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Der neue Streller

Mämä Sykora am Mittwoch den 30. November 2011


Dass der FC Basel an der Spitze der Tabelle liegt, überrascht niemanden. Ebenso wenig erstaunt es, dass Alex Frei die Torschützenliste überlegen anführt. Doch die meisten Assists hat nach 16 Runden nicht etwa einer der üblichen Verdächtigen wie Hakan Yakin oder Goran Obradovic auf dem Konto, sondern Marco Streller, 30 Jahre alt – und so gut wie noch nie.

Über Strellers Qualitäten wurde über all die Jahre viel gesagt, geschrieben und gestritten. Der schlaksige Hüne, kein sehr eleganter Spieler, hatte lange Zeit Mühe, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Ihm wurden sein trotz seiner Grösse mangelhaftes Kopfballspiel und seine ungenügende Chancenauswertung vorgeworfen. So war er in seiner Bundesligazeit, auch wegen schweren Verletzungen, die meiste Zeit nur Ergänzungsspieler, das gleiche galt in der Schweizer Nati.

An seine Nati-Zeit hat er freilich nicht nur gute Erinnerungen. Noch heute kommt den meisten Leuten beim Namen Streller als erstes jener verschossene Elfmeter gegen die Ukraine im WM-Achtelfinale 2006 in den Sinn. Für einige scheint dies bereits zu genügen, um ihn als Versager zu klassieren, ungeachtet der Tatsache, dass in jenem Spiel Cabanas und der viel gelobte Barnetta ebenfalls vom Punkt scheiterten. Dass aber Streller, wie oft von seinen Anhänger behauptet wird, nur wegen dieser Aktion von den Nati-Fans ausgepfiffen wurde, ist auch nicht ganz korrekt. Denn in der Folge glänzte er im roten Dress nur selten mit totaler Einsatzbereitschaft und die Kaltblütigkeit vor dem Tor blieb bescheiden.

Ein Übriges taten dann einige unbedachte Äusserungen über die Medien. Wenige Tage vor der EM 2008 verkündete Streller, nach der Endrunde nie mehr für die Nati auflaufen zu wollen, nur um zwei Wochen später wieder vom Rücktritt zurückzutreten. Zur gleichen Zeit gab er das Bild eines schlechten Verlierers ab, als er nach einem Spiel bei Xamax (2:2) mitten im packenden Saisonfinale die Schuld für den ungenügenden Auftritt lediglich beim Kunstrasen suchte. Die Pfiffe, so unnötig sie waren, warum zumindest teilweise nachzuvollziehen, und damit sollte ein hochbezahlter Profi auch umgehen können, ist es doch die einzige Möglichkeit der Zuschauer, ihren Unmut zu bekunden.

Heute, so scheint es, ist «Pipi» Streller ein anderer Mensch. Er wirkt gelassener, ruhiger. Er hat vieles erreicht, braucht niemandem mehr etwas zu beweisen, und er hat auch auf dem Feld eine neue Position gefunden, die seiner Spielweise besser entgegen kommt. Er ist kein Dribbler und auch kein Sprinter, deshalb kommt er als Vorbereiter viel besser zur Geltung denn als Strafraumstürmer. Wer Streller in der diesjährigen Champions League gesehen hat (etwa in Bukarest, siehe Bildstrecke), der rieb sich mehr als einmal verdutzt die Augen nach dessen wunderbaren Zuspielen.

Zusammen mit Alex Frei bildet er wohl eines der gefährlichsten Sturm-Duos, die je in unserer Liga aktiv waren. Man merkt es Streller an, wie wohl er sich am Rheinknie fühlt. So richtig aufgeblüht ist er erst, als die Last, der ganzen Schweiz gefallen zu müssen, von ihm abgefallen ist. Er weiss, was er kann, und es ist ihm nun endlich gelungen, das Image des «Jammeris» abzulegen und als das rüberzukommen, was er ist: ein ebenso sympathischer wie fröhlicher Fussballer mit Bodenhaftung. Es ist höchste Zeit, dass die Fussballschweiz den Ukraine-Penalty aus dem Gedächtnis streicht. Der «neue» Marco Streller hätte ihn sowieso locker reingemacht.

FCZ: Wie eine Mannschaft zerfällt

Mämä Sykora am Montag den 28. November 2011
Die FCZ-Spieler verlassen nach der Niederlage gegen St. Gallen frustriert das Feld.

Zurzeit läuft bei den Zürchern vieles schief: Die FCZ-Spieler verlassen nach der Niederlage gegen St. Gallen frustriert das Feld, vorne im Bild Mehmedi.

Nun also auch noch das Aus im Cup gegen das unterklassige St. Gallen. Etwas anderes hätte auch gar nicht zur momentanen Situation des FC Zürich gepasst. Als selbsternannter Meisterschaftsanwärter und erster Herausforderer des FC Basel angetreten, liegt der FCZ derzeit auf Platz 8, mit gerade mal der Hälfte der Punkte der Basler. Und nach dem gestrigen 2:4 in St. Gallen ist auch die letzte Möglichkeit weg, eine verkorkste Saison noch zu retten.

Es ist offensichtlich, dass einiges nicht stimmt innerhalb der Mannschaft. Unter Fischer schöpft kaum ein Spieler sein Potenzial aus, einige befinden sich seit Monaten in einem Formtief. Djuric etwa, vor einiger Zeit noch gefeiert und umworben, fällt kaum mehr auf. Margairaz sucht seit geraumer Zeit seine Form von 2006 und leistet sich unzählige Fehlpässe und Undiszipliniertheiten. Mehmedi wirkt seit der U-21-EM wohl auch wegen der verlorenen Pause ausgebrannt. Auch andere Junge stagnieren: Nikci fehlt nach wie vor die Konstanz, wobei momentan mehr Schatten als Licht zu sehen ist, und auch beim einst so hoch gelobten Schönbächler wartet man bislang vergeblich auf den Schritt nach vorne.

FCZ-Saisonkarte mit zerkratztem Fischer-Konterfei.

Trainer Fischer sorgt in der Mannschaft nicht für die nötige Ruhe: FCZ-Saisonkarte mit weggekratztem Fischer-Konterfei.

Die Vereinsführung hat deutlich zu erkennen gegeben, dass Trainer Fischer nicht zur Diskussion stehe. Als Zeichen des Vertrauens hat man dessen Portrait sogar auf die Saisonkarte gedruckt. Einige unzufriedene Fans haben sich nun selber geholfen und das Foto weggekratzt. Der Unmut steigt, und das sogar innerhalb der ersten Mannschaft. Letzthin kam es im Training zu einem Rencontre zwischen Chikhaoui und Magnin. Nachdem letzterer die Einsatzbereitschaft des Tunesiers bemängelt hatte, ging ihm dieser an die Gurgel. Und wenn es darum geht, Trainingsmaterial zu schleppen, steht ausser Magnin und Aegerter niemand bereit. Harmonie sieht anders aus.

Die Führung des FCZ pflegt einen unkonventionellen Weg, mit ungenügenden Leistungen umzugehen. Während sich bei anderen Vereinen fast ausschliesslich die Trainer äussern, gibt es beim FCZ keine Niederlage, ohne dass danach auch noch Präsident Canepa und Sportchef Bickel das Wort ergreifen. Über die Medien greifen sie das Team regelmässig mit negativen Superlativen an. Gleichzeitig schwächen sie mit ihrer Anwesenheit auf der Trainerbank die ohnehin schon alles andere als starke Position des Trainerneulings Fischer ungemein. Mit so einem Verhalten ist es wenig erstaunlich, dass bald Unruhe einkehrt, wenn es mal nicht so läuft.

Es ist von aussen immer schwierig zu beurteilen, wie es innerhalb einer Mannschaft aussieht. Doch es ist wohl nicht vermessen zu behaupten, dass der FCZ Ausgabe 2011/12 meilenweit davon entfernt ist, eine eingeschworene Truppe zu sein, die alles daran setzen wird, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Wahrscheinlicher scheint es, dass viele Spieler nach der andauernden harschen Kritik von allen Seiten – und ohne einen Trainer, der stark genug ist, um für Ruhe zu sorgen, indem er sich vor die Mannschaft stellt – noch irgendwie diese Saison zu Ende spielen und sich in der Zwischenzeit nach einem neuen Verein umschauen.

Bei einigen Leistungsträgern läuft der Vertrag Ende Saison aus, auch bei Fredy Bickel. Er hat als Sportchef einige hervorragende Transfers realisiert, ist nun aber auch mitverantwortlich dafür, dass die Mannschaft mit dem von ihm eingesetzten Trainer Fischer derart unter ihrem Wert spielt. Korrekturen nützen in der derzeitigen Situation nur wenig, dafür ist schon zu viel Glas zerschlagen worden. Hier hilft nur noch ein sauberer Schnitt: auslaufende Verträge mit verdienten, aber ungenügenden Spielern nicht verlängern, zudem muss endlich eine klare Aufgabenverteilung her. Ein Sportchef und ein Präsident, die sich um ihre Aufgaben kümmern, und ein Trainer, der stark genug ist, seine Kompetenzen auch zu verteidigen. Sonst droht der FCZ wieder zu dem zu werden, was er jahrelang war: ein Verein mit grossem Potenzial und ebenso grosser Unruhe, die sich direkt auf die sportlichen Leistungen niederschlägt.

Der Schweizer Cup braucht eine Reform

Mämä Sykora am Samstag den 26. November 2011

Für einmal auf Augenhöhe: Der FC Schötz in Orange empfängt den FC Basel. (Bilder: Keystone)

Dieses Wochenende wird wieder mal eine Runde im Schweizer Cup gespielt. Die Meisterschaft ist noch nicht einmal in der Halbzeit angekommen, am Sonntagabend wird sich die Anzahl verbleibender Teams im Cup dennoch bereits auf acht reduziert haben. Danach ruht der Wettbewerb für hganze vier Monate. Schlechte Voraussetzungen, um ein Thema zu bleiben.

Der Schweizer Cup schrieb einige schöne Geschichten, viele davon mit dem FC Sion als Hauptdarsteller. Zudem ist für viele Dorfvereine nach wie vor ein Aufeinandertreffen mit einem der ganz Grossen des Landes das einsame Highlight in der Vereinsgeschichte. Doch in den letzten Jahren hat der Pokalwettbewerb schleichend an Bedeutung verloren. Dies hat auch die Wirtschaft erkannt, seit drei Jahren gibt es nicht einmal mehr einen Titelsponsor.

Die Gründe dafür sind zahlreich. Einerseits ist der Niveauunterschied zwischen den Ligen beträchtlich, und die Schere geht noch immer weiter auf. Überraschungen werden immer seltener, und wenn, dann ist es höchstens ein Challenge-League-Verein, der einen Favoriten stürzen kann.

Vor imposanter Berg-Kulisse: Schattdorf gegen Lausanne.

Vor imposanter Berg-Kulisse: Schattdorf gegen Lausanne.

Der zweite Grund ist die in meinen Augen höchst fragwürdige Terminplanung. Bereits im September wird jeweils die erste Hauptrunde gespielt und in lediglich drei Monaten folgt darauf die Reduktion auf acht Mannschaften. Damit fallen diese Spiele just in jene Zeit, in der es Fussball auf allen Kanälen gibt. Neben der Meisterschaft laufen die europäischen Vereinswettbewerbe, in denen auch Schweizer Teams engagiert sind, auf vollen Touren und noch in Vollbesetzung, darüber hinaus stehen für die Nationalmannschaft in dieser Zeit wichtige Pflichtspiele an. Kein Wunder, sind die ohnehin wenig aufregenden Affichen des Schweizer Cups lediglich eine Randnotiz wert.

Am tragischsten ist es jedoch, dass mittlerweile die kleinen Dorfvereine, für die der Cup ein Freudenfest und eine Einnahmequelle sein sollte, Begegnungen mit Schwergewichten des Landes eher zu vermeiden wünschen. Als Beispiel soll hier die Erstrundenpartie zwischen dem FC Naters und dem FC St. Gallen angeführt werden. Der gestiegenen Auflagen des Verbandes betreffend Sicherheit und Zuschauersektoren wegen wurde für die Walliser nichts aus dem angekündigten «grossen Spiel». 2000 Zuschauer hätte der Erstligist nur schon gebraucht, um die hohen Kosten zu decken, auch wegen dem Wetter blieb der erhoffte Aufmarsch aus. Lediglich die Hälfte der benötigten Leute wollte die 1:5-Niederlage sehen. Einem kleinen Verein wie Naters reisst so eine Partie ein gefährliches Loch in die Kasse. Beispiele wie dieses gibt es gerade in der ersten Hauptrunde viele.

Der Schweizer Cup braucht dringend eine Reform. In der jetzigen Form ist er ein Auslaufmodell. Gegen die bestehenden Klassenunterschiede kann der Verband freilich nichts unternehmen. Doch nur schon eine Verlegung der wenigen Hauptrunden vom fussballüberladenen und wetterunsicheren Herbst in den Frühling würde einer Aufwertung gleichkommen. Gleichzeitig darf es nicht sein, dass für die mit einem Mini-Budget operierenden unterklassigen Vereine das erhoffte Cup-Fest zu einem gefährlichen Verlustgeschäft wird, nur weil die Auflagen so strikt sind. Hier gilt es zu prüfen, ob diese Anforderungen wirklich Sinn machen, und wenn die Ausgaben dafür nicht zu stemmen sind, allenfalls eine Defizitgarantie bereitzustellen.

Auch vonseiten des Verbandes wird der Cup stiefmütterlich behandelt. Auf der Website des Verbandes muss man Informationen zu den anstehenden Spielen suchen, und vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die Austragung von 2009: Damals wurde der Cupfinal kurzerhand auf den Mittwochabend verlegt, gleichzeitig mit dem UEFA-Cup-Finale, weil die FIFA die Verbandsspitze um Ralph Zloczower am Pfingstmontag, dem eigentlichen Austragungstermin, an einen Kongress auf die Bahamas eingeladen hatte.

Der doppelte Inler

Mämä Sykora am Montag den 21. November 2011
In der Nati kommt Inler nicht zur Entfaltung. Bei Napoli ist er perfekt besetzt.

Mal top, mal Flop: In der Nati ist Inler etwas unbeholfen. Bei Napoli kann er seine Stärken voll entfalten.

Gökhan Inlers Karriere ist wahrlich beeindruckend. Von der Ersatzbank des FC Aarau zum besten ausländischen Neuzugang der italienischen Serie A in zwei Jahren, das schaffen nur die wenigsten. Nun, weitere vier Jahre später, ist Inler nach seinem Transfer zu Napoli für über 20 Millionen Franken der teuerste Schweizer Spieler aller Zeiten und Captain der Nationalmannschaft.

Nach den enttäuschenden Auftritten der Schweizer Nati rückte auch Inler ins Kreuzfeuer der Kritik. In vielen Kommentaren zeigte man sich erstaunt darüber, wie es diese Nummer 8 in Italien so weit hatte bringen können, wenn sie doch im Natidress kaum mehr zeige als Querpässe und Ideenlosigkeit.

In der Tat ist Inler auch bei Napoli bereits zu einem der wichtigsten Spieler geworden. Kein Feldspieler hat in dieser Saison mehr Einsatzminuten bekommen, die «Gazzetta dello Sport» belohnt ihn regelmässig mit guten Noten und kürte ihn gar zum besten Neuzugang auf seiner Position. Wie kann es sein, dass ein anscheinend so toller Spieler unserer Nati – zumindest für die Offensive – so wenig bringt?

Hier lohnt sich ein Blick zurück in die Prä-Inler-Ära. Nach der Ausmusterung von Johann Vogel hatte es in der Mannschaft keine dominante Figur mehr. Gefahr entstand beispielsweise durch ebenso schnelle wie unkontrollierte Flügelläufe von Magnin oder Philipp Degen, durch einen Geniestreich von Hakan Yakin, einen Antritt von Barnetta oder einen überraschenden Abschluss von Knipser Frei. Gefordert waren alle elf Akteure, mit dem Auftauchen von Gökhan Inler hat sich dies drastisch geändert, die Verantwortung wurde ihm übergeben.

Denn nicht nur die Zuschauer erwarten vom Mittelfeldspieler brillante Aktionen, sondern auch seine Mitspieler. Nach jedem Ballgewinn wird ihm der Ball zugetragen und man erwartet gebannt, was er denn nun damit anstellen werde. Dies verhindert schnelle Tempowechsel, variable Angriffe und macht das Spiel der Schweizer behäbig und leicht zu durchschauen. Selbst kleine Nationen haben wenig Probleme, gegen die Schweiz zu verteidigen, weil alles so langsam geht.

Denn Gökhan Inler ist zwar ein defensiver Mittelfeldspieler der Extraklasse, ein hervorragender Zweikämpfer und brillanter Ballhalter, aber ein Ballverteiler und Offensivleader ist er wahrlich nicht. Bei Napoli steht ihm u. a. der Slowake Marek Hamšík zur Seite, dessen Stärken genau in dem liegen, was Inler fehlt. Erst in Kombination mit so einem Spieler wird offensichtlich, weshalb der Verein sich die Dienste des Schweizers so viele Millionen kosten liess.

Mit den Aufgaben, die Inler unter Hitzfeld übernehmen soll, ist er trotz seinen Qualitäten eine Fehlbesetzung. Er ist kein Spielmacher und wird nie einer werden. Er braucht Unterstützung, denn wenn niemand auf dem Platz steht, der ihn ergänzen kann, ist er eher eine Bürde denn eine Waffe. Er ist einer der Gründe, weshalb das Spiel der Schweizer so oft statisch und hilflos ist.

Wer schon ein Spiel seiner italienischen Vereine gesehen hat, der weiss, wie eminent wichtig ein Inler sein kann, wenn er denn richtig eingesetzt wird. In einem ohnehin schon defensiven System kann er als Balleroberer und gleichzeitiger Ballverteiler hingegen nicht genügen. Auch wenn es hierzulande momentan weit und breit keinen Hamšík gibt, sollte sich Hitzfeld trauen, ihm im Mittelfeld einen Partner mit offensiven Qualitäten zur Seite zu stellen. Auch wenn diese Spielertypen – wie etwa YBs Costanzo – derzeit allesamt nicht sehr überzeugend sind: An Inlers Seite könnten sie viel bewirken und auf den Captain so befreiend wirken, dass dieser endlich jene dominante Rolle übernehmen kann, die er aufgrund seiner Qualitäten inne haben sollte, ohne dass er hemmend auf die Nati wirkt.

Der einzig richtige Entscheid

Mämä Sykora am Samstag den 19. November 2011
Schiedsrichter Sascha Kever beendet das Super League Fussballspiel zwischen den Grasshoppers und dem FC Zuerich, am Sonntag, 2. Oktober 2011 im Stadion Letzigrund in Zuerich. Das Spiel wurde nach der 77. Minute wegen heftiger Krawalle im Stadion abgebrochen.

Die Vereine tragen die Verantwortung für ihre Fans: Schiedsrichter Sascha Kever beendet das Derby zwischen GC und dem FCZ, 2. Oktober 2011. (Bild: Keystone)

Während man sich in Deutschland auf das Spitzenspiel zwischen den Bayern und Dortmund freut, bietet unsere Liga derzeit lediglich Schlagzeilen ausserhalb des sportlichen Bereichs. Sion drohen nach dem gestrigen Urteil des Walliser Kantonsgerichts unzählige Forfait-Niederlagen, Xamax’ Tschagajew hat kein gültiges Visum mehr und legte offenbar erneut ein dilettantisch gefälschtes Dokument vor, das seinen Reichtum beweisen soll, der FC Luzern massregelt in aller Härte den SK Root, weil sich einer der Junioren des Dorfvereins auf Facebook abschätzig über FCL-Präsident Stierli geäussert hat, und gestern folgte nun auch endlich der lang ersehnte Entschluss über die Wertung des abgebrochenen Zürcher Derbys.

Dass die Grasshoppers ihre beim Abbruch bereit liegenden drei Punkte behalten dürfen, ist der einzig richtige Entscheid. Selbst die FCZ-Verantwortlichen äusserten sich nach dem verhängnisvollen 2. Oktober in die Richtung, dass sie mit den verlorenen Punkten leben könnten. Dennoch gab sich Präsident Canepa zu Beginn der Anhörungen wieder kämpferischer und spekulierte auf ein Wiederholungsspiel.

Ein Urteil wie jenes von gestern soll auch immer eine Signalwirkung haben. Hätte man dem FCZ die Punkte zugesprochen, weil die Grasshoppers als Veranstalter die Sicherheit nicht hatten gewährleisten können, wäre das einem Freipass für Gästefans gleichgekommen, bei aussichtslosem Spielstand durch Randale den Abbruch herbeizuführen. Mit dem Entscheid der Disziplinarkommission werden nun aber die Vereine in die Pflicht genommen, wenn sich ihre Fans ungebührlich verhalten. Damit sollte für alle klar sein: Wer randaliert, schadet dem eigenen Klub. So urteilt jeder mit gesundem Menschenverstand.

Ohne die Provokationen der GC-Fans (Fahnenklau) gutzuheissen, unterstreicht dieses Urteil auch, dass zwischen dieser und physischer Gewalt unterschieden wird. Ganz gleich in welcher Form sind solche Provokationen nie, gar nie, eine Erklärung oder eine Rechtfertigung für Angriffe auf Leib und Leben. Dass aber auch die Heimmannschaft zu Bussen verdonnert wird, heisst aber auch, dass solche offensichtlichen Mängel im Sicherheitskonzept, die es erlauben, dass eine Dutzendschaft gewaltbereiter Fans zum Gegnerblock gelangen können, nicht mehr toleriert werden. Im Falle des Letzigrunds, wo die Stadt für die Sicherheit zuständig ist, bedeutet dies, dass hier nun schnell nach Lösungen gesucht werden muss, die auch wirksam umgesetzt werden können.

Mit diesem Urteil hat die Disziplinarkommission einen Präzedenzfall geschaffen. Der Verein, dessen Fans einen Spielabbruch herbeiführen, verliert forfait. Wie wird das Urteil bei den Steilpass-Lesern aufgenommen? Ist dies der richtige Entschluss? Oder müsste der Heimklub die alleinige Verantwortung für die Sicherheit tragen? Sollen die Klubs nicht für Ausschreitungen ihrer Anhängerschaft haftbar gemacht werden?

Abschied von der Schweizer Nati

Mämä Sykora am Mittwoch den 16. November 2011

Jahrelang habe ich kein Spiel der Schweizer Nati im eigenen Land verpasst. Egal ob Qualispiel gegen Albanien in Genf oder Freundschaftsspiel gegen die USA in Basel. Es waren längst nicht nur gute Auftritte dabei, besonders die Testspiele waren selten ansehnlich. Dennoch habe ich mich nur selten gefragt, warum ich mir das antue. Das Team machte Freude und hatte offensichtlich selber auch welche. Mehr wünsche ich mir gar nicht.

Ich gebe zu: Das Spiel gestern gegen Luxemburg habe ich mir nicht mal mehr im TV angeschaut. Seit Hitzfelds Amtsantritt fiebere ich kaum mehr mit, beim Zuschauen empfinde ich lediglich noch Langweile oder grossen Ärger. Das Feuer ist erloschen. Und dies hat nicht einmal mit den fehlenden Resultaten zu tun. Ich erwarte von der Nati nicht, dass sie sich für alle grossen Turniere qualifiziert. Mir ist nun mal wichtiger, dass ich das Gefühl habe, dass sie alles aus sich herausholt und zumindest Leidenschaft und einen gewissen Mut zum Risiko an den Tag legt.

Allein auf weiter Flur: Natifans beim Test gegen die Ukraine in Genf. (Bild: Keystone)

Allein auf weiter Flur: Natifans beim Test gegen die Ukraine in Genf am 17. November 2010. (Bild: Keystone)

Mit dieser Haltung stehe ich anscheinend nicht alleine. Normalerweise sollte das Stadion von kollektivem Freudentaumel heimgesucht werden, wenn sich die Schweiz soeben für die WM qualifiziert hat. Als im Oktober 2009 die Nati in Basel gegen ambitionslose und unmotivierte Israelis, die erst noch durch einen Platzverweis dezimiert worden sind, ein grauenhaftes 0:0 über die Zeit rettete, herrschte nach dem Schlusspfiff eine eigenartige Stille, vereinzelte Pfiffe waren gar zu hören. Freude sieht anders aus. Man war zwar an der WM, aber mit solchen Auftritten macht doch selbst eine WM keinen Spass.

Die schlimmsten Befürchtungen wurden denn auch in Südafrika bestätigt. Seither hat sich die Situation gar noch verschlimmert. Hitzfeld – nicht gewohnt, solchen Gegenwind zu spüren – reagiert oft gereizt auf Kritik. Seine Taktik, die fast schon in Stein gemeisselt ist und keine Anpassungen auf den jeweiligen Gegner vorsieht, funktioniert gegen die Grossen einigermassen gut, Partien gegen gleichwertige oder unterlegene Mannschaften hingegen waren allesamt fürchterlich.

Für Hitzfeld ist die Kritik an seinem Stil und den Auftritten der Nati völlig unbegründet. Er redet lieber den Gegner stark. Luxemburg habe sich weiterentwickelt und sei längst kein Prügelknabe mehr. Das sagt er über eine Nationalmannschaft mit nur einem einzigen Profi und die ab 1995 zwölf lange Jahre ohne einen einzigen Sieg blieb! Bei allem Respekt: So einen Gegner muss man einfach von A bis Z dominieren. Punkt. (Die Frage, was zur Hölle es bringen soll, ein Jahr vor dem nächsten Pflichtspiel auswärts bei einem Fussballzwerg anzutreten, was ganze 852 Zuschauer anlockt, muss anderswo behandelt werden.)

Schweizer Natifans verzeihen vieles. Selbst eine Niederlage gegen einen Underdog könnte man akzeptieren, wenn man denn wenigstens sagen könnte, sie sei unverdient und man hätte sich Chancen im Minutentakt erarbeitet. Wenn das Tempo hoch wäre und Druck erzeugt würde. 1956 etwa spielte die UdSSR an den Olympischen Spielen gegen Indonesien und kam trotz 27 Eckbällen und 68 Torschüssen nicht über ein 0:0 hinaus. Kann mal vorkommen, aber der Zug zum Tor war offensichtlich zu erkennen damals. Doch davon ist die Schweizer Nati momentan meilenweit entfernt.

Im Februar steht das Freundschaftsspiel in Bern gegen Argentinien an. Das heisst, man sieht da Messi, Pastore und Agüero. Aber eben leider auch die Schweizer Nati. Für mich ist das Grund genug, nicht hinzufahren. Ich will mir solche Spiele, wie sie Hitzfelds Truppe nun seit drei Jahren abliefert, nicht mehr länger antun. Zum Glück gibt’s noch die U-21, die so auftritt, wie ich mir das auch bei den Grossen wünschen würde. Vor zehn Jahren sorgte die U-21 schon mal für Furore, während die A-Nati eher biederen Fussball zeigte. Der Aufschwung kam, als Köbi Kuhn die U-21 zugunsten der A-Nati aufgab. Ein Wechsel, den ich auch jetzt – mit Pierluigi Tami – sehr begrüssen würde.

Wenn Trainer ihre Entlassung herbeistrippen

Mämä Sykora am Montag den 14. November 2011

Bei 18 Profi-Vereinen war der Österreicher Adi Pinter (63) in seiner Karriere als Trainer tätig, seine vorläufig letzte Anstellung ist er am Wochenende nach einer dreisten Aktion losgeworden. Mit dem Krisenklub FC Superfund Pasching hatte er in der Regionalliga bei seinem Herzensverein Grazer AK anzutreten, und er nutzte die Gelegenheit, vor dem Anpfiff einen Strip hinzulegen und das Publikum mit einem aufgemalten GAK-Schriftzug auf dem Rücken zu begeistern.

Die Partie endete 6:0 zugunsten der Grazer, Pinter wurde unmittelbar nach dem Spiel gefeuert. Präsident Helmut Nussbauer: «Das Projekt FC Pasching und Adi Pinter kann für beendet erklärt werden. Es macht keinen Sinn mehr. Wir spielen um den Abstieg und da sollte der eigene Verein im Vordergrund stehen und nicht der GAK. So etwas geht einfach nicht». Der Trainer – bekannt für seine markigen Sprüche («Es gibt zwei Prozent Genies und 98 Prozent Naturdeppen») – zeigte hingegen keinerlei Reue und trat gar gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber nach: «Man sollte den FC Pasching in FC Fasching umtaufen. Der Klub ist extrem provinziell und hat nur fünft- bis sechstklassige Spieler. Es gibt keinen einzigen vernünftigen Grund, ein Spiel von Pasching anzusehen.»

Grössere Identifikation dank einheimischen Spielern?

Mämä Sykora am Samstag den 12. November 2011
Beim Champions League Final 2010 war auf Seiten von Inter Mailand kein einziger Spieler Italiener.

Beim Champions-League-Final 2010 war zu Spielbeginn bei Inter Mailand kein einziger Italiener im Team: Die späteren Sieger vor dem Spiel.

Am 8. Mai 1974 ereignete sich etwas Aussergewöhnliches in Rotterdam. Im Finale des Europapokals der Pokalsieger, dem am schlechtesten besuchten aller Zeiten, bezwang der grosse Aussenseiter 1. FC Magdeburg den turmhohen Favoriten AC Milan mit 2:0. Dies alleine wäre schon bemerkenswert, denn es war der einzige internationale Titel einer DDR-Mannschaft. Noch erstaunlicher war allerdings die Tatsache, dass sämtliche Spieler aus dem Bezirk Magdeburg kamen.

Beim letztjährigen Champions-League-Finale zwischen Barcelona und Manchester United standen beim Anpfiff immerhin noch 7 Spanier und 2 Engländer auf dem Rasen, auf Seiten der Katalanen stammen gar 4 aus der Umgebung. Das ist heute keine schlechte Quote für europäische Spitzenteams. Ein Jahr zuvor gewann Inter Mailand das Finale der Champions League ohne einen einzigen Italiener (mit Ausnahme des in der 92. Minute eingewechselten Materazzis). Auch Benfica trat gegen den FCB kürzlich ohne einen Portugiesen in der Startelf an.

Seit dem Bosman-Urteil von 1995 wurden die Mannschaften immer internationaler. Nicht nur die Spitzenteams verstärkten sich mit Legionären aus aller Welt, auch in kleinen Ligen stieg der Ausländeranteil rapide an. In Zypern beispielsweise liegt der Ausländeranteil in der Division A bei 61,5 Prozent, in Europa ist er nur in der Premier League noch höher. Auch in der Schweiz liegt er der Anteil bei 42,9 Prozent, im Schnitt also 12 pro Mannschaft.

Mit Ausnahme des FC Basel baut zudem kein Verein gross auf Spieler aus der Region. In einem kleinen Land wie der Schweiz ist dies auch verständlich. Die Distanzen sind gering, Talente werden früh gesichtet für den letzten Schliff in den Verein geholt. So spielen Luzerner in Basel, St. Galler bei GC und Zürcher in Bern. Steilpass-Leser Marc äusserte kürzlich an dieser Stelle die Vermutung, dass sich beim FCB u. a. deshalb so viele Leute mit dem Verein identifizieren können, weil eben viele Schweizer und auch eine Handvoll Basler mitspielen.

Granit Xhaka nach einem Cupspiel in Eschenback, September 2011.

Der FCB setzt auf einheimische Spieler. Granit Xhaka etwa ist Basler: Xhaka nach einem Cupspiel in Eschenbach, September 2011.

Eine gewagte These, denn zumindest international kann sie nicht bestätigt werden. Den Inter-Tifosi ist es anscheinend mehrheitlich egal, wer in den blau-schwarzen Trikots steckt, Hauptsache er ist gut und gibt alles auf dem Rasen. Arsenal beschäftigt seit Jahren kaum Engländer und dennoch ist die Popularität ungebrochen. In Donezk jubelt man der grossen Brasilien-Fraktion zu und in Sion ist das Stadion noch immer gut gefüllt und die Fans sind unverändert leidenschaftlich, auch wenn nicht mehr Jean-Paul Brigger, Dominique Cina oder Raphael Wicky auflaufen, sondern Obradovic, Sio und Vanczák.

Der Zuschaueraufmarsch ist messbar, der Grad der Identifikation nicht. Könnte ein Verein allenfalls noch mehr Fans anziehen, wenn er vermehrt auf Einheimische setzen würde? Würde es vielleicht gar wirtschaftlich Sinn machen, weil bei stärkerer Verankerung in der Region das ansässige Gewerbe eher bereit wäre, den Verein zu unterstützen? Oder ist es eher so,wie ich vermute, nämlich dass es den Fans herzlich Wurst ist, wer für ihren Verein aufläuft, solange die Leistung stimmt? Was denken die Steilpass-Leser?

Gratulation zum Meistertitel 2012, FCB!

Mämä Sykora am Mittwoch den 9. November 2011
Weiss schon längst, wie es ist: Xherdan Shaqiri bei der vorletzten Meisterfeier des FC Basel auf dem Barfüsserplatz am 16. Mai 2010. (Bild: Keystone)

Weiss schon längst, wie es ist: Xherdan Shaqiri bei der vorletzten Meisterfeier des FC Basel auf dem Barfüsserplatz am 16. Mai 2010. (Bild: Keystone)

15 Runden sind erst gespielt, und schon ist der weitere Verlauf der Saison vorbestimmt. Zumindest an der Spitze. Im vor einiger Zeit hier veranstalteten Tippspiel setzten über 90 Prozent der Steilpass-Leser den FC Basel auf Platz 1. Nun, nur ein paar Wochen später, steht der FCB schon dort. Wer heute die Basler als Meister tippen will, kriegt bei Bwin lediglich eine Quote von 1.40. Und selbst das ist noch ein lohnendes Geschäft. Denn niemand wird die Rot-Blauen aufhalten können. Die Meisterschaft ist entschieden.

Es muss hierzulande für einen Verein fast alles optimal laufen, wenn er den FCB bis zum Meisterschaftsende fordern will. Dabei geht es nicht um einzelne Spiele, denn auch der Ligakrösus verliert hie und da eine Partie. Doch zu viele Ausrutscher werden sich die Basler nicht erlauben, dafür sind sie zu konstant und zu stark besetzt. Die Konkurrenz hingegen offenbart in dieser Saison besonders starke Leistungsschwankungen, bei den meisten reicht die Qualität ohnehin nicht, um sich längere Zeit an der Tabellenspitze zu halten.

Da ist zu Beispiel der FC Zürich, in den letzten Jahren stärkster Herausforderer des FCB. Vom schönen Favre-Fussball ist die Mannschaft unter Urs Fischer meilenweit entfernt, die Resultate stimmen schon lange nicht und es deutet nichts darauf hin, dass sie demnächst aus dem Loch finden könnte. Heuer heisst es Krampffussball und Abstiegskampf.

Dann sind da noch die Young Boys, bei denen Ansprüche und Realität so weit auseinander klaffen wie sonst nirgendwo in der Schweiz. Man sieht sich stets als stärkster Rivale der Basler, mit der Verpflichtung von Christian Gross wollte man nun endlich das Image des ewigen Zweiten ablegen. Ein netter Versuch, doch leider reicht es mit diesem Kader auch in dieser Saison nicht, um endlich wieder einmal einen Titel feiern zu können. Farnerud ist vielleicht der beste Spieler der Liga, das reicht aber ohne einen Überflieger à la Seydou Doumbia eben auch nicht für Silberware.

Der FC Luzern erfreute sich wie letztes Jahr einer beeindruckenden Frühform, nun bröckelt auch der Beton von Murat Yakin. Ohnehin hat Luzern bestimmt nicht das Saisonziel Meisterschaft, und es wäre schon ein Erfolg, könnten sich die Zentralschweizer für den Europacup qualifizieren. Die Zeiten, in denen Mannschaften wie der FCL (1989) oder gar Aarau (1993) zu Meisterehren kommen können, sind nun mal unwiederbringlich vorbei. Dafür braucht es ein grosses und ausgeglichenes Kader, das sich so kleine Vereine nun mal nicht leisten können.

Vom Spielermaterial am ehesten mit der Macht vom Rheinknie mithalten könnte der FC Sion. Doch bei den Wallisern liegen – ähnlich wie bei ihrem Präsidenten – Genie und Wahnsinn gefährlich nahe beieinander. Begeisternden Siegen folgen lustlose Auftritte, dazu kommt die Unruhe durch das ganze juristische Theater. Damit holt man vielleicht einen Cupsieg, weil der nur einige wenige überzeugende Partien erfordert, aber auf keinen Fall eine Meisterschaft, die erst nach 36 Spielen entschieden ist.

Tschagajew hat in Neuenburg eine Truppe mit einigen hervorragenden Akteuren zusammengekauft, doch es scheint fraglich, ob Xamax die Jahreswende überlebt. Der Rest der Liga hat bei der Titelvergabe ohnehin kein Wort mitzureden. Und nachdem keiner der oben genannten Vereine den schwachen Saisonstart der Basler auszunutzen und sich einen beruhigenden Punktevorsprung zu erspielen vermochte, kann man nach nicht einmal der Hälfte der Saison konstatieren: Die Meisterschaft ist entschieden. Der FC Basel wird überlegen Schweizer Meister 2012, und ich schätze, er wird bereits viele Runden vor Schluss als solcher feststehen. Zum 6. Mal in den letzten 10 Jahren, zum 3. Mal in Folge, nur noch einen Titel von YBs Rekord (1957-1960) entfernt.

Spannend ist das zwar nicht, aber anscheinend hat zurzeit kein Verein die Möglichkeiten, die Basler auch nur ein bisschen zu fordern. Ich gratuliere dem FCB jetzt schon zum Titel.

Das ewige Warten auf die Urteile

Mämä Sykora am Montag den 7. November 2011

Am 25. August bezwang der FC Sion das unter Protest angetretene Celtic Glasgow mit 2:0 und glaubte, sich damit für die Europa League qualifiziert zu haben. Erst am 24. November kommt es nun am internationalen Sportgericht CAS zu einer Anhörung der UEFA und dem Walliser Klub – 6 Tage vor dem zweitletzten Gruppenspiel von Celtic.

Bereits 6 Wochen zuvor liess die Swiss Football League verlauten, dass Sions sechs Neuzugänge nicht spielberechtigt seien. Es folgten die Anrufung eines Zivilgerichts, Proteste, Spielsperren und Rekurse. Mal durften die Neuen spielen, dann wieder nicht. Wie das enden wird, weiss noch immer niemand.

Am 2. Oktober musste das Zürcher Derby beim Stand von 2:1 für die Grasshoppers wegen schweren Ausschreitungen abgebrochen werden. Wie die Partie gewertet wird, ist noch ebenso wenig bekannt wie die allfälligen Strafen und Bussen.

Es ist ohnehin schon ärgerlich für jeden Fussballfan, wenn sich in der Liga ähnlich viele entscheidende Szenen in Gerichtssälen wie in Strafräumen abspielen. Geradezu unhaltbar sind aber die Fristen, die verstreichen, bis ein Entscheid gefällt wird. Wie das Sprichwort schon sagt, mahlen die Mühlen der Justiz tatsächlich langsam. Der Fussball, der – wie der Fall Sion bewiesen hat – gerne eine eigene Gerichtsbarkeit hätte, ist da keine Ausnahme

Die Swiss Football League (SFL) hat eine Disziplinarkommission (15 Mitglieder) und eine Sicherheitskommission (12), dazu noch einen Disziplinarrichter im Sicherheitswesen und einen im Spielbetriebswesen. Und natürlich noch eine Schlichtungskommission. Im Falle Constantins ist auch noch die Lizenzkommission (16) aktiv. Trotz dieses Apparats haben wir keine Ahnung, wie die Tabelle der Super League in einem Monat aussehen wird. Ist vielleicht dann plötzlich Sion das Schlusslicht? Gibt es Punktabzüge für GC oder den FCZ?

Das ist kein Zustand. Gerade im Fall des Spielabbruchs in Zürich wäre die Liga gut beraten, ein schnelles Urteil zu fällen. Vier Wochen werden der Disziplinarkommission bis zum Entscheid eingeräumt, darüber hinaus hat der FCZ eine Fristverlängerung beantragt. In einer Zeit, in der dem Fussball ein eisiger Wind entgegen bläst und in der Öffentlichkeit der Glaube vorherrscht, die Stadien seien ein rechtsfreier Raum und es würde kaum sanktioniert, wäre es (nicht nur aus Imagegründen) hilfreich, wenn ein Urteil noch in der Zeit gefällt würde, solange die Diskussion noch anhält. Nur so kann gezeigt werden, dass man sich der Situation bewusst ist und auch gewillt ist, schnell und richtig zu handeln.

Nach den Randalen im Joggeli am 13. Mai 2006 dauerte es gerade mal 25 Tage, bis das Urteil feststand. Und dies, obwohl die Meisterschaft da schon vorbei war und keine Veränderungen der Tabellensituation die Folge waren. In dieser Saison hingegen droht der Sport der langen Wartezeiten wegen tatsächlich in den Hintergrund zu treten. Was nützt GC der 2:1-Heimsieg von gestern, wenn vielleicht bald alle anderen Vereine Forfaitsiege gegen den gleichen Gegner einfahren werden, während GC selber Punktabzüge, Bussen oder Geisterspiele wegen den Ausschreitungen aufgebrummt bekommt?

Deshalb meine grosse Bitte an die Mitglieder der verschiedensten Kommissionen: Lasst uns nicht immer so lange warten! Ich will wieder die Tabelle anschauen können, ohne mir jedes Mal noch überlegen zu müssen, wie sie je nach Urteilen aussehen könnte. Es ist wahrlich schlimm genug, dass ein Fussballfan mittlerweile schon Jura studieren muss, um die Vorgänge in der Liga nachzuvollziehen können. Das Urteilen überlassen wir deshalb gerne den Experten. Aber so lange darf es schlicht und einfach nicht dauern.