Spektakelmacher, Publikumsliebling, Leistungsträger. Wer früher einen Brasilianer verpflichtete, tat dies in der Absicht, seinen Fans etwas zu bieten. Der Trend zeigt aber, dass sich Fussballeuropa nicht mehr unbedingt nach Westen orientiert, sondern ungefähr in gleicher Distanz nach Osten. In der Super League ist nicht etwa ein Südamerikaner der Überraschungsmann der Stunde, sondern mit Yuya Kubo ein Japaner. Sind die Japaner die neuen Popstars des Fussballbusiness?
In der Bundesliga spielten in der letzten Saison elf Japaner, also einer auf jeden zweiten Verein. Noch vor sechs Jahren war Naohiro Takahara der Einzige. Der Fussball boomt im Baseball-Land, immer wieder bringt Japan Ausnahmetalente hervor. Die Nationalmannschaft sichert sich als erste Nation einen Platz an der WM 2014. Und Japaner können die Massen begeistern. Dies beweist Shinsji Kagawa wie kein Zweiter. Als er 2010 aus Osaka nach Dortmund wechselte, kannte niemand den 1,72 Meter kleinen Mittelfeldspieler. Doch Kagawa eroberte die Herzen mit japanischen Eigenschaften. Er ist flink, wendig, technisch stark und zeigt einen unbändigen Einsatz und Leidenschaft.
In ähnlicher Manier präsentiert sich auch Yuya Kubo in Bern. Auf dem Platz schnell, spielintelligent und eiskalt vor dem Tor. Drei Treffer in vier Spielen – und das ohne auch nur einmal in der Startformation zu stehen. Er, der eigentlich gar nicht so richtig gewollt wurde, lässt seine Leistung für sich sprechen. Und ist in Bern bereits absoluter Publikumsliebling.
Japaner sind keine Strandfussballer – um noch einmal auf den Vergleich mit den Brasilianern zurückzukommen. Japaner bestechen durch Bescheidenheit und Mannschaftsdienlichkeit. Und irgendwie sind sie einfach sympathisch. Man kann etwa Atsuto Uchida, dem Mittelfeldspieler von Schalke, nicht böse sein, wenn er bei der Saisoneröffnung vor 100’000 verkündet: «Leck mich am Arsch, danke. Leck mich am Arsch.» Verlegen lächelt und sich hinter den Kollegen versteckt.
Japaner sind zumeist fröhliche Menschen, doch auf dem Platz längst nicht so unbekümmert wie Brasilianer. Kagawa beispielsweise wechselte für 22 Millionen Euro zu Manchester United und setzte sich da zu sehr unter Druck. Die Saison war schwierig, von Verletzungen und Formtief geprägt.
Trotzdem gerät in Dortmund eine ganze Stadt in Wallung, wenn Kagawa davon spricht, zurückzukommen. Weil er sich offensichtlich in England noch nicht so richtig zu Hause fühlt. Und weil die Gruppe wichtig ist für die Spieler seiner Kultur, die sich eigentlich sehr ungern in den Mittelpunkt stellen. Die aber durch ihre Leistung – so wie auch Yuya Kubo – automatisch ins Zentrum des Interesses geraten.
Japaner sind keine Brasilianer, aber sie haben das Zeug dazu, ähnlich grosse Glanzpunkte zu setzten wie das Fussballvolk auf der anderen Seite der Erdkugel. Nur mit anderen Argumenten. Vielleicht etwas schüchtern und unaufdringlich. Aber aufgestellt, neugierig und lernfreudig.
An die Brasilianer werden sie nicht so schnell heran kommen, da diese den Fussball seit einem Jahrhundert im Herzen tragen und entscheidend prägten. Diese lange Erfahrung lässt sich nicht von heute auf morgen aufholen. Brasilien spielt nicht Fussball. Brasilien ist Fussball. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass einige Japaner den internationalen Fussball bereichern können. Bei einem Japaner weiss man was man hat. Er ist pflegeleicht, was man nicht von allen Brasilianern oder generell Südamerikanern sagen kann. Mit anderen Worten: Eine Mannschaft mit 9 Japanern und 2 Brasilianer die den Unterschied ausmachen können, wäre man gut bedient.
Nicht jeder Braslianer ist sein Geld wert, doch viele glauben Sie scheinen vergessen zu haben dass auch in andern Ländern Fussball gespielt wird mit und ohne Brasilianern. Es hat auch in diesen Ländern Spieler die den Fussball im Herzen haben.
Japaner sind für Trainer im Fussball ein Segen. Denen muss bei man keine Disziplin beibringen. Das lernen die schon von kleinauf. In Japan steht das Wohl der Gemeinschaft vor den individuellen Zielen. Punkto Arbeitsmoral und Anstand hätten wir von denen noch einiges zu lernen, auch wenn die jüngere Generation in Japan offenbar nicht mehr so arbeitsbessesen ist wie in alten Tagen.
Tja, dass ist die Generation welche auch mit den gleichen Fussballanimes wie Kickers und Co aufgewachsen sind 😉
An die Südamerikaner kommt Japan nie heran, nicht in 1000 Jahren. Argentinien, Brasilien etc. sind und bleiben weiterhin die Selbstbedienungsläden der UEFA-Vereine. Und auch die Fussballkultur ist Jahrhunderte voraus. Brasiliens Sambafussball oder Boca-River, das intensivste Derby der Welt, sind nur ein paar Beispiele. Aber es ist ein klarer Trend zu erkennen, dass auch Asiaten (Japaner, Koreaner oder z.T. auch Chinesen) immer mehr ins Rampenlicht rutschen. Aber bei einem “grossen” Verein hat sich noch kein Asiate richtig durchgesetzt, auch nicht Kagawa oder JS Park.
Ich habe ein gewisse Beziehung zu Japan, da der grösste Teil meiner Familienangehörigen in Japan leben. Als Fussball-Fan verfolge ich natürlich auch das Geschehen in der J. League Division 1 und 2. Einer meiner Lieblingsteams spielt sogar noch eine Liga tiefer und wenn ich bei meiner Familie weile, gehe ich die Spiele auch manchmal schauen.
In der Regel studieren die allermeisten Japaner und schliessen sich während ihrer Studienzeit den Uni-eigenen Sportverbänden an. Obwohl Baseball ganz klar immer noch die Nr. 1 ist, gibt es immer mehr Japaner/innen, die sich für den Fussball begeistern und sich entsprechend während ihrer Studienzeit den Clubs anschliessen. Für die Proficlubs ein reicher Fundus an bisweilen guten Spielern, die sie dann nach deren Studienzeit entsprechend aufbauen können. Man setzt allgemein auf einheimische Talente, es gibt wenige ausländische Spieler in den Ligen. Das hat sicher auch mit den beschränkten finanziellen Mitteln zu tun.
Wenn es ein Spieler dann in eine ausländische Liga schafft, wird sein Werdegang intensiv von der Fussball-Community in Japan verfolgt. Ein kleine Anekdote zu Kubo von YB: In japanischen Blogs und auf Twitter wurde gerätselt, wie es ein junger Spieler der J. League Division 2 schafft, in der Schweizer Top-Liga zum Einsatz zu kommen und Tore zu schiessen. Man fragte sich ernsthaft, ob die Schweizer Liga so schlecht sei 🙂 Der Name Young Boys brachte auch in Japan die Leute zum Schmunzeln. Immerhin ist bekannt, dass der FC Basel seit Jahren das Topteam ist, was mich als FCB-Fan natürlich freut.
Bez. unterschiedlicher Charakter.
Japan ist ja auch ne ganz andere Kultur als die in Brasilien und sonst im Westen.
In Japan „drängen“ sich praktisch alle in den Hintergrund und man will sich nicht wie hier im Westen, auf Teufel komm raus ins Rampenlicht stellen.
Eine sehr sympathische Art und völlig das Gegenteil gegen über hier. Hier sind so viele so Mediengeil und wollen im Mittelpunkt stehen und dafür tun sie alles, aber auch den grössten Schxxxx. Siehe nur all diese niveaulosen TV-Sendungen und Casting Shows und und und.
Wir sind an Oberflächlichkeit kaum mehr zu übertreffen.
Hast Du jemals in Deinem Leben mit Japanern zu tun gehabt? Woher nimmst Du Deine Weisheiten?
hmm…, letztes jahr zum bundesliga-start gab es ja richtige asia-wochen: in nürnberg traf kyotake, in frankfurt inui, in hoffenheim usami und in Hamburg der koreaner son. diese saison zeigt kubo in bern, wo im schrein der gong hängt. “brasilianer” würde ich die japaner ja nicht nennen, aber die zeiten als emil den japaner am matterhorn noch mit “hey jäpser, sorry wau-wau!” ansprach, scheinen auf dem fussballplatz definitiv vorbei zu sein. ob allerdings ellenbogenreiben weit höherstehende trainer-spieler-kommunikation ist, da bin ich mir auch nicht ganz sicher.
Uchida ist kein Mittelfeldspieler, sondern Verteidiger!
Vor ein paar Jahren war Japan noch ein Fussball-Niemandsland.
Ich selber erkannte nicht das Potential welches in japanischen Fussballern schlummert.
Aus dem Nichts zu einer Macht.
Japan gehört zu den Grossen im Fussball.
Seit 20 Jahren, 1993 mit Gründung der Profiliga J-League, wird in Japan richtig guter Fussball gespielt. Seit 1998 war Japan immer an der WM dabei (was nicht mehr so einfach ist, da nun auch Australien in der Asiengruppe spielt), 2014 auch wieder, sie haben als erstes Team die Quali geschafft.
Japan ist Asienmeister 2011, Ostasienmeister 2013 und die Frauen sind sensationell Weltmeister geworden gegen die USA 2011. Von dem her nichts Neues – aber schön wenn es nun auch in der Schweiz wahrgenommen wird.
Miura, Nakamura, Nakata, Ono usw. Wem diese Namen etwas sagen, der weiss, dass es schon vor einigen Jahren Japaner in die europäische Fussballspitze geschafft haben. Und das nicht nur als Ergänzungsspieler. Der Grund weshalb wir eher auf Südamerikaner greifen als auf Asiaten dürfte im Sprach- und Kulturunterschied liegen. Der Lateiner ist uns “näher” als der Asiate. Was diese Jungs (und Mädels!) aber drauf haben ist bärenstark. Technisch, taktisch und vom Einsatzwillen her, sind sie absolut auf Weltklasse-Niveau! Ich hatte schon das Vergnügen, Spiele der J-League live zu verfolgen und da ist kein Unterschied zu irgendeiner Partie in der Buli oder gar der Super League. Thomas Bickel (ehem. Vissel Kobe) kann das sicher bestätigen.
Der einzige Grund, der bis anhin verhinderte, dass Japaner auch grosse Turniere gewinnen können, ist die unterlegene Physis. Heute werden Spiele oft durch Standartsituationen entschieden und dort sind sie halt immer noch im Nachteil.
Technisch und vom Einsatzwillen her gebe ich dir Recht. Taktisch sind aber Welten vorhanden. Es reicht nicht, ein paar Partien zu sehen und sich dann ein Urteil zu bilden, schon gar nicht wenn man emotional voreingenommen ist. Ich für meinen Teil hatte schon das Vergnügen, einige Partien im Azteca zu Mexico zu sehen. Bis zu 103000 Zuschauer. Das törnt doch recht an und lässt einem recht schnell die Qualität vergessen. Zu stark sind die Emotionen. Die Japaner hätte in der Europazone ähnliche Probleme zu bestehen wie wir Schweizer.
Natürlich holen die sog. reichen, d.h. verschuldeten UEFA-Clubs immer noch die besten Brazils und Gauchos, Urus etc. Aber es gibt schon eine Trendwende, in die Schweiz kommen nur noch zweit- und drittklassige Spieler aus Lateinamerika. Inzwischen verdienen die besseren Brasilianer auch gut in ihrer Liga. Es ist folgerichtig und vernünftig, dass europäische Clubs, die keine Wahnsinnssummen für Ablöse und Saläre zu zahlen gewillt sind, sich in Asien umsehen. Das Umfeld dort, insbesondere die Agenten und Berater, ist dort nicht so krank wie in Europa und Lateinamerika.