Wetten, dass wieder alle hoffen, dass José Mourinho und Real Madrid heute Abend eins auf den Deckel bekommen? Erst recht gegen Dortmund, wo der joviale Jürgen Klopp das Cheftrainer-Zepter schwingt. Ich aber drücke Mourinho die Daumen. Weil die unselige Gruppenphase der Champions ohne ihn noch glanzloser wäre – vielleicht sogar fast so schlimm wie die Europa League. Und weil ich über Klopp zwar nicht ernstlich etwas Schlechtes sagen kann, mir seine Auftritte aber doch langsam aber sicher gehörig auf die Nerven gehen.
Kann man den wirklich immer so kumpelhaft sein? So unprätentiös? So sympathisch? Offenbar ja. Dennoch ist mir ein echter Widerling lieber, der hat wenigstens Ecken und Kanten. Die fehlen Klopp irgendwie, trotz Dreitagebart, Pöhler*-Mütze und betont hemdsärmligem Auftreten. So erfrischend der Trainer in Mainz und in seiner Anfangszeit bei der Borussia war, so vorhersehbar ist er inzwischen geworden. Wahrscheinlich ist das nicht einmal sein Fehler, sondern jener der Medien, die ihn von einem Mikrofon zum anderen zerren und als den Mann hypen, der anders ist als die anderen.
Mourinho lässt sich dagegen von niemandem irgendwohin zerren, schon gar nicht von den Medien. Ein Interviewtermin mit Klopp wäre sicherlich nett, und vor einem Treffen mit Mourinho würde ich mir vermutlich in die Hosen machen. Aus der sicheren Blogger-Stube heraus betrachtet sind Klopp-Interviews aber fade und Mourinho-Interviews – wenn er denn tatsächlich erscheint und auch den Mund aufmacht – spannend. Der Portugiese ist der Bösewicht in der sportlichen Seifenoper. Klopp ist der nette Typ. Und weil die netten Typen in der Seifenoper von den Bösewichten gegängelt werden wie die Gnus von den Löwen, wäre es ein Frevel gegen die Natur des Fussballs, sollte sich der Aussenseiter aus Deutschland gegen die Königlichen aus Madrid erfolgreich auflehnen.
Uli Hoeness hatte schon recht, als er sagte, Borussia Dortmund sei im Gegensatz zu seinem FC Bayern ein regionales Phänomen. Ein Verein von internationalem Format zeichnet sich nämlich auch dadurch aus, dass ihn die breite Masse hassen kann. Bei den Bayern klappt das bestens, bei Real dank Mourinho und seinem exzentrischen Sturm-Gockel Cristiano Ronaldo ebenfalls. Dortmund aber kann man nicht hassen – ausser vielleicht als Schalker. Der BVB ist – wie sein Trainer – zu bodenständig, zu unprätentiös, zu sympathisch.
*Ein Pöhler ist laut Klopp «ein Kicker, und zwar im positivsten Sinne, der richtig Spass hat am Spiel». Es handelt sich um einen speziellen Ruhrpottausdruck, den man als Uneingeweihter aber eher für einen Werbeschriftzug halten würde. Für irgendwelche Bagger oder Baumärkte. Klopp macht ja so viel Werbung, dass man nicht mehr recht weiss, für was alles.