Wenn die tschechische U-21 spielt, schaut das ganze Land gebannt hin. Das Interesse ist riesig, man dürstet nach fussballerischen Erfolgen, die seit dem Rücktritt der Generation um Pavel Nedved rar geworden sind. Das A-Team verpasste gar die Qualifikation für die WM 2010, da sind die guten Leistungen der Nachwuchsmannschaften natürlich Balsam für die stolze Seele. Die U-21 wurde 2002 Europameister, 2007 stand die U-20 im WM-Finale sowie 2006 die U-17 und 2009 die U-19 im EM-Finale.
Auch vom aktuellen Jahrgang wird viel erwartet. In der Qualifikation brillierte die Mannschaft von Jakub Dovalil und gab lediglich zwei Punkte ab. Kein Wunder ist die Zuversicht in der Heimat gross: Laut einer Umfrage der tschechischen Zeitung «Sport» glauben 85 Prozent an einen Sieg über die Schweiz im Halbfinale von morgen Mittwoch. Miroslav Soukoup, Trainer der Vizeweltmeister von 2006, prophezeit gar den Titel: «Die Mannschaft verfügt über grosse Qualitäten. Ihre grösste Stärke ist die Eingespieltheit, sie spielt schon lange in dieser Zusammenstellung und hat Erfahrung an Endrunden. Es ist eine richtige Turniermannschaft.»
Grosse Stars sucht man in den Reihen der Tschechen vergebens, sieht man einmal vom noch angeschlagenen Supertalent Václav Kadlec ab, für den Arsenal 10 Millionen Pfund geboten haben soll. Sie pflegen – sehr zum Ärger der vielen Anhänger des spektakulären Fussballs der Nedved-Ära – einen eher defensiven Stil, tun dies jedoch überaus konzentriert und mit grosser taktischer Reife, was es für jeden Gegner schwierig macht. Ivan Hašek, Trainer der A-Nati, der den Nachwuchs in Dänemark beobachtete, sieht aber auch gewisse Schwächen: «Technisch gehört das Team bestimmt nicht zu den besten des Turniers, doch die Mängel am Ball werden vom Kollektiv mit aufopferndem Verteidigen wettgemacht.» Dazu passt seine Antwort auf die Frage nach dem auffälligsten Spieler: Für Hašek war dies Marcel Gecov, ein wenig aufregender, aber grundsolider defensiver Mittelfeldspieler.
Nach dem glücklichen Last-Minute-Einzug in die Halbfinals würdigte U-21-Captain Dočkal die souveränen Leistungen der Schweizer, schätzte die Aufgabe aber als «machbar» ein. Dass seine Mannschaft gegen Spanien chancenlos war, will er nicht überbewerten. Respekt hat man – wen wundert’s? – vor allem vor Xherdan Shaqiri. Der «Sport» vergleicht den FCB-Spieler bereits mit der rumänischen Legende Gheorghe Hagi, ihm wird am Mittwoch gewiss eine besondere Behandlung zuteil. Sollte es den Tschechen gelingen, den überragenden Spieler der Schweizer abzumelden, der an 4 der 6 Tore direkt beteiligt war, sind seine Kollegen gefordert. Der andere Ideengeber im Mittelfeld, Granit Xhaka, ist gesperrt, man darf gespannt sein, wer diesen so wichtigen Part gegen die äusserst kompakt stehenden Osteuropäer ausfüllen wird. Mit Mut zur Offensive wäre Coach Tami gut beraten, und mit Moreno Costanzo steht ein technisch versierter Ersatz mit ähnlicher Spielintelligenz bereit. Er dürfte den etwas behäbigen Tschechen mehr Probleme bereiten als seine Konkurrenten Abrashi und Hochstrasser, die aber bessere Karten zu haben scheinen.