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Uli Hoeness ist leider kaum mehr tragbar!

Fabian Ruch am Mittwoch den 1. Mai 2013
Wird er einen Weg finden, relativ erhobenen Hauptes abtreten zu können? FC Bayern Präsident Uli Hoeness. (AFP/Ronald Wittek)

Wird er einen Weg finden, relativ erhobenen Hauptes abtreten zu können? FC Bayern Präsident Uli Hoeness. (AFP/Ronald Wittek)

Uli Hoeness ist mal wieder in seiner besten Rolle unterwegs: Er spaltet die Nation. Diesmal aber unfreiwillig. Deutschland diskutiert gerade lustvoll, prominent und auf allen Kanälen den unerwarteten, spektakulären Hoeness-Fall. Und natürlich sind die Verdienste des Bayern-Präsidenten unbestritten. Der Aufstieg Bayern Münchens zum sportlichen, wirtschaftlichen, infrastrukturellen Vorzeigeverein im Weltfussball ist sehr eng mit dem cleveren, smarten, ehrgeizigen Übermanager Hoeness verbunden. Er hat in den letzten 30 Jahren sehr, sehr, sehr viel zweifellos sehr, sehr, sehr richtig gemacht.

Aber: Uli Hoeness dürfte in den nächsten Wochen kaum zu halten sein an der Spitze Bayern Münchens. Das ist bedauerlich, weil es im Fussball deutlich dubiosere Figuren gibt, die wichtige Positionen bekleiden. Beim Weltverband FIFA beispielsweise, aber auch im Klubfussball, wo auf Funktionärsebene teilweise umstrittene, schmierige Geschäftsleute ihr Unwesen treiben. Uli Hoeness dagegen ist für viele Menschen immer noch ein Ehrenmann, selbst wenn er Steuern hinterzogen hat – und damit betrogen.

Doch es gibt ja enorm viele Beispiele für die soziale Ader von Uli Hoeness, der zahlreiche Fussballvereine, Personen und Organisationen unterstützt hat. Für einen wie ihn zählt ein Handschlag. Einer wie er steht über den Dingen. Bei einem wie ihm holen sich Bundeskanzlerin und Weltkonzern-CEO Ratschläge. So war das jedenfalls. Und weil dieser Hoeness in den letzten Jahrzehnten zum erfolgreichen, grossen, gerechten und manchmal selbstgerechten Gutmenschen aufgestiegen ist, wühlt sein Absturz nun derart viele Leute auf.

All die einflussreichen Freunde, die ihn derzeit beispielsweise in der Medienwelt noch schützen, dürften Uli Hoeness am Ende auch nicht helfen können. Einer, der wie Hoeness jahrelang mit solcher Leidenschaft und Akribie auf fehlbare Personen gezeigt hat, darf nicht angreifbar sein. Und sich schon gar nicht einen derart krassen Fehltritt wie Steuerhinterziehung leisten. Das ist egoistisch, unfair und falsch. Und nicht mit seinem tadellosen Image vereinbar. Nun sind unfeine Begriffe wie Betrug und Gier untrennbar mit dem Namen Uli Hoeness verbunden.

Und: Man stelle sich nur kurz vor, wie wortreich und unerbittlich Uli Hoeness eine Figur mit derartiger Doppelmoral wie Uli Hoeness kritisieren, zerpflücken und kaputtmachen würde.

Im Aufsichtsrat von Bayern München sitzen ganz viele ehrbare Leute, beispielsweise Wirtschaftskapitäne mächtiger Unternehmen, und die können es sich nicht leisten, in die Nähe dieses Skandals zu rücken. Die Affäre belastet am Ende auch den FC Bayern München zu stark. Noch halten die meisten Entscheidungsträger zu Uli Hoeness – Bayern bestreitet ja am Mittwoch im Rückspiel des Champions-League-Halbfinals in Barcelona die nächste wichtige Begegnung.

In Deutschland sind Politiker und Führungskräfte in den letzten Jahren schon für erheblich geringere Sünden genüsslich auseinandergenommen und aus Amt und Würde gejagt worden. Bald werden die Fragezeichen, ob Uli Hoeness im Amt bleiben kann, vermutlich Ausrufezeichen weichen. Denn: Uli Hoeness ist als Bayern-Präsident kaum mehr tragbar!

Wenn Uli Hoeness schlau ist, und das ist er ja, dann wird er einen Weg finden, relativ erhobenen Hauptes abtreten zu können. Auch das ist letztlich bitter und sehr schade. Denn für seine brillante Arbeit als Manager und Steuermann in München sollte er eigentlich für immer ein Held und Vorbild sein.

Hauptsache: Pokale, Titel, Erfolg

Fabian Ruch am Mittwoch den 24. April 2013
Das Spiel ist aus: Am 22. April 2013 wurde der Konkurs über die mit 8,5 Mio. Fr. verschuldete AC Bellinzona eröffnet. (Bild: Keystone)

Das Spiel ist aus: Über die mit 8,5 Mio. Fr. verschuldete AC Bellinzona wurde der Konkurs eröffnet. (Bild: Keystone)

Der Fussball ist ein Spiegelbild der Gesellschaft! Kaum ein Satz wird so gerne zitiert wie dieser, wenn es darum geht, die Sünden, Fehler und Abgründe im mit Abstand grössten und beliebtesten, wichtigsten und grossartigsten Sport zu erklären.

Aber ist es wirklich so einfach?

Vermutlich schon, ja, und das ist nicht unbedingt ein beruhigendes Zeichen. Der Niedergang der AC Bellinzona jedenfalls zeigt mal wieder, was alles schief laufen kann im Fussball, wenn Inkompetenz auf Schlaumeierei trifft – und Grössenwahnsinniges im Sinn hat. Die Ziele und Erwartungen im Verein waren viel zu hoch, die Ausgaben korrespondierten schon lange nicht mehr mit den Einnahmen. Aber irgendwie geht es in den meisten Fussballklubs ja immer weiter. Besonders im Tessin. Da sind die Verträge noch ein bisschen komplizierter, die Anwälte ausgefuchster, die Funktionäre durchtriebener, die Regeln lockerer.

In der Super League hängen immer noch mehrere Vereine am Bankkonto vermögender Geschäftsleute, wobei die Brüder Andy und Hans-Ueli Rihs, welche die gesamte Misswirtschaft der unsäglichen Phase 3 bei den Young Boys in den letzten drei Jahren fast schon klaglos finanzierten, und Sions Zampano Christian Constantin die prominentesten Geldgeber sind. Und eigentlich ist es ja wunderbar, wenn tadellose Wirtschaftsgrössen wie Andy Rihs sich im Fussball engagieren und eigenes Geld zur Verfügung stellen, damit irgendwann ein Titel gewonnen werden kann – oder ein Stadion verkauft. Die Uefa aber will mit ihrem Financial-Fairplay-Ansatz dafür sorgen, dass Fussballvereine bald schon – grob erklärt – nur noch so viel ausgeben dürfen, wie sie einnehmen. Sonst können die Teams beispielsweise nicht am Europacup teilnehmen.

Dieses edle Projekt ist grandios zum Scheitern verurteilt. Erstens gibt es zu viele Schlupflöcher wie überdimensionierte Werbeverträge, mit denen Investoren ihre Clubs weiter nach Lust und Laune alimentieren können. Und zweitens müsste die Uefa ja bei strenger Handhabe der Regeln nahezu alle Spitzenklubs ausschliessen. Es sei denn, die Finanzmentalität der meisten Verantwortlichen ändert sich fundamental.

Bayern München und vielleicht Arsenal sind die einzigen kontinentalen Topvereine, welche unter den Financial-Fairplay-Umständen in den letzten zehn Jahren immer an der Champions League hätten teilnehmen dürfen. Spanische Vereine dagegen stecken mit Milliarden Franken im Minus, begünstigt durch lasche Behörden, unterstützt von dubiosen Politikern, gefördert von Steuererlassen, Schuldenschnitten, Geschenken. Viele Clubs röcheln in der Primera Division auf dem Sterbebett. Auch Barcelonas hohe Spielkultur tanzt nur auf Pump, und Real Madrid kann sich Stars wie Cristiano Ronaldo vor allem dank umstrittener Bauprojekte leisten.

In Italien sieht es nicht viel besser aus. Und Mäzene wie Inter Mailands Massimo Moratti haben teilweise insgesamt weit über eine Milliarde Franken in ihr Spielzeug gesteckt! Immerhin: Moratti wurde 2010 endlich Champions-League-Sieger und hat es damit seinem Vater, der als Inter-Präsident 1964 und 1965 im Meistercup triumphiert hatte, gleichgetan. Die Familienehre ist hergestellt. Koste es, was es wolle.

Denn darum geht es doch auch dem Fussballfan am Ende: Um Titel. Um Pokale. Um Siegesfeiern, Emotionen, Erfolge. Die allermeisten Chelsea-Fans stört der unsägliche Menschenhändler und Klubbesitzer Roman Abramowitsch längst nicht mehr. Hauptsache, er zahlt. Und: Chelsea wird Meister. Oder sogar Champions-League-Sieger. Dank Milliardeninvestitionen des russischen Chefs. Bei Manchester City wiederum haben Scheichs nach jahrzehntelanger Erfolglosigkeit mit ihren Ölmillionen für den rasanten Aufschwung gesorgt und einen Verliererclub zu einem Gewinnerclub hochgezüchtet. Das zählt für den fiebernden Anhänger. Und nicht positive Bilanzen, wirtschaftliche Vernunft, finanzielle Stabilität. Es ist wie: Kredit vor Sparbuch.

So ist das nun mal. Manchmal ist der Fussball halt ein Spiegelbild der Gesellschaft.

Wie bei den Amateuren

Fabian Ruch am Mittwoch den 17. April 2013
Alex Frei ist direkt vom Spieler zum Sportdirektor mutiert. (Keystone/Alexandra Wey)

Ein guter Fussballer ist nicht automatisch in anderen Berufen top: Alex Frei ist direkt vom Spieler zum Sportdirektor mutiert, 15. April 2013. (Keystone/Alexandra Wey)

Der kumpelhafte Ersatzgoalie wird Torhütertrainer. Der nette Mittelfeldspieler leitet nach dem Ende seiner Laufbahn das Konditionstraining. Und wohin mit dem Stürmer, der 10 Jahre im Verein ist und bei den Anhängern Kultstatus geniesst? Ach, gebraucht wird ja gerade ein Assistenztrainer.

Erstaunlich einfach machen es sich viele Fussballvereine, nicht nur in der Schweiz, wenn es darum geht, leitendes Personal zu akquirieren. Die Trainer, Sportchefs und Spielerscouts werden aus dem immer gleichen Personenkarussell rekrutiert. Als ob der bestenfalls reflexstarke Goalie automatisch ausgebildet und dazu befähigt ist, später ein ordentlicher Torwartcoach zu sein. Es kommt leider sehr selten vor, dass sich Klubs die Mühe machen, genrefremde Leute zu testen oder sogar zu engagieren. Zu gross ist die Angst davor, später für einen mutigen, unüblichen Schritt kritisiert zu werden. Die Unterlagen unbekannter Bewerber landen deshalb – meistens ungeöffnet – im Papierkorb. Dabei würde der Fussball von frischen, neuen, anderen Impulsen profitieren. Den bisherigen Ersatzkeeper aber kennen halt alle und mögen die meisten – also erhält er eine neue Anstellung als Goalietrainer.

So einfach ist das. So falsch läuft das.

Und jetzt wird Alex Frei also Sportchef beim FCL. Am Sonntag verwandelt er noch mal einen Freistoss für Basel, am Montag sucht er einen Freistossspezialisten für Luzern. Natürlich hat Frei in seiner langen, erfolgreichen Karriere ein bemerkenswertes Beziehungsnetz aufgebaut, er weiss, wie das Geschäft läuft, er kennt Trainer und Spieler, Manager und Klubs und Spielervermittler. Aber: Deswegen ist er noch kein guter Sportchef. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, um nur ein Beispiel zu nennen, sind ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Arbeit eines Sportchefs. Nicht jeder Klub hat Geldgeber, die Millionendefizite nach grober Misswirtschaft einfach so decken. Und sowieso: Fussballspieler sein und Fussballspieler führen sind zwei völlig unterschiedliche Tätigkeiten. Sonst würden beispielsweise Diego Armando Maradona oder Lothar Matthäus ja auch als Trainer auf Weltklasseniveau operieren. Es benötigt ganz andere Fähigkeiten und Ausbildungen, um als Trainer oder Sportchef zu reüssieren.

Vielleicht wäre es für Alex Frei deshalb schlauer gewesen, vorerst bei einem erfahrenen Manager wie Michael Zorc in Dortmund in die Lehre zu gehen. Doch es kann nicht verwundern, traut sich der ehrgeizige Frei zu, bereits ein Super-League-Team zu dirigieren. Und vielleicht ist er tatsächlich die Ausnahme, welche die Regel bestätigt. Zuzutrauen ist es der cleveren Führungspersönlichkeit.

Insgesamt aber würde dem Millionenbusiness Fussball eine Prise mehr Professionalität und Weitsicht ganz gut anstehen. Es kann nicht sein, dass ein Super-League-Verein kaum anders arbeitet als ein 3.-Liga-Klub, wo der langjährige Captain nach Karriereende sinnvollerweise in die Nachwuchsarbeit eingebunden wird.

Überraschen aber können die regelmässig merkwürdigen Personalentscheidungen in diesem Geschäft längst nicht mehr – schliesslich reden in zahlreichen Klubs Selbstdarsteller und Exzentriker in Schlüsselfunktionen mit. Kompetenz und Kontinuität interessieren sie nicht besonders. Und genau das ist ein Hauptproblem vieler Vereine. Auch in der Super League.

Die Hoch-Zeit dieses FC Barcelona läuft ab

Fabian Ruch am Mittwoch den 10. April 2013

Der FC Barcelona verzückt. Klar. Der FC Barcelona nervt aber auch. Das zumindest finden viele Beobachter, die mit dem Tiki-Taka-Kult wenig anfangen können. Es ist nicht immer prickelnd, dem kultivierten, manchmal langweiligen Zwei-Meter-Ballgeschiebe zuzusehen. Allerdings setzte diese wunderbare Mannschaft in jeder Beziehung Massstäbe und bewies, dass man mit Offensivfussball, Ballbesitz und Klein-Klein-Wirbel in Perfektion das beste Team der Welt sein kann. Barcelona triumphierte unter Trainer Josep Guardiola mit beeindruckender Selbstverständlichkeit und etablierte sich als Titelhamsterer. Guardiola aber ist seit letzten Sommer nicht mehr in Barcelona und bald bei Bayern München. Er war erfolgsmüde und muss gespürt haben, dass er nach intensiven Jahren aus dieser Jahrhundertequipe nicht mehr das Maximum herausholen kann. Die Hoch-Zeit dieses FC Barcelona läuft ab.

Natürlich: In der spanischen Meisterschaft dominiert Barcelona mit der famosen Tormaschine Lionel Messi nach einem fantastischen Saisonstart, als ob die Gegnerschaft bloss als Staffage dabei wäre. Und: Auch in diesem Jahr kann der Stolz Kataloniens die Champions League gewinnen. Es wäre keine Überraschung, sondern eine Bestätigung für die Sonderklasse. Andere wie Real Madrid und Bayern München aber wirken in diesen Wochen stabiler und hungriger. Barcelona erhält erstaunlich viele Gegentore, in der Liga sind es trotz 13 Punkten Vorsprung auf Real Madrid schon 33 nach 30 Runden – und damit mehr als Real und Atletico Madrid oder Malaga und nur zwei weniger als Osasuna (Rang 15)! Der verletzungsbedingte Ausfall des sowieso in die Jahre gekommenen Abwehrchefs Carles Puyol schmerzt das Team.

Die bescheidenen, fabelhaften, feinen Welt- und Europameister Xavi und Andrés Iniesta sind das Hirn dieser Kurzpassexperten, aber Xavi  (33 Jahre alt) geht wie Puyol (34) langsam dem Karriereende entgegen. Barcelona benötigt bald eine Blutauffrischung. Die Nachwuchsarbeit des Mehr-Als-Ein-Verein-Vereins ist weltweit stilprägend, das schon, aber selbst in La Masia, der ausgezeichneten Jugendakademie, können nicht regelmässig Weltgrössen wie Xavi und Iniesta ausgebildet werden. Es wird für den Verein schwierig werden, den Umbruch rechtzeitig einzuleiten und ohne Ärger zu moderieren, weil es schwerfallen dürfte, den Klubikonen mitzuteilen, wann deren Zeit abgelaufen sei. Weitere Stützen wie Torjäger David Villa (31) oder der überragende Rechtsverteidiger Daniel Alves (29), der mehr am gegnerischen als am eigenen Fünfmeterraum zu finden ist, werden gleichfalls nicht mehr jahrelang skoren und tanzen.

Dennoch sind die Perspektiven des global beliebten FC Barcelona, auch in Zukunft zur Weltspitze zu gehören, natürlich ausgezeichnet. Es ist dem Klub zuzutrauen, neue hochkarätige Spielkameraden für den aussergewöhnlichen Spektakelmacher Lionel Messi zu finden. Aber das geht nicht von heute auf morgen und muss sorgfältig orchestriert werden.

Und bereits heute Abend kann das aufstrebende, neuschwerreiche Paris Saint-Germain die aufregende Barça-Titel-Regentschaft – nach dem 2:2 im Hinspiel – mit einem Sieg im Nou Camp beenden und Barcelona im Viertelfinal der Champions League sensationell ausschalten. Es wäre brisant, würde ausgerechnet der Pariser Oberegomane Zlatan Ibrahimovic, mit seiner Eitelkeit einst bei Barcelona fürchterlich gescheitert, die Kaisermannschaft aus der Königsklasse schiessen. Und selbst wenn sich das spanische Überteam noch einmal zu einer Galavorstellung aufrafft, wirken andere kontinentale Spitzenvereine derzeit ausbalancierter. Die Phase der kurzen Pässe und grossen Schritte Barcelonas könnte vorbei sein. Die zauberhafte katalanische Blüte welkt langsam.

Der FC Basel ist zu gut für die Super League

Fabian Ruch am Mittwoch den 3. April 2013

Der Steilpass begrüsst ab heute seine neuen Blogger. Den Anfang macht Fabian Ruch. Willkommen!


Glaubt eigentlich noch irgendjemand, dass der Titelkampf in der Super League spannend ist?

Der FC Basel wird locker und mit mindestens 10 Punkten Vorsprung Meister. Er ist in jeder Beziehung die klare Nummer 1 des Landes. Sein Sonderstatus ist beeindruckend. Oder beängstigend. Je nach Sichtweise. Die Basler haben das grösste, schönste Stadion der Schweiz und das höchste, stabilste Budget. Sie besitzen die besten, teuersten Spieler der Liga und die stärkste, erfolgreichste Nachwuchsabteilung des Landes. Ihr professioneller Scoutingbereich ist stilprägend in der Fussballschweiz wie ihre Werbemassnahmen, die Pressearbeit oder die Fanszene. Die Millionenerträge aus Transfers und Champions League hieven den FC Basel in eine andere Liga. Und: In keiner anderen Stadt ist ein Klub derart stark verankert und umschwärmt. In Basel gibt es halt nur den FCB (okay, vielleicht noch Roger Federer).

Auf dem Rasen manifestiert sich die krasse Überlegenheit. Das Kader ist so edel besetzt, dass vermutlich selbst eine B-Auswahl des FCB Meister werden würde. Wie wenig der Gigant derzeit gefordert wird, beweist ein Blick auf die Verfolger. GC wäre letzte Saison abgestiegen, wären Sion (36-Punkte-Abzug) und Xamax (Konkurs) nicht von Hasardeuren geführt worden. Und St. Gallen ist der solide Aufsteiger. Beide Teams können trotz ausgezeichneter Arbeit noch gar nicht (wieder) zur Schweizer Klubspitze gehören.

Als härteste Konkurrenten Basels gelten YB, Zürich und Sion. Doch diese Vereine stecken wie Luzern im Tief – und mal wieder im Umbruch. Weil dabei Kompetenz, Konstanz und Kontinuität des FCB fehlen, schlittern sie von einer Krise zur nächsten. Und so gehen dem Champion die nationalen Gegner aus. Der FC Basel ist zu gross, stark und mächtig für die Super League geworden. Wirtschaftlich. Und sportlich.

Die FCB-Belegschaft beispielsweise ist exquisit und prominent, talentiert und teilweise brillant. Mit Marco Streller, Alex Frei und Raul Bobadilla stehen die drei besten (und deutlich kostspieligsten) Stürmer der Liga beim Branchenprimus unter Vertrag. Und Goalie Yann Sommer, die Verteidiger Aleksandar Dragovic und Fabian Schär sowie die Flügelflitzer Mohamed Salah und Valentin Stocker werden irgendwann für Millionenbeträge ins Ausland wechseln. Einige früher, andere später.

Doch selbst der ständige Ausverkauf der besten FCB-Kräfte in grössere Ligen ist kein Hoffnungsschimmer für die Konkurrenz. Die Basler moderieren den heiklen Kaderumbau seit Jahren meisterhaft, sie sind auf alles vorbereitet. Vor 12 Monaten etwa hiess es, Basel werde nach den Abgängen der Supertalente Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka und des Abwehrchefs David Abraham sowie des Rücktritts von Vereinsikone Benjamin Huggel in eine Sinnkrise fallen. Der Doublegewinner stolperte tatsächlich in diese Saison, doch spätestens seit dem Trainerwechsel von Heiko Vogel zu Murat Yakin im letzten Herbst fliegt der Titelhamsterer wieder von Sieg zu Sieg.

Spannend ist jetzt eigentlich nur noch, ob die Basler in dieser Super-League-Spielzeit noch ein Gegentor erhalten werden.

Murat Yakin ist sowieso ein Glücksfall für den FCB. Er passt mit Kompetenz und Klasse, Stil und kühler Arroganz perfekt zum Verein. Dieser darf nun sogar vom Triple träumen, was unsere These erhärtet: Der FC Basel – gross und stark, selbstbewusst und dominant – ist zu gross und stark, selbstbewusst und dominant für die Super League geworden. Vielleicht wäre er in der Bundesliga besser aufgehoben.

Und eines hat der berühmte, bedeutende Schweizer FCB dem berühmten, bedeutenden deutschen FCB aus München ja längst abgeguckt: Das Abwerben der wichtigsten Kräfte bei der nationalen Konkurrenz. In der Winterpause etwa verlor YB mit Raul Bobadilla den besten Torjäger, der FC Sion mit Geoffrey Serey Die den wertvollsten Mittelfeldspieler und GC mit Endogan Adili das grösste Talent an Basel.

Und so bleibt die Frage: Welchem Schweizer Verein gelingt es in den nächsten Jahren, den FCB ernsthaft herauszufordern?