Die Nachricht vom Dienstag erschütterte die Fussballwelt. «Glasgow Rangers beantragen Insolvenz», titelten die Zeitungen Europas und lösten bei den Lesern Unglauben aus. Einer der ältesten Klubs der Welt, mit mehr Meistertiteln als irgendein anderer Verein (54), eine Institution – ja gar eine Religion – in Schottland, mit einer Stadionauslastung von über 90 Prozent trotz meist bescheidenen Gegnern… Dieser Verein soll Pleite sein?
Meldungen von konkursiten Fussballklubs sind längst keine Ungewöhnlichkeit mehr. Doch fast ausschliesslich betrifft es kleinere Vereine, die sich übernommen oder auf zwielichtige Investoren eingelassen haben. Die Rangers gehören in eine andere Kategorie. Auch wenn der Glanz vergangener Tage mit drei Europacupfinals und einem Titel zwischen 1961 und 1972 etwas verblasst ist, gehören die Rangers noch immer zu den grossen Namen in Europas Fussball. Ein letztes Ausrufezeichen setzte man 2008, als man den Final des Uefa-Cups erreichte (0:2 gegen Zenit St. Petersburg).
Dass selbst ein Verein mit derart guten Voraussetzungen in finanzielle Nöte geraten kann, sollte als Warnsignal gelten. Die Rangers spielen in jedem Jahr europäisch, schliessen einträgliche Werbeverträge ab, generieren gutes Geld dank TV-Verträgen und das Stadion ist stets gut gefüllt. Dennoch waren die drohenden Steuernachzahlungen und Strafen in der Höhe von umgerechnet über 70 Millionen Franken zu viel für den Traditionsverein. So wurde die Insolvenz beantragt, was auch einen Abzug von 10 Punkten und damit die Vorentscheidung im Meisterrennen zur Folge hatte.
Vereine mit gewissen Ansprüchen bewegen sich stets auf einem schmalen Grat. Wer mit zu viel Risiko die hoch gesteckten Ziele (und die der Fans und Sponsoren) erreichen will und dann doch scheitert, dem droht ein schneller und tiefer Fall. Im Selbstverständnis der Rangers gehört man zu Europas Spitzenteams, die Realität sieht indes anders aus: Nach dem Absturz Schottlands in der Uefa-Fünfjahreswertung scheiterten die Rangers letzten Sommer in der Champions-League-Qualifikation an Malmö, danach blieben sie sogar in die Europa-League-Qualifikation an Maribor hängen. Trotz regelmässigen Teilnahmen in Europas Königsklasse gelang nur ein einziges Mal der Sprung in die K.o.-Phase.
Eine schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen, ist für die Glasgower Vereine wahrlich keine leichte Aufgabe. Herausragende Spieler sind kaum zu halten, Verstärkungen kann man nur mit hohen Ablösesummen und stolzen Löhnen davon überzeugen, fortan gegen Dunfermline und St. Mirren aufzulaufen. Zudem steigert kaum ein Spieler in Schottland seinen Marktwert, die meisten teuren Neueinkäufe verliessen den Verein später zu einem Bruchteil des Einkaufspreises. So erwirtschaften die «Gers» jedes Jahr ein Minus von 15 Mio. Franken. Dies kann man nur stemmen, wenn der sportliche Erfolg dauerhaft ist. Schon ein düsteres Jahr lässt das Wasser bis zum Hals steigen. Noch ein solches kann schon den Untergang bedeuten.
Die Klubführungen von grossen Vereinen aus kleineren Ligen, wie etwa Ajax Amsterdam, PSV, Sporting Lissabon oder eben der FC Basel, sollten die Vorgänge in Britanniens Norden aufmerksam verfolgen. Es braucht wahrlich nicht viel, bis aus hochtrabenden Träumen ein Scherbenhaufen wird. Der FCB handelt bislang in jeder Hinsicht höchst vernünftig, es ist zu hoffen, dass er dies auch beibehalten wird, wenn mal Anspruch und Realität nicht übereinstimmen sollten. Auch er fährt nämlich in dürren Saisons einen 10-Millionen-Verlust ein.
Noch hält sich bei den Rangers-Fans die Hoffnung, dass die Insolvenz lediglich ein Trick sei. Chairman Craig Whyte hatte im Mai 2011 85 Prozent der Aktien des hoch verschuldeten Vereins für den symbolischen Betrag von einem Pfund übernommen, dafür überschrieb der Klub seine Bankschulden auf ihn. Im Falle einer Insolvenz dürfte er als erster Ansprüche anmelden, während die Steuerbehörde ganz hinten anstehen müsste. Müsste der Verein Konkurs anmelden, könnte Whyte den Klub neu gründen und schuldenfrei neu starten. Ob der Verein jedoch gleich wieder in der Premier League mittun könnte, ist hingegen noch ungewiss.
Wie auch immer diese traurige Geschichte ausgeht: Mögen die Warnsignale an den richtigen Stellen ankommen und damit weitere solche Schicksale verhindert werden!