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Willkommen zurück, FC Aarau!

Annette Fetscherin am Donnerstag den 18. April 2013
Silvan Widmer. (Keystone/Karl Mathis)

Der FC Aarau wird wieder in der Super League spielen: Aaraus Silvan Widmer (r.) im Zweikampf mit Davide Possanzini von Lugano, 8. August 2011. (Keystone/Karl Mathis)

Die «Unabsteigbaren» sind aufsteigbar. Und im altehrwürdigen Brügglifeld wird ab Juli wieder Super League Fussball gespielt. Noch ist es rechnerisch nicht vollbracht, aber faktisch dürfen wir den FC Aarau bereits jetzt in der Super League willkommen heissen.

Sechs Punkte beträgt der Rückstand der kränkelnden AC Bellinzona auf die Rüebliländer, dazu kommen zwei vom neusten Punkteabzug wegen administrativen Versäumnissen. Nach wie vor ist sowieso nicht davon auszugehen, dass die ACB die Saison überhaupt zu Ende spielen wird. Das Urteil, ob eine Nachlassstundung gewährt wird, oder der Verein in Konkurs geht, wird heute Donnerstag gefällt.

Unabhängig davon kann der FC Aarau seine Planung voll und ganz auf die Super League ausrichten. Was aber, wenn man zum Saisonstart ohne Trainer, ohne konkurrenzfähiges Budget, aber dafür mit einem baufälligen Stadion da steht? Was, wenn man sich trotz lauer Sommerbrise schon im Juli ein erstes Mal ganz warm anziehen muss?

Gewiss, das Brügglifeld hat etwas Nostalgisches. Da ist die Welt noch in Ordnung, da werden die Rüebli noch von Hand gepflanzt. Die Fans sind nahe dran und erzeugen auch in geringer Anzahl eine Atmosphäre, welche die Jungs auf dem Platz zu Höchstleistungen antreibt. Doch die Schweiz hat gerade in diesem Winter wieder gezeigt, dass sie allerlei Garstiges für ihre Fussballfreunde zu bieten hat. Und plötzlich verliert das Brügglifeld seinen Charme. Die Kabinen sind kalt und ohne Komfort, nach einem Spiel ist den Hauptakteuren nicht einmal eine warme Dusche garantiert. Krafttraining findet im Luftschutzkeller statt. Klar ist: Im Falle eines Aufstiegs muss das Stadion aufgerüstet werden. Drehkreuze, Auffangnetze und neue WC-Kabinen werden einen Betrag im sechsstelligen Bereich verschlingen. Geld, das nicht in die Verstärkung des Kaders investiert werden kann. Fürs neue Stadion fahren die Baumaschinen frühestens 2014 auf.

Aber da ist ja noch der Erfolgstrainer René Weiler. Er ist im Gegensatz zum Stadion Super-League-tauglich und wird den FC Aarau vor dem direkten Wiederabstieg bewahren. Nur, der Name René Weiler dürfte in Zukunft bei jedem Verein, der einen Trainer sucht, auf der Liste stehen. Der 39-jährige ist unverbraucht, spricht die Sprache der Jungen und kann sie so zu Höchstleistungen pushen. Er ist einer jener fussballverrückten Perfektionisten, die ihren Sport zu 120 Prozent leben und dies auch von ihrem professionellen Umfeld verlangen. Wenn der Aufstieg geschafft ist, dürfte es ihn zu neuen Herausforderungen ziehen.

Immerhin: Ein gutes Zeichen für den FC Aarau ist, dass der Captain Sandro Burki seinen Vertrag bis 2015 verlängert hat. Kontinuität dürfte auch in Zukunft der einzige Schlüssel zum Erfolg sein. Es gilt für den FCA, den Ruf der Unabsteigbaren wieder zu festigen. Schliesslich hat man von 1981 bis 2010 gezeigt, dass man in die Super League gehört.

Das spannendste Derby des Jahres

Annette Fetscherin am Freitag den 5. April 2013

Der Steilpass begrüsst heute Annette Fetscherin. Willkommen zurück!


Beim Zürcher Derby herrschen eigene Gesetze. Aber nicht nur deshalb ist es vor dem dritten Derby der Saison fast unmöglich, einen Favoriten zu bestimmen. So spannend wie jetzt war die Ausgangslage schon lange nicht mehr!

230 Derbys wurden bislang in der Stadt Zürich ausgetragen. Der Grasshopper Club hat mit 113 Siegen in der Statistik deutlich die Nase vorn. Der FC Zürich steht bei 79. Blickt man auf die aktuelle Tabelle, sind die Verhältnisse ähnlich. Und trotzdem waren die Vorzeichen in diesem Jahr vor keinem Derby so unklar, wie vor diesem.

Das spricht für den FCZ

  1. Der FC Zürich ist bislang die zweiterfolgreichste Rückrundenmannschaft nach dem FC Basel. Von sieben Spielen wurden fünf Siege eingefahren und dabei 17 (!) Tore erzielt, das sind fast gleich viele Treffer, wie dem FC Zürich in der gesamten Hinrunde gelangen.
  2. Die Zürcher Offensive ist brandgefährlich. Die 17 Treffer, die der FCZ bisher landete, sind fast drei Mal so viele wie bei GC. Mit Gavranovic, Drmic und Chiumiento hat man drei (aktuelle oder ehemalige) Schweizer Nationalspieler im Kader. Dank der geballten Offensivkraft kann man auch Ausfälle verkraften (Chermiti verletzt, Jahovic gesperrt).
  3. Josip Drmic ist zurück: Frisch, hungrig und in Topform! Der beste Torschütze des FC Zürich war gegen den FC St. Gallen noch gesperrt, hat jedoch mit der Schweizer U-21 vergangene Woche einmal mehr seine Klasse bewiesen. Gegen Deutschland gelang ihm der zwischenzeitliche Führungstreffer zum 2:1.
  4. Der FCZ hat sich gegen St. Gallen nicht aufgegeben. Dabei wird das Team von Urs Meier gerne als Stimmungsmannschaft abgetan. Die Zürcher kämpften sich nach dem ersten Dämpfer zurück und erzielten beinahe noch den Ausgleich. Am Schluss verlor man die Partie zwar dennoch deutlich, dies scheint dem FCZ aber nicht aufs Gemüt zu schlagen. Die Stimmung im Training war zum Wochenauftakt schon wieder ausgelassen und die Vorfreude aufs Derby ungebrochen.

Das spricht für GC

  1. GC hat bisher beide Derbys der Saison gewonnen und zwar beide zu Null. Auch wenn es zuletzt nicht optimal lief, bleibt das Gefühl, die Nummer 1 der Stadt zu sein, in den Köpfen der Spieler haften. Und wird, wenn nötig, bis auf die Zähne verteidigt. Im September gelang den Hoppers zum ersten Mal seit 10 Jahren wieder ein Auswärts-Derbysieg. Auch dieser Fluch ist also gebrochen.
  2. Die Defensive ist die Beste der Liga. Die Hintermannschaft der Grasshoppers ist kaum zu knacken, kassiert durchschnittlich weniger als ein Gegentor pro Spiel. Wenn man davon spricht, dass es in der Rückrunde etwas harzt, stimmt das nicht für die Defensive. Erst zwei Gegentore hat man im Jahr 2013 eingefangen. Was auch am Goalie liegt.
  3. Roman Bürki ist der perfekte Rückhalt. Er lässt sich selbst in Thun von der Fehlerorgie seiner Vorderleute nicht aus dem Tritt bringen und zeigt eine überragende Leistung. Kein Goalie musste bisher in dieser Saison seltener hinter sich greifen, Roman Bürki ist in Topform und immer wieder der Retter in Not.
  4. Die Mannschaft brennt auf Wiedergutmachung. Mit dem Auftritt der Basler in Luzern sollte auch die Frage nach dem Meisterschaftsfavorit ein für alle Mal geklärt – und damit aus den Köpfen der GC-Spielern sein. Die Hoppers haben keinen Druck, den Titel zu holen. Aber sie wissen nach der souveränen Hinrunde, dass sie mehr können, als sie bisher in der Rückrunde zeigen konnten.

So steht es 4:4 nach Argumenten. Das spannendste Derby des Jahres kann angepfiffen werden!

Die Partie FCZ-GC wird am Samstag, 6. April 2013 um 19:45 im Letzigrund angepfiffen.

Becks und Co. online

Annette Fetscherin am Freitag den 7. Oktober 2011
So betritt man David Beckhams Welt: Homepage von Davi Beckhm.

So betritt man Becks World: Homepage von Davi' Beckh'm.

Nach dem Internetranking der Schweizer Nati-Spieler folgt heute die Steilpass-Bewertung der Webseiten internationaler Fussballer.

David Beckham

Auf meiner Stöbertour quer durch den grünen Kunstrasen des Internets fühle ich mich eindeutig von Englands A-Promi David Beckham am besten unterhalten. Auch wenn seine Homepage eigentlich nur das Deckblatt für die Facebook-Seite ist. Wenn man ihn nicht «liked», bleibt einem auch der Inhalt verwehrt. Es sind also nur Fans erwünscht. Da hab ich mich also mal zu seinem Freund gemacht und schon springt mir als erstes sein neuer Töff ins Auge. Männer und Statussymbole. Dann aber finde ich etwas, das mich den Hut ziehen lässt: Ein pures Stück Selbstironie, das bei so viel Prominenz enorm wohltuend ist. Unbedingt angucken: Seinen Auftritt in der Ellen DeGeneres Show. David promotet, als Verkäufer getarnt, sein eigenes Parfum. Brilliant und zum Kugeln. (Für Facebook-Verweigerer auch auf Youtube.)

Lionel Messi

Grösster Fussballer gleich grösste Internetseite? Bei Lionel Messi gibts für diese Gleichung ein «Jein». Irgendwie passt die Page zu ihm: Nicht pompös, aber einfach nur nett und irgendwie genial. Messi landet nicht wegen einem ausserordentlichen Inhalt auf dem zweiten Platz, sondern weil die Details erfrischend anders und lebensfroh sind. Zu jeder Rubrik im Inhaltverzeichnis gibt es die passende Musik. Auch der spanische Fussballkommentator kriegt seinen Auftritt, wenn man die Boxen aufdreht. Lesenswert ist vor allem die Rubrik «Did you know?». Da gibt’s kleine Häppchen an Leo-Anekdoten. So zum Beispiel, dass er mit zehn Jahren 1.27 m gross war, oder dass seine Oma Celia die Erste war, die mit ihm Fussball gespielt hat.

Thomas Müller

Einen ganz grossen Sympathiebonus erhält bereits die Adresse von Müllers Seite: Esmuellertwieder.de kommt sympathisch und bodenständig daher. Passend zu Thomas’ Notiz: «Ich geniesse… die Ruhe der Natur, im bayerischen Oberland, den Schweinebraten von meiner Oma und unerkannt durch die Strassen zu gehen.» Auch wenn auf dieser Seite nicht alles blinkt und hupt, Thomas Müller bietet seinen Fans ein authentisches Bild von sich selbst. Die Rubrik «Privates» bringt keine weltbewegenden Neuheiten, aber kleine Zückerchen für den Anhänger. Viel mehr braucht es ja gar nicht. Was ganz klar fehlt, ist die Aktualität. Keine News und keine persönlichen Betrachtungen der jüngsten Ereignisse.

Andres Iniesta

Das gefällt mir: Andres Iniesta führt tatsächlich einen Blog. Endlich riecht es ein bisschen nach persönlicher Note. Leider ist der letzte Eintrag schon etwas alt und datiert vom 21. Mai 2011. Vorher schien er aber regelmässig in die Tasten gegriffen zu haben. Es besteht also noch Hoffnung, dass Andres wieder bloggt. Der Weg, bis man den Blog gefunden hat, ist allerdings lang und beschwerlich. Das sieht zwar alles ganz ansprechend aus, aber der User fühlt sich auf dieser Seite doch ziemlich orientierungslos. Blog Hopp – Page Flop.

Cristiano Ronaldo

Wenn von den ganz grossen Namen des internationalen Fussballs die Rede ist, darf natürlich auch der portugiesische Supergockel nicht fehlen. Seine Homepage sieht zwar im ersten Augenblick sehr stylisch aus. Ehrlich gesagt war ich aber nicht ganz sicher, ob mein Computer etwas überfordert war mit der Anzeige, oder ob ich es war. Viele Tweets rasen da umher, werden gross und bewegen sich dann nicht mehr. Wie nur kann ich jetzt die obersten lesen? Die typischen Website-Inhalte mit Rubriken wie Fotos, News, Biographie etc. fehlen ganz. So richtig eröffnet sich die Welt des CR7 einem nur über Twitter, Facebook oder Myspace. Wer sich damit anfreunden kann, befindet sich mit wenigen Clicks im Ronaldo-Paradies.

Gerne hätte ich Ihnen auch über die persönlichen Seiten eines Xabi Alonso, eines Mesut Özil, eines Wayne Rooney und anderer Stars berichtet. Doch da gibt es alles zwischen «coming soon» und «diese Homepage ist noch in Arbeit, ich bitte um Geduld». Nun gut, das Internet ist ja auch erst kürzlich erfunden worden. Lassen wir den Jungs doch etwas Zeit.

P.S. Die Domain www.waynerooney.com kann man übrigens noch kaufen. Vielleicht weiss ja einer von Euch Steilpässlern etwas Kreatives damit anzufangen?!

Welcher Trainer muss zuerst gehen?

Annette Fetscherin am Dienstag den 27. September 2011

Das erste Viertel der Meisterschaft ist gespielt und wir gehen in die Phase, wo zum ersten Mal die Trainerstühle so richtig heiss werden. Wer sich jetzt mit seinem Team noch in den Kellerregionen der Tabelle befindet, hat definitiv einen missratenen Saisonstart eingezogen und dürfte als Trainer nicht mehr ganz so ruhig schlafen.

Doch was bringen sie denn, die scheinbar so unumgänglichen Trainerwechsel, sobald der Erfolg für kurze Zeit ausbleibt? Blicken wir doch mal zurück auf die letzte Spielzeit. Nur vier Clubs haben letzte Saison ihren Trainer über die ganzen 36 Runden behalten. Das waren Basel, Zürich, Thun und GC. Zwei davon dürften jetzt mit Urs Fischer und Ciriaco Sforza zumindest angeschlagen sein. Doch die Verantwortlichen werden es sich gut überlegen, etwas zu verändern, denn im letzten Jahr wurde mit keinem einzigen Trainerwechsel in der ganzen Liga das angestrebte Ziel erreicht!

Betrachten wir mal die Absteiger AC Bellinzona und FC St. Gallen. Die Tessiner schickten gleich zwei Coaches in die Wüste, zogen aber am Schluss selbst den Kürzeren und mussten sich aus der obersten Liga verabschieden. Der FC St. Gallen blieb nach der Entlassung von Uli Forte auf dem letzten Rang und stieg sang und klanglos in die Challenge League ab.

Luzern und Xamax visierten die Europa-League-Qualifikation an. Doch die Zentralschweizer fielen nach der Entlassung von Rolf Fringer sogar noch um einen Rang zurück, und aus war’s mit dem europäischen Geschäft. Auch Neuenburg musste trotz zwei Trainerentlassungen die internationalen Träume begraben und kämpfte nur noch um den Ligaerhalt.

Nur der FC Sion verbesserte sich mit der Verpflichtung von Laurent Roussey um einen Rang. Die angestrebte Champions-League-Qualifikation lag trotzdem ausser Reichweite. Ziel auch verfehlt. Warum also zittern immer und immer wieder die Hände der Clubbosse, sobald die Erfolglosigkeit und damit der Druck steigt? Bei Xamax-Besitzer Bulat Tschagajew scheint es sinnlos zu sein, nach dem «Wieso» zu fragen. Willkür herrscht in Neu-Tschetschenien Neuenburg. Doch, wie sieht es mit den anderen Vereinen aus? Wem wird Ihrer Meinung nach, liebe Steinpässler, zuerst der Geduldfaden reissen?

Denken Sie, dass Ciriaco Sforza, der ewige Optimist, bald seine Koffer packen muss? Oder überzeugt er mit seinen neusten Aussagen, dass er jetzt ritterlich gegen den Abstieg kämpfen werde, die Clubleitung nochmals?

Verliert der FC Zürich trotz aller gegenteiligen Beteuerungen den Glauben an Urs Fischer? Der achte Tabellenrang ist doch nicht unbedingt das Gefilde, in dem sich Ancillo Canepa wohlfühlt.

Oder wird es Martin Rueda zum Verhängnis, dass er im Léman-Derby nicht über einen Punkt heraus kam? Wer hat Eurer Meinung nach eine weitere Chance verdient, wer soll seinen Sessel räumen?

Internet-Ranking der Nationalspieler

Annette Fetscherin am Dienstag den 20. September 2011
Wer Inforamtionen zu den Nati-Spielern im Internet sucht, wird nicht immer fündig: Johan Djourous Homepage.

Wer Informationen zu den Nati-Spielern im Internet sucht, wird nicht immer fündig: Johan Djourous Homepage.

Auf dem Spielfeld konnten unsere Natistars vorletzte Woche gegen Bulgarien endlich wieder einmal begeistern. Vielleicht war dies ein Schritt zur Rückkehr einer populäreren Schweizer Nationalmannschaft. Da wäre es doch förderlich, wenn die Fans auch neben dem Platz ab und zu ein Häppchen Nati-Flair serviert bekämen.

Gerade Kinder, die zum ersten mal Fussballluft schnuppern, klappen nach dem Match in Basel den Laptop auf, entsperren das iPad und googeln den Namen von Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka oder Stephan Lichtsteiner.

Doch was finden sie? Können die Homepages unserer Start-Elf des Bulgarien-Spiels genauso begeistern wie die Spieler selbst?

Wenn man die Frage auf die «neue» Generation, an die sich Ottmar Hitzfeld herantastet, bezieht, ist die Antwort einfach: Nein. Wer etwas über Mehmedi, Shaqiri und Xhaka wissen will, muss sich an Wikipedia, Tranfermarkt.de und Weltfussball.de halten, denn keiner von ihnen führt eine eigene Website.

Auch die «mittlere» Generation, zu denen ich Ziegler, Derdiyok und Dzemaili zähle, findet keine Freude daran, sich im Internet zu produzieren, oder tut dies nur via Facebook.

Entweder war die Homepage als persönliches Accessoire früher mehr «in» als heute oder die Jungstars sind zu bescheiden, als dass sie diese für nötig hielten. Bilder und Infos über sie interessiere niemanden, scheinen sie wohl zu meinen. Anders sehen das Senderos, Lichtsteiner, Djourou, Inler und Benaglio. Hier meine Top 5-Homepages in umgekehrter Reihenfolge.

5. Stephan Lichtsteiners Seite ist ziemlich klinisch, schlicht und nur einigermassen modern. Immerhin: Die Rubrik «News» ist aktuell. Man erfährt, dass die Schweiz wieder im EM-Rennen ist und dass Stephan bei Juve einen Traumeinstand feiern konnte.

4. Philippe Senderos’ Seite erinnert an ein Computerspiel, ist ziemlich unübersichtlich, aber wenigstens einmal etwas anderes. Wie auch bei den anderen Spielern, wird eine Art Tagebuch geführt, leider tut auch Philippe dies nicht selbst.

3. Diego Benaglios Website würde «unter ferner liefen» gehen, wäre da nicht das imposante Video ganz am Anfang. Beim ersten Mal draufklicken macht es Spass, Benaglio bildschirmgross in die Volkswagen-Arena zum Aufwärmen zu begleiten. Beim zweiten Besuch kann es übersprungen werden. Was dahinter kommt, ist allerdings nicht halb so spektakulär. Dass er gerne Rindsfilet mit Kartoffelgratin isst, ist die persönlichste Info, die unserem Nati-Torhüter zu entlocken ist. Immerhin. Dafür verlost er bei Wettbewerben seine Trikots und Handschuhe. Sowas lieben die Fans.

2. Viel Mühe mit seiner Website gibt sich Johan Djourou . Man wird von Infos fast erschlagen. Johan gibt bekannt, wenn er ein neues Photo auf Facebook gepostet hat und wünscht den Arsenal Ladies, die gegen Liverpool spielen, viel Glück. Seine Sponsoren finden schön brav ihren Platz und im Video vom Arsenal TV-Magazin lernt man einen witzigen, sympathischen Djourou kennen.

Was bei allen Seiten fehlt, ist die ganz persönliche Note. Mich würde interessieren, ob der Spieler in der Nacht nach dem so wichtigen Spiel gegen Bulgarien ein Auge zu tun konnte? Was hat er gemacht nach dem Spiel? Was schwirrte ihm durch den Kopf?

1. Zum Schluss möchte ich Ihnen ein sehr positives Beispiel nicht vorenthalten. Klicken Sie mal auf Inler.ch: Diese Seite macht richtig Spass. In drei Sprachen erfahren wir, ansprechend gestaltet, alles Wissenswerte zu Gökhan und zu Napoli. Man kann dem Mittelfeldspieler persönliche Fragen stellen und Inler nimmt sich selbst die Zeit zum Antworten. In einem Video richtet er einige Worte an die Fans und das alles kommt extrem authentisch und sympathisch rüber. Ich jedenfalls bin mir sicher: Würden sich noch andere Spieler zumindest im Netz so volksnah zeigen, könnte dies die Identifikation mit der Schweizer Nationalmannschaft erheblich steigern.

Ein Transfer mit zwei Verlierern

Annette Fetscherin am Freitag den 2. September 2011


Lorient statt GC, französischer Provinzclub statt Schweizer Rekordmeister, Innocent Emeghara hat sich entschieden. Und die Super League verliert mit ihm eine der auffälligsten Figuren der letzten Monate.

Ein Transfer, der Fragen aufwirft. Die Bretagne mag ein schöner Ausflugsort sein, als Fussballhochburg ist das 60’000-Einwohner-Kaff Lorient aber nicht bekannt. Den besten Tabellenschlussrang in der Ligue 1 hat der Club 2009/2010 erreicht, da wurde man Siebter. Sonst glänzte der FC Lorient vor allem mit einigen Auf- und Abstiegen. Was, bitteschön, hat Innocent Emeghara dorthin gelockt? Finanzielle Anreize haben natürlich eine Rolle gespielt, doch das ganz grosse Geld macht man in Frankreich als Fussballer nicht.

Er mag diesen Wechsel als Übergangsstation anschauen, immerhin hat Lorient gerade den Stürmer Kevin Gameiro für 15 Millionen Euro an Paris St-Germain verkauft. Mit indirekten Versprechungen locken die Clubs junge Spieler an. Sie zeigen ihnen auf, wie viele ihrer Vorgänger kurz später zu einem Topverein wechselten und da das Konto erst richtig prall füllten. Der Provinzverein verkauft sich selbst als Sprungbrett zu ganz grossen Zielen. Doch die Zwischenlösung könnte ganz schnell zum Abstellgleis werden, wenn nicht alles ganz rund läuft.

Noch die dickere Nummer Zwei auf dem Rücken trägt aber bei diesem Deal der Grasshoper Club. Innocent Emeghara wird schwer zu ersetzen sein. Nicht nur, weil er der erfolgreichste Torjäger war und der einzige, der in den letzten Wochen wenigstens etwas Gefahr vor das gegnerische Gehäuse gebracht hat. Sondern vor allem, weil seine Leistungsbereitschaft aussergewöhnlich gross ist. Spiel für Spiel rennt er sich die Lunge aus dem Leib und bringt den Gegner damit zur Verzweiflung. Emeghara ist nicht nur schnell wie ein Pfeil, sondern dazu auch noch extrem ausdauernd. Er war die Schlüsselfigur für das erfolgreiche Pressing, das die Hoppers vor allem in der letzten Saison zu ihrer Waffe gemacht haben. Ihm ist es gelungen, als Mittelstürmer seine Kollegen mitzureissen. Je mehr die vorderste Sturmspitze läuft, desto mehr Kilometer spulen auch die Mitspieler ab.

Deshalb hätte sich GC mit Händen und Füssen gegen einen Weggang Emegharas wehren müssen. Doch man war nicht bereit, ihn adäquat für seine Leistungen zu entschädigen. Aus einem motivierten Emeghara hätte man noch viel mehr herausholen können. Denn seine Bereitschaft zu lernen ist sehr hoch, immer wieder hat er individuelles Training gefordert, er wollte noch mehr aus sich herausholen. Aber wenn ein Daniel de Ridder, ein Frank Feltscher und vor allem João Paiva wesentlich mehr verdienen als der eigentliche Leistungsträger Emeghara, spricht sich das natürlich im Team schnell herum und vergiftet die Stimmung.

Jetzt aber ist GC durch den Abgang des Duracell-Männchens Emeghara gezwungen, seine Spielphilosophe umzukrempeln. João Paiva ist nicht als grosser Läufer bekannt. Dass er für GC das Pressing auslöst, ist also nicht anzunehmen. Dazu kommt die Signalwirkung, die dieser Transfer für alle anderen GC-Talente hat. Trotz gegenteiliger Versprechungen hat der Club nach Nassim Ben Khalifa und Haris Seferovic einmal mehr einen Spieler verscherbelt, statt ihn weiter aufzubauen. Werden da nicht auch ein Toko oder ein Steven Zuber die erstbeste Möglichkeit packen und Zürich verlassen? Was denken Sie, liebe Leserinnen und Leser, verliert der Club nicht die Glaubwürdigkeit, wenn er wieder und wieder seine Talente weggibt, statt etwas Konstantes aufzubauen? Sehen Sie in diesem Transfer einen Gewinner, ausser vielleicht dem FC Lorient?

Das Geheimnis der Gallier aus dem Berner Oberland

Annette Fetscherin am Donnerstag den 25. August 2011


In einer Zeit, in der die grossen Fussballclubs des Landes mit ihren persönlichen Problemchen hadern und kämpfen, hört im Berner Oberland ein kleiner Verein nicht auf, heftigen Widerstand zu leisten. Ruhig und abseits des Medieninteresses basteln die Gallier des FC Thun an einer schlagkräftigen Truppe. Miraculix Andres Gerber braut voller Geschick einen Zaubertrank, der seine Mannschaft zu Höchstleistungen treibt. Er ist der wichtige Mann im Hintergrund des FC Thun, bescheiden und ruhig hält er Nebengeräusche jederzeit vom Club fern und beweist ein geschicktes Händchen in der Auswahl von Spielern und Trainern. Der erste schlaue Schachzug war die Verpflichtung von Trainertalent Murat Yakin, der die Mannschaft geschliffen und ihnen sein Spielkonzept eingehämmert hat.

Der FC Thun ist der aktivste Verein der ganzen Liga, die Gallier bringen riesige Strecken hinter sich, sind immer in Bewegung und solidarisch in ihrem Spiel. Es ist dies ein Konzept, das nur oder vor allem mit jungen Akteuren möglich ist. Als schlauer Asterix waltet Roland Bättig, der als Sechser jederzeit anspielbar ist und gleichzeitig der ruhende Pol zwischen vielen jungen Kriegern bildet. Ihm war der Durchbruch in der Super League lange nicht geglückt, bis mit Murat Yakin ein Trainer richtig an ihn glaubte. Jetzt kann er es auf seiner Position mit den Besten der Liga aufnehmen.

Doch Murat Yakin ist weg und trotzdem marschieren die Gallier unbeirrt weiter, momentan sogar an der Tabellenspitze. Zu verdanken ist dies dem nächsten geschickten Schachzug von Andres Gerber. Mit Bernard Challandes hat man einen erfahrenen Trainer-Obelix geholt, der nicht um jeden Preis seine eigenen Ideen verwirklichen muss, sondern spürt, wenn die Mannschaft auf dem richtigen Weg ist. Challandes ist zwar nicht in den Zaubertrank gefallen, doch er trägt den Hinkelstein FC Thun unbeirrt weiter auf seinem Pfad. Bernard Challandes ist kein Innovator. Er verlässt sich auf das Talent der Spieler und hat eine aussergewöhnliche Arbeitsmoral. Keine Runde vergeht, ohne dass man ihn in irgendeinem Stadion antrifft, wo er den nächsten Gegner beobachtet.

Unzählige Spieler, die vorher völlig unbekannt waren, konnten über die letzten Jahre im geschützten Umfeld des kleinen Gallierdorfes ihr volles Potenzial entfalten. Den Anfang machte Nelson Ferreira, es folgten Talente wie Klose, Glarner, Andrist und Lüthi. «Die spinnen die Römer!», ist man versucht zu sagen, wenn man sieht, dass Schweizer Grossclubs im Ausland Aussenverteidiger einkaufen, wenn ein Talent wie Benjamin Lüthi auf dem Markt ist.

Entgegen dem Tenor aller Saisonvorschauen, ist die Überraschung darum nicht riesig, wenn man genau auf die Tabelle blickt. Man wird die Berner Oberländer Ende Saison zwar nicht ganz oben finden, aber ein Platz unter den ersten Fünf liegt sicher drin.

Dafür wäre es sogar von Vorteil, wenn man gegen Stoke City in der Europa League die ganz grosse Überraschung nicht schaffen würde. Die Engländer sind ein schwerer Gegner, sie sind psychisch stark und t(h)un weh. Wenn der FC Thun in diesem Abnützungskampf wieder über sich hinauswächst, könnte dies schwerwiegende Auswirkungen auf die Meisterschaft haben. Das Thuner Kader ist zwar schlagkräftig, aber nicht sehr breit. Darum sollte die Konzentration volle Kraft voraus auf der heimischen Super League liegen, um dort noch in der einen oder anderen Schlacht gegen grosse Römer-Heere zu triumphieren.

Was denken Sie, liebe Leserinnen und Leser, wozu ist der FC Thun noch fähig? Oder sehen Sie einen anderen Underdog am Schluss vor den Berner Oberländern platziert?

Warum die Weisswurst noch nicht gegessen ist

Annette Fetscherin am Dienstag den 16. August 2011

Wenn das 445-Millionen-Kader um Robben, Schweinsteiger, Ribéry und Müller auf Mehmedi und Co. treffen, könnten die Verhältnisse deutlicher kaum sein. Fünfzehn mal weniger Wert ist das Zürcher Kader und ähnlich klein dürfte auch die Chance sein, dass der FCZ gegen den übergrossen Nachbarn aus Deutschland den grossen Coup schafft.

«Zieht den Bayern die Lederhosen aus!», was sich jeder Gegner vornimmt, wenn er auf Bayern München trifft, wäre für den FC Zürich vermessen. Halten wir uns also an die Schweizer Ohrwürmer und fordern: «Wänn nid jetzt wänn dänn?!» Einiges spricht nämlich dafür, dass gerade jetzt der FC Bayern München seiner Sache nicht allzu sicher sein dürfte.

  1. Am Anfang der Meisterschaft ist Bayern verwundbar. Auch Lucien Favre mit Mönchengladbach wusste bei der Anreise zum deutschen Rekordmeister, dass die Chancen auf einen Sieg statistisch verschwindend klein sind. Doch die Gladbacher haben sie gepackt. Bei Bayern stehen Weltklassfussballer auf dem Platz. Doch gerade Robben und Ribéry sind längst nicht in Topform. Der FCZ kann daraus Profit schlagen, wenn er sich bewusst macht, dass ein grosser Name kein Grund ist, sich kleiner zu fühlen.
  2. Der FCZ dagegen kommt gerade erst so richtig in Fahrt! Der erste Sieg seit fünf Jahren gegen den Erzrivalen Basel hat eventuelle Wunden, die aus dem Ende der letzten Meisterschaft noch offen waren, definitiv geheilt. Damit ist ein grosser Schritt getan. Doch entscheidend wird jetzt sein, ob Urs Fischer bis in die Haarspitzen daran glaubt, dass man auch in München die Überraschung schaffen kann. Nur dann gelingt es ihm, den Spielern jegliche Angst zu nehmen und das kalkulierte Risiko einzugehen. Denn Angsthasenfussball wird in München nie zum Erfolg führen, genauso wie die Energie nicht übersprudeln darf. Der goldene Mittelweg kann dann gefunden werden, wenn die totale Überzeugung der Führung da ist, dass man etwas holen kann.
  3. Hochmut kommt vor dem Fall. Für die deutschen Medien ist das Duell entschieden, bevor es gespielt ist. Von einem Glückslos ist die Rede und die «Bild»-Zeitung betont abschätzig: «Auch die Schweizer haben einige fähige Spieler in ihren Reihen.» Man weist – oh Wunder – auf Ludovic Magnin hin, weil man seinen Namen da drüben schon mal gehört hat. Die Mannschaft selbst gibt sich klugerweise etwas zurückhaltender. Aber auch Thomas Müller lässt durchblicken, wo man den FC Zürich einordnet: «Wir müssen zwei Spiele machen und fertig. Dann sind wir weiter.»
  4. Ein Sieg ist Pflicht für Bayern, alles andere wäre eine Katastrophe für den Verein. Das Champions-League-Finale findet 2012 in München statt. Die Chance, da mitzutun, kann man sich nicht gegen einen FC Zürich verbauen. Doch wenn eine Mannschaft viel zu verlieren hat, kann die andere nur gewinnen. Auf den FC Bayern wartet ein «normales» Spiel, auf den FC Zürich dagegen die einmalige Chance, Geschichte zu schreiben. Dies kann Kräfte freisetzen, die einen Spieler zum Leistungsmaximum treiben.
  5. Die letzte Saison hat gezeigt: Wenns beim FCZ läuft, dann spielt sich dieses Team in einen Rausch. Was in erfolglosen Zeiten zum Boomerang werden kann, funktioniert perfekt, wenn man auf der Siegerwelle reitet: Die Mannschaft ist eine Einheit, keiner sticht heraus, man gewinnt zusammen und man verliert zusammen. Thorsten Fink hat Urs Fischer den perfekten Steilpass geliefert, mit seiner Aussage, beim FCZ seien die Innenverteidiger nicht beweglich und die Aussenbahnen würden nicht funktionieren. Hört diese Worte des Ex-Bayern-Stars und reagiert darauf! Wer lässt sich schon gerne provozieren von dem Mann, den man gerade am Wochenende in die Knie gezwungen hat und dessen Verteidigung auch nicht den beweglichsten Eindruck macht? In einem Spiel, das vom Unterbewusstsein entschieden werden kann, sind solche Aussagen Gold wert.

Also liebe Zürcher: Ihr müsst zwei Spiele machen und fertig. Oder um zu noch höheren und grösseren Fussballweisheiten zu greifen: In diesem Sport ist alles möglich. Ich frage darum Sie, werte Leserinnen und Leser: «Wänn nid jetzt wänn dänn?!»

Der wahre Newcomer des Jahres

Annette Fetscherin am Donnerstag den 11. August 2011


Von der Challenge League in die Bundesliga in 15 Monaten. Sie halten das für unmöglich? Timm Klose hat letzte Woche mit dem 1. FC Nürnberg die ersten Einsatzminuten in der höchsten Deutschen Liga bestritten und damit das Gegenteil bewiesen. Der Mann, von dem bis vor kurzem nur der Nachname irgendwie bekannt vorkam, konnte ausserdem gestern zum ersten mal das Trikot der Schweizer Fussballnationalmanschaft überstreifen.

Vor über 15 Jahren verbrachten Timm Klose und sein bester Freund, ein gewisser Eren Derdiyok, jede freie Minute auf der Schützenmatte, dem Zuhause der Old Boys Basel. Zurück nach Hause ging es erst, wenn Mama Klose über die Strasse zum Essen rief. Die Worte: «Ich will Profi-Fussballer werden» hingen auf einem Plakat über dem Bett von Timm Klose und erinnerten ihn Tag für Tag an sein grosses Ziel. Fussballerisch trennten sich die Wege von Eren und Timm. Timm spielte bei den Old Boys Basel und den FCB-Junioren als Mittelfeldspieler und Stürmer. Doch im Sommer 2009 ging in Basel viel drunter und drüber. Die Ära Gross ging zu Ende, bei Rot-Blau herrschte eine turbulente Zeit. Timm Klose musste einsehen, dass ihm bei seinem absoluten Herzensclub keine Chance gegeben werden würde. Über seinem Bett prangte aber immer noch das selbstgemachte Plakat und dazu hatte er ein zweites hochgenagelt: «Ich will bei der nächsten EM dabei sein.»

Zwei Jahre später ist beides Realität geworden. Timm Klose wählte den Weg über den FC Thun in der Challenge League, stieg in die Super League auf und entwickelte sich ausserordertlich gut weiter. Er spielte eine beeindruckende U-21-EM und hätte beinahe den Titel geholt. Was war geschehen? Timm Klose hatte, noch zu Basler Zeiten, selbst entschieden, seine offensiven Ambitionen aufzugeben und wurde Innenverteidiger. Die Position lag ihm besser und das langsame Angewöhnen an den Spielrhythmus in der Challenge League liess den 23-Jährigen aufblühen.

Als nach einer gelungenen Super-League-Saison der 1. FC Nürnberg an die Tür klopfte, ging für den Deutsch-Schweizerischen Doppelbürger ein Traum in Erfüllung. Durch das Verletzungspech seines direkten Konkurrenten auf einen Stammplatz in der Mannschaft, konnte Klose am vergangenen Wochenende in Berlin vor 60‘000 Fans sein Bundesliga-Debut geben und auch gleich den ersten Sieg feiern.

Doch wo war eigentlich der FC Basel, als eines seiner Kücken diesen rasanten Aufstieg durchmachte? Im letzten Winter fanden Gespräche zwischen den beiden Parteien statt, der FCB zeigte Interesse, den Innenverteidiger zurückzuholen. Doch man konnte ihm keine grosse Hoffnung auf einen Stammplatz machen. Und weg war Timm Klose. Gut möglich, dass die Basler bald wehmütig nach Nürnberg blicken, hat doch Radoslav Kovac nicht gerade eingeschlagen wie eine Bombe.

«Jetzt habe ich zwei Söhne in der Nationalmannschaft», sagte Eren Derdiyoks Mutter freudestrahlend zu Timm Klose, als sie von seinem Nati-Aufgebot erfuhr. Die beiden allerbesten Freunde von der Schützenwiese, sind in der Nationalmannschaft wieder vereint. Und wenn Timm Klose jetzt wieder ein Plakat zur Motivation übers Bett hängen würde, würde er die folgenden Worte wählen: «Ich will mit der Schweizer Nationalmannschaft ein grosses Turnier spielen.» Auch wenn die Chancen im Hinblick auf die nächste Europameisterschaft sehr gering sind: Timm Klose wird zielstrebig seinen Weg gehen und versuchen.

Timm Klose ist für mich der wahre Newcomer des Jahres, seine Entwicklung ist ungleich grösser als die vieler anderer Talente. Sind Sie auch meiner Meinung? Wem würden Sie die Auszeichnung verleihen?

Die Fans an die Macht?

Annette Fetscherin am Freitag den 5. August 2011


Auf gut Luzernerdeutsch prangen gross und kunstvoll zwei Worte über der Stehplatz-Kurve der neuen Swissporarena: «Härzbluet ond Liideschaft». Ein Graffiti, gemalt mit Zustimmung der Vereinsverantwortlichen. Die Anhänger durften «ihre» Wand selbst gestalten.

Die Zusammenarbeit zwischen Clubleitung und Fans ist bei jedem Club ein Seiltanz. Der FC Luzern, rund um Präsident Walter Stierli, begeht beim Bau des neuen Stadions den kommunikativen, fortschrittlichen Weg. Man nimmt sich Zeit, diskutiert mit den Anhängern und versucht, auf ihre Bedürfnisse einzugehen.

So forderte der Anhang – wie meist – eine Stehplatzrampe und in Luzern ist sein Wunsch Befehl. Auch wenn dies für den Verein einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeutet. Weil mehr Plätze angeboten werden, müssen die ganzen Verpflegungsboxen ausgebaut werden, der Rückbau des Stadions wird vergrössert. Der FCL lässt sich nicht lumpen und wählt bei der Stehrampe die Luxusvariante. Für internationale Spiele lassen sich die Sitze aus Stahlbüchsen hervorzaubern, ein lästiges an- und abschrauben entfällt. Man lässt sich die Fan-Zufriedenheit etwas kosten.

Fan dankt, doch wieviel wert hat die Verbundenheit der Anhängerschaft? Sie kann von einer Sekunde auf die andere in Rebellion kippen. Bei der Premiere im Stadion ist das Bier zuwenig kalt und geht gegen Ende des Spiels auch noch aus. Ein Fauxpas, der vorkommen kann, wenn man in kurzer Zeit von 0 auf 17’000 muss. Die Geduld der Anhänger wird jedoch dadurch schon zum ersten Mal erheblich strapaziert. Wer sein Bier nicht kriegt, ist hässig, da beruhigt ihn auch ein Blick auf die Graffitiwand nicht. Also sucht der FC Luzern einmal mehr das Gespräch mit den Fans und die Bierpanne wird sich beim nächsten Heimspiel mit Sicherheit nicht wiederholen. So viel «Gspüri» tut irgendwie gut, in Zeiten, wo in Neuenburg kyrillische Schrift und tschetschenische Volkstänze die letzten treuen Anhänger vergraueln.

In der Bundesliga gilt der Hamburger SV seit Jahren als Vorbild in Punkto Mitspracherecht für die Fans. Ihnen ist per Satzung ein fester Aufsichtsratsposten garantiert und einer der vier Vorstandsposten besetzt ein Delegierter, der alleine für die Wünsche der Supporter zuständig ist. Sie sind die Basis jedes Vereins, ohne sie kann keiner überleben. Also: Warum sollen sie nicht mitbestimmen können?

Die Frage ist, inwiefern solche demokratischen Gedanken im Fussball-Business heutzutage bestehen können? Echte Fans wollen ihre Mannschaft mit Schlachtgesängen zum Sieg peitschen, wollen den Rivalen verlieren sehen, am liebsten möglichst schmerzhaft. Wirtschaftliche Interessen haben bei dieser idealistischen Einstellung keinen Platz. Doch der Fussball ist ein knallhartes Geschäft geworden, ohne Geld kein Erfolg. Idealismus darf in der Kurve dominieren, doch kann er in der Geschäftsleitung nicht existenzbedrohend sein?

Der FC Luzern geht den Mittelweg. Zwar hat der Anhang in der Clubhierarchie nichts verloren, aber man lässt ihn sein Gärtchen selbst anpflanzen. Die Kurve ist sein Revier. Als Dank geben die Fans dem Verein «Härzbluet ond Liideschaft» zurück und versprechen, dafür dass sie freie Hand bei der Kurvengestaltung kriegten, den Rest des Stadions nicht zu beschmieren. Bis jetzt sind sie noch sauber, die Wände der neuen Swissporarena.

Welchen Weg würden Sie gehen, liebe Steilpassleser? Den Dialog mit den Fans suchen, oder gar das politische Mitbestimmungsrecht fordern? Oder würden sie als Clubverantwortlicher die tschetschenische Musik so laut aufdrehen, dass die Fans nicht mehr zu hören sind?