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Bleibt noch Basel …

Fabian Ruch am Mittwoch den 10. Juli 2013

Drei Tage noch bis zum Saisonstart in der Super League. Wir tippen hier jetzt nicht die Endrangliste (zumindest ist sie nicht auf den ersten Blick ersichtlich). Wir wollen Sie auch nicht mit der 234. Vorschau belästigen, warum welches Team Meister wird. Nein, in diesen Zeilen geht es darum, wer warum nicht Meister wird.

Zehn kleine Jäger-Meister hatten einen Titelplan …

Aarau wird nicht Meister, weil der gesunde Menschenverstand diese Vorstellung ganz einfach nicht zulässt. Für alle, die den tapferen Aarauer Aufstiegsweg zuletzt nicht mehr präzis verfolgt haben: Rainer Bieli stürmt nicht mehr für den Klub, dafür spielt mit Sandro Burki immer noch einer mit, der als 16-Jähriger bei Bayern München war. Das ist ein Hauch von Triple auf dem wunderbaren Brügglifeld, wo die Bratwurst wichtiger ist als der Champagner.

Lausanne wird nicht Meister, weil es auch in der Romandie einen gesunden Menschenverstand gibt. Die ziemlich bescheidenen Westschweizer sind erstaunlich stabil und haben mit dem tüchtigen Laurent Roussey immerhin einen Trainer, den man sich als Meistertrainer vorstellen kann. Irgendwann. Irgendwo. In der Deutschschweiz.

Thun wird nicht Meister, weil im Berner Oberland zwar rechtschaffen und klug gearbeitet wird, eine Meisterschaft dennoch fern jeglicher Vorstellungskraft ist. Ein Titel der Thuner in der Saison 2013/14 ist noch weniger realistisch als die Prophezeiung 1995 (als der FC Thun in der 1. Liga spielte), dieser Verein werde zehn Jahre später in der Champions League dabei sein. Der gesunde Menschenverstand halt …

GC wird nicht Meister, weil der frühere Nobelklub nach der überragenden letzten Saison mit Rang 2 und Cupsieg ja nur verlieren kann. Zudem verliert GC ein Talent nach dem anderen an ausländische Klubs. Der neue Trainer Michael Skibbe besitzt zwar einen klangvollen Namen, aber er wird den Rekordmeister nicht davor bewahren können, vor allem als «früherer Nobelklub» und «Rekordmeister» erwähnt zu werden. Nicht aber als «Titelkandidat» und «Spitzenteam».

St. Gallen wird nicht Meister, weil das Team mit Ezequiel (was für ein Name) Oscar Scarione den überragenden Offensivspieler in der Sommerpause an Kasimpasa (was für ein Name) Istanbul verlor. Die St. Galler sind zwar immer noch bestens organisiert, verschieben schnell, verteidigen smart gegen den Ball und sind schwierig auszuspielen – aber das wissen die anderen Teams nun besser. Und den Aufsteigerbonus besitzt die Equipe ebenfalls nicht mehr.

Sion wird nicht Meister, weil die Mannschaft deutlich schwächer besetzt ist als in der letzten Chaossaison – und weil Sion Sion ist. Unruhe ist programmiert, der ungesunde Menschenverstand Normalität. In den letzten zwölf Monaten versuchten sich ja rund 17 verschiedene Trainer unter Überwelttrainer Christian Constantin. In der Boulevardpresse – wo bekanntlich längst nicht alles stimmen muss, sonst wäre Ciriaco Sforza ja jetzt zum Beispiel YB-Trainer – versprach CC kürzlich, er werde den Trainer in dieser Saison nicht entlassen. Ach, und die Schweiz erhält Meeranschluss? Lohnt es sich also sogar, sich den Namen des aktuellen Übungsleiters in Sion zu merken? Wir finden: Nein!

Luzern wird nicht Meister, weil Coach Carlos Bernegger zwar ausgezeichnete Arbeit leistet, der FCL aber noch nicht so weit ist, um über 36 Runden mit den Branchengrössen des Landes mithalten zu können. Eine heisse Prognose wagen wir aber noch: Stürmer Dimitar Rangelov wird diese Saison mehr Tore erzielen als unliebsame «Blick»-Journalisten attackieren und ins Wasser werfen.

Zürich wird nicht Meister, weil der FCZ ja gar nicht Meister werden will. Höchstens Sparmeister. Er hat aber ein Team mit prächtigen Individualisten. Und mit dem grossartigen Yassine Chikhaoui den besten Fussballspieler, der je in der Schweiz spielte und nicht für mehrere Millionen verkauft werden konnte. Chikhaouis Verletztenakte ist dicker als die Bankbüchlein der Aarauer, Lausanner und Thuner zusammen – früher lag auch sein Wert höher als jener Aaraus, Lausannes und Thuns zusammen.

YB wird nicht Meister, weil sonst das herrliche Verb «veryoungboysen» aus dem Fussballvokabular gestrichen werden müsste. Selbst wenn der neue Trainer Uli Forte die Young Boys nach katastrophaler Saison nun stark macht, gibt es noch immer dieses lästige Verlierergen in Bern. Cupfinals und Finalissimas sind nicht die Sache der Young Boys, die nach Misswirtschaft und Misserfolg in den letzten Jahren diesmal mit dem zweitbesten, zweitteuersten, zweitedelsten Kader des Landes immerhin Zweiter werden könnten. Aber Meister? Der gesunde Menschenverstand zweifelt. Und der ungesunde sowieso.

Und Basel? Der überlegene Primus FCB wird nicht Meister, weil noch nie eine Mannschaft in der Schweiz fünfmal in Serie Meister wurde. Und wenn Sie jetzt finden, das sei ein sehr schlechter Grund, warum Basel nicht erneut triumphieren sollte, dann sagen wir: Finden Sie einen besseren!

Was meinen Sie, liebe Sportsfreunde: Warum wird der FCB nicht Meister? Wer soll, bei gesundem Menschenverstand, den souveränen Serienmeister aus Basel stoppen? Und wie sieht Ihr Ranking der Liga aus?

Noch sind Ronaldo und Messi besser als Neymar

Fabian Ruch am Mittwoch den 3. Juli 2013

Mit dem begeisternden, triumphalen Erfolg der Brasilianer, die an dieser Stelle vor ein paar Wochen ja bereits als Weltmeister 2014 gepriesen worden war, am Confederations Cup endete am Sonntag die Fussballsaison 2012/2013 offiziell. Und bevor zum Beispiel die Schweizer in 10 Tagen bereits wieder mit der neuen Spielzeit loslegen, wollen wir uns mit der Frage vieler Fussballfragen beschäftigen: Wer ist der aktuell beste Spieler der Welt?

Man kann so ein Ranking ja nach verschiedenen Kriterien erstellen, es ist letztlich auch eine Spielerei, und man kann Erfolge zum Beispiel höher gewichten oder: Tore, Technik, Tempo. Wir versuchen, aus dem Mix aller Kategorien eine möglichst objektive, frei von Emotionen, Vorlieben, Interessen geprägte, selbstredend völlig unbestechliche Bestenliste aufzustellen – und beschränken uns, um die Sache noch ein bisschen konkreter zu gestalten, auf eine Top 11 aus den Hunderten wunderbarer Fussballer. Dutzende Akteure hätten einen Eintrag verdient, doch am Ende entscheiden wir kühl, fair und kompromisslos. Und natürlich sind die Offensivkünstler in der Überzahl, deshalb kann man aus unserer goldenen Elf auch schwerlich eine Weltelf zusammenstellen. Das aber tun wir am Ende des Textes gleichwohl im derzeit beherrschenden 4-2-3-1-System und mit Akteuren, die in die Aufstellung passen.

Und los geht der Countdown.

Rang 11: Thiago Silva (Paris Saint-Germain)

Zusammen mit David Luiz von Chelsea stellt der Brasilianer die mit Abstand beste Innenverteidigung der Welt. Thiago Silva ist ein kompletter Defensivspieler,  der den Sicherheitsdienst mit einer Klasse und Konstanz und Dominanz verrichtet, die derzeit niemand anderes erreicht. Selbst Barcelona starker Pique nicht.



Rang 10: Robert Lewandowski (Borussia Dortmund)

Was macht denn dieser Pole hier, werden sich viele fragen, wenn es noch Hochkaräter wie Andrés Iniesta, Eden Hazard, Robin van Persie oder Mesut Özil gibt, um nur einige Weltklassekräfte zu nennen, die nicht im Ranking auftauchen. Ja, Robert Lewandowski gehört zu den besten Stürmern der Welt. Und wir behaupten, dass er noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt ist. Er besitzt möglicherweise nicht derart viel Talent wie seine Dortmunder Mitstreiter Mario Götze und Marco Reus, die vielleicht bereits nach der WM 2014 auf Topplätzen in diesem Ranking auftauchen werden. Erstaunlicherweise ist ja kein Deutscher hier vertreten, dafür aber Lewandowski, der in der Bundesliga Jahr für Jahr stärker geworden ist. Seine aussergewöhnliche Schusstechnik, gepaart mit dem ausgeprägten Torriecher, den schlauen Laufwegen und dem grandiosen Kombinationsverständnis, prädestiniert Lewandowski zu noch Höherem. Aber kaum an einer WM. Denn dummerweise spielt er für Polen, ist aber nicht ganz verloren. Bei Bayern wird er – spätestens ab 2014 – zusammen mit Götze noch stärker werden.

Rang 9: Franck Ribéry (Bayern München)

Einer muss ja vom Champions-League-Sieger in den Top 11 dabei sein. Aber Ribéry ist mehr als der Quoten-Bayern-Spieler. Er hat sich entwickelt, aus dem einstigen Luftibus ist ein konzentrierter, beständiger, spielstarker Überflieger geworden, der die Bundesliga dominiert – und eigentlich das Potenzial besitzt, um sogar in einer Liga mit den Branchengrössen zu zaubern. Aber Ribéry kann nur zu Ronaldo und Messi aufschliessen, wenn er mit Frankreich den WM-Titel holt. Und das scheint ausgeschlossen zu sein. Zumindest 2014.

Rang 8 : Radamel Falcao (Atletico Madrid)

Der Kolumbianer ist kein Feinfuss, und sein Transfer zum neuschwerreichen Oligarchenklub Monaco ist eine kleine Enttäuschung, weil Falcao Geld offenbar viel wichtiger ist als Ruhm. Es sei ihm verziehen, und mit seinem sensationellen Strafraumspiel, seinem strammen Abschluss und seiner überragenden Torquote wird er eher früher als später bei Chelsea, Bayern, Real, Barcelona oder in Manchester auftauchen. Und damit auf der grellen Bühne. Vielleicht bereits nach der WM 2014, wo er mit seinem starken Heimatland für Furore sorgen wird.

Rang 7: Gareth Bale (Tottenham)

Die Premier League hat an Brillanz und Grösse verloren, das spiegelt sich auch in unserem Ranking. Bester der Liga ist der dynamische Waliser Gareth Bale, ein Spieler wie Cristiano Ronaldo: schnell, dribbelstark, schussgewaltig, kräftig. Mit seiner aussergewöhnlichen Athletik, dem prächtigen Körper und dem tollen Aussehen wird Bale bald schon – wie Ronaldo – auch als Model Weltkarriere machen. Aber erst, wenn er zu einem angemessenen Gigantenklub gewechselt ist. Warum nicht tatsächlich Real Madrid?

Rang 6: Xavi (Barcelona)

In den letzten Jahren wäre der Kurzpassexperte Barcelonas in diesem Ranking deutlich weiter vorne aufgetaucht – genau wie Iniesta, Xavis kongenialer Partner im Kombinationswirbel bei Barcelona und Spanien. Zuletzt aber erlitten beide heftige Niederlagen, in der Champions League gegen Bayern und am Confederations Cup gegen Brasilien. Sie haben an Einfluss verloren. Wir glauben sogar, Xavi habe den Gipfel seiner Schaffenskraft überschritten. Er wird – trotz fehlender Torgefahr und geringer Extravaganz – als vielleicht bester (oder: erfolgreichster) Fussballspieler in die Geschichte eingehen, der nie zum Weltfussballer gekrönt wurde.

Rang 5: Andrea Pirlo (Juventus)

Wie eine von Machiavelli elegant modellierte Figur schreitet der Mittelfeldfürst über den Rasen. Zentimetergenau sind seine Pässe, fantastisch die Freistösse, erhaben die Eleganz. Pirlo, ausgerechnet versehen mit einem Nerd-Vollbart, erledigt selbst die schwierigsten Dinge ungerührt und mit einer einzigartigen Grandezza – und derart souverän, als sei der Italiener der Kaiser des Weltfussballs. Pirlos stilprägendes Spiel ist die grosse Fussballkunst und eine Augenweide. Hoffentlich spielt er noch viele Jahre lang weiter.

Rang 4: Zlatan Ibrahimovic (Paris Saint-Germain)

Der Schwede mit dem Riesenego verwöhnt uns immer wieder mit seiner enormen Begabung – und mit Einlagen, Tricks, Toren der Sonderklasse. Ibrahimovic wird nie ein Liebling der Schöngeistigen, zu derb, rauh, direkt kommt das Ghettokind aus Malmö daher. Aber der gebürtige Bosnier hat in vielen Teams in allerlei Ländern fast immer überzeugt und sich seinen Weg freigeschossen. Dennoch wirkt seine Karriere irgendwie unvollendet. Zu egoistisch und schwierig scheint dieser grosse, starke Mann zu sein.

Rang 3: Neymar (Santos)

Wir geben es zu: Nach seinen himmlischen Vorträgen am Confederations Cup mit genialen Szenen, herrlichen Toren, spektakulären Aktionen ist der kaum zu bremsende Neymar unsere heimliche Nummer 1. Aber der leichtfüssige, zauberhafte, wunderbare Superstar aus Brasilien hat bisher erst bei Santos gespielt und muss sich noch auf höchstem Klubniveau bewähren. Das wird bald geschehen, bei Barcelona, zusammen mit Xavi, Iniesta, Lionel Messi. Welch ein Versprechen! Eine Frage aber bleibt: Kann dieses Jahrhunderttalent sich unterordnen? Bei seinen besonderen Fähigkeiten ist das vermutlich gar nicht so einfach. Und bei aller Weltklasse dieses Hochgeschwindigkeitsästheten gibt es etwas, was er dringend ändern sollte: Neymar hebt zu schnell zu stark ab. Seine Fallsucht nervt und dürfte spätestens therapiert sein, wenn er in englischen Stadien gnadenlos ausgepfiffen worden ist.

Rang 2: Lionel Messi (Barcelona)

Der König nur auf Rang 2? Ja! Derzeit schon. Messi ist vielleicht der beste Fussballer aller Zeiten nach Pélé, aber das ist ein anderes Kapitel und ein noch grösseres Ranking. Die Geschichte wird dem kleinen, grossartigen Argentinier seinen Platz im Fussballolymp zuweisen. Man kann die Vollkommenheit dieses Ausnahmespielers nur preisen, preisen, preisen, stundenlang und immer wieder. Und wenn er endlich, endlich mit Argentinien gleichfalls die Welt erobert, setzen wir ihn auch subito wieder auf Rang 1. Versprochen. Und zuletzt spielte Messi im Nationalteam ja deutlich stärker als früher.

Rang 1: Cristiano Ronaldo (Real Madrid)

Der gockelhafte Portugiese steht ganz oben im Duell zweier Megagrössen. Er ist ganz einfach der komplettere Fussballer als Messi, das muss als Erklärung reichen, um etwas zu erklären, worüber man stundenlang lustvoll debattieren mag. Ronaldo kann man in irgendeine Mannschaft stellen, er wird sofort dominant sein, selbst wenn er seine Spielkameraden vorher nie gesehen hat. Messi ist leicht abhängiger von den Mitspielern. Ronaldos Sprungkraft, seine Kopfballstärke und seine Weitschusstore heben ihn vom famosen Messi ab. Und weil er mit Portugal schon starke Turniere absolviert hat, etwa an der Euro 2012, sitzt Cristiano Ronaldo verdientermassen auf dem Steilpass-Thron.

Und zum Abschluss, wie versprochen, unser Dream-Team: Petr Cech (Chelsea); Philipp Lahm (Bayern), David Luiz (Chelsea), Thiago Silva (Paris Saint-Germain), Marcelo (Real Madrid); Xavi (Barcelona), Pirlo (Juventus); Lionel Messi (Barcelona), Neymar (Santos), Cristiano Ronaldo (Real Madrid); Zlatan Ibrahimovic (Paris Saint-Germain).

Das sieht dann – als Mannschaft im 4-2-3-1-System aufgestellt – ganz hübsch aus:

Und wie sieht Ihr Spieler-Ranking aus? Was spricht für Messi, was für Ronaldo? Ist Neymar schon besser? Und: Wie würden Sie ihr All-Star-Team aufstellen, könnten Sie aus allen Fussballern der Welt auswählen?

Mourinho oder Guardiola?

Fabian Ruch am Mittwoch den 26. Juni 2013
José Mourinho (l.) mit dem Champions-League-Pokal, den er mit Inter gewonnen hat. Pep Guardiola mit dem CL-Pokal, den er mit Barcelona gewonnen hat. (Fotos: Reuters)

Wer ist der beste Trainer der Welt? José Mourinho (l.) mit dem Champions-League-Pokal, den er mit Inter gewonnen hat, 22. mai 2010 (Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach). Pep Guardiola (r.) mit dem CL-Pokal, den er mit Barcelona geholt hat, 28. Mai 2011 (Foto: Reuters/Paul Hanna).

Eine Trainerentlassung ist immer eine Niederlage für die Verantwortlichen eines Vereins. Sportchef, Manager, CEO, Präsident aber werden selten geopfert. Ein Fussballtrainer ist die ärmste Sau der Welt, darf man überspitzt geschrieben formulieren. Läuft es nicht, wird er ausgewechselt, auf dem Trainerkarussell sitzen garantiert immer Dutzende arbeitsloser Fussballlehrer, die auf eine Chance warten. Irgendwo.

Eigentlich ist es schwachsinnig, wie rasch ein Trainer gehen muss. Sicher mögen sich Ansprache, Art, Arbeitsweise abgenutzt haben. Irgendwann. Andererseits: Wird deswegen in gewöhnlichen Berufen alle vier Monate der Chef vor die Türe gestellt? Die Spieler haben heute – auch dank umtriebiger, schlauer Berater – deutlich zu viel Macht. Kaum ein Verein beugt sich nicht den angeblichen Mechanismen des Geschäftes. Dabei gibt es genügend Beispiele, dass Kontinuität fast nur entstehen kann, wenn ein Trainer jahrelang seine Philosophie umsetzen darf.

Der Aufschrei war kürzlich gross, als Uli Forte den Grasshopper-Club Hals über Kopf verliess und zu YB wechselte. Vom Zweiten und Cupsieger zum Siebten und Krisenfall! Und das erst noch mit der Begründung, die Strukturen und Erfolgsaussichten seien in Bern besser als in Zürich. Forte, der clevere Jungtrainer, hat natürlich recht. Was will er bei GC noch? Forte hat gewissermassen den Spiess umgedreht und – vielleicht auch ein wenig im Namen aller Trainer – einem Verein gezeigt, wie es sich anfühlt, von einem Tag auf den anderen nicht mehr gut genug zu sein.

Konservative Trainergeneration?

In diesem Sommer war der Personenverkehr auf dem internationalen Trainermarkt besonders spektakulär. Sir Alex Ferguson, seit November 1986 im Amt, etwa beendete seine sagenhafte Regentschaft bei Manchester United nach fast 27 Jahren und zahlreichen Pokalgewinnen. Er ist der fleischgewordene Beweis, wie sehr es sich lohnen kann, einem Coach zu vertrauen – auch wenn es mal ein bisschen stürmt und windet. Mit kontinuierlicher Aufbauarbeit hat der knorrige Schotte Ferguson die United zu einem der grössten, beliebtesten Fussballklubs der Welt geformt.

Jetzt hat Ferguson seine Laufbahn offiziell beendet. Aber wird er nicht vielleicht doch zurückkehren, sollte ManU im Herbst unter Nachfolger David Moyes die Erwartungen nicht erfüllen? Die Faszination Fussball lässt kaum einen los. Auch bei Jupp Heynckes, zuletzt Triplegewinner mit Bayern, darf man gespannt sein, ob er tatsächlich nie mehr ein Team führen wird.

Ferguson ist 71 Jahre alt, Heynckes 68, und deshalb können wir über die Diskussion, ihre konservative Trainergeneration treffe den Ton der schnelllebigen Zeit oft nicht mehr, nur laut lachen. Die ganze Debatte über angebliche Konzepttrainer, die einen grossartigen Matchplan verfolgen und mit methodischen, modernen, wissenschaftlichen Grundsätzen arbeiten würden, ist einfach nur lächerlich. Hatten denn Ferguson und Heynckes keinen Plan? Gingen sie nicht nach Methode vor? War ihr Erfolg nur Glück?

Mourinho hat mehr erreicht als Guardiola

Es gibt keine alten und jungen oder altmodischen und fortschrittlichen Trainer, sondern nur erfolgreiche und erfolglose. So ist das, selbst wenn die Arbeit als Trainer extrem schwierig, vielschichtig und kompliziert ist. Aufstrebende Figuren wie Jürgen Klopp, Thomas Tuchel oder André Villas-Boas bringen selbstverständlich frischen Wind in die Branche, aber die einzige Währung, die im Fussball zählt, ist am Ende immer noch der Erfolg. Da kann einer noch so ein guter Verkäufer, Motivator, Laptoptrainer sein – wenn er immer nur verliert, hilft ihm das wenig.

Und so sind wir zum Schluss bei der Debatte angelangt, wer denn der beste (oder eben: erfolgreichste) Trainer der Welt sein könnte. Es ist zweifellos eine offene, emotionale Diskussion, die man diesbezüglich führen kann. Stundenlang. Und irgendwann landen die meisten bei der Frage: José Mourinho oder Josep Guardiola? Es ist beinahe eine Glaubensfrage, ob man den bösen Mourinho oder den smarten Guardiola bevorzugt.

Wir entscheiden uns für den streitbaren Mourinho, der in vier Ländern (Portugal, England, Italien und Spanien) Meister wurde und mit zwei verschiedenen Mannschaften (Porto und Inter Mailand) die Champions League gewann. Was für ein Leistungsausweis! Guardiola hat bisher erst bei den Kurzpassexperten Barcelonas mit grossartigem Einfluss gewirkt und sich dabei unsterblich gemacht.

Letztlich zählen nur Titel

Nun trainieren beide neue Vereine. Und stehen vor grossen Herausforderungen, wobei Mourinho die angenehmere Ausgangslage hat. Der Portugiese kennt seinen neuen Arbeitgeber Chelsea bereits, er liebt die Premier League, viele Engländer mögen ihn. Pep Guardiola dagegen hat in seinem Sabbatical in New York zwar tüchtig Deutsch gelernt und könnte seine Deutschlehrerin einigen deutschen Fussballern, die Mühe mit der Sprache haben, empfehlen.

Allerdings braucht es immer eine gewisse Angewöhnungszeit in einem neuen Land. Zudem hat Bayern letzte Saison alles gewonnen, mehr kann auch Guardiola nicht erreichen. Der Antrieb des Spaniers wird sein, seinen schönen, direkten Ballbesitzfussball in München ebenfalls umsetzen zu können. Feine Füsse stehen ihm auch dort zur Verfügung. Aber letztlich zählen Titel, Titel, Titel.

Wir freuen uns jedenfalls bereits auf den Supercup Ende August in Prag. Europa-League-Sieger Chelsea (mit Mourinho) trifft auf Königsklassen-Gewinner Bayern (mit Guardiola). Welch wunderbare Fügung des Schicksals.

Und was denken Sie: Wer ist der beste Trainer der Welt? Wer wird mehr Erfolg haben beim neuen Klub: Mourinho oder Guardiola? Wie wichtig ist der Trainer überhaupt für den Erfolg einer Mannschaft?

Welcher Club ist der attraktivste der Welt?

Fabian Ruch am Mittwoch den 19. Juni 2013

Heute werfen wir einen Blick auf die Attraktivität der Vereine für Fussballer. In unserer Top 10 der Clubs taucht kein Italiener auf, die Blütephase der Serie A ist längst vorbei. Einst galt die italienische Liga als schönste und beste der Welt – heute sind die meisten Stadien veraltet, die Löhne sind tiefer als in anderen Topligen, und so schrammt einzig Meister Juventus mit neuer Arena knapp an einer Nomination vorbei. Milan und Inter dagegen müssen sich zuerst wieder herausputzen und zu alter Stärke zurückfinden. Beide gehören nicht mehr zum Eldorado für Spitzenkräfte.

Die Bundesliga ist derzeit die wohl attraktivste Liga der Welt. Dennoch schaffen es Schalke, Leverkusen und Wolfsburg nicht in die Steilpass-Liste. In den Top-10-Vereinen ist eine Arbeitsstelle für De-luxe-Fussballer noch reizvoller. Gegen den ukrainischen Giganten Schachtar Donezk sowie den russischen Retortenclub Anschi Machatschkala, wo Spitzensaläre verdient werden können, sprechen die geographisch wenig bezaubernde Lage der Clubs sowie das Leistungsniveau in der Liga. Gerade südamerikanische Stars können dort wenig Eigenwerbung betreiben und werden selten ins Nationalteam berufen. Deshalb taucht auch keiner der Istanbuler Vereine Galatasaray, Fenerbahçe und Beşiktaş auf. Die türkische Liga ist insgesamt zu schwach.

Als attraktivsten Verein ausserhalb Europas wählen wir Flamengo, stellvertretend für die aufstrebende brasilianische Liga, wo mittlerweile wunderbare Löhne bezahlt werden. Und beim Traditionsverein Flamengo in der Traumstadt Rio de Janeiro lässt es sich ganz angenehm spielen.

Jetzt aber zu den Top 10 der attraktivsten Clubs der Welt für Fussballer:

10. Manchester City

Chelsea-Spieler Tevez feiert einen Treffer gegen Wigan, 17. April 2013

Manchester-City-Spieler Tevez feiert einen Treffer gegen Wigan, 17. April 2013. (Keystone/David Richards)

Im Scheichclub ist die Bezahlung ausgezeichnet. Das Kader ist glänzend besetzt und besitzt insbesondere in der Champions League noch Steigerungspotenzial. Weil Manchester City jahrzehntelang erfolglos agierte, ist der Hunger nach Titeln und Trophäen überall spürbar. Das kann inspirierend sein.

9. Monaco

Falcoa schmeisst sich in Pose

Falcoa (neu bei AS Monaco) wirft sich nach einem Treffer für Atletico Madrid in Pose, 31. Mai 2013. (Keystone/Srdjan Suki)

Vor zwei Jahren wäre der Champions-League-Finalist von 2004 nicht einmal unter den Top 200 der Weltclubs gestanden. Mit russischer Finanzhilfe aber ist der Fürstenclub auf dem radikalen Weg zurück zu alter Stärke. Vor kurzem stieg Monaco in die Ligue 1 Frankreichs auf. Und jetzt wird aufgerüstet, koste es, was es wolle. Man darf mit mehreren Hundert Millionen Franken Investitionen allein in diesem Sommer rechnen. Der kolumbianische Superstürmer Radamel Falcao von Atletico Madrid etwa ist für rund 75 Millionen Franken bereits verpflichtet worden. Der milliardenschwere Oligarch Dimitri Rybolowlew träumt auch von Cristiano Ronaldo und anderen Weltstars. Sie verdienen in Monaco steuerfrei. Das Financial-Fairplay, welches von der UEFA demnächst eingeführt werden soll, wird dabei heftig mit den Füssen getreten. Demnach dürfen Vereine ja bald nur noch so viel ausgeben, wie sie selber einnehmen…

8. Borussia Dortmund

Jürgen Klopp, 4. Mai 2013.

Dortmund-Trainer Jürgen Klopp in Aktion, 4. Mai 2013. (Keystone/Marius Becker)

Tolle Fans, mit dem Signal-Iduna-Park eine prächtige Arena, bei jedem Heimspiel rund 80’000 Zuschauer, grenzenlose Begeisterung im Anhang – das alles spricht für Dortmund. Und verhungern muss ein Starkicker bei der Borussia auch nicht, selbst wenn in den anderen Top-10-Clubs dieser Liste im Schnitt deutlich mehr bezahlt wird. Für den Champions-League-Finalisten spricht zudem der leidenschaftliche Trainer Jürgen Klopp. Er macht Spieler besser. Das kann ein Anreiz sein.

7. Paris Saint-Germain

Milos Ninkovic and Cedric Moncongu (L) of Evian vies for the ball with Zlatan Ibrahimovic (R) of Paris Saint Germain during the French League 1 soccer match between Evian Thonon Gaillard and PSG at Parc des Sports in Annecy, France, 28 April 2013.  EPA/EDDY LEMAISTRE

Evian-Spieler Milos Ninkovic (r.) und Cedric Moncongu (l.) versuchen PSG-Spieler Zlatan Ibrahimovic (M.) zu stoppen, 28. April 2013. (Keystone/ Eddy Lemaistre)

Paris ist eine tolle Stadt mit fantastischer Lebensqualität. Zudem wird der Club seit wenigen Jahren von vermögenden Scheichs alimentiert. Das lockt Hochpreisfussballer wie Zlatan Ibrahimovic oder Thiago Silva an. Und: PSG will weiter protzen. Gegen den Verein spricht die eher zweitklassige Liga und der Spitzensteuersatz für Millionenverdiener von 75 Prozent (!), der in Frankreich eingeführt worden ist. Wobei: Wenn ein Nettolohn ausgehandelt wird, muss das die Spieler nicht kümmern…

6. Chelsea

during the Europa League final soccer match between Benfica and Chelsea at ArenA stadium in Amsterdam, Netherlands, Wednesday May 15, 2013. (AP Photo/Peter Dejong)

Chelsea-Spieler Fernando Torres lässt Benficas Torhüter Artur Moraes alt aussehen und erzielt ein Tor, 15. Mai 2013. (AP Photo/Peter Dejong)

Auch London ist eine pulsierende, tolle Weltstadt. Und bei Chelsea übernimmt mit José Mourinho der vielleicht beste Trainer der Welt im Sommer wieder das Zepter. Das hört sich nach einem spannenden Projekt an. Zumal der verschwenderische Besitzer Roman Abramowitsch eher nicht als kleinlich bekannt ist, wenn es um sein Fussball-Spielzeug geht.

5. Arsenal

Queens Park Rangers' Jermaine Jenas, centre attempts to clear the ball from Arsenal's Lukas Podolski, right, and teammate Aaron Ramsey, during their English Premier league soccer match at Rangers' Loftus road stadium in London, Saturday, May  4, 2013. (AP Photo/Alastair Grant)

Arsenal-Spieler Lukas Podolski (r.) kämpft mit Jermaine Jenas (QPR) um den Ball, 4. Mai 2013. (AP Photo/Alastair Grant)

Arsenal rennt zwar seit Jahren einem grossen Pokal hinterher, aber das kann auch eine grosse Herausforderung sein. Und Coach Arsène Wenger lässt in London Offensivfussball spielen, er ist ein guter Ausbildner und soll jetzt endlich bereit sein, ein bisschen mehr in Fussballer zu investieren, die Tore und Erfolg garantieren. Denn Geld besitzt Arsenal ja genügend, hinter Bayern ist der Club vermutlich der zweitrentabelste im Weltfussball. Doch ein Verein muss nicht Gewinne abwerfen, sondern Titel gewinnen.

4. Barcelona

FC Barcelona's Andres Iniesta, left, scores past Chelsea's goalkeeper Petr Cech from Czech Republic during a semifinal second leg Champions League soccer match at the Camp Nou stadium in Barcelona, Spain, Tuesday, April 24, 2012. (AP Photo/Manu Fernandez)

FCB-Spieler Andres Iniesta erzielt gegen Petr Czech (Chelsea) ein Tor, 24. April 2012. (AP Photo/Manu Fernandez)

Der beste Club der letzten Jahre nur auf Rang 4? Ja. Erstens wirkten die Leistungsträger zuletzt ziemlich satt. Zweitens steht jeder Superstar automatisch im Schatten des alles dominierenden und überragenden Lionel Messi. Und drittens ist es allgemein sehr schwierig, sich in der Teamhierarchie einen Platz an der Sonne zu erkämpfen, solange die Clubikonen Carles Puyol, Xavi und Andres Iniesta dabei sind. Aber natürlich ist Barcelona auch in Zeiten des personellen Umbruchs eine Erste-Klasse-Adresse. Der famose Hochgeschwindigkeitsdribbler Neymar wird den Betrieb aufmischen.

3. Manchester United

Rio Ferdinand celebrates his goal to make the game 2-1 to Manchester United during the English Premier League soccer match between Manchester United and Swansea City at Old Trafford, Manchester, Britain, 12 May 2013.  EPA/PETER POWELL

Rio Ferdinand hat im Old Trafford für Manchester United einen Treffer erzielt (gegen Swansea), 12. Mai 2013. (Keystone/Peter Powell)

Sir Alex Ferguson wird ab Sommer tatsächlich nicht mehr Trainer von Manchester United sein. Eine ganze Generation Fussballfans kennt diesen Weltverein gar nicht ohne den Schotten an der Seitenlinie. Jetzt werden die Karten in jeder Beziehung neu gemischt. Und weil ManU weltweit einer der beliebtesten Vereine ist, bleibt er mit seiner Geschichte, seinen Erfolgen, seinen finanziellen Möglichkeiten sowie dem traumhaften Old Trafford als Spielstätte ein sensationeller Arbeitgeber.

2. Real Madrid

Real Madrid's Mesut Ozil from Germany, left, in action with Osasuna's Ruben, right, during a Spanish La Liga soccer match at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid, Spain, Saturday, June 1, 2013. (AP Photo/Andres Kudacki)

Real-Madrid-Spieler Mesut Özil (l.) im Zweikampf mit Ruben (Osasuna),1. Juni 2013. (AP Photo/Andres Kudacki)

Einmal bei Real Madrid spielen – so träumt seit Jahrzehnten fast jeder Bub weltweit. Die Anziehungskraft der Königlichen ist gigantisch. Zuletzt wurde Madrid jedoch von Barcelona dominiert. Das macht den Club nicht weniger interessant. Denn: Dabei zu sein, wenn Real den ersten Champions-League-Titel seit 2002 und den 10. Erfolg im wichtigsten Vereinswettbewerb feiert – davon träumt wohl fast jeder Fussballer weltweit. Vielleicht mit Ausnahme von Lionel Messi.

1. Bayern München

Bayern Munich FC team pose with their trophy and celebrate after the UEFA Champions League final between Borussia Dortmund and Bayern Munich at Wembley Stadium in London, Britain, 25 May 2013. EPA/KERIM OKTEN

Bayern München feiert den Champions-League-Titel, 25. Mai 2013. (Keystone/ Kerim Okten)

Die Titelhamsterer aus München holen sich auch diesen Steilpass-Pokal. Klar, der Druck ist auch bei den Bayern riesig, hier ist Rang 2 bereits eine böse Niederlage. Aber kein Fussballverein wirtschaftet besser, cleverer und vor allem gesünder. Der Triple-Gewinner aus München verfügt über eine fantastische Arena, zahlt prächtige Löhne, garantiert Titel, hat ausgezeichnete Strukturen, spielt in einer schönen Stadt und in einer boomenden Liga. Fussballer-Herz, was willst du mehr? Vielleicht noch den smarten FC-Barcelona-Baumeister Pep Guardiola als Trainer? Check!

Und wie sehen Sie das? Zu welchem Verein würden Sie als Weltstar am liebsten wechseln? Welcher Club ist warum besonders attraktiv? Und: Kann der Lohn wichtiger sein als Verein, Liga oder Lebensqualität?

Weltmeister wird … Brasilien

Fabian Ruch am Mittwoch den 12. Juni 2013


Heute in einem Jahr, am 12. Juni 2014, geht die Weltmeisterschaft in Brasilien los. Und bereits am nächsten Wochenende startet im WM-Gastgeberland der Konföderationen-Cup.

Die im Moment wohl stärkste Nationalmannschaft der Welt spielt beim Turnier der Kontinentalmeister nicht mit. Deutschland, gespickt mit Akteuren der Champions-League-Finalisten Bayern München und Dortmund sowie den Real-Madrid-Grössen Mesut Özil und Sami Khedira, ist dennoch eine nicht allzu mutige Wahl, wenn es darum geht, den nächsten Weltmeister zu prognostizieren.

An den letzten Welt- und Europameisterschaften scheiterten die Deutschen jeweils erst im Halbfinal oder Final. Ihre aktuelle Fussballergeneration ist kontinuierlich gewachsen, und durch den Gewinn der Champions League mit den Bayern haben die Führungsspieler Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger endlich ihren ersehnten grossen internationalen Triumph gefeiert. Mit den überragenden Fussballern Mario Götze, Marco Reus und Ilkay Gündogan, um nur die drei prominentesten Edeltechniker zu nennen, sind zudem Akteure nachgerückt, welche die Auswahl veredeln.

Auch Italien ist unter dem klugen Trainer Cesare Prandelli auf einem guten Weg. Prandelli lässt einen modernen, attraktiven Fussball spielen, ihm stehen in der Offensive mit Mario Balotelli und Stephan El Shaarawy zwei Ausnahmekönner zur Verfügung. Und ausgezeichnet organisiert ist die Squadra Azzurra ohnehin immer.

Spannend zu verfolgen sein wird, ob die Goldene Generation der Spanier um Xavi, Andrés Iniesta und Carles Puyol in Brasilien zu einem letzten Höhenflug bereit sein wird. Diese grossartigen Barcelona-Akteure wurden zuletzt ja auch mit ihrem Verein abgeschrieben. Möglicherweise spornt sie die Kritik, sie seien nach den Grosserfolgen der letzten Jahre satt geworden, in Brasilien zu einer Sonderleistung an. Ein fettes Fragezeichen darf dahinter aber gesetzt werden.

Andere europäische Topnationen wie Frankreich, England und Holland sind derzeit schwächer als die absolute Weltspitze einzuordnen. Und Portugal hat zwar den grossartigen Cristiano Ronaldo und erreichte zuletzt regelmässig den Halbfinal einer WM oder EM. Dennoch traut man den Portugiesen den grossen Wurf nicht zu.

Für europäische Nationen wird es sowieso schwierig werden, in Brasilien zu reüssieren. Das belegt auch die Historie. Noch nie in sieben Anläufen setzten sich Europäer an einer WM in Nord- oder Mittel- oder Südamerika durch!

Und die Konkurrenz wird stark sein. Kolumbien (mit dem formidablen Sturmduo Radamel Falcao und Jackson Martinez) als Siebter und Ecuador als Zehnter stehen in der Fifa-Weltrangliste erstaunlich weit vorne, aber natürlich sind die Argentinier noch besser. Ihr Superstar Lionel Messi überzeugte in den letzten Monaten im Nationalteam erheblich mehr als früher. Könnte Messi seine Auswahl ausgerechnet im Land des grossen Rivalen zum WM-Erfolg führen, würde er sogar aus dem Schatten seines legendären Landsmannes Diego Maradona treten.

Dennoch würden wir, auch ein bisschen dem Herzen folgend, derzeit wagemutig auf das seit Monaten kriselnde Brasilien als Weltmeister 2014 setzen! Natürlich stimmten die Resultate der Seleção zuletzt nicht immer, doch das Team kann seit langem bloss relativ bedeutungslose Testspiele bestreiten und ist deshalb im zuweilen absurden Fifa-Ranking auf Rang 22 abgerutscht – deutlich hinter das Spitzentrio Spanien, Deutschland und Argentinien, aber auch hinter die Schweiz (14), Dänemark (20) oder Ghana (21) sowie nur knapp vor Mali! Beim 3:0-Erfolg vor wenigen Tagen gegen Frankreich aber spielten, kombinierten und tricksten die Brasilianer wie zu besten Zeiten. Und ihr Steigerungspotenzial ist immens.

Eine mögliche Aufstellung der Brasilianer, die über unfassbar viele Spitzenkräfte verfügen, liest sich jedenfalls wie eine Weltauswahl: Daniel Alves (Barcelona), Thiago Silva (Paris), Dante (Bayern München), Marcelo (Real Madrid), David Luiz (Chelsea), Ramires (Chelsea), Lucas (Paris), Oscar (Chelsea), Neymar (Barcelona), Hulk (Zenit St. Petersburg).

Es gilt selbstverständlich viele ausgezeichnete Alternativen zu diesen Könnern. Offen ist jedoch, wie sich Ausnahmespieler Neymar nächste Saison bei Barcelona entwickeln wird. Davon hängt einiges für Brasilien ab. Und, richtig, bei unserer Aufstellung fehlte ein Torhüter. Aber wer auf die besten Abwehrspieler der Welt wie Thiago Silva und David Luiz zählen darf, ist nicht auf einen erstklassigen Ballfänger angewiesen …

Was meinen Sie? Wer ist derzeit die beste Nationalmannschaft der Welt? Ist die Zeit Spaniens abgelaufen? Welches europäische Team kann Gastgeber Brasilien und Argentinien an der WM 2014 gefährden?

Mehr als eine Silbermedaille

Fabian Ruch am Mittwoch den 5. Juni 2013
(EPA/Tobias Hase)

Das Potenzial der Schweizer Fussballer ist gross: Bayern-Spieler Xherdan Shaqiri während eines Spiels gegen Freiburg, 27. April 2013. (EPA/Tobias Hase)

Verpasst die Schweiz die Teilnahme an der WM 2014 in Brasilien, wäre das eine riesengrosse Enttäuschung. Und es wäre eine schwere Niederlage für den Startrainer Ottmar Hitzfeld, der den personellen Umbruch im Team in den letzten Jahren so geschickt moderiert hat. In einer Gruppe mit den zwar unbequemen, aber bestenfalls mittelmässigen Gegnern Island, Norwegen, Slowenien, Albanien und Zypern muss die Schweiz einfach Rang 1 erreichen. Und sie muss am Samstag das Heimspiel gegen Zypern gewinnen. Man darf das verlangen. Dafür reicht ein Blick auf die Kaderlisten und die Arbeitgeber der Nationalspieler. Diese Schweizer Auswahl besitzt enorme Fähigkeiten. Aber vermutlich wird sie ihren Leistungszenit erst nach der WM in Brasilien erreichen. Viele junge, hochbegabte Kräfte wie Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka, Ricardo Rodriguez oder Josip Drmic können nur noch besser, reifer, zielstrebiger werden. Keiner von ihnen ist älter als 21!

Grosses Potenzial

Möglicherweise landet diese talentierte Generation Schweizer Fussballer irgendwann in den nächsten Jahren einen Riesencoup. Sie besitzt das Potenzial dazu, die Weltgrössen zu ärgern und zu schlagen. Allerdings ist die Konkurrenz in einer Sportart, die nahezu in jedem Land der Welt mit Begeisterung  betrieben wird, ausserordentlich gross. Eine Finalteilnahme an einer Fussball-Weltmeisterschaft wäre für ein derart kleines Land wie die Schweiz eine historische Mega-Sensation. Andererseits wurden einige Mitglieder der aktuellen Mannschaft vor bald vier Jahren U-17-Weltmeister oder standen 2011 an der U-21-EM im Final gegen Spanien. Sie wissen, wie man scheinbar übermächtige Länder herausfordert – und bezwingt.

Shaqiri ins zentrale Mittelfeld

Die Karriereplanung der besten helvetischen Nachwuchskräfte ist zum Glück cleverer geworden. Viele wollen sich zuerst in der Super League durchsetzen, ehe sie in eine ausländische Liga wechseln. So versauern weniger Talente auf Ersatzbänken irgendwo in Europa. Xherdan Shaqiri ist auch in dieser Beziehung das Vorbild – allerdings muss er sich bei den Bayern nächste Saison vom wertvollen Ergänzungsspieler zur Stammkraft entwickeln. Mit seinem aussergewöhnlichen Talent sollte der Bayern-München-Spieler zudem im Nationalteam eine noch einflussreichere Rolle übernehmen dürfen. Im zentralen, offensiven Mittelfeld würden Torgefahr, Instinkt, Ballsicherheit und Sonderklasse Shaqiris noch ausgeprägter zur Geltung kommen.

Vorbild Eishockeyaner

Shaqiri und Kollegen stehen vor einer glänzenden Zukunft. Noch aber haben sie als Nationalteam wenig gewonnen. Und seit ein paar Wochen können sich die Fussballer ja an einem Vorbild aus dem eigenen Land orientieren. Die Eishockeyaner haben mit ihrem fantastischen Siegeszug an der WM und ihrem tollen Teamgeist ein kräftiges Zeichen gesetzt. In der allgemeinen Euphorie nach dem Gewinn der Silbermedaille war vielerorts die Schreibe vom grössten Schweizer Sport-Mannschaftserfolg der Geschichte. Das ist, ohne die überragende Leistung in einer attraktiven Sportart schmälern zu wollen, natürlich übertrieben. Zumindest von der globalen Bedeutung her.

Wie eine Fussball-WM ohne Messi und Ronaldo

Die von Kollege Simon Zimmerli hier kürzlich angeregte Diskussion, wie Kaiser Fussball die anderen Sportarten am Rand dominiert, verdient eine Fortsetzung. Denn gemessen an der Resonanz in der Sportwelt ist bereits eine Qualifikation der Schweizer Fussballer für den WM-Achtelfinal wie 1994 und 2006 eine grössere Tat als eine Silbermedaille im Eishockey. Dieser Achtelfinal wird in ungefähr 208 Ländern live am TV ausgestrahlt – und nicht in bloss rund vier. Und ernsthaft betrieben wird Eishockey nun einmal nur in maximal 20 Ländern, während es im Fussball auch in Südamerika, Asien und Afrika starke Nationen gibt. Zudem fehlen an einer Eishockey-WM viele der besten Akteure, weil sie in den NHL-Playoffs engagiert sind. Man stelle sich eine Fussball-WM ohne Lionel Messi, Cristiano Ronaldo, Wayne Rooney, Zlatan Ibrahimovic und Neymar vor! Oder Deutschland ohne Manuel Neuer, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Thomas Müller, Toni Kroos und alle anderen Bayern-Stars, weil diese noch den Champions-League-Final bestreiten müssen!

Das wäre absurd. Es würde aber immerhin – selbst wenn der Münchner Xherdan Shaqiri ja auch fehlen würde – die Chancen der Schweizer erhöhen.

Was finden Sie: Ist eine Silbermedaille im Eishockey die grössere Leistung als eine Qualifikation der Fussballer für einen WM-Achtelfinal? Und: Was trauen Sie der Schweizer Nationalmannschaft in der WM-Kampagne 2014 zu? Welche Rolle sollte Xherdan Shaqiri dabei im Spielsystem spielen?

Murat Yakins Luxusproblem im FCB-Sturm

Fabian Ruch am Mittwoch den 29. Mai 2013
Basels Trainer Murat Yakin. (Keystone)

Für Murat Yakin geht es heute um viel: FCB-Trainer Yakin im Stade de Suisse in Bern, 20. Mai 2013. (Keystone/Peter Klaunzer)

An Abenden wie diesen werden Helden geboren.

Wird FCB-Stürmer Marco Streller heute doch noch zum Meisterschützen? Lässt Valentin Stocker die Basler endlich jubeln? Hext Roman Bürki GC zum nächsten Sieg?

Weil diese Super-League-Saison ziemlich verrückt abläuft und es immer wieder spektakuläre Wendungen gibt, gerne auch in der Nachspielzeit, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir auch heute Abend ein wildes Drama erleben. Möglicherweise verliert der FC Basel ja im Stade de Suisse gegen YB, ist aber am Ende des Mittwochabends dennoch erneut Schweizer Meister – minus mathematische Minirestzweifel. Weil GC in St. Gallen ebenfalls unterliegt. Vielleicht durch ein Gegentor kurz vor Spielende.

Basel's Marco Streller thanks the fans after his substitution during the Super League soccer match between FC Basel and FC Lausanne-Sport at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, on Thursday, May 16, 2013. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Marco Streller bedankt sich nach einem Spiel gegen Lausanne bei den Fans, 16. Mai 2013. (Keystone/Georgios Kefalas)

Der FC Basel zeigte zuletzt ja unerwartete Schwächen auf und neben dem Rasen, wäre jedoch natürlich gleichwohl der verdiente Champion. Er steht unter erheblichem Druck. Die Nerven der Basler sind enorm angespannt, sie reagierten in den letzten Wochen häufig wenig souverän, manchmal sogar unsportlich. Das Gesicht des FC Basel gefiel nicht mehr. Er kann sehr, sehr, sehr viel verlieren. Konkurrent GC nur noch sehr, sehr, sehr viel gewinnen.

Basels Valentin Stocker jubelt ueber das 1:0 im beim Fussballspiel der Super League zwischen dem FC Basel und Servette FC am Sonntag, 12. Mai 2013 im St. Jakobpark Stadion in Basel. (KEYSTONE/Patrick Straub)

Basels Valentin Stocker freut sich über ein Tor gegen Servette, 12. Mai 2013. (Keystone/Patrick Straub)

Doch selbst wenn der FCB sensationell noch den Titel verspielen sollte und im Sommer Leistungsträger wie Stocker, Goalie Yann Sommer, Abwehrchef Aleksandar Dragovic oder Flügelflitzer Mohamed Salah an ausländische Vereine verkaufen muss, wird er nächste Saison die beste, grösste Mannschaft des Landes bleiben. Der Verein ist bestens aufgestellt, steht aber vor grossen Herausforderungen. Insbesondere Trainer Murat Yakin, der ja noch keinen Titel als Coach gewonnen hat, wird beim Aufbau einer neuen Meistermannschaft gefordert sein.

Zur Königsaufgabe wird für Yakin die Besetzung des Angriffs. Der Coach schätzt es, die Flügelpositionen offensiv zu besetzen und das zentrale Mittelfeld zu verdichten. Ein 4-1-4-1, das elastisch betrieben wird und je nach Spielsituation auch ein 4-2-3-1 oder ein 4-3-3 sein kann, dürfte auch in Zukunft das FCB-System sein. Vielleicht wird Yakin mal mit einer Dreierkette in der Abwehr experimentieren. Aber es ist kaum vorstellbar, dass er in einem 4-4-2 spielen lassen wird.

Le joueur valaisan Jose Adailton, gauche, lutte pour le ballon avec le joueur balois Raul Bobadilla, droite, lors de la rencontre de football de Super League entre le FC Sion et FC Basel 1893, ce dimanche 5 mai 2013 au stade de Tourbillon a Sion. (KEYSTONE/Maxime Schmid)

Sion-Spieler José Adailton ringt mit Raúl Bobadilla um den Ball, 5. Mai 2013. (Keystone/Maxime Schmid)

Nur in diesem System aber hätten die beiden für Super-League-Verhältnisse herausragenden und sehr kostspieligen Angreifer Marco Streller und Raúl Bobadilla gemeinsam Platz. Sie sind eher nicht auf dem Flügel oder im zentralen, offensiven Mittelfeld vorstellbar, zumal Yakin dort ohnehin auf andere Spielertypen setzt. Streller mag es, einen Partner im Sturm zu haben, er agierte zuletzt als einziger FCB-Angreifer wenig überzeugend. Der bullige Bobadilla dagegen ist problemlos als Ein-Mann-Sturm einsetzbar.

Was also passiert in Basel? Wie löst Yakin sein stürmisches Problem? Kommt es bald zum Machtkampf?

Murat Yakin hat sich ist in seiner Trainerkarriere nicht vor unpopulären oder unsentimentalen Entscheidungen gescheut. Er hat Alex Frei beim FCB eiskalt aufs Abstellgleis gestellt. Vielleicht wird er bald auch Marco Streller, ein anderes Basler Idol, opfern. Weil er Bobadillas Kraft, Torgefährlichkeit und Präsenz extrem schätzt. Eines ist klar: Yakin wird bedingungslos auf den Argentinier setzen. Wenn dieser topfit ist. Der Coach traut sich zu, den impulsiven Heisssporn Bobadilla unter Kontrolle zu haben. Dafür aber muss der Stürmer spielen. Und nicht auf der Ersatzbank versauern.

Und auch deshalb geht es für Murat Yakin in diesen Tagen um extrem viel. Als Meistertrainer wäre seine Akzeptanz deutlich grösser. Als Titelcoach könnte er heikle personelle Veränderungen einfacher moderieren.

Was glauben Sie: Wer wird Meister? Was passiert am Mittwochabend? Und wird Murat Yakin die Stürmer Marco Streller und Raúl Bobadilla nächste Saison gemeinsam aufstellen?

Was den Cup-Finalisten noch fehlt

Fabian Ruch am Mittwoch den 22. Mai 2013
Es kann nur einen geben: Cupsieger GC, hier mit Moritz Bauer am «Chübel» (r.), lässt Murat Yakins Basel stehen. (Bilder: Keystone)

Es kann nur einen geben: Cupsieger GC, hier mit Moritz Bauer am «Chübel» (r.), steht Murat Yakins FC Basel vor der Sonne. (Bilder: Keystone)

Ich bin am Pfingstmontag im Cupfinal in Bern von GC eines Besseren belehrt worden. Dieses Team hat mich richtig überzeugt. Es ist vif, mutig, spielfreudig. Und es hat gegen den grossen Favoriten FC Basel zweifellos hochverdient gewonnen. Dieser Grasshopper Club ist deutlich stärker, als ich vor dem Endspiel dachte.

Der Cupsieger ist mit klugen Transfers ideal zusammengestellt worden. Das erfahrene Trio Stéphane Grichting, Veroljub Salatic und Milan Vilotic hat der Mannschaft enorm viel Stabilität verliehen, diese Routiniers leiten die zahlreichen Talente ausgezeichnet an. Und im Tor steht mit Roman Bürki ein riesiges Talent. Die Mannschaft ist homogen, laufstark, willig, ihre Leidenschaft war am Montag derart ausgeprägt, dass sich die Spieler sogar vom unglücklichen Rückstand nicht irritieren liessen – und sie zeigten auch im Elfmeterschiessen gegen den Penaltyspezialisten Yann Sommer keine Nerven. Das hat mich überrascht – und beeindruckt.

Der FC Basel dagegen hat mit einer zu passiven und defensiven Aufstellung und Einstellung agiert. Vielleicht war er nach den vielen Pokalgewinnen in den letzten Jahren auch zu satt. Er wollte den Sieg kühl und relativ emotionslos erringen, und beinahe wäre dieser Matchplan aufgegangen. Nun muss sich FCB-Trainer Murat Yakin aber einige Fragen stellen. Er hat in seiner Trainerkarriere bis am Montag fast alles richtig gemacht und sein aussergewöhnliches taktisches Geschick oft bewiesen. Jetzt steht er erstmals ein bisschen im Gegenwind und sollte die Lehren aus dieser Niederlage ziehen.

Der FCB agierte in den letzten, erfolgreichen Jahren fast immer offensiv, druckvoll, stürmisch. Yakin dagegen mag es lieber kontrolliert, er stellt im Zweifelsfall noch einen zentralen, defensiven Mittelfeldspieler mehr auf. Im Cupfinal war diese vorsichtige Spielweise das falsche Signal. Zudem ist ein Stürmer wie Marco Streller in einem Zwei-Mann-Angriff deutlich stärker und präsenter, als wenn er wie am Montag ganz alleine vorne ackern muss. Das bewiesen auch die letzten Jahre an der Seite Alex Freis. Und: Wenn Mohamed Salah gesperrt fehlt und Valentin Stocker für einmal nicht überragend auftritt, sind diese Basler ziemlich einfach auszurechnen. Beide könnten ausserdem wie Abwehrchef Aleksandar Dragovic und Goalie Sommer bald ins Ausland wechseln.

Nun besitzt der FC Basel als Branchenprimus selbstverständlich die finanziellen Möglichkeiten, um Abgänge zu ersetzen. Seine Scoutingabteilung hat oft genug grossartige Fussballer entdeckt. In den letzten Monaten ging bei Basel reichlich Offensivpotenzial verloren, Xherdan Shaqiri und Alex Frei etwa prägten die Meisterjahre entscheidend. Die Frage wird nun sein, ob Murat Yakin auf Spielertypen wie St. Gallens Oscar Scarione oder Zürichs Josip Drmic setzen möchte. Beim FC Thun herrschte zwischen Chef Yakin und Künstler Scarione nicht grenzenlose Zuneigung.

Die FCB-Verantwortlichen sollten dieser kämpferisch prächtigen Mannschaft dringend spielerische Elemente beimischen. Zudem darf man gespannt sein, ob und wie Murat Yakin seine zwei Angreifer Streller und Raúl Bobadilla zusammenbringen kann. Und ob es ihm gelingen wird, den impulsiven Skorer Bobadilla zweitens in Topverfassung zu bringen – sowie dessen Undiszipliniertheiten erstens zu minimieren. Sonst herrscht auch beim FCB bald Zoff um den südamerikanischen Heisssporn.

GC steht gleichfalls vor schwierigen Personalentscheidungen. Talente wie Izet Hajrovic dürften bald weiterziehen, das wird dem Verein wenigstens Transfererlöse einbringen. Mit diesen Einnahmen sollte er, wenn möglich, einen Torjäger engagieren. Denn ein Stürmer, der mindestens 15 Tore in einer Saison garantiert, fehlt GC eindeutig, um näher an den FCB zu rücken. Solche Angreifer sind jedoch äusserst begehrt und dementsprechend schwierig zu finden. Man darf gespannt sein, ob GC und der FC Basel in diesem Sommer auf dem Transfermarkt ein derart glückliches Händchen wie zuletzt besitzen werden.

Welche Spieler benötigen Basel und GC Ihrer Meinung nach, um Fortschritte zu erzielen? Wie sollen sich die beiden Vereine auf dem Transfermarkt im Sommer verhalten?

GC-Höhenflug als Sinnbild für diese bescheidene Saison

Fabian Ruch am Donnerstag den 16. Mai 2013
YB's Samuel Afum rechts, im Kampf um den Ball gegen GC's Veroljub Salatic links, waehrend dem Raiffeisen Super League Spiel zwischen den BSC Young Boys und dem Grasshopper Club Zuerich, am Dienstag 7. Mai 2013 im Stade de Suisse in Bern. (KEYSTONE/Marcel Bieri)

Vielleicht waren einfach alle anderen Teams dieses Jahr schlecht: GC-Spieler Veroljub Salatic (l.) und der Berner Samuel Afum kämpfen um den Ball, 7. Mai 2013. (Bild: Keystone/Marcel Bieri)

Ich muss und möchte dem geschätzten Kollegen Thomas Kobler vehement widersprechen. Er kritisierte vor drei Tagen an dieser Stelle Uli Forte heftig und warf dem GC-Trainer sogar vor, dieser sei mit seinen personellen Massnahmen verantwortlich dafür, dass der Grasshopper Club nicht Meister werden würde.

Diese Behauptung ist natürlich völlig falsch. In Wahrheit lebte GC in dieser Saison weit über seine Verhältnisse und absolvierte – gemessen an den Erwartungen – eine überragende Spielzeit. So viel falsch kann da der Trainer nicht gemacht haben. Im Gegenteil. GC präsentierte sich auch dank kluger Transfers vor der Saison in der Regel gut organisiert. Unter Uli Forte, daran besteht kein Zweifel, hat GC eine äusserst positive Entwicklung genommen. Schliesslich wäre der Rekordmeister letzte Saison abgestiegen, hätten bei Xamax und Sion nicht zwei Fussball-Wahnsinnige gewütet. Aber das ist eine andere unschöne Geschichte aus dieser Liga.

Dass GC aber bis Mitte Mai vom Meistertitel träumen durfte, beweist, wie schwach das Niveau in dieser Super-League-Spielzeit insgesamt ist. Denn die Zürcher profitierten von den krassen Schwächen bei der wirtschaftlich und sportlich eigentlich besser aufgestellten Konkurrenz. Jene Vereine, die Basel von der Substanz her am ehesten gefährden könnten, begingen auf vielen Ebenen zahlreiche Fehler. Bei YB und Sion, Zürich und Luzern herrschte Kontinuität in den letzten Monaten und Jahren einzig in Sachen Unruhe.

Jetzt sind bei den vier Vereinen mal wieder neue Verantwortliche am Werk. Sie geloben Besserung, präsentieren Konzepte, schüren Hoffnungen. Am Ende aber jubelt in 12 Monaten wohl wieder der FC Basel. Sions rücksichtslosem Präsidenten Christian Constantin jedenfalls ist es leider nicht mehr zuzutrauen, zur Besinnung zu kommen und zu realisieren, dass er trotz beachtlicher Investitionen kaum Erfolg haben wird, wenn er Halbjahr für Halbjahr die halbe Mannschaft rausschmeisst und Trainer im Zwei-Monate-Rhythmus entlässt. Um am von Constantin so oft zitierten Totomat bestehen zu können, benötigt es: Geduld, Ruhe, Kompetenz. Zu finden sind diese Tugenden vorbildhaft in Basel. Die Entscheidungsträger der meisten Vereine in dieser Liga sollten beim FCB in die Lehre gehen müssen.

Und nicht nur bei Sion sind Zweifel angebracht, ob die nahe Zukunft deutlich besser werden wird. Zürich muss sparen, Luzern sortiert sich neu, YB plant den nächsten Umbruch. Die unzähligen Skandale, Schlagzeilen und Sensationen bei diesen Vereinen bieten zwar beste Unterhaltung für uns, sind der Klasse der fussballerischen Darbietungen auf dem Rasen aber abträglich. Und so bot diese Super-League-Spielzeit letztlich bestenfalls bescheidenen Sport. Zu oft standen Rochaden auf den Trainerbänken oder in Sportchefbüros im Mittelpunkt. Zu hektisch agierten die meisten Klubs. Zu unbeständig spielten viele Mannschaften. Auch deshalb durfte sich der tapfere, aber keinesfalls unwiderstehliche Aufsteiger St. Gallen im Spitzentrio etablieren. Und darum spielte GC ein bisschen um den Titel mit.

Die Frage aber ist: Was wird am Ende von dieser Saison in Erinnerung bleiben?

Die Liga braucht unbedingt ein starkes YB

Fabian Ruch am Mittwoch den 8. Mai 2013


4050! So wenig Menschen wollten am Samstagabend das Heimspiel der Grasshoppers gegen Servette (2:0) live im Letzigrund anschauen. 4050! Das ist sehr bitter für den Fussballstandort Zürich. Da kann GC dank guter Arbeit, ausgezeichneter Transfers und begabten Spielern endlich, endlich wieder mal Meister werden (zumindest theoretisch), und dann erscheinen nicht mehr Zuschauer zu einer der letzten Begegnungen der Saison.

Die Erkenntnis ist gewiss nicht neu, dass der Fussball im Vergnügungsparadies Zürich einen schwierigen Stand hat. Sein Stellenwert ist gering. Es ist beinahe wie in der Westschweiz, wo stolze Vereine wie Lausanne, das letzte Saison Konkurs gegangene Xamax und Servette leider eher wenig Begeisterung in der Bevölkerung wecken – und auch finanziell darben müssen. Anderswo – in Sion, Luzern und St. Gallen beispielsweise – herrscht zwar Fussballeuphorie, doch die Klubs sind letztlich nicht gross genug, um den in allen Belangen überragenden FC Basel konstant zu attackieren.

Es gibt in der Schweiz nur einen Verein, der ähnlich stark, erfolgreich, mächtig wie der FCB sein könnte. Die Young Boys verfügen über ein wunderschönes Stadion, sie haben eine riesige Fanbasis und dank vermögender Besitzer die wirtschaftlichen Möglichkeiten, um Basel zu gefährden. Die YB-Verantwortlichen jedoch arbeiteten seit Sommer 2010 miserabel und leiteten mit Missmanagement eine gewaltige sportliche und finanzielle Talfahrt ein – obwohl die Brüder Rihs als Investoren ansehnliche Beträge zur Verfügung stellten, um ein Meisterteam hinzustellen. Allein im Jahr 2012 betrug das Minus im Betrieb deshalb 15 Millionen Franken!

Die Jahre zwischen 2006 und 2010 jedoch hatten bewiesen, dass in Bern mit vernünftiger, kluger Arbeit ein Fussballgigant aufgebaut werden könnte. Da machte YB glücklich. Da erschienen regelmässig über 25’000 Zuschauer zu wichtigen Partien der Young Boys im Stade de Suisse. Da spielte YB um mehrere Titel in Liga und Cup, zelebrierte aber auch den Status als Verlierermannschaft und veryoungboyste einen Pokal nach dem anderen. Immerhin aber qualifizierte sich das Team in den letzten Jahren zweimal für die Europa League – und hat sich insgesamt trotz aktueller fussballerischer Baisse als zweite Spitzenkraft in der Super League etabliert. Eigentlich. Und auf dem Papier.

Die Liga jedenfalls braucht zur Steigerung der Attraktivität unbedingt ein starkes YB als Gegenpart des dominanten FC Basel.

In dieser fürchterlich miesen Spielzeit der Young Boys jedoch läuft der Berner Riese mal wieder den hohen Erwartungen hinterher. Von einer weiteren Finalissima gegen den Rivalen Basel ist YB derzeit so weit entfernt wie die Grasshoppers von hohen Sympathiewerten in der Südkurve. Es wird die grosse Herausforderung für Sportchef Fredy Bickel sein, das bemerkenswerte Potenzial in Bern auszuschöpfen – und vor allem das ungenügend zusammengestellte Team auszumisten und sinnvoll zu verstärken. Damit die Titelsehnsucht im YB-Umfeld bald gestillt werden kann. Die Ungeduld in der treuen Fangemeinde wächst.

Und es ist ja so: Wenn der SC Bern Eishockeymeister wird, freuen sich die Leute in der Hauptstadt und feiern routiniert ein bisschen. Werden aber die Young Boys (irgendwann) erstmals seit 1986 nationaler Champion, wird in Bern ein gigantisches, vermutlich einmaliges Fest steigen. Würde dagegen in ein paar Wochen in Zürich eine GC-Meisterparty stattfinden, dürfte man das wohl nicht einmal richtig bemerken.

Wer anders als YB also kann diesen souveränen FC Basel langfristig herausfordern?