamkeit griff er zu Alkohol und Kokain. Gascoigne kämpfte aber schon während seiner Aktivkarriere gegen die Sucht. So trank er vor einem Spiel mit seinem FC Everton mehrere Flaschen Wein und etliche Brandys, schluckte Schlaftabletten und rauchte bis in die frühen Morgenstunden Marihuana. Kurz vor Anpfiff trank er nochmals einen doppelten Brandy und spielte durch. Gascoigne wachte am nächsten Morgen vor einer leeren Champagnerflasche auf und konnte sich an nichts erinnern. Er wurde in diesem Spiel gegen Sunderland als «Man of the Match» erkoren.

Gazza, wie ihn die Engländer liebevoll nennen, war an der WM-Endrunde 1990 in Italien einer der wertvollsten Mittelfeldspieler und führte die Three Lions bis in das Halbfinale gegen Deutschland. Unvergessen, wie er in diesem Match die gelbe Karte erhielt und so für ein mögliches Finalspiel gesperrt gewesen wäre. Gascoigne weinte in sein Trikot und machte sich bei den englischen Fans und Medien unsterblich. England verlor das Spiel im Penaltyschiessen.

Seit 2008 und einem Suizidversuch spielt sich das Leben von Gascoigne vorwiegend in Entzugskliniken, in Psychiatrien und vor Gericht ab. Der tragische Höhepunkt war eine Wohltätigkeitsveranstaltung im Februar dieses Jahres, als ein zitternder, desorientierter und lallender Paul Gascoigne Anekdoten aus seinem Leben erzählte. Wie er beispielsweise für seinen ehemaligen Mitspieler Tony Cunningham mehrere Besuche im Solarium buchte, wohlwissend, dass dessen Hautfarbe schwarz ist. Die Menschen krächzen auch heute noch, wenn der notorische Clown einen Teil seines Lebens Revue passieren lässt. Paul Gascoigne, ein begnadeter Fussballer und fröhlicher Mensch – vom Alkohol zerfressen.

Nach diesem Auftritt finanzierten ihm Freunde und ehemalige Mitspieler eine erneute Entziehungskur im US-Bundesstaat Arizona. Gascoigne reagierte derart schlecht auf die Entgiftung, dass er auf die Intensivstation verlegt werden musste. Er konnte die Behandlung danach aber weiterführen und erfolgreich abschliessen. Zurück in England meinte Gascoigne: «Ich dachte, ich sei dabei, mich zu verabschieden. Ich sah wie eine Leiche aus. Ich war ein totales Wrack. Das muss eine Inspiration sein, dass mir das nie wieder passiert.»

Nicht mal vier Monate später ist es wieder passiert und er wieder da, wo er so oft war: im wichtigsten Match seines Lebens. Und die Welt kann dabei zuschauen. Wie einst bei Amy Winehouse.

Es ist Gascoigne zu wünschen, dass er nochmals aufsteht und diesen Kampf gewinnt. Alles Gute Gazza!

Warum Schweizer nichts von deutschen Trainern halten

Simon Zimmerli am Donnerstag den 11. Juli 2013
 Ein deutscher Trainer, der freiwillig in die Schweiz kommt, kann ja nur eine Niete sein, denken viele: GC-Trainer Michael Skibbe. (Keystone/Ennio Leanza)

Ein deutscher Trainer, der freiwillig in die Schweiz kommt, kann ja nur eine Niete sein, denken viele: Der neue GC-Trainer Michael Skibbe. (Keystone/Ennio Leanza)

Deutsche Zuwanderer haben es bisweilen schwer in der Schweiz. Nicht nur dann, wenn sie von Beruf Fussballtrainer sind. Aber dann insbesondere. Statt helvetischer Gastfreundschaft schlägt ihnen eidgenössische Skepsis entgegen. Der neue GC-Trainer Michael Skibbe ist hier keine Ausnahme. Noch hat Skibbe mit den Zürchern keinen Ernstkampf bestritten, und schon kürt ihn der frühere Nati-Torjäger Kubilay Türkyilmaz in seiner «Blick»-Kolumne zum Trainer, der als Erster seinen Stuhl räumen muss. Der frühere Coach von Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt sei die falsche Wahl und habe zudem ein grössenwahnsinniges Ziel zu erreichen: die Wiederholung der Saison-Erfolge 2012/13.

Gewiss dürfte es Skibbe schwer fallen, gegen die sicher nicht noch einmal so schwache Konkurrenz von den Young Boys und dem FCZ hinter dem als Meister gesetzt scheinenden FC Basel Platz 2 zu erreichen, aber davon redet bei den Grasshoppers ja auch gar keiner. Das Ziel für die kommende Spielzeit sei ein Platz im europäischen Wettbewerb, heisst es – Rang 4 also. Und das scheint durchaus realistisch wenn man sieht, was sich sonst noch so in der Super League tummelt. Aarau und Lausanne? Bescheiden! Sion? Mit Constantin niemals konstant! St. Gallen? Ohne Scarione nicht mal die Hälfte wert! Luzern? Noch nicht reif! Thun? Ganz ok, aber sicher nicht besser als GC.

Skibbe geht es heute gleich wie Thorsten Fink, der 2009 nach Basel kam. Fink habe keinen richtigen Leistungsausweis im Profifussball und sei nach dem Aufstieg in die 2. Liga mit Ingolstadt wohl nicht umsonst entlassen worden, hiess es damals. Nachdem der FC Ingolstadt nach der Hinrunde auf Platz 12 zugegen war und danach nach elf sieglosen Spielen auf einen Abstiegsplatz abrutschte. Was danach folgte, ist bekannt: Der zunächst so skeptisch beäugte Fink gewann mit dem FCB 2010 das Double und 2011 die Meisterschaft, ehe ihn der Hamburger SV abwarb. Im Fall von Skibbe wird immer wieder das zugegeben erbärmliche Intermezzo bei Hertha BSC in der Saison 2011/12 herangezogen, als er mit den zuvor schon recht trostlos kickenden Berlinern in fünf Spielen fünf Niederlagen kassierte und mit Schimpf und Schande davongejagt wurde. Er verabschiedete sich mit einer 0:5 Pleite beim VfB Stuttgart und ging als einer der bestverdienendsten Trainer in die Geschichte der Bundesliga ein.

Dass Skibbe ein ausgezeichneter Ausbildner ist und das Schweizer Nachwuchssystem bestens kennt, weil der DFB zu seinen Zeiten als Nachwuchstrainer intensiv mit dem SFV kooperierte, wird bei der Beurteilung gern ausser Acht gelassen. Ein deutscher Trainer, der freiwillig in die Schweiz kommt, kann ja nur eine Niete sein, denken viele. Sonst würde er ja in seinem Heimatland und nicht in der Super League an der Seitenlinie stehen. Der Skepsis gegenüber deutschen Trainern liegt also wohl mehr ein Minderwertigkeitskomplex betreffend unseres eigenen Fussballs – der gar nicht so schlecht ist, wie die vielen Schweizer in der Bundesliga beweisen – zu Grunde als eine objektive Einschätzung ihrer Fähigkeiten. Darum lassen wir Skibbe doch erst einmal arbeiten. Ich jedenfalls halte dagegen und sage: Lieber Kubilay Türkyilmaz, bevor die Grasshoppers Michael Skibbe in die Wüste schicken, hat Christian Constantin in Sitten schon wieder mehr als einen Übungsleiter degradiert.

«Das isch emol e Goal!»

Simon Zimmerli am Freitag den 5. Juli 2013
Alex Frei erzielt einen legendären Treffer gegen GC, 20. März 2011. (Keystone/Walter Bieri)

Auf diesen Treffer folgte ein legendärer Torjubel (siehe Video unten): Alex Frei erzielt ein Goal gegen GC, 20. März 2011. (Keystone/Walter Bieri)

Früher feierten die Spieler ihre Treffer auf den Knien oder mit Sprüngen in die Luft. Heute gibt es mehrere Varianten, um seiner Freude Ausdruck zu verleihen und reichlich Platz für Selbstinszenierer. Hier einige Beispiele.

Eric Cantona – Manchester United

Ein, zwei Körpertäuschungen reichen Cantona, um zwei gegnerische Spieler zu Statisten zu degradieren. Ein Sprint über das halbe Feld und ein perfekt getimter Doppelpass mit Brian McClair leiten das Schlussbouquet ein. Eines der schönsten Tore überhaupt und eine heroische und sehr passende Jubelpose von Eric the King. Platz 1!

Alexander Frei – FC Basel

Dass es auch anders geht, beweist Alex Frei, der in der heutigen Rubrik natürlich nicht fehlen darf. Frei jubelte gerne alleine, kokettiert hier aber mit der Kamera und Tausenden von Zuschauern. Zugegeben, ein tolles Tor und auch hier ein ehrlicher Jubel. «Das isch emol e Goal» konnte sich im Vokabular meines Freundeskreises etablieren und dient nun zur Steigerung des Superlativs.

Giorgos Katidis – AEK Athen

Einen mehr als unglücklichen Eindruck macht hier auch der 20-jährige Katidis, der sein Tor mit dem Nazigruss feiert und lediglich mit einer gelben Karte fürs Trikot ausziehen bestraft wird. Der U-21-Internationale wird vom griechischen Verband allerdings lebenslang aus sämtlichen Nationalteams ausgeschlossen. Immerhin.

Albert Roger Miller – Kamerun

Vermutlich durch einen Schreibfehler eines Standesbeamten besser bekannt als Roger Milla, hat er den Fussball nicht nur mit seinen Toren bereichert, sondern auch mit seinen Tanzeinlagen an der Eckfahne.

Bebeto – Brasilien

Einen Meilenstein hat auch Bebeto mit seiner oft kopierten Babyschaukel gelegt und das Tor wohl seinem neugeborenen Sohn Matthäus gewidmet.

Stjarnan FC – Island

An Originalität kaum zu überbieten sind die Inselkicker aus Island. Wenn ich mir aber überlege, wie die Spieler nach Trainingsschluss noch eine halbe Stunde im Taktikraum sitzen, um neue Jubelvarianten einzustudieren, relativiert dies die ganze Sache etwas. Sehenswert ist es trotzdem.

Nobuhiro Sugawara – Japan

Zum Schluss möchte ich auch unseren treuen Eishockey-Fans noch etwas bieten! Kann ja mal passieren, dass man in einer unübersichtlichen Randsportart wie Eishockey ins eigene Tor trifft und sich darüber auch noch freut.

Was meint Ihr, liebe Steilpass-Leser und -leserinnen, habe ich etwas vergessen?