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Problemzone Bank

Thomas Kobler am Montag den 24. Juni 2013

Seit die gute Nachwuchsarbeit Früchte trägt, sehen sich Schweizer Nationaltrainer einer besonderen Herausforderung gegenüber: Stars auf der Ersatzbank. Die talentiertesten Schweizer Spieler erliegen reihenweise der Anziehungskraft der grossen europäischen Ligen. Weil Pyramiden aber nicht auf der Spitze stehen, können sich nicht alle, die in der Super League top waren, auf einer höheren Stufe gleichfalls durchsetzen. Sie bleiben zwar gute Fussballer, aber eben unter Umständen draussen auf der Bank.

Und hier fängt das Dilemma des Nati-Trainers an – wem soll er vertrauen: den formstarken Super-League-Stars oder den Allerbesten, denen im Ausland jedoch die Spielpraxis abgeht? Schauen wir uns Ottmar Hitzfelds Möglichkeiten genauer an:


Auf der Goalie-Position spielt Benaglio seit Jahr und Tag auf gutem Niveau in der Bundesliga und Nati. Die Nummer 2, Yann Sommer, zeigte Matchwinner-Qualitäten in der Europa- und Super League. Dahinter kommt mit Bürki ein vielversprechender Torhüter nach. Stark bewachter Kasten.

In der Abwehr-Viererkette gehörte Lichtsteiner zum Kern einer starken Juve-Meistermannschaft. Bei Sampdoria Genua verteidigen zwei ehemalige U-21-Eidgenossen. Rodriguez setzte sich in Wolfsburg unter einem neuen Trainer durch. Ziegler scheint in der Türkei auch gut angekommen zu sein. Im Zentrum fasst Djourou, seit er bei Hannover 96 ist, wieder besser Tritt, Senderos hat bei Fulham ein passendes Club-Niveau gefunden, von Bergen soll YB fünf Jahre lang neue Stabilität bringen – der Mann ist eine Bank – und Timm Klose gehört ebenfalls zu den umworbenen Innenverteidiger der Bundesliga-Mitte. Schönes Defensiv-Portfolio.

Im Mittelfeld herrscht auf den zwei defensiven Positionen geradezu ein Überfluss: Die Napoli-Spieler Behrami sowie Dzemaili und Eintracht-Kapitän Schwegler sind Stützen ihrer Teams. Inler kämpft zwar mit der Form, aber behauptet sich schon seit Jahren gut in der Serie A. Granit Xhaka kaut zwar unter Favre noch hartes Bundesliga-Brot, aber da muss dieses grosse Talent durch. Fabian Frei bewies Qualität auf europäischer Stufe, und Salatic war die ballsichere, zentrale Stütze des hiesigen Vizemeisters und Cupsiegers – ein Versuch wäre er auf alle Fälle mal wert. Pro Saldo viele valable Kandidaten.

Im Angriff hat sich Shaqiri in seiner ersten Saison beim FC Bayern sowohl zentral wie auch auf beiden Flügeln gut positionieren können. Stocker brillierte auf hohem europäischen Niveau, Barnetta steckt zwar in einer Krise, aber seine Qualität ist unbestritten, Emeghara fasste ordentlich Fuss in der Serie A und vielleicht platzt bei Ben Khalifa oder Costanzo der Knoten doch noch. Und rechts glänzt manchmal auch Hajrovic in GC-Rosa. Hier ist die Volatilität noch etwas hoch.

Dagegen magere Rendite ganz vorne: Derdiyoks Karriere steht kurz vor dem Scheitern, wenn er sich nicht endlich zusammenreisst. Seferovic vergeudet sein Potential in der Serie B. Gavranovic muss nächste Saison das Versprechen einlösen, ein Mann für 15 bis 20 Tore zu sein. Drmic zeigt aussergewöhnliche Anlagen, aber ihm fehlt noch die internationale Erfahrung. Und Mehmedi? Eine undankbare Münzwurf-Situation für jeden Trainer.

Hitzfeld steht keineswegs ohne Trümpfe da. Als routiniertem Zocker sollte es ihm eigentlich nicht so schwerfallen, gestellte Aufgaben besser zu lösen als in den beiden Zypern-Spielen. Die Rückkehr in die Coaching-Zone sollte erst mal helfen, aber wer oder was sonst noch?

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19 Kommentare zu “Problemzone Bank”

  1. Mäse sagt:

    Das nenn ich mal ser schön, schön geschrieben 🙂

  2. Kick it sagt:

    “Stars” in der CH-Nati? Da müssten schon entsprechende Resulate her. Keine glücklichen Zittersiege gegen Fussball-Riesen wie Zypern…….Kommt wieder auf den Boden zurück!

  3. Stephen Bywater sagt:

    Das Problem ist momentan die Position hinter der Spitze und die Spitze selber. Hätte gerne mal Dzemaili hinter der Spitze gesehen und Abdi hatte in Watford ein starkes Jahr, wäre bestimmt eine Möglichkeit. In der Spitze hat mir Seferovic sehr gut gefallen. Leute wie Xhaka, Derdiyok und Mehmedi stehen momentan halt ein wenig im Abseits. Wenn sie den Turnaround geschafft haben sind sie wertvolle Spieler. Aber momentan können sie nicht die Lösung sein.

  4. Marco sagt:

    interessanter Artikel, obwohl meiner Meinung nach etwas übertrieben, denn jene Spieler sitzen bei ihren Vereinen ja nicht grundlos auf der Bank. Trotzdem, es wäre viel Potential vorhanden.

    Was ich wohl nie verstehen werde ist die Tatsache, dass Pirmin Schwegler Mal für Mal beim Aufgebot übergangen wird. Klar ist die Konkurrenz gross, allerdings finde ich es schade, dass hingegen ein Drmic nach ein paar Toren gleich aufgeboten wird…

    Nebst Schwegler sehe ich auch Fabian Schär, Philip Koch und Steven Zuber bald in der A-Nati, oder was meint ihr?

  5. Rudinho sagt:

    Diese Zwischenbilanz tönt grundsätzlich nicht schlecht. Grundlegendes Problem ist aber, dass all die aufgezählten Spieler zu wenig Torgefahr mit sich bringen. Die Nati hatte nur dann Erfolg wenn dieses Element ausreichend vorhanden war.

  6. André Aenishänslin sagt:

    ………..Hitzfeld steht keineswegs ohne Trümpfe da!

    Natürlich nicht, ……nur sollte ER langsam Fussball spielen(!) statt verhindern lassen!

  7. Yann Erzberger sagt:

    Fazit: Defensiv überbesetzt, offensiv auf eine gute Tagesform angewiesen. Lichtsteiner spielt übrigens beim Klub zumeist im Mittelfeld und bringt viel Zug nach vorne. Wäre auch für die Nationalmannschaft eine denkbare Variante, um den Vorwärtsdrang zu verstärken. Shaqiri’s Qulitäten kommen im Zentrum ebenso gut zur Geltung wir auf dem rechten Flügel, wenn nicht sogar besser.

    • Martin Gebauer sagt:

      Bin voll bei ihnen. Shaqiri gehört in die Mitte. Mindestens im Nationalteam. Schade hat sich Mehmedi selber in die Versenkung befördert. Wünschte mir eine Rückkehr in die Super League, damit er seine Karriere neu lancieren kann. Verstehe ja, dass die Jungs das grosse Geld machen wollen. Langfristig schaden sie ihrer Karriere allerdings. Bankdrücker geraten in Vergessenheit. Zudem, wer keine Spielpraxis mehr hat ist in Ernstkämpfen nicht zu gebrauchen.

  8. Andy D sagt:

    Na ja, hier wird jetzt aber etwas viel Schönfärberei betrieben…. Wenn ausser im Sturm alles so super ist, dann wäre gegen Zypern zweimal nicht so ein Käse gespielt worden. Viele unserer Spieler werden einfach überschätzt. Allen voran Shaqiri. Er hat noch eine Saison Zeit sich bei den Bayern durchzusetzen, wenn’s dann nicht klappt, dann ist der Junge gehobener Durchschnitt, nicht mehr. Spieler die regelmässig spielen, sind grundsätzlich Ersatzbänklern vorzuziehen. Natürlich gibts Ausnahmen, und man soll auch die Manschaft nicht immer umstellen. Aber einer wie Schwegler müsste auch einmal ein paar Matches hintereinander spielen dürfen. Die Misere im Sturm haben wir uns selber zuzuschreiben. Alex Frei war den Fans “zu egoistisch veranlagt” also hat man ihn rausgeekelt, Streller folgte seinem Kumpel bald. Was beide noch drauf haben (hatten) wurde bei Basel ersichtlich. Die Nati ist nicht schlecht, aber man merkt ihr an, dass einige Spieler wenig Spielpraxis haben. Es fehlen gewisse Automatismen die bei mehr Matchpraxis vorhanden wären. Wir werden in Brasilien dabei sein, einfach weil die Quali-Gruppe die schwächste ist von allen. Wenn sich aber nicht einiges schnellstens zum Besseren wendet, wird nach der Vorrunde Schluss sein. Und sollten wir in eine Hammergruppe gelost werden, droht ein Debakel, leider…

  9. Wishaw Thomas sagt:

    Wenn für den Startrainer Hitzfeld, der viel Erfahrung mit dem Umgang von Spielern hat, die Bank zur Problemzone wird, dann hat er versagt. Es ist seine Aufgabe das Kader zusammen zustellen und alle bei Laune zu halten. Wir hören immer wieder, was für ein super Trainer OH doch ist, also soll er uns zeigen wie man eine starke und verschworene Einheit bildet!

  10. Thomas Luchs sagt:

    “Und rechts glänzt manchmal auch Hajrovic in GC-Rosa.” GlänztE…

  11. kurt abächerli sagt:

    die nati hat ein riesenproblem und das sitzt auf der bank. othhhhhmar ändert nichts, wenn er nicht absolut dazu gezwungen ist und lässt eine komische mischung aus abwehrdoppelriegel und kick&rush spielen. die spieler, wenn auch nur wenige mit internationaler klasse, liessen sich zu einem viel schlagkräftigeren kollektiv zusammenstellen. das zeigen trainer mit nationalmannschaften die über weit weniger potenzial verfügen.

    • de philippe sagt:

      Herr Abächerli, welche Nationalmannschaften mit weit weniger Potential zeigen das denn? Und führen die auch ungeschlagen die Tabelle in ihrer Quali-Gruppe an?

      • TK sagt:

        Das sind alles keine ganz unwichtigen Aspekte um Hitzfelds Arbeit einzustufen. Das Minimal-Ziel ist es, sich für die WM2014 zu qualifizieren. Da ist Hitzfeld auf gutem Weg. Es gelingt ihm auch seit Amtsübernahme immer eine defensiv solide Mannschaft zu formen, wobei ihm da die vorhandenen Nati-Kandidaten in die Hände spielen.

        Wo er, ganz besonders seit Frei und Strellers Rücktritten, rat- und mutlos wirkt, ist in der Offensive. Weder aus der Innenverteidigung noch aus dem defensiven Mittelfeld kommen Pässe, die das Offensivspiel der Mannschaft gescheit eröffnen oder in der gegnerischen Hälfte öffnen. Die heutigen Spitzmannschaften haben alle einen passsicheren und schussstarken Spieler (Iniesta, Oezil, Neymar, Müller, Messi, Götze, Shaqiri?) zwischen defensivem Mittelfeld und Angriffsspitze, der dort für die überraschenden Aktionen und Zuspiele nach ganz vorne sorgt. Hier muss ihm mehr einfallen, und er muss auch mehr Risiko nehmen für den Torerfolg. Dass er momentan keinen zuverlässigen Goalgetter hat ist Künstlerpech – davon konnte auch Nigeria am Sonntagabend im Spiel gegen Spanien ein Lied singen – aber auch darauf finden couragierteTaktiker Antworten oder zumindest Lösungsansätze. Diesbezüglich kommt von Hitzfeld und Pont deutlich zu wenig und das nicht erst seit heute.

  12. romeo anderes sagt:

    wenn unsere nati “stars” auf der bank sitzen hat , dann muessen ja andere nationalmannschaften “superstars” da sitzen haben…….ohne wenn und aber, einfach qualifizieren !!!

  13. Dominik Ritter sagt:

    Ziegler ist in der Türkei gut angekommen? Der Mann gehört Juve, spielte zweimal auf Leihbasis bei Fenerbahçe, ein drittes Mal wird es nicht geben. Nun sucht Juve für ihn einen Abnehmer. Und Hajrovic will nun für Bosnien spielen.

  14. HP.Estermann sagt:

    Was ich hier schreibe wird garantiert zerissen werden.diese Recht steht jedem zu. Meine These:O.Hitzfeld erreicht die Spieler nicht mehr.Weshalb? Weil er selber nur noch ein Schatten seiner einstigen Trainergrösse ist.
    Istzustand- er ist mit seinen teils fragwürdigen Entscheiden als ein alternder Zauderer entpuppt.
    Noch heute -Hut ab für seine Erfolgen als Clubtrainer,den Teil danach ist es wie bei Politikern a.D…die finanzielle Ernte einfahren.
    An sich legal,aber in diesem Fall wenig förderlich für die Nati.

  15. DK sagt:

    Die grösste “Problemzone Bank” ist der Sponsoringvertrag mit der CS, dank dem uns Othmar noch lange erhalten bleiben wird …