
Die meisten Schweizer Fussballer kommen im Ausland zurzeit nicht zum Einsatz: Admir Mehmedi im Training mit Dynamo Kiew, 23. Oktober 2012. (Foto: Keystone)
Die Schweiz ist im Ausland bekannt für ihre Banken. Und die Bänke im Ausland sind bekannt für ihre Schweizer. Zumindest hierzulande. Dieses Wochenende in der Bundesliga: 13 Schweizer stehen dort unter Vertrag, zum Einsatz kamen deren vier. Von den 4 Schweizern in der Premier League spielte gar keiner, es durfte gar nur einer (Senderos) wenigstens auf der Bank Platz nehmen. In der Serie A blieb für 4 der 11 Eidgenossen auch nur die Zuschauerrolle. In der Ukraine kam Admir Mehmedi gegen Tavriya Simferopol zu seinem ersten Einsatz über 90 Minuten in dieser Saison, Emeghara bei Lorient reichte es bislang für 19 Einsatzminuten und eine rote Karte, Reto Ziegler von Lok Moskau durfte erst vier Mal ran. Fleissige Statistiker sind gesucht, um herauszufinden, ob sonst noch eine Nation ein derart schlechtes Verhältnis zwischen Legionären und deren Einsatzminuten aufweisen kann.
Ist das nur Zufall? Oder nur eine Ausnahmesituation? Letzteres mit Sicherheit nicht, denn seit vermehrt Schweizer Fussballer den Sprung ins Ausland wagen, ist der Anteil der Bankdrücker konstant hoch. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Unsere Liga ist klein, die Verdienstmöglichkeiten im Ausland ungemein besser, da ist es nicht verwunderlich, dass viele beim erstbesten Angebot gehen, selbst wenn die Einsatzzeit beim neuen Verein keineswegs garantiert ist. Nur: Auch aus Österreich etwa, wo die gleichen Bedingungen gelten, spielen 13 Profis in der Bundesliga. Davon sassen am Wochenende nur gerade 4 auf der Bank, der Rest gehört wie auch der für einmal übergangene Pogatetz (Wolfsburg) zur Stammformation. Eine ähnliche Quote erreichen auch Tschechen, Kroaten, Polen, Dänen oder Belgier.
Einen einleuchtenden Grund nannte mir GC-Flügel Steven Zuber im Sommer im Interview: «Ein Fehler ist sicher, wenn man sich schnell den anderen Profis anpasst, das gleiche Programm absolviert und nach dem Training gleich mit den Älteren in die Stadt zum Essen geht. Wenn man neu ist, sollte man viel mehr machen als der Rest.» Denn «geschafft» hat man es nicht schon mit dem Auslandtransfer, sondern erst, wenn man im neuen Verein auch spielt. Ein Engagement in einer grösseren Liga ist nicht nur der Lohn für die bisherige Arbeit, sondern vor allem tatsächlich jene «neue Herausforderung», von der kürzlich transferierte Spieler zwar stets reden, die sie aber kaum annehmen. Was man bis dahin geleistet hat, zählt gar nichts mehr am neuen Ort. Man gibt seine Stellung in der alten Mannschaft auf und beginnt bei null. Alles muss man sich neu erarbeiten. Und dessen sind sich anscheinend gerade die Schweizer Fussballer zu wenig bewusst.
Diejenigen, die aus der Schweiz in eine grössere Liga wechseln, gehören selbstverständlich zu den Besten des Landes. Sie haben meist einen schnellen Aufstieg hinter sich, sind unangefochtene Stammspieler, nehmen eine wichtige Rolle in der Mannschaft ein. Verfolgt man die Karrieren dieser Transferierten, beschleicht einen das Gefühl, dass sie fast davon ausgehen, dass es beim neuen Verein im gleichen Stil weitergehen wird. Es deutet vieles darauf hin, dass sich einige dafür zu bequem sind, um den geforderten zusätzlichen Effort zu leisten, der ihnen zum Durchbruch verhelfen könnte. Zudem fehlt nicht nur der Wille dafür, es fehlt auch der Zwang: Denn auch wer es nicht ganz schafft, streicht dennoch einen ansehnlichen Lohn ein und kann dann immer noch in die Schweiz zurückkehren, wo man gleich wieder den Star-Status innehat, ohne sich dafür ein Bein ausreissen zu müssen.
Angesichts der derzeitigen Situation vieler Schweizer Legionäre könnte uns in der Winterpause – spätestens dann im Sommer – ein regelrechter Zustrom aus «Gescheiterten» erwarten. Gelson hat seine Rückkehr schon angedeutet, Emeghara bemüht sich drum, gefrustet sind mit Sicherheit auch Affolter, Ferati, Nikci, Derdiyok, Seferovic, Senderos und Kasami. Es wäre für sie eine Heimkehr ins warme Nest. Hier ist es halt doch auch sehr schön, warum soll man da im Ausland so lange hartes Brot knabbern?