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Oligarchen-Beach-Party

Thomas Kobler am Dienstag den 9. Juli 2013


Auf MTV laufen seit einer Weile die stilbildenden Serien «Jersey Shore» und «Geordie Shore». Dort bekommt man Einblicke in den Lifestyle junger Menschen aus New Jersey oder dem nordenglischen Newcastle. Gemeinsam ist beiden Programmen, dass man oft kaum für möglich hält, was man dort sieht und hört. Genauso geht es mir mit den Meldungen aus «Oligarchen Shore», und was diese Leute immer mal wieder vom Stapel lassen.

Der jetzt wiederaufgestiegene französische Küstenclub AS Monaco ist das jüngste Beispiel aus der Jetzt-lassen-wir-es-aber-richtig-krachen-Ecke des europäischen Fussballs. Als protziger Krachmacher amtet Dimitri Jewgenjewitsch Rybolowlew, der vordergründig mit Kali in der für Oligarchen üblichen kurzen Zeit und in jungem Alter ein Milliardenvermögen gemacht hat. Damit war die meiste Arbeit getan, und weil man sich sonst nichts gegönnt hat im Leben, sollen jetzt endlich Spiel, Spass und sportliche Geldwäsche für mehr Freude im tristen Oligarchen-Alltag sorgen – was man in Frankreich für nicht ganz ausgeschlossen hält. Mit prall gefüllten Geldbeuteln und einer fast leeren Mannschaftsaufstellung im Gepäck machte sich in dieser Transferperiode also ein weiterer Abenteurer auf, um die Passenden rekrutieren zu lassen und möglichst bald den heiligen Gral des europäischen Fussballs, den Champions-League-Pokal, an beiden Henkeln stemmen zu können.

Was bisher geschah: Um im Scheidungskrieg der Ex nicht zu viel bezahlen zu müssen, entschied sich Dimitri R. 2011 beizeiten für ein sportliches Engagement im Steuerparadies an der Côte d’Azur. Nach einem relativ bescheidenen Einstiegsjahr durfte nun Monaco-Trainer Claudio Ranieri auf dem Wunschzettel für die neue Saison so richtig klotzen: Von Atlético Madrid wurde das kolumbianische Stürmerjuwel Radamel Falcao für 60 Millionen Euro Ablöse verpflichtet. James Rodriguez und Joao Moutinho aus Porto werden für 70 Millionen Neu-Monegassen, und der ewige Innenverteidiger Ricardo Carvalho heuert für seine Abschiedsrunde im Fussball-Zirkus auch im Fürstentum an. Gemäss «L’Equipe» soll auch ein Interesse am Brasilianer Hulk für 45 Millionen bestehen, der in St. Petersburg etwas siecht. Reals Coentrao soll ebenfalls auf der Liste stehen.

Monaco war schon immer berühmt für sein Casino in Monte Carlo, aber die Einsätze in diesem (Glücks-)Spiel sind rekordverdächtig. Wenn Geld so leichtfertig in den Fussball gesteckt wird, dann liegt der Verdacht nahe, dass es nicht sauer verdient werden musste. Dass der neuste grosse Spender im Uefa-Reich 1996 in Russland der Anstiftung zum Mord angeklagt war, jedoch nach einer widerrufenen Zeugenaussage wieder frei kam, weckt auch nicht mehr Vertrauen. Die Neuenburger Tschagajew-Kapriolen kommen einem unwillkürlich in den Sinn – hier einfach ein paar Nummern grösser.

Obwohl diese Geschichte den Financial-Fairplay-Gedanken der Uefa ad absurdum führt, verspricht sie der Ligue 1 ein Elefantenrennen um den Titel, das den PSG-Präsidenten, Scheich Nasser Al-Khelaifi, in freudige Erwartung und die andern Vereine und den Ligaverband in Aufruhr versetzt. «Wenn ich morgens die Zeitung lese, wird mir regelmässig schlecht», sagte Olympique Lyons Präsident Jean-Michel Aulas.

Ist das Treiben bei den finanziell Gedopten wie Monaco, PSG, Malaga, Donezk, Zenit, Chelsea oder Manchester City eher abstossend anziehend oder doch nur widerlich, Sportsfreunde?

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11 Kommentare zu “Oligarchen-Beach-Party”

  1. Philipp M. Rittermann sagt:

    eigentlich ist es nur widerlich, lieber sportsfreund, da die aktivitäten auf dem platz zum eigentlichen nebenschauplatz verkommen.

  2. Paolo Maldini sagt:

    o tempora o mores!
    Es dreht sich alles im Kreis.
    Eigentlich ganz ok, passt doch zu unserer Zeit. Fast schon Kunst. Ein Spiegel der Werte unserer Welt heute.
    Sehr unterhaltsam wenn man abseits steht und beobachtet.
    Sicherlich ist es absolut verwerflich, unfair und unmoralisch. Also unsportlich!
    Genau wie auf der Karriereleiter. Eine super Welt haben wir uns da gebastelt.

  3. Christian Zimmermann sagt:

    Fussball lebt letzlich von Tradition, Rivalität und historisch gewachsene Duelle wie Schalke 04 : Borussia Dortmund, Real Madrid : FC Barcelona oder Manchester United : Liverpool FC!

    Wenn jeder Verein durch Oligarchen mit Geldüberschuss und Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom plötzlich sportlich relevant werden, jedoch wenn das Geld weg ist oder kein Interesse am Spielzeug mehr besteht, wieder in der Versenkung verschwinden, ist dies auf lange Frist der Tod des Fussballs!!!

    • Matthias Meier sagt:

      Es gab Zeiten, da waren historisch gewachsene Duelle wie die von Ihnen genannten auch noch nicht historisch und Tradition. Alle diese Klubs wie Schalke, Dortmund usw. brauchen heutzutage viel Geld um mithalten zu können, sonst sind sie schnell weg vom Fenster – siehe FC Liverpool (mein allerliebster Lieblingsverein), der in den letzten Jahren zwar nicht gänzlich verschwunden ist aber eher untendurch musste, und ohne viel Geld auch nicht wieder ganz nach oben kommen wird. Und was die sogenannten neureichen Klubs angeht – irgendwann werden auch Duelle zwischen Klubs, die bisher noch keine grosse Tradition haben und durch viel Geld nach oben gepusht werden historisch sein… Wobei man ja nicht sagen kann, dass z.Bsp., PSG oder Monace keine Traditionsvereine sind.

  4. B. Tertre sagt:

    Um Geld gings irgendwie schon immer, jedenfalls seit ich Fussball verfolge. Ein Maradona hätte Napoli, und ein van Basten Milan schliesslich nicht zu Erfolgen geschossen, wenn das Salär sie nicht dorthin gelockt hätte. Die vom Blogger beschliebene Entwicklung der letzten Jahre verabscheue ich also Fussballfan allerdings aus tiefstem Herzen.
    Zum Glück gibts in meiner Familie kleine Fussballer im D- und C-Juniorenalter, dort sehe ich ehrlichen Fussball und habe mehr Spass als wenn die Spielzeuge von Scheich soundso gegen Oligarch soundso in der “Champions” League ums viele Geld rennen.

    • TK sagt:

      Bei den D- und C-Junioren kann man zwischendurch ruhig mal den “Oligarchen” raushängen lassen. Eine Runde nach dem Sieg ist dort schon eine halbe Beach-Party und kommt immer gut an.

  5. kurt abächerli sagt:

    ob man in den pool muss mit der gigi oder von einem “vordergründigen kali magnaten” angeheuert wird, als spieler darf man nicht wählerisch sein und keine prinzipien haben, wenn man im geld- und medienzirkus fussball vorankommen will. deshalb lob’ ich mir spieler, die vollen einsatz zeigen für meinen klub, aber nicht dauernd von der liebe zum klub, ewige treue etc. schwafeln. ausser bei del piero und totti habe ich das auf höchstem niveau noch nicht gesehen.

    • Dennis Huser sagt:

      Paolo Maldini (AC), Steven Gerrard (LIV), Ryan Giggs (MAN).. nur um 3 Bekannte zu nennen.. Im Grundsatz gebe ich Ihnen und Ihrem Artikel recht, doch Respekt, Zuneigung oder gar Liebe zu einem Klub, das kann und darf ein Spieler haben und auch äussern. So gibt es nicht wenige altgediente Spieler, die im Herbst der Karriere dahin zurückkehren, wo alles für sie begann und – ja – ihr Herz schlägt. Nachdem in der Zwischenzeit Geld verdient wurde.. Meine Meinung zum Thema allgemein: wieso nicht? Ein Klub sollte aus eigenem Interesse klären, an wen er sich verkauft (die Xamaxien tun mir heute noch Leid..), vielleicht hat al-Arabi oder Dmitri Russkji in 3 Jahren kein Bock mehr, oder kein Geld, wie Ruslan Chechnya. Was dann? Zerspringt eine alte Liebe von tausenden im Nu in einen Trümmerhaufen. PS: wenn es bei ASM oder PSG wahnsinnig ist, wie nennt man dies in Salzburg? Industriell legitimiert? Oder ist es nicht ein Werbe-, Anlagen- und Prestigewert, in welchen man invertieren kann und darf?

  6. marak sagt:

    Wir werden sehen. Oftmals verlieren die Herrn wieder ihr Interesse am Spielzeug. Denn ob in vier, fünf Jahren in Monaco irgendwelche Pokale gestemmt werden, hängt nicht nur vom Geld ab. Und dann wird es dem einen oder anderen Mäzen langweilig.

  7. Blauwiis sagt:

    Auch Herr Rybolowlew wird merken, dass man Erfolg nicht kaufen kann. Den Herren Fussballern ist es nicht anzukreiden, die horrenden, steuerfreien Saläre zu garnieren. Wenn mir jemand das 10-fache für meine Arbeit bezahlen will und das – nota bene an der Côte d’Azur – na dann gerne. Leider spiele ich nicht so gut Fussball…

  8. Loris Frei sagt:

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    .
    Was England betrifft habt ihr zu wenige Namen aufgeführt. Dreiviertel der Premier ist breits an Ausländer verkauft. Was die Primera Division anbelangt, wurden und werden sie noch von den Banken gedopt. Dies allerdings ist und wird dieses Jahr eingestellt. Von den angeblich grossen bleiben die Buli und die Serie A. Die Buli steht finanziell hervorragend da. Allerdings ist es eine mainstream Liga geworden. Halligalli und Party steht an erster Stelle. Leider keine Stimmung und das Niveau ausser die Bayern und Dortmund mittelmässig. Man bedenke das Freiburg als 5er die CL knapp verpasst hat. Das sagt eigentlich alles. Die Serie A geht noch am Stock aber sie sind wieder im kommen. Sehr ausgeglichene Liga mit jungen wilden Spieler die noch Furore machen werden. Der Confederationen Cup hats eindrücklich gezeigt. Nun sollten sie noch die Stadien auf Vordermann bringen und die Serie A ist wieder das wo sie hingehört. Nämlich an der Spitze des EU Fussballls.