Die Ernüchterung war gross nach dem Spiel des FCZ in München. Die Leistung der Zürcher wurde kritisiert, vielerorts wurde gesagt und geschrieben, es wäre gegen «bescheidene» und «nicht zwingende» Bayern mehr drin gelegen. Der Mut habe im Team vom Urs Fischer gefehlt, man habe sich nichts zugetraut und sei nicht als Kollektiv aufgetreten.
Einer, der sich besonders kritisch zur Darbietung der Mannschaft geäussert hat, war FCZ-Präsident Ancillo Canepa, der laut eigenen Aussagen ob der Leistung «erschrocken» ist. Lieber Herr Canepa, am Mittwoch spielte der FCZ gegen den deutsche Rekordmeister und Ligakrösus, der mit einem Jahresbudget von 100 Millionen Euro operiert und bei dem 11 der 12 eingesetzten Profis aktuelle Nationalspieler sind. Es ist immer erlaubt zu träumen, aber gerade ein Canepa, der 1984 Kandidat im «Tell-Star» war mit Spezialgebiet Bundesliga, sollte die Stärkeverhältnisse eigentlich besser einzuschätzen vermögen.
Zwei Vereine miteinander zu vergleichen, die nicht in der gleichen Liga spielen, ist stets ein sehr schwieriges Unterfangen. Es gibt sehr viele Spieler, die bis zu einem gewissen Niveau einen brillanten Eindruck hinterlassen, dann aber hoffnungslos überfordert sind, wenn der Gegner wirklich Klasse besitzt. Der FCZ war und ist ein Sammelbecken für solche Spieler. Vonlanthen, Margairaz, Djuric und (noch) Mehmedi sind oder waren in Spielen gegen Ligakonkurrenten nicht selten matchentscheidend, auf internationalem Parkett wird ihre Stärke jedoch stark relativiert und sie verkommen zu Statisten.
Fussballerisch sind die Zürcher ihren Kollegen aus der Bundesliga gar nicht einmal sonderlich unterlegen. Alle, die am Mittwoch auf dem Rasen standen, können mit dem Ball umgehen und haben zweifellos ihr Qualitäten. Der Grund, weshalb sie noch in der Schweiz spielen, während keineswegs «bessere» Kicker wie Marx (Gladbach), Franz (Hertha) oder Lanig (Köln) zum Stamm in der Bundesliga gehören, wurde jedoch einmal mehr offensichtlich: Bundesliga-Profis sind ganz einfach «parater», wie man so unschön sagt. Sprich: Sie sind reaktionsschneller, deutlich zweikampfstärker, physisch präsenter, stets auf das Spiel fokussiert und haben keinerlei mentale Probleme. Sie gehen auf den Platz im Wissen, die Partie gewinnen zu können, selbst wenn sie mit einem Abstiegskandidaten beim souveränen Tabellenführer antreten.
Die Scouts sehen sehr wohl das fussballerische Niveau einiger Super-League-Stars, doch nach Spielen wie jenem vom Mittwoch fragen sie sich zu Recht, ob sie auch in einer härteren, ausgeglicheneren Liga wie der deutschen bestehen könnten. Der Sprung ist – auch das hat diese Partie gezeigt – ein riesiger, gerade wenn man die letzten FCZ-Heimpartien gegen Bundesligisten einbezieht (2007: 0:5 gegen Leverkusen, 2008: 1:3 gegen den HSV), in denen die Limmatstädter ebenfalls ohne den Hauch einer Chance waren.
Die Bundesliga ist wohl die attraktivste und ausgeglichenste Liga Europas. Dort werden Auftsteiger Meister, und Titelverteidiger kämpfen wenige Monate später gegen den Abstieg. Jeder kann jeden schlagen, leichte Spiele gibt es nicht. Das muss jeder, der dort aktiv spielt, verinnerlicht haben. Während die besten Super-League-Vereine viele ihrer Spiele auch mit angezogener Handbremse souverän gewinnen können, verlangt die Bundesliga von ihren Akteuren stets alles ab. Durchschnittliche Profis wie die oben genannten profitieren dabei davon, Woche für Woche gegen Ausnahmekönner antreten zu dürfen und dabei ihr Spiel stets zu optimieren, bis sie das Maximum aus ihren Qualitäten herausholen können. Genau wie ein Hobby-Tennisspieler seine Fähigkeiten rapide verbessert, wenn er regelmässig gegen Roger Federer spielen darf. Ein so geschulter Spieler ist für einen Verein viel mehr wert als ein Klassefussballer, der nur dann lichte Momente hat, wenn es der Gegner zulässt.
Eine beliebte Diskussion unter Fussballfans ist die hypothetische Frage, wie sich Schweizer Spitzenvereine wohl in der Bundesliga schlagen würden. Die Meinungen gehen hierbei weit auseinander. Während Ancillo Canepa und bestimmt auch ein Grossteil der Fans der Ansicht ist, der FCZ (oder eben der FCB) würde um die Europacup-Plätze mitspielen oder zumindest im gesicherten Mittelfeld abschliessen, würde ich – nicht nur wegen dem Spiel am Mittwoch – behaupten: Jeder Super-League-Spitzenklub würde in der Bundesliga gegen den Abstieg kämpfen.
Was denken Sie? Hat Canepa seine Spieler zu Recht kritisiert? Oder sind auch sie der Ansicht, dass es für Schweizer Vereine gegen Bundesligisten ganz einfach nichts zu bestellen gibt?