
Setzt auf die jungen Spieler – weil er nicht anders kann: Der Schweizer Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld beim Training in Rapperswil-Jona SG, 9. Oktober 2011. (Bilder: Keystone)
Nach acht äusserst erfolgreichen Jahren hat Ottmar Hitzfeld die Schweizer Nationalmannschaft wieder dahin geführt, wo sie vor dem Amtsantritt von Köbi Kuhn – mit Ausnahme von kurzen Hochs – immer gestanden ist: im Mittelmass. Es ist nicht einmal die Enttäuschung über das frühzeitige Aus in der EM-Qualifikation, das so schwer wiegt, sondern mehr die Art und Weise, wie es zustande kam.
Ganz ehrlich: In der aktuellen Verfassung hat die Schweiz nichts an einer Endrunde verloren. Schon in der Qualifikation für die WM in Südafrika vermochte die Nati in keinem Spiel zu überzeugen, liess in einer sehr leichten Gruppe gar Punkte gegen Luxemburg und Lettland liegen und enttäuschte danach namentlich gegen Honduras auf der ganzen Linie. Auch dieses Mal war die Gruppe eine einfache, doch wer als Team aus dem Topf 2 nur eine einzige gute Partie liefert und schon vor der letzten Runde ohne Chancen ist, bei dem läuft etwas falsch. Niederlagen gegen Wales und Montenegro – zu Beginn der Qualifikation auf Platz 51 bzw. 143 der Weltrangliste und zusammen nicht mal die Hälfte der Einwohner unseres Landes zählend – besiegelten das Ausscheiden, das hochgradig verdient war.
Die schwachen Leistungen begründet Ottmar Hitzfeld gerne mit der Jugendlichkeit und der Unerfahrenheit des Teams. Selbst nach dem Spiel gegen Wales sprach er positiv über den vollzogenen Umbruch und den Einbau von jungen Spielern, als hätte das zu seinem Konzept gehört. Seit seinem Amtsantritt trat eine ganze Reihe von Routiniers wie Frei, Streller, Grichting, Huggel oder Magnin aus der Nati zurück, dem Lörracher blieb überhaupt nichts anderes übrig, als neue Spieler einzubauen. Das Kader besteht nicht deswegen aus diesen Spielern, weil Hitzfeld ein grosser Förderer der Jugend ist, sondern schlicht weil sie das Beste sind, was unser Land derzeit zu bieten hat.
Und das ist momentan schlicht nicht gut genug, um eine Qualifikation zu überstehen. Schaut man sich ein Nati-Spiel an, wundert man sich doch, warum einige ausländische Vereine so tief in die Tasche greifen, um sich die Dienste dieser Profis zu sichern. Verständlicher wird es, wenn man sich die Rolle dieser Kicker genauer anschaut. Solide, zuverlässige Arbeiter werden in jeder Mannschaft hoch geschätzt, und genau von dieser Sorte Spieler produziert die Schweiz sehr viele. Ein Inler etwa ist für Napoli als Balleroberer Gold wert, für die überraschenden Aktionen sorgen hingegen seine Kollegen Hamšík, Cavani, Lavezzi oder Pandev. Lichtsteiner wird auch bei Juve hoch geschätzt, die Ideen kommen aber eher von Leuten wie Vidal, Pepe, Krasić oder Pirlo.
Die Ideenlosigkeit der Schweizer liess sich in der Ära Hitzfeld zu keiner Zeit kaschieren, sie wurde durch die vorsichtige, gar ängstliche Taktik sogar noch akzentuiert. Auch unter Köbi Kuhn bestand die Mannschaft mehrheitlich aus Spielern, die in ihren Vereinen eher die Rolle des stillen Arbeiters ausfüllten, doch der wenig wortgewandte Zürcher verstand es, daraus eine Truppe zu formen, die beherzt auftrat und ebenso mutig wie attraktiv nach vorne spielte. Diese Spielfreude und der Glauben an die eigene Stärke waren mit dem Tag wie weggeblasen, an dem Hitzfeld das Zepter übernahm.
Die Auslosung zur WM-Qualifikation 2014 bescherte den Eidgenossen einmal mehr eine sehr bescheidene Gruppe. Norwegen, Slowenien, Albanien, Zypern und Island sind allerhöchstens dem europäischen Mittelmass zuzurechnen. Genau so wie Wales und Montenegro eben. Weil sich der Fussballverband unsinnigerweise genötigt sah, den Vertrag mit Hitzfeld trotz teils unterirdischen Leistungen vor (!) einem wegweisenden Qualispiel frühzeitig zu verlängern, erwarten uns nach einem ganzen Jahr ohne Pflichtspiel erneut furchtbar anzuschauende Partien.
Das Spielermaterial wird sich bis dahin ebenso wenig verändern wie die Rolle der Auslandprofis in ihren Vereinen. Doch auch mit diesen Voraussetzungen müssen attraktivere und erfolgreichere Auftritte möglich sein. Köbi Kuhn hat es bewiesen, unter Ottmar Hitzeld wird dies nicht möglich sein. Ein Auswärtssieg in Griechenland nach einem Yakin-Geniestreich, ein glückllicher WM-Sieg gegen Spanien sowie das Remis im Wembley als einziger wirklich guter Auftritt ist eine sehr dürftige Ausbeute. Eine viel zu dürftige. Es ist höchste Zeit, die Reissleine zu ziehen.