Nachdem diese Woche an dieser Stelle schon über Fussball und Kultur und gewisse Spannungsfelder diskutiert worden ist, wollen wir uns heute auch den Kontaktpunkten widmen. Nicht selten wurde der Fussball in der Kunst thematisiert, in Filmen, Bildern, Liedern und Theaterstücken, und darunter war auch viel sehens- oder hörenswertes. Nur selten hingegen wechseln Fussballer ins Kulturmetier.
Vielleicht ist das auch besser so. Einer der ersten, die in beiden Welten verankert waren, war Giovanni (oder Hannes) Schmidhauser. Der «Bund» rühmte dessen «sorgfältig gegliedertes Spiel», die «NZZ» schwärmte, er sei nicht nur charmant und sehe gut aus, sondern auch dass «sein Körper Gesundheit ausstrahle, Kraft und Erdnähe, aber sein seelisch differenziertes Bild lichtet diesen währschaften Körper mit geistiger Lebendigkeit und Behendigkeit auf.» Diese Zeilen waren indes nicht dem Fussballer, sondern dem Schauspieler Schmidhauser gewidmet, den in der Gotthelf-Verfilmung «Uli der Knecht» 1,6 Millionen Leute im Kino sehen wollten.
Zur gleichen Zeit war Schmidhauser als Giovanni bei den Grasshoppers unter Vertrag und musste oft gleich nach dem Schlusspfiff auf die Bühne. 13 Länderspiele absolvierte der im Jahre 2000 verstorbene Lockenkopf zwischen 1952 und 1959. Sein Doppelleben brachte ihm auch nicht selten hämische Kommentare der Zuschauer ein. Verstolperte Bälle hatten oft ein «Ueli, bisch wieder bim Vreneli gsi?» zur Folge, eine Anspielung auf seine Filmpartnerin Lilo Pulver.
Auch andere Schweizer Fussballer waren als Schauspieler erfolgreich. Etwa der ehemalige FC-Aarau-Profi Joris Gratwohl, der am Theater anfing und seit 2001 in der «Lindenstrasse» den Alex Behrend verkörpert. Daneben spielte er auch schon in diversen Spielfilmen mit, u.a. «Grounding» und «Das Wunder von Bern».
Damit hielt er sich deutlich länger als Berti Vogts, der vor der Kamera ähnlich hölzern wirkte wie auf dem Rasen und deshalb bei seinem Auftritt kaum mehr als den bekannten Satz «Gib dem Kaninchen eine Möhre extra» sagen durfte. Auch die Schauspielkarriere seines Teamkollegen Paul Breitner war nur von kurzer Dauer. Er durfte immerhin an der Seite von Hardy Krüger den Sergeant Stark im Western «Potato Fritz» geben.
Zum Glück schon längst vorbei ist jene Zeit, in der jeder Fussballer mit Weltstar-Ambitionen früher oder später zum Mikrofon greifen musste. Der Kaiser höchstpersönlich säuselte 1966 den Schrumm-Schrumm-Klassiker «Gute Freunde kann niemand trennen» und schaffte es auf Platz 31 der deutschen Charts, sein Rivale Johan Cruyff liess den Festzelt-Schunkler «Oei oei oei» folgen und auch Pelé war sich nicht zu schade, «Meu mondo é uma bola» zu Sergio Mendes’ Klängen zu nuscheln. Später sangen sich auch noch diverse Nationalmannschaften in WM-Form, heute versucht sich glücklicherweise kaum mehr ein Fussballer als Sänger.
Eine Ausnahme bildet Hannovers ebenso schussgewaltiger wie verletzungsanfälliger Verteidiger Christian Pander, dessen unglücklich gewählter Künstlername «Funky Pee» ebenso für Heiterkeit sorgt wie seine Rapkünste. Alex Frei liess sich davon nicht abschrecken und rappte für BANDIT die Nationalhymne weitgehend talentfrei. Wohl deshalb beschränkt sich Luzerns Daniel Gygax ganz auf das DJing. 2008 mixte er für die offizielle Streetparade-Compilation elektronischen Einheitsbrei und nannte die CD unpassend «Underground». Der «Tages-Anzeiger» urteilte damals: «Die Track-Auswahl ist so überraschend wie ‹We Are The Champions› nach einem WM-Final.»
Fussballer, die die Grenze zur Kultur überschreiten, gibt es immer weniger. Das ist einerseits schade, weil die Vorstellung durchaus amüsant ist, Hakan Yakin dereinst in der Nachfolgeserie von «Lüthi und Blanc» zu sehen, Beni Huggel auf einer Theaterbühne oder Ludovic Magnin als neue Mireille Mathieu. Doch der Spruch «Schuster, bleib bei deinen Leisten» passt selten besser als zu Fussballern, die sich ein neues Betätigungsfeld suchen. Zumindest die Kultur – ob Hoch- oder Pop- sollten sie auf jeden Fall jenen überlassen, die dafür wirklich talentiert sind.