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Dieses Schweizer Team ist noch besser,
als viele denken

Fabian Ruch am Mittwoch den 11. September 2013
Torjubel in Oslo: Doppeltorschütze Fabian Schär (Mitte) lässt sich feiern, das Schweizer Team erledigte seinen Job beim 2:0 gegen Norwegen souverän.

Torjubel in Oslo: Doppeltorschütze Fabian Schär (Mitte) lässt sich feiern, das Schweizer Team erledigte seinen Job beim 2:0 gegen Norwegen souverän.

Nach dem diskussionslosen 2:0-Sieg am Dienstagabend in Oslo gegen Norwegen, den grössten Konkurrenten in der Gruppe, wird die Schweiz mit allergrösster Wahrscheinlichkeit an der WM 2014 in Brasilien teilnehmen. Und das ist richtig so. Dieses talentierte Team hat es verdient, an der Weltmeisterschaft im nächsten Jahr dabei zu sein. Da spielt es auch keine Rolle, dass sich die Schweizer in einer der schwächsten Qualifikationsgruppen, die es bisher in Europa gegeben hat, durchsetzen werden. Norwegen aus Topf 1 und Slowenien aus Topf 2 – diese Konstellation dürfte einzigartig bleiben.

Die Art, mit der die Schweiz in Norwegen siegte, ist beeindruckend. Sie war in allen Belangen die bessere Mannschaft, sie war bissiger und begabter, spielstärker und stabiler. Die Akteure kombinierten zuweilen flott und vernachlässigten dennoch nur selten ihre taktische Disziplin, sie waren solidarisch und leidenschaftlich. Die Schweizer hätten mit mehr Kaltblütigkeit auch 4:0 oder 5:0 gewinnen können und haben mit bemerkenswerter Reife auf den kolossalen Einbruch gegen Island reagiert. Sie bewiesen, den Ernst der Lage erkannt zu haben. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie in Oslo auftraten und den Gegner dominierten, lässt erahnen, welches Potenzial in dieser Mannschaft steckt. Die Schweizer sind besser, als viele Leute heute denken. Ihre beste Zeit steht dieser Auswahl noch bevor.

Aber irgendwie scheinen zahlreiche Menschen dem Nationalteam immer noch nicht viel zuzutrauen. Anders ist es nicht zu erklären, warum der Auswahl nach dem 4:4 gegen Island in den letzten Tagen derart viel Misstrauen entgegenschlug. Viele Medien übertrieben es mit der Kritik. Natürlich gibt es keine Entschuldigung, wenn man einen 4:1-Vorsprung gegen eine mittelmässige Mannschaft wie Island verspielt. Aber im Fussball geschehen manchmal seltsame Dinge. Und die Schweizer haben sich dadurch nicht entmutigen lassen. Sie reagierten wild entschlossen und bewiesen in Oslo, eine aufstrebende Macht in Europa zu sein. Sie haben ein Zeugnis ihrer Reife abgelegt.

Vermutlich ist das belgische Team mit seinen zahlreichen Ausnahmetalenten derzeit sogar noch aufregender als die Schweizer Mannschaft. Aber diese muss sich nicht kleiner machen, als sie ist. Im Kader stehen ausgezeichnete Fachkräfte, die auf ihren Positionen zu den besten Europas gehören – und die meisten Nationalspieler besitzen ja noch Steigerungsmöglichkeiten. Der Prozess dieses Teams zu einer internationalen Topequipe ist noch lange nicht abgeschlossen. Aus dem grossartigen Nachwuchsbereich rücken immer wieder neue Talente nach.

Und einige wertvolle Akteure wie Xherdan Shaqiri oder Granit Xhaka, Haris Seferovic oder Ricardo Rodriguez sind immer noch jung. Am Ende ihrer Entwicklung ist diese Mannschaft deshalb noch lange nicht angelangt. In einer Generation, die U-17-Weltmeister wurde und Finalist der U-21-EM war, gibt es ohnehin viele ausserordentlich talentierte Akteure. Sie wissen, wie man grosse Fussballnationen bezwingt. Und deshalb darf die Schweiz der Fussball-WM im nächsten Sommer auch optimistisch entgegenblicken.

An der Weltmeisterschaft wird für das Team von Ottmar Hitzfeld einiges möglich sein. Gegen starke Teams agiert die Schweiz meistens noch besser, weil sie auf dem Rasen schnell von Defensive und Offensive umschalten kann und mit ihren flinken Akteuren unberechenbar bleibt. Bei günstiger Auslosung jedenfalls kann die Schweiz an der WM 2014 zum Favoritenschreck werden. Eine Qualifikation für die Achtelfinals muss das Ziel sein. Und an guten Tagen wird die Schweiz auch danach für Überraschungen sorgen können.

Und was meinen Sie? Was liegt für die Schweiz in Brasilien im nächsten Jahr drin? Oder zweifeln Sie noch an der WM-Qualifikation?

 

 

Die Schweiz fährt trotzdem an die Fussball-WM

Fabian Ruch am Samstag den 7. September 2013
Island war für Xherdan Shaqiri und Co. ein Stolperstein, aber zum Glück nicht mehr.

Island war für Xherdan Shaqiri und Co. ein Stolperstein, aber zum Glück nicht mehr (Reuters).

Resultat und Spielverlauf der Partie in Bern sind für die Schweizer ein Schock. Die einen werten das 4:4 im WM-Qualifikationsspiel vom Freitagabend gegen Island als Blamage, andere sprechen und schreiben von einem Unentschieden, das sich wie eine Niederlage anfühle. Klar ist: Wer eine 4:1-Führung gegen eine limitierte Mannschaft wie Island noch verspielt, der hat an einer Weltmeisterschaft eigentlich wenig zu suchen. Einerseits. Andererseits ist der Fussball ja genau deshalb so faszinierend, weil vieles möglich ist. Schweden holte in Deutschland erst vor kurzem einen 0:4-Rückstand auf, am Ende stand es ebenfalls 4:4.

Die Schweiz ist also in bester (oder besser: schlechtester) Gesellschaft. Und sie hat im YB-Heimstadion streng genommen nur frei nach dem Gastgeberteam eine Partie veryoungboyst. Und natürlich gibt es Gründe für den Einbruch. Vielleicht hat Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld beispielsweise zu lange mit einem Wechsel gewartet. Man spürte in der zweiten Halbzeit ja förmlich, wie die Schweizer zu passiv wurden und den Gegner damit Schritt für Schritt aufbauten.

Zudem erzielten die Isländer herrliche Tore, es waren Sonntagsschüsse am Freitagabend. Das kann passieren. Die Schweizer haben in den letzten Jahren bewiesen, WM-tauglich zu sein, sie haben eine junge, talentierte, gute Mannschaft, die mittlerweile sogar begeistern und stürmen und zaubern kann. Sie ist ausgezeichnet besetzt, ihre besten Kräfte spielen bei internationalen Topvereinen und sind dementsprechend selbstbewusst. Dennoch darf so ein Nachlassen wie gegen Island natürlich niemals passieren. Möglicherweise sind einige Akteure zu selbstsicher, zumindest gewann man diesen Eindruck gegen Island, weil die Schweizer nach der deutlichen Führung zu nonchalant und fehlerhaft agierten.

Und wenn dieser Nationalmannschaft etwas ganz bestimmt noch fehlt, dann ist es ein Torjäger. Der begabte Haris Seferovic vergab noch vor der Pause drei ausgezeichnete Gelegenheiten, und so führten die Schweizer nach der ersten Halbzeit nicht 5:1 oder 6:1, sondern nur 3:1. Seferovic gehört die Zukunft, er ist ein moderner, starker Angreifer. Am Freitagabend aber war er noch nicht so weit, sein Team zum Sieg zu führen. Zudem mangelt es der Auswahl in solch heiklen Momenten wie in der Schlussphase gegen Island eindeutig an Erfahrung. Es war kein Leader mehr auf dem Rasen, der die Mannschaft anleitete, stabilisierte, führte. Wenn der älteste Akteur erst 30 Jahre alt ist, kann sich das manchmal auch nachteilig auswirken.

So ist Captain Gökhan Inler, der am Freitag gesperrt fehlte, möglicherweise ein kleiner Gewinner des Spektakels im Stade de Suisse. Die Vorkämpfer und Balleroberer Valon Behrami und Blerim Dzemaili sind im zentralen Mittelfeld energischer, dynamischer, kräftiger als ihr Napoli-Teamkollege Inler. Aber es gelang den beiden gegen Island nach der Pause nicht mehr, die Balance im Team zu halten. Auch ihre Mitspieler stürmten teilweise ins Verderben, sie suchten eher das 5:1, 5:2 und später das 5:3, statt solide den Vorsprung zu verwalten. Erstaunlicherweise muss sich auch der offensivstarke Rechtsverteidiger Stephan Lichtsteiner von Juventus diesen Vorwurf gefallen lassen. Er sollte aus der Resultatliga Serie A, die taktisch auf enorm hohem Niveau ist, wie Behrami und Dzemaili genau wissen, wie man eine Führung über die Runden bringt.

Man darf nun gespannt sein, wie Ottmar Hitzfeld am Dienstag in Norwegen aufstellen wird. Gökhan Inler dürfte als Lenker zurückkehren. Blerim Dzemaili aber wusste am Freitag lange Zeit zu gefallen. Muss er dennoch wieder auf die Bank? So oder so wird es in Oslo eine völlig andere Begegnung geben. Der Druck wird auf den Norwegern liegen, die Schweizer werden mit einem Unentschieden gut leben können. Und wenn sie Raum zum Kontern bekommen, sind sie ohnehin gefährlich und stark.

Aber selbst bei einer Niederlage bleibt die Schweiz Leader ihrer Gruppe. Deshalb sei die Prognose erlaubt: Das Schweizer Team wird trotz des Rückschlags gegen Island an die Weltmeisterschaft 2014 nach Brasilien reisen – und das muss in dieser schwach besetzten Gruppe einfach das Ziel sein. Zumal die anderen Teams sich ebenfalls fleissig gegenseitig Punkte abnehmen. Die Schweiz hat es in Norwegen und Albanien sowie am Ende zu Hause gegen Slowenien jedenfalls in den eigenen Füssen. Und wenn sie diese prächtige Ausgangslage noch verspielen würde, dann wäre das noch viel schlimmer, als nach einer 4:1-Führung zu Hause gegen Island nicht zu gewinnen.

Und was denken Sie? Was hat die Schweiz gegen Island nach der Pause falsch gemacht? Wie muss Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld nun am Dienstag in Norwegen aufstellen? Und: Wer wird Gruppensieger?

Was der Fussball vom Schwingen lernen kann

Fabian Ruch am Mittwoch den 4. September 2013
Schwingfest

Faire Sportler, friedliche Fans: Florian Gnaegi (l.) und Bruno Gisler vor Zuschauern am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Burgdorf. (Bild: Urs Flüeler/Keystone)

Am Wochenende war die Sportschweiz im Schwingfieber. Und weil das Eidgenössische Schwingfest medial breit abgedeckt und prächtig vermarktet wurde, vergass auch wirklich kaum jemand, darüber zu reden. Es ist faszinierend, wie es ein traditionsreicher Anlass geschafft hat, auch dank Grosssponsoren den Sprung in die Moderne zu realisieren – und doch seine alten Werte nicht unbedingt verraten zu haben. Deshalb ist Schwingen gerade sehr in Mode.

Schwingen ist eigentümlich, spannend, cool. Was also kann der Fussball als weltweit mit Abstand beliebteste Sportart davon lernen? Nun, zum Beispiel: Die Berner können wichtige Duelle gewinnen, tatsächlich! Was aber am Wochenende eigentlich gar nicht so schwierig schien, denn das waren ja in Burgdorf in Wahrheit eher Berner Meisterschaften mit ein paar Gästen als Füllmaterial fürs Teilnehmerfeld. Doch lassen wir regionale Sticheleien. Es soll hier darum gehen, dass der Fussball gut daran tut, dem Schwingsport genau zuzuschauen.

Denn: Demut, Bescheidenheit, Bodenständigkeit können nie schaden. Die besten Schweizer Fussballer fahren als 20-Jährige im neuesten Ferrari vor. Es sei ihnen gegönnt. Aber ist das nötig? Die besten Schweizer Schwinger gehen ins Wirtshaus auf dem Land und essen ein deftiges Schnitzel am Stammtisch. Zum Beispiel. Schwinger wirken meistens sympathisch, sie sind geerdet, Fussballer wirken manchmal abgehoben, sie sind von den Marktpreisen früh verdorben oder zumindest verführt. Und man kann es ihnen nicht einmal übel nehmen. Schwinger umarmen sich nach einem Kampf innig, sie gratulieren einander, sie schütteln sich fair die Hände, helfen dem Verlierer vom Boden hoch, schütteln ihm das Sägemehl vom Rücken. Fussballer foulen, reklamieren, motzen, suchen die Schwalbe im Strafraum und das versteckte Mätzchen im Zweikampf. Oft jedenfalls.

Natürlich ist Fussball ein grossartiger Sport – trotz aller unangenehmer Begleiterscheinungen. Und doch tat es am Wochenende mal wieder gut, beim Schwingen zu sehen, wie es eben auch gehen kann. Und welche Werte wichtig sind. Selbstverständlich geht es auch im Schwingen hinter den Kulissen mit Ellbogeneinsatz um die Verteilung der Gelder – und darum, wie die Zukunft gestaltet werden soll. Das wird ein interessanter Richtungsstreit.

Aber irgendwie ist der Sport im Schwingen reiner. Fussball kann ein Kontrastprogramm sein. Bei Basel–YB beispielsweise dagegen suchten am Sonntag die üblichen Verdächtigen bei Körperkontakt im Strafraum sofort den Elfmeter. Man kann das clever nennen. Oder unsportlich. Schwinger würden das kaum tun. Sie würden weiterlaufen. Oder dem Schiedsrichter sagen, es sei kein Penalty gewesen, wenn sie dieses Gefühl hätten.

Warum aber ist das so? Wieso geht es im Schwingsport meistens derart viel fairer zu und her? Klar, es ist deutlich weniger Geld im Spiel. Und vielleicht liegt es ja auch an der Herkunft und Erziehung der Sportler. Wobei: Dieses Terrain verlassen wir gleich wieder, es ist glitschig, und man will ja nicht den Vorwurf hören, man sei rassistisch. Weil man das bestimmt nicht ist. Aber ein bisschen mehr Ehrlichkeit, Fairness, Souveränität würde manchem im Fussballgeschäft nicht schaden.

Und besonders eklatante Unterschiede sind bei den Zuschauern auszumachen. Im Fussball gibt es leider immer wieder Chaoten, Prügler, Hooligans. Im Schwingen geht es rustikal und gesittet, freundlich und friedlich zu und her. Hunderttausende reisten am Wochenende nach Burgdorf und wieder nach Hause, von Zwischenfällen hörte man nichts. Die Veranstalter mussten die Fangruppen nicht trennen, sie mussten nicht sündhaft teure Sicherheitskonzepte erstellen, sie mussten nicht einmal besonders viel Wachpersonal anstellen. Warum auch? Es gibt ja – unter normal denkenden Menschen – auch keinen Grund, an einer Sportveranstaltung zu randalieren oder gar irgendwelche Pyros zu zünden.

Die Deppen unter den Fussballfans, welche die Stadien immer wieder als Bühne für Dummheiten benutzen, sollten besonders genau hinsehen, wenn ein Schwingfest auf dem Programm steht. Mit 50’000 Zuschauern alleine im Stadion wie am Wochenende. Aber ohne Pyros. Ohne Schlägereien. Ohne Ärger, Unruhe, Ausschreitungen. So ist das. Wären alle Fussballfans wie die Schwingfreunde, müsste man sie auch nicht mit einem mühsamen Hooligan-Konkordat kontrollieren.

Und was denken Sie? Was kann der Fussball vom Schwingen lernen? Und warum sind Schwingfeste so viel friedlicher?

Messi, Ronaldo oder Ribéry?

Fabian Ruch am Mittwoch den 28. August 2013
Messi Ronaldo Ribéry

Der Grösste, die ewige Nummer zwei und der Triple-Gewinner (v.l.): Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Franck Ribéry können Europas Fussballer des Jahres werden. (Bilder: Reuters)

Am Donnerstag wird in Monaco an einer grossen Show Europas Fussballer des Jahres gewählt. Dabei ehrt man den besten Spieler aller nationalen und internationalen Wettbewerbe des Europäischen Fussballverbandes (Uefa) der letzten Saison.

53 Fussballjournalisten, aus jedem Uefa-Mitgliedland einer, haben eine Vorauswahl getroffen. Sie werden an der Veranstaltung in Monaco mit einem Live-Voting auch den Sieger ermitteln. Der Medienvertreter aus der Schweiz ist der Autor dieses Blogs – und ist sich noch nicht sicher, wie er am Donnerstag entscheiden soll. Die drei verbliebenen Kandidaten Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und Franck Ribéry werden in Monaco anwesend sein, und unvergessen ist, wie pikiert Ronaldo letztes Jahr reagierte, nachdem Andrés Iniesta zum Gewinner der Saison 2011/12 erklärt worden war. Lionel Messi, der dritte Kandidat, gratulierte seinem Barcelona-Teamkollegen damals auf der Bühne sofort herzlich – und umarmte ihn lange. Der schwer enttäuschte Ronaldo dagegen stand geschlagen daneben und wusste nicht, wie er seine Niedergeschlagenheit verbergen soll. Er schüttelte Iniesta halbbatzig die Hand.

Auch jetzt stehen die überragenden Weltklassespieler Messi und Ronaldo natürlich wieder zur Wahl. Sie sind seit vielen Jahren die Überflieger des Fussballs, ihre Rivalität elektrisiert die Fangemeinde. Und manchmal hat man das Gefühl, dem eitlen Ronaldo würde es fast mehr bedeuten, bei der Wahl zu Europas Fussballer des Jahres oder bei jener zum Weltfussballer des Jahres Anfang Januar in Zürich zu triumphieren und Messi zu bezwingen – als mit Real Madrid Titel zu gewinnen.

Messi und Ronaldo waren letzte Saison zweifellos erneut die zwei stärksten Fussballer. Mal wieder. Ihre Sonderklasse und Torgefahr, ihre Dribbelstärke und Qualität sind einfach unerreichbar für die Konkurrenz. So gesehen geht es auch darum, ob man Messis unfassbare 46 Tore in 32 Primera-Division-Partien höher gewichtet als Ronaldos 12 Treffer in der Champions League in 12 Einsätzen und seine insgesamt 56 Pflichtspieltore in 61 Einsätzen. Messi oder Ronaldo? Es ist für viele auch eine Frage der Einstellung: Kunst oder Kraft? Barça oder Real? Bescheidener, schüchterner Familienmensch oder schriller, extravaganter Glamourboy?

Und: Es gibt ja auch noch einen dritten Nominierten. Diesmal ist es Franck Ribéry, der famose Franzose. Der Flügelflitzer ist in der Form seines Lebens und gewann mit Bayern letzte Saison das Triple (Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League). Aber es geht bei dieser Wahl nicht darum, das beste Team zu küren – sondern den besten Einzelspieler. Ob Ribéry letzte Saison ähnlich dominant wie Messi und Ronaldo war? Darüber lässt sich trefflich und lustvoll stundenlang debattieren. Die Kurzmeinung lautet: eher nicht.

Vor einem Jahr jedenfalls siegte Andrés Iniesta gewiss auch, weil er die perfekte Symbolfigur für den Europameister Spanien darstellte. Und weil er – wie Messi – mit Barcelona brillierte. Iniesta war das Sinnbild für den Tiki-Taka-Zauber. Die spanische Meisterschaft jedoch holte sich 2012 Real Madrid, und weil der im Verein überragende Cristiano Ronaldo mit Portugal auch eine starke EM gespielt hatte, war er vor einem Jahr für viele der Favorit auf den Titel bei der Wahl zu Europas Fussballer des Jahres. Diesmal ist er Aussenseiter.

Ribéry also wäre die logische Wahl, um Bayerns grandiose Saison zu ehren. Messi wäre die natürliche Wahl, weil er einfach Messi ist, ein fantastischer Weltklassespieler mit sensationeller Torquote. Und Ronaldo wäre gleichfalls eine nachvollziehbare Wahl, die irgendwie auch ein Lebenswerk berücksichtigen würde. Nach vielen zweiten Plätzen hätte es der exzellente Portugiese verdient, mal wieder eine Wahl zu gewinnen.

Möglicherweise geht die Stimme der Schweiz nach Portugal.

Und wie würden Sie entscheiden? Ist Lionel Messi einfach immer der Beste? Sollen Bayern Erfolge gewürdigt und Franck Ribéry zu Europas Fussballer des Jahres gewählt werden? Oder hat es Cristiano Ronaldo verdient, diese Wahl zu gewinnen?

Die Bundesliga ist die beste Liga der Welt

Fabian Ruch am Montag den 19. August 2013


Die grossen Ligen nehmen im August den Betrieb auf, am nächsten Wochenende geht es auch in der Serie A wieder los. Es ist also Zeit, die Ligen zu vergleichen – und ein Ranking bezüglich Spielniveau, Unterhaltung und Attraktivität zu erstellen.

Manche gewichten dabei den Spektakelgehalt von Barcelona und Real Madrid höher als andere, viele sind Premier-League-Enthusiasten, jeder hat seine persönlichen Vorlieben. Dennoch gibt es Indikatoren, mit denen man das Treiben messen und die Ligen gegenüberstellen kann. Als erstes sicherlich die Spielstärke, und da hat die Bundesliga auch in jenem Bereich aufgeholt, in dem sie in den letzten Jahren oft noch kritisiert wurde. Mittlerweile gibt es nämlich mit Dortmund nach den Bayern einen zweiten internationalen Topverein – und auch Schalke sowie Leverkusen besitzen die Möglichkeit, in der Champions League weit zu kommen.

Klar: Die Spanier haben die Giganten Barça und Real. Und die Engländer haben am meisten Topteams, erwähnt seien die Manchester Edelklubs United und City, die Londoner Chelsea, Arsenal und Tottenham, auch Liverpool ist ein Riese, und insgesamt kommt die Premier League der Bundesliga in Sachen Spielstärke und Ausgeglichenheit am nächsten. Aber in Deutschland ist am meisten Spannung garantiert, selbst wenn es in den letzten Jahren eine Tendenz zu «spanischen Verhältnissen gab», weil Bayern und Dortmund die Saisons ähnlich dominierten wie Barcelona und Madrid. In der Bundesliga jedoch sind die meisten Überraschungen möglich.

Und die deutsche Eliteklasse, im Sommer 50 Jahre alt geworden, boomt. Nicht nur wegen der Champions-League-Finalisten München und Dortmund. In Sachen Zuschauerschnitt kann seit langem niemand mehr mithalten, auch letzte Saison erschienen über 40’000 Besucher pro Partie. Weltrekord im Fussball. Die Stadien sind dabei insgesamt deutlich grösser, schöner, moderner als in konkurrierenden Ligen, es hat fast überall prächtige Bauten und angemessene VIP-Räumlichkeiten, es sind Unterhaltungstempel der Superlative – von München bis Hamburg und von Gelsenkirchen bis Dortmund. Auch in diesem Bereich hält einzig die Premier League annähernd mit. In Italien und Spanien sowie auch Frankreich sind die Arenen dagegen häufig veraltet und wenig attraktiv.

Nicht zuletzt aber ist die Bundesliga eine riesige wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Die Bayern sind auch diesbezüglich das leuchtende Vorbild, und die meisten Vereine arbeiten finanziell vernünftig und führen die Geschäfte nicht undurchsichtig und mit Dutzenden von Millionen Schulden wie oft in Spanien oder Italien. Die Misswirtschaft ist in Spanien äusserst ausgeprägt, das kostet der Primera Division viel Ansehen – und in unserem Ranking einen Platz auf dem Podest. Denn ausser Barcelona und Real Madrid bietet La Liga in diesen wirtschaftlich für Spanien so tristen Zeiten wenig Erbauliches.

Italien dagegen geht es zwar auch nicht besonders gut, Leute wie Fussballvereine leiden. Aber die Serie A ist besser als ihr Ruf. Es herrscht Spannung, zumindest mehr als in Spanien, hinter dem aktuellen Primus Juventus versuchen Milan und Inter, Serienmeister noch vor kurzem, einen finanziell gesunden Kurs einzuschlagen, ohne an Klasse einzubüssen. Die Superstars spielen nicht mehr in Italien, klar, doch es hat interessante Mannschaften wie Napoli oder Fiorentina, die auf dem Vormarsch sind oder mit spektakulärem Offensivfussball zu begeistern wissen. Letztlich ist die Serie A jedenfalls erheblich ausgeglichener als die Primera Division, wo Barcelona am Wochenende gegen Levante in der ersten Halbzeit gleich mal sechs Tore erzielte und am Ende im Schongang 7:0 siegte. Solche Steinzeitresultate sind auf Dauer langweilig.

Unsere Top 11 der Fussballligen sieht derzeit so aus: 11. Schweiz. 10. Holland. 9. Ukraine. 8. Türkei. 7. Portugal. 6. Russland. Und dann folgen die grossen fünf Ligen. Fünfter wird Frankreich. Die Ligue 1 hat dank Paris Saint-Germain, von Scheichen alimentiert, sowie Aufsteiger Monaco, welcher das Spielzeug eines Russen ist, zwei aufregende neuschwerreiche Projekte zu bieten. Die fürstlichen Gehälter bei beiden Klubs locken Topkönner an, und es hat mit Marseille, Saint-Etienne, Bordeaux oder Lyon auch durchaus weitere Prominenz in der Liga. Dennoch ist die Primera Division, auf Rang 4 liegend, selbstverständlich besser, grösser, attraktiver. Weil aber eben hinter Barcelona und Real Madrid viel Mittelmass, Finanzakrobatik und Tristesse wartet, muss sich Spanien für einmal geschlagen geben.

Dritter wird Italien, Zweiter England, Sieger Deutschland. Die Gründe für die Besetzung dieses Podests sind erläutert worden. Und vielleicht ändert sich das Ranking in den nächsten Monaten ja wieder. Gerade die Premier League könnte an der Tabellenspitze sehr spannend verlaufen. Die Bundesliga dagegen muss aufpassen, dass die Bayern nicht zu überlegen werden. Das würde der Anziehungskraft schaden.

Und, liebe Fussballfreunde, wie sehen Sie das? Ist die Bundesliga die beste Liga der Welt? Oder doch eher die Premier League? Wo steht die Primera Division mit ihren zwei Giganten Barcelona und Real Madrid?

Doping im Fussball – ach was …

Fabian Ruch am Mittwoch den 14. August 2013
Die Sieger des 100-Meterlaufs an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul wurden alle des Dopings überführt (v.l.): Linford Christie, Carl Lewis und Ben Johnson. (AP/Gary Kemper)

Die ersten Drei des 100-Meter-Laufs an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul wurden inzwischen alle des Dopings überführt (v.l.: Linford Christie, Carl Lewis und Ben Johnson). (AP/Gary Kemper)

Im Sport wird fleissig gedopt, klar, und wahrscheinlich wird man auch die Sieger der letzten Tour-de-France-Veranstaltungen, die amtierenden Schwimm-Weltmeister oder die Medaillengewinner der aktuellen Leichtathletik-WM irgendwann noch überführen – wenn neue Kontrollmethoden existieren, welche die heute verwendeten Substanzen erkennen. Die Proben werden ja aufbewahrt. In Sportarten, in denen vor allem Kraft und Ausdauer benötigt werden, gab es schon immer Doping. Warum sollte das heute anders sein?

Wie aber sieht es im Fussball aus? Wird gedopt? Wenn ja: für was? Es ist ein sehr heikles Thema, denn der Fussball ist derart populär und mächtig, dass es enorm einflussreiche Kreise gibt, welche die Königssportart rigoros schützen. Es gibt, das darf man schreiben, gewiss Sportarten, die konsequenter gegen Doping vorgehen als der Fussball.

epa03442129 A picture dated 24 July 2005 shows US cyclist Lance Armstrong of the Discovery Channel Team signalling a seven as he is on his way to win his seventh Tour de France in Corbeil-Essonnes, France. Armstrong has been stripped off his seven Tour de France titles the international cycling federation UCI announced at a press conference in Geneva, 22 October 2012.  EPA/OLIVIER HOSLET

Die Radsportverbände bekämpfen Doping rigoroser als die Fussballverbände: Der gedopte Lance Armstrong vor dem Gewinn seiner siebten Tour de France, 24. Juli 2005. (EPA/Olivier Hoslet)

Illegale Mittel helfen im Fussball jedoch sowieso nur bedingt weiter. Jeder, der schon einmal auf dem Fussballplatz gestanden ist, weiss, was es bedeutet, wenn man einen Ball erhält. Man hat jetzt geschätzte 100 und gefühlte 1000 Möglichkeiten, wie es weitergeht. Kurzpass? Langer Pass? Dribbling? Schuss? Ball stoppen? Direkt weiterleiten? Nach hinten? Quer? Nach vorne? Doping kann bei dieser Entscheidungsfindung eher nicht weiterhelfen.

Im Fussball sind extrem viele Fähigkeiten gefordert, es geht etwa um Handlungsschnelligkeit, Spielintelligenz, Übersicht, natürlich aber auch um Kraft, Schnelligkeit, Erholungsfähigkeit. Dennoch: Es geht nicht einfach nur darum, einen Berg möglichst rasch mit dem Velo zu erklimmen. Oder 800 Meter so schnell zu rennen, wie es der Körper zulässt. Oder 50 Meter in extrem hohem Tempo zu schwimmen.

Nein! Man muss mit dem Ball umgehen, eine präzise Flanke schlagen oder sich im Kopfballduell durchsetzen können. Zum Beispiel.

Weil der Fussball derart komplex ist, hilft Doping also nur beschränkt weiter. Oder kann man die Technik von Lionel Messi heranzüchten? Die Freistossstärke von Cristiano Ronaldo? Die Wucht von Zlatan Ibrahimovic? Die Übersicht von Ilkay Gündogan? Die Präzision von Andrea Pirlo? Und die Intelligenz von Xavi? Nein, natürlich nicht alleine durch besonders umfangreiche Dopingpraktiken. Zu viele Faktoren sind entscheidend, als dass jemand im Fussball sich bloss mit unerlaubten Mittelchen in die Weltspitze katapultieren könnte.

Real Madrid's Ronaldo from Portugal, celebrates after he scored  during their Spanish La Liga soccer match against Almeria at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid, Spain Saturday Dec. 5, 2009. (KEYSTONE/AP Photo/Alvaro Barrientos)

Im Fussball ist Doping kein Thema: Der nicht gedopte Real-Madrid-Spieler Ronaldo zeigt seine Muskeln, 5. Dezember 2009. (Keystone/Alvaro Barrientos)

Das ist, selbstverständlich, für einige Leute eine oberflächliche These. Und logischerweise ist es die Einstellung eines Fussball-Liebhabers, werden Velofahrer und Leichtathleten monieren. Das mag sein. Aber der Fussball eignet sich nun mal eher nicht dazu, um besonders viele Muskeln oder extrem viel Kraft aufzubauen. Andere wichtige Aspekte wie Spritzigkeit, Schnelligkeit, Beweglichkeit könnten darunter leiden.

Aber, und damit folgt die Kernaussage dieser Gedanken: Es ist naiv zu glauben, im Fussball werde nicht doch gedopt. Die Hochleistungsfussballer treten mittlerweile während 10 Monaten im Jahr beinahe jeden dritten Tag zu einer Begegnung auf internationalem Niveau an. Selbstredend kann es extrem hilfreich sein, wenn man sich in diesem strengen Programm schneller erholt, bessere Ausdauerwerte besitzt, widerstandsfähiger ist. Und weil es keine Sportart gibt, in  der es um mehr Geld geht, wäre es äusserst überraschend, würde nicht auch im Fussball mit Spritzen, Tabletten und Medikamenten gehandelt. Jedes Detail kann schliesslich entscheidend sein. Und wer nach zweimal schlafen schon wieder perfekt erholt ist, der ist im Vorteil.

Es gab ja in den letzten Jahren immer wieder Verdächtigungen und Gerüchte. Grosse spanische Vereine und Fussballer seien ebenfalls Kunden beim berüchtigten Sportmediziner Eufemiano Fuentes gewesen, hiess es. Details erfuhr man keine. Gibt man aber den Namen des spanischen Arztes bei Google ein, folgen als erste Vorschläge: FC Barcelona. Guardiola. Fussball. Nur so.

Auch gegen Juventus zum Beispiel gab es regelmässig Doping-Vorwürfe. Und zuletzt hiess es in Deutschland, früher sei auch im Fussball umfassend gedopt worden. Irgendwie. Vielleicht wussten die Spieler gar nicht, was sie verabreicht erhielten. Und vermutlich half es ihnen dann eben auch nicht direkt etwas, wenn sie im Strafraum frei zum Schuss kamen. Oder vor dem eigenen Tor richtig stehen mussten. Aber es hat ihnen in diesem Moment bestimmt auch nicht geschadet.

Und was glauben Sie? Wird im Fussball gedopt? So viel wie in anderen Sportarten? Bringt es im Fussball überhaupt etwas?

Pervers oder spektakulär?

Fabian Ruch am Dienstag den 6. August 2013

Bald beginnt auch in den grossen europäischen Fussballligen der Betrieb. Und man muss sich ja heftig die Augen reiben, wenn man sieht, was da auf dem Transfermarkt wieder los ist. Von der Wirtschaftkrise, die weite Kreise Europas erfasst hat, ist wenig zu spüren. Aber das kann nicht überraschen, schliesslich sind es vor allem Scheiche und Oligarchen, welche die Ablösesummen in teilweise absurde Höhen treiben. Manchester City, Paris-Saint-Germain oder Monaco, um nur drei von Ausländern alimentierte Vereine zu nennen, sind auf grosser Einkaufstour und geben Hunderte von Millionen Franken für frische Kräfte aus. Der Preis spielt oft keine Rolle, Hauptsache die neuen Spieler sind prominent, stark, beliebt. Und wenn jetzt Gareth Bale tatsächlich für rund 150 Millionen Franken zu Real Madrid wechseln würde, wäre das nur konsequent. Real Madrid stellt immer wieder Rekorde bei Transfersummen auf, das ist sich der vielleicht grösste Fussballklub der Welt wohl schuldig.

Man kann diese Entwicklung krank oder pervers finden, wie das viele tun. Letztlich aber gilt es, die Realität zu akzeptieren. Und der Fussball ist am Ende auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Schuldenwirtschaft gibt es überall, und solange die Vereine – auf welchen oft dubiosen Wegen auch immer – Möglichkeiten finden, den Betrieb zu finanzieren, geht das Wettrüsten weiter. Rationale Gründe sind hinter den Aktivitäten meist nicht zu erkennen. Weil Barcelona mit Neymar einen neuen Zauberkünstler verpflichtet hat, muss Real möglichst spektakulär kontern. Mit Cristiano Ronaldo steht zwar schon der weltbeste Linksflügel im Team, aber der zweitbeste, Gareth Bale, wird dann halt über rechts stürmen. Und das Duell der Feinfüsse Lionel Messi/Neymar gegen die Kraftpakete Ronaldo/Bale wird die Fussballwelt elektrisieren.

Dennoch muss man sich fragen, in welche Richtung der Fussball geht. Es findet nämlich gerade eine fundamentale Kräfteverschiebung statt. Jahrzehntelange Grössen wie Milan und Inter Mailand müssen fleissig sparen, und wenn neue Besitzer nicht ebenfalls vom Kaufrausch befallen werden, dürften die zwei italienischen Klubs bald endgültig den Anschluss an die neureichen Emporkömmlinge wie Manchester City und Paris Saint Germain verlieren. Immerhin: Real und Barcelona bleiben wie Bayern München als Konstante unter den internationalen Topteams. Aber vielleicht misst sich Manchester City schon bald im Champions-League-Final mit Monaco. Vor fünf Jahren wäre so eine Endspielpaarung ungefähr so realistisch gewesen wie die Vorstellung, dass Bayerns Präsident Uli Hoeness nicht über die Konkurrenz lästern kann, weil er selber ein Imageproblem besitzt.

Und es wird zwar, wie gerade in diesen Zeilen, immer mal wieder ein moralisches Fragezeichen hinter die Entwicklung gesetzt werden. Doch die meisten Fussballfans freuen sich letztlich, wenn ihr Verein Spiele gewinnt und Titel feiert – und sei es dank kostspielig engagierten Spielern und zwielichtiger Vereinschefs. So ist das. Fraglich aber bleibt, ob der Europäische Fussballverband (UEFA) das Financial Fairplay wirklich so umsetzt, wie er es angekündigt hat. Demnach dürften, grob erklärt, nur noch Vereine am Europacup teilnehmen, die nicht mehr Geld ausgeben als einnehmen. Es wird Übergangsphasen geben, wo ein gewisser Verlust zulässig ist. Spätestens in drei Jahren aber sind solche Transferexzesse wie in diesem Sommer kaum mehr möglich – ausser die Vereine finden Schlupflöcher und verkaufen beispielsweise die Trikotwerbung für astronomische, nicht marktgerechte Preise. So könnten die Gelder der Besitzer über Umwege in den Verein geschleust werden.

Die UEFA jedoch wird sowieso kaum Vereine wie Real Madrid von der Champions League ausschliessen. Das würde dem glänzenden Geschäft massiv schaden. Und die Show muss weitergehen. Oder nicht?

Und was meinen Sie? Stören Sie sich an den gewaltigen Ablösesummen im Fussball und den hohen Schulden vieler Vereine? Finden Sie die Entwicklung ungesund – oder haben Sie keine Probleme damit? Hauptsache, die Unterhaltung stimmt?

So kann Guardiola bei Bayern scheitern

Fabian Ruch am Mittwoch den 31. Juli 2013

Wer kennt Pep Guardiola richtig? Diese Frage drängt sich auf in diesen Tagen, in denen Fussballdeutschland fasziniert das akribische Treiben des spanischen Wundertrainers bei Bayern verfolgt. Plant dieser elegante Fussballästhet die ganz grosse Revolution in München? Guardiola ist ja irgendwie mit einem virtuellen Heiligenschein unterwegs, er hat bei Barcelona einen Titel nach dem anderen gewonnen, viele Fans liegen ihm und seinem Kurzpassfussball zu Füssen.

Und jetzt krempelt dieser Spanier einen Weltklub um, als würde er bloss in irgendeinem Managerspiel auf dem Computer ein bisschen viele Veränderungen vornehmen – und mal beobachten, wie sich die Dinge so entwickeln. Aber es ist keine Simulation. Es ist die pure Realität. Und es geht um den wirtschaftlich und zuletzt auch sportlich erfolgreichsten Verein der Welt. Wenn Guardiola so weitermacht, wird er entweder sehr schnell entlassen – oder er nicht nur virtuell einen Heiligenschein tragen!

Pep Guardiola scheint ein Wolf im Schafspelz zu sein. Freundlich, aber knallhart. Klug, aber ideologisch. Er geniesst einen glänzenden Ruf, selbst wenn sich seine Funktion als Katar-Fussball-Botschafter nicht wirklich mit seinem Image als Gutmensch vereinbaren lässt.

Aber Guardiola muss nur gewinnen. So läuft das im Sport.

Bei seiner Vorstellung vor ein paar Wochen in München meinte Guardiola noch demütig, er werde nur wenig verändern, ein Trainer müsse sich den Spielern anpassen, Bayern sei ein grosser Verein mit eigenständiger Philosophie. Jetzt ist alles anders, es würde nicht einmal mehr wahnsinnig überraschen, wenn Guardiola bald Franz Beckenbauer reaktiviert. Dieser könnte im Zentrum des Spiels mit seinem feinen Fuss bestimmt wertvolle Kurzpässe zelebrieren.

Der bei Barcelona wunderbare Guardiola riskiert viel. Er geht All-In. Ohne Rücksicht. Es ist die spektakuläre Pep-Revolution. Die Bayern gewannen letzte Saison das Triple, und doch müssen sie nun den Fussball neu lernen. Das Murren ist erst leise vernehmbar, wird sich aber in ein Donnergrollen verwandeln, sobald es unter Guardiola nicht läuft. Man darf gespannt sein, wie lange die machtbewussten Grössen des Teams still halten – und sich manchmal wie Schulbuben behandeln lassen. Erste Anzeichen von Unruhe gibts bereits, die 2:4-Niederlage im Supercup am letzten Samstag bei Borussia Dortmund war schmerzhaft für Guardiola. Er benötigt Ruhe, deshalb braucht er Siege.

Jupp Heynckes stellte die Bayern letzte Saison klug und pragmatisch im 4-2-3-1-System auf, mit Bastian Schweinsteiger und Javi Martinez im Zentrum als Balleroberer und Strategen. Guardiola lässt nun im flotten 4-1-4-1 stürmen, es ist sehr offensiv interpretiert, mit dem sensationellen Fussballer Thiago im Zentrum des Geschehens. Aber kann Thiago auch defensiv eine Hilfe sein? Wo spielt dann Schweinsteiger? Was ist mit Toni Kroos? Wird Mario Götze den falschen Neuner geben? Hat es Platz für Arjen Robben und Mario Mandzukic? Wird Martinez in der Innenverteidigung spielen? Und wagt es Guardiola gar, seinen Lieblingsplan umzusetzen und Philipp Lahm, den besten Aussenverteidiger der Welt, ins offensive Mittelfeld zu setzen?

Klar: Bei über 20 Nationalspielern gibt es immer Härtefälle. Aber: Wenn die Spieler nicht an die Ideen ihres Trainers glauben, hat dieser verloren. Und: Frische Impulse sind immer gut, ungewöhnliche Einfälle ebenfalls, denn im Erfolg werden oft die schlimmsten Fehler gemacht. Guardiola jedoch übertreibt es mit seiner Philosophie. Er verändert unnötig zu viele Sachen, die prächtig liefen. Er müsste bloss ein wenig an der Feinjustierung drehen – und nicht eine neue Maschine aufbauen. Nun sind aber die Bayern natürlich zumindest in der Bundesliga stark genug, um einen Kantersieg nach dem anderen zu landen. Es ist beinahe egal, wie der Trainer aufstellt. Auch mit Feinfuss Beckenbauer im Mittelfeld würde es wohl noch reichen für die Mittelfeldklubs der Liga.

Doch Bayern will erneut Barcelona, Real Madrid, Juventus bezwingen. Dazu benötigt das überragend besetzte Team vor allem Stabilität und Vertrauen. Die Gefahr ist gross, dass Guardiolas Spielidee in den wichtigen Begegnungen Schiffbruch erleiden wird. Wenn er sich nicht bald anpasst, wird er deshalb grandios scheitern. Denn keiner ist grösser als ein Weltverein. Und die Bayern haben in den letzten Jahren sehr schlechte Erfahrungen gemacht mit Konzepttrainern wie Buddhafreund Jürgen Klinsmann, der jedes Detail bis zur Gestaltung der Klubanlage bestimmen wollte. Auch der arrogante Louis van Gaal, ein grossartiger Ausbildner, musste gehen, weil er dachte, er sei mindestens so göttlich wie der Fussballgott.

Pep Guardiola ist smarter als van Gaal, aber er ist gleichfalls äusserst stur. Jedenfalls ist bei Bayern München in den nächsten Wochen noch mehr Unterhaltung als gewöhnlich garantiert.

Was denken Sie? Ist Guardiola auf dem richtigen Weg – oder scheitert er? Werden die Bayern erneut das Triple gewinnen? Und muss sich ein Trainer nicht stärker seinen Spielern anpassen als Guardiola?

So ist YB ein Meisterkandidat

Fabian Ruch am Mittwoch den 24. Juli 2013
Le joueur bernois Gonzalo Zarate laisse eclater sa joie apres avoir marque le premier but lors de la rencontre de football de Super League entre le FC Lausanne-Sport, LS, et le BSC Young Boys ce samedi 20 juillet 2013 au stade Olympique de la Pontaise a Lausanne. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

YB-Spieler Gonzalo Zarate feiert seinen Treffer gegen Lausanne, 20. Juli 2013. (Keystone/Jean-Christophe Bott)

Die Favoriten Basel, YB, Zürich und GC haben sich nach zwei Spieltagen bereits auf den ersten vier Plätzen der Super League eingerichtet. Als einziges Team noch ohne Punktverlust sind dabei die Young Boys, und viele fragen sich, ob die Berner den FC Basel in dieser Saison ernsthaft herausfordern können.

Die ersten zwei YB-Auftritte unter dem neuen Trainer Uli Forte haben überzeugt. YB präsentierte ein neues Gesicht, agierte frisch, forsch, frech. Das äusserst laufintensive Pressing setzte Sion und Lausanne schwer unter Druck. YB agierte aggressiv, war ballsicher, wirkte stabil. Und dank bemerkenswerter Effizienz sowie früher Tore liessen die Young Boys nie Zweifel an den Erfolgen aufkommen, schalteten jedoch ziemlich früh in den Verwaltermodus.

So spielen Spitzenteams.

Aber natürlich machen zwei gute Leistungen gegen bescheidene Gegner noch keinen Meisterkandidaten aus. Die echten Prüfsteine warten noch auf YB. Und erst nach den ersten Niederlagen wird man sehen, wie die Mannschaft nach der katastrophalen letzten Saison auf Rückschläge reagiert. Einzig der neue Abwehrchef Steve von Bergen ist ja in der aktuellen Stammformation ein Sommerpausenzugang.

Berns Trainer Uli Forte, links, und Christoph Spycher feiern den Sieg nach dem ersten Spiel der Fussball Super League Saison 2013/14 zwischen den Berner Young Boys und dem FC Sion, am Samstag 13. Juli 2013, im Stade de Suisse in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)

YB-Trainer Uli Forte (l.) und Christoph Spycher feiern den Sieg gegen Sion, 13. Juli 2013. (Keystone/Peter Schneider)

Aber: Uli Forte steht ein breites, prächtig besetztes Kader zur Verfügung.

Die schnellen Yuya Kubo und Renato Steffen beispielsweise sind erstklassige Alternativen in der Offensive. Samuel Afum, der wohl beste Stürmer im Kader, ist derzeit noch verletzt. In der Defensive erhöhen Milan Gajic im zentralen Aufbau sowie Linksverteidiger Alain Rochat den ohnehin bereits heftigen Konkurrenzkampf. So kann Uli Forte die Akteure unter Spannung halten, kaum einer hat seinen Stammplatz auf sicher.

Wenn YB so weiterspielt, ist das Team auf jeden Fall ein Meisterkandidat. Forte ist es letzte Saison ja bereits mit GC gelungen, den FC Basel herauszufordern – und im Cupfinal zu bezwingen. Auch die Super League blieb erstaunlicherweise bis kurz vor Saisonende spannend. Und die YB-Mannschaft ist bestimmt nicht schwächer als jene der Grasshoppers, im Gegenteil: Forte stehen in Bern deutlich mehr Akteure auf ähnlich hohem Niveau zur Verfügung als in Zürich.

Berns Yuya Kubo, rechts, im Duell mit Sions Max Veloso im ersten Spiel der Fussball Super League Saison 2013/14 zwischen den Berner Young Boys und dem FC Sion, am Samstag 13. Juli 2013, im Stade de Suisse in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Der Berner Yuya Kubo (r.) und Sions Max Veloso kämpfen um den Ball, 13. Juli 2013. (Keystone/Peter Schneider)

Selbstverständlich sind bei YB alle Verantwortlichen bestrebt, die Erwartungen zu dämpfen. Die Sehnsucht des Anhangs nach dem ersten Titel seit dem Cupsieg 1987 aber ist spürbar – und riesig. Siege gegen ein neu zusammengewürfeltes Sion und ein schwaches Lausanne genügen, um bereits eine Minieuphorie in Fussball-Bern auszulösen. Sie kann die Young Boys weit tragen, zumal im gesamten Verein und im Stade-de-Suisse-Betrieb nach der gescheiterten «Phase 3» eine Aufbruchstimmung auszumachen ist.

Für YB spricht auch, dass sich das Team auf die Liga konzentrieren kann. Erstmals seit 2002 nehmen die Berner nicht am Europacup teil. Letzte Saison bestritten die Young Boys in ihrem Europa-League-Steigerungslauf bis zur Winterpause 12 kontinentale Begegnungen – mit dem fantastischen Auftritt an der Anfield Road (2:2 gegen Liverpool) als Höhepunkt. YB aber leistete sich, genau wie Basel, immer wieder Punktverluste in der Super League, weil die Mannschaft nach den Auftritten im Europacup und den teilweise beschwerlichen Reisen ausgelaugt wirkte.

Wenn der FC Basel in dieser Saison die Champions League erreicht oder in der Europa League erneut derart lange wie letztes Jahr mitspielt, wäre das für die Young Boys eine gute Nachricht. Die Basler sind, gerade in der Offensive, ja noch erheblich stärker einzuschätzen als YB. Verliert der FCB in dieser Transferphase bis Ende August aber noch einen oder zwei Stammspieler, könnte ihn das mehr schmerzen als in früheren Jahren. Denn es dürfte relativ schwierig sein, kurzfristig noch starken Ersatz verpflichten zu können. Selbst wenn Basel auf Abgänge meistens bestens vorbereitet ist.

Erhält Uli Forte die Zeit, in Bern ein starkes Team aufzubauen, ist YB also auf jeden Fall ein Meisterkandidat. Vielleicht aber noch nicht in dieser Saison.

Was glauben Sie? Kann YB den FC Basel bereits in dieser Saison herausfordern? Können andere Teams in den Titelkampf eingreifen? Oder ist Basel in der Super League weiter eine Klasse für sich?

Shaqiri muss Bayern verlassen!

Fabian Ruch am Mittwoch den 17. Juli 2013
xxx during the last training session prior the Champions League, round of 16, second leg soccer match between FC Bayern Munich and Arsenal London, in Munich, Germany, Tuesday, March 12, 2013. (AP Photo/Matthias Schrader)

Wird Shaqiri bei den Bayern genug gefordert? Im Bild: Xherdan Shaqiri während des Trainings, 12 März 2013. (AP Photo/Matthias Schrader)

Xherdan Shaqiri besitzt aussergewöhnliche Fähigkeiten, er kann einmal ein Weltklassespieler sein. Vorerst soll er nächste Saison die Schweiz an die WM führen, am besten als Spielmacher im Zentrum und nicht als Flügelspieler, wo er mit seiner Sonderbegabung im Nationalteam total verschenkt ist.

Aber ein anderes Thema ist im Moment wichtiger: Xherdan Shaqiri muss Bayern München in diesem Sommer verlassen, wenn er den nächsten Schritt in seiner Karriere realisieren will. Er ist immer noch erst 21 Jahre alt, er benötigt in der nächsten Saison vor allem eines: Spielpraxis!

Bei Bayern München aber, im 4-1-4-1-System des neuen spanischen Trainers Pep Guardiola, kämpft Shaqiri gegen gestandene Weltklassespieler. Franck Ribéry, Arjen Robben, Thomas Müller, Toni Kroos, Mario Götze, Thiago Alcantara sowie die defensiven Aufbauer Bastian Schweinsteiger, Javi Martinez und Luiz Gustavo sind die neun Konkurrenten um die Besetzung der fünf Mittelfeldpositionen. Selbst wenn Götze als «falscher Neuner» im Sturm aufgestellt wird und Martinez in die Innenverteidigung rückt, wie Beobachter vermuten, wird Shaqiri kaum sofort zur Stammkraft aufsteigen.

Wird Shaqiri seinen Platz in einer Guardiola-Mannschaft finden? Im Bild: Traing der Bayern mit Pep Guardiola,

Wird Shaqiri seinen Platz in einer Guardiola-Mannschaft finden? Im Bild: Training der Bayern mit Pep Guardiola, 26. Juni 2013. (Keystone/ Peter Kniffel)

Shaqiri gilt zwar als perfekter Guardiola-Spieler, weil er klein, schnell, wendig, spielintelligent ist. Doch realistisch gesehen stehen Ribéry, Götze, Kroos, Müller und Guardiola-Liebling Thiago in der Hierarchie im offensiven Bayern-Mittelfeld noch vor ihm. Der manchmal egoistische Robben könnte bei Guardiola dagegen einen schwierigen Stand haben. Aber selbst der Holländer besitzt als Siegschütze im Champions-League-Final gegen Dortmund und wegen seiner absoluten Sonderklasse natürlich noch einen höheren Status als Shaqiri. Und: Möglicherweise ist Schweinsteiger bei Guardiola ebenfalls fürs offensive Mittelfeld vorgesehen – dann wird es noch enger für Shaqiri.

Xherdan Shaqiri blickt ja auf ein ordentliches erstes Jahr beim Triple-Gewinner Bayern zurück. Er hat in Champions League, Bundesliga und DFB-Pokal triumphiert und wurde regelmässig eingesetzt oder zumindest eingewechselt. Aber irgendwie war er trotz guter Leistungen und einiger Tore und Assists bloss ein Mitläufer. Wenn es wirklich ernst wurde, musste der Schweizer in den grossen Partien immer auf die Bank – obwohl Kroos am Ende monatelang verletzt ausfiel. Jetzt sind mit Götze und Thiago die zwei Wunschspieler von Guardiola dazugekommen. Sie werden bestimmt Fixkräfte sein.

Selbstverständlich ist es Shaqiri zuzutrauen, sich mit seinen Qualitäten bereits in der nächsten Saison bei Bayern durchzusetzen – zumal es jederzeit Verletzungen anderer Akteure geben kann. Aber die Gefahr ist für den besten Schweizer Fussballer gross, bestenfalls erneut ein wertvoller Ergänzungsspieler zu sein. Schlauer wäre es deshalb, wenn sich der 21-Jährige für ein Jahr ausleihen liesse. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob sein Arbeitgeber im nächsten Jahr Liverpool, Leverkusen oder Napoli heisst. Es ist auch nicht von zentraler Bedeutung, ob er Champions League spielen kann. Entscheidend ist, dass Shaqiri als Leistungsträger firmiert und Spiel für Spiel in einer grossen Liga gefordert wird.

Dann profitieren alle Parteien davon. Der neue Verein erhält ein motiviertes, begabtes, spielfreudiges Fussballjuwel mit beträchtlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Die Bayern werden im nächsten Sommer einen selbstbewussten, besseren Spieler wieder im Team begrüssen können. Shaqiri wiederum kann bei einem internationalen Spitzenklub weiter reifen und dabei erheblich mehr Verantwortung übernehmen als in München. Und das Schweizer Nationalteam schliesslich darf in den entscheidenden WM-Qualifikationspartien im Herbst auf einen fitten Shaqiri, der über reichlich Spielpraxis verfügt, setzen. Und an der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien sowieso.

Was denken Sie? Soll Shaqiri Bayern verlassen? Und wohin? Oder setzt er sich bereits nächste Saison in München unter Trainer Pep Guardiola durch?