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Ist die Super League wirklich nur eine Ausbildungsliga?

Thomas Renggli am Dienstag den 1. Februar 2011

Am Samstag geht die Super League in die zweite Saisonhälfte. Selten war die Ausgangslage so offen. Die Top 3, Luzern, Basel und Zürich trennen zwei Punkte. Auf dem fünften Platz sind die Young Boys die grosse Unbekannte in der Meister-Gleichung. Am Tabellenende wollen die Grasshoppers den grauen Herbst vergessen machen und die Abstiegssorgen so schnell wie möglich vertreiben. In einer fünfteiligen Umfrage äussern sich Schlüsselspieler von Luzern (David Zibung), Basel (Benjamin Huggel), Zürich (Silvan Aegerter), YB (Marco Wölfli) und GC (Boris Smiljanic) zur Lage ihrer Klubs und Themen rund um die spannendste Super League, die es je gab. Sehr geehrte Leser, diskutieren Sie mit.

Die Dienstag-Frage: Die Super League gilt als Ausbildungsliga. Dies führt unter anderem dazu, dass die besten Spieler immer wieder ins Ausland abgeworben werden. Wie sehr stören die ständigen Transfergerüchte das Tagesgeschäft?

David Zibung (Luzern):

«Beim FCL ist dies momentan nicht der Fall. Aber: Transfergerüchte gehören zum Fussballgeschäft.»

Benjamin Huggel (Basel):

«Das stört uns nicht im Geringsten, denn das heisst ja auch, dass unsere Spieler für den Markt interessant sind und unsere Liga deshalb eine gute ist. Und dass so eine langfristige Planung nicht mehr möglich ist, ist ‹part of the business›. Unser Klub ist auf Spielerverkäufe mit gutem Transfererlös angewiesen, auch um damit wenigstens ein bisschen die im Vergleich mit dem Ausland sehr tiefen TV-Einnahmenzu kompensieren.»

Silvan Aegerter (Zürich):

«Das stört einen Spieler nicht gross, weil es zum Fussball dazu gehört. Die Schweizer Klubs haben keine Chance, wenn ein Verein im Ausland mit dem grossen Geld lockt.»

Marco Wölfli (Young Boys):

«Das ist normal, gehört zum Geschäft und ist nicht nur in der Schweiz so. Ein guter Spieler ist immer umworben, egal ob in England, Deutschland oder der Schweiz. Es spricht auch für die Ausbildung der Fussballer in unserem Land, dass die Spieler begehrt sind. Ich sehe das positiv.»

Boris Smiljanic (Grasshoppers):

«So ist das Geschäft. Auch in den grossen Ligen gibt es in jeder Mannschaft drei bis vier gewichtige Abgänge, die durch Zuzüge kompensiert werden müssen. Die neuen Spieler müssen sofort Leistung bringen, sonst verliert man eine halbe Saison. Einen Leistungsträger wie Zarate zu ersetzen ist nicht einfach, wenn keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.»

Liebe Leser – können Sie die Haltung der Spieler nachvollziehen? Sind die ständigen Transfergerüchte und regelmässigen Abgänge der hoffnungsvollsten Talente einfach Teil des Geschäfts? Oder spiegeln sie nicht doch auch die gesunkene Identifikation der Spieler mit ihren Klubs? Ist Vereinstreue nur noch eine leere Floskel?

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13 Kommentare zu “Ist die Super League wirklich nur eine Ausbildungsliga?”

  1. DAM sagt:

    Vereinstreue ist im modernen Fussball wohl kaum mehr zu finden.

    Als Ausnahmen, die die Regel bestätigen, fallen mir spontan ein: Giggs, Scholes, Gerrard, Xavi, Iniesta, Puyol, Casillas, Del Piero, Zanetti, sowie die nicht mehr Aktiven Maldini und Costacurta
    Es fällt auf, dass alle bei ganz grossen Clubs spielen / spielten.

    Vereinstreue in der Schweiz? am ehesten wohl Chipperfield

    • Marcel sagt:

      Interessanterweise spielen all jene Spieler bei Vereinen, die beinahe beliebig hohe Löhne bezahlen könn(t)en und meistens auch international um grosse Titel mitspielen.

      Dass ein Spieler von der Schweiz ins Ausland gehen will, kann man ja auch keinem verübeln. Als vereinstreue sehe ich da Spieler, fuer die es nur einen einzigen Verein auf entsprechendem Niveau gibt – siehe Streller/Huggel, als sie zurueck in die Schweiz wollten. Da wäre auch ein Zibung, Tchouga, Lustenberger, Stahel, Obradovic… ja sogar Gygax, denn er wollte (angeblich) wirklich zum FCZ zurück.

    • de philippe sagt:

      doch, gibts auch. von früher kommt mir z.b. zuffi vom fcb in den sinn. und “die anderen” gabs damals auch schon, wie köbi kuhn, der zu gc wollte. auch finde ich, dass die, die ihr glück im ausland gesucht haben und wieder zum stammverein zurückgekehrt sind, als vereinstreu bezeichnet werden können. also da wäre die basler fraktion um streller, frei, huggel, aber auch cabanas und mit abstrichen ev. smiljanic. im ausland haben sie totti und buffon vergessen.

      • DAM sagt:

        @de philippe
        Mit Totti und Buffon haben sie selbstverständlich absolut Recht. Ich erhebe natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit meiner Liste.
        Frei, der bereits eine halbe Tour de Suisse und Engagements in Frankreich und Deutschland hinter sich hat, als vereinstreu zu bezeichnen finde ich allerdings sehr fragwürdig.
        Bei Huggel oder Cabanas sieht es zugegebenermassen, wieder etwas anders aus.

        @marcel
        Klar spielen alle Genannten bei Vereinen, wie Sie sie beschrieben haben. Aber dennoch sind sie Ausnahmen im heutigen Fussball. Sooo schlecht wird z.B. ein Cristiano Ronaldo bei ManU auch nicht verdient haben.

  2. Hääbi sagt:

    In der Schweiz wäre Vereinstreue auch vorhanden, wenn die gleichen Löhne bezahlt würden. Aber da dies nicht möglich ist, gehen sie ins Ausland. Früher gab es die auch Kuhn, Odermatt, Martinelli, etc.

    Wie sagte Huggel: Das ist part of the business.

  3. Alex Kostandinos sagt:

    Vereinstreue können nur solche spieler beweisen, welche in einem grossen Club ausgebildet und zu stars gereift sind. Da sie ja schon bei einem Weltclub sind brauchen sie nicht zu wechseln um das grosse geld zu machen. Das kann bei einem Verein wie dem FC Basel niemals der fall sein. Wenn ein spieler gut ist, will er fort damit er weiter kommt in seiner karriere. Ausser er ist zu schlecht und niemand will ihn (verweis auf R. Zanni).

    • DAM sagt:

      @ Alex Kostandinos
      Es ist zwar traurig, dass es so ist, aber ihr Kommentar ist absolut richtig.

      Nur eines sei hier nebenbei doch noch bemerkt: Es gab sie die Vereinstreuen in der Schweiz, es ist noch gar nicht so lange her. Massimo Ceccaroni beim FCB, Marc Zellweger in St.Gallen, Marcel Koller bei GC.

  4. René sagt:

    Also ich kann die Kritik an der fehlenden “Vereinstreue” nicht ganz nachvollziehen. Wenn ein Spieler von einem anderen Verein ein gutes Angebot erhält und die Umstände stimmen (wer will schon nach Russland oder nach Katar…), versteh ich den Wechsel gut, insbesondere wenn der Lohn ein Vielfaches beträgt. Wer würde da schon nein sagen??? Ihr Kommentatoren vielleicht? Glaub ich kaum. Oder seid Ihr ein Leben lang dem gleichen Arbeitgeber treu??? Eben. Und es geht ja nicht nur um die Finanzen, ein Sportler will sich ja weiterentwickeln, und das kann er mit dem Wechsel in eine bessere Liga.

  5. L. Larsen sagt:

    Ich glaube, dass die Vereinstreue eher eine aussterbende Tradition ist, denn früher (das ist noch nicht lange her, wie DAM bemerkte) blieben viele Spieler, sozusagen als Dankeschön, beim Klub, welcher sie ausgebildet hat. Ich glaube zu erkennen, dass es für die heutigen Nachwuchstalente eine Selbverständlichkeit ist, bei der erstbesten Möglichkeit in eine der fünf Topligen Europas zu wechseln (was schon alleine wegen der Spielpraxis meistens eine Dummheit ist). Daher glaube ich, dass, von Ausnahmen sehe ich ab, Vereinstreue nur noch für ältere und nich genügend gute Spieler ein Begriff ist.

  6. Rolf sagt:

    Vereinstreue? Das gibt es heute gegenüber früher sehr wenig und wenn schon spielt auch der Trainer eine grosse Rolle, es
    gibt Spieler die bevorzugt werden (siehe Hakan Y., Frei, Streller etc.) und die meisten die gut Fussball spielen können, werden
    von Finanzstarken Vereine abgeworben, auch der Spielervermittler “schmeckt” die Kohle und schon ist es passiert. Alles um
    des Geldes wegen, verstehe ich ja da die Karriere nicht ewig ist, aber ein kleiner Beigeschmack besteht indem ich fast sagen
    würde (Menschenhandel!) Wenn das Krrierenende naht dann ist ein Verein wie der FCB etc. wieder gut genug, aber hat nichts
    zu tun mit Vereinstreue!

  7. Shaw sagt:

    Ich glaube die Frage die sich viele Schweizer Fussballer stellen sollte ist viel eher: Warum hat jeder auch nur halb-talentierte Schweizer Fussballer das Gefühl ins Ausland wechseln zu müssen? Das scheint mir das wahre Problem. Hätten Spieler wie Coltorti, Gygax, Yakin (Ben Khalifa?) lieber gewartet als gleich bei der bei der ersten Anfrage eines ausländischen Verein sabbernd ‘ja’ zu sagen, hätte das vielleicht auch nicht in so peinlichen Flauten geendet.
    Was Coltorti in Spanien sucht ist mir ehrlich gesagt schleierhaft, genau DAS ist ein Fall in dem Vereinstreue auch von Intelligenz gezeugt hätte, viele Spieler sind entweder mental oder physisch gar nicht (od. noch nicht) auf einem Level auf dem sie international konkurieren könnten wollen aber trotzdem diesen “Sprung” wagen. Es ist das verlockende Geld und eine gewisse Überheblichkeit – ich meine, hat jemand die Sturmauswahl des Vfl Wolfsburg mal angekuckt bevor Ben Khalifa zu ihnen wechselte?(!) die haben gar keinen Stürmer unter Marktwert 5 Mio. oder unter 24, hinzu kommt noch: Edin Dzeko & Grafite – sehen die aus als würden die Stürmer brauchen??

    Vereinstreue ist möglich und wird hoffentlich auch noch bei den grossen und kleineren Vereinen erhalten bleiben, die Schweizerliga jedoch, ist eine Liga der Spielerentwicklung (richtig), aber auch eine Liga für Träumer mit genug Platz für Möchtegerns.

  8. koebeli sagt:

    Ich möchte den Arbeitnehmer sehen, der zB 6000.- im Monat verdient, dann von einer anderen Firma ein Jobangebot mit 20’000.- Lohn pro Monat erhält, dieses ausschlägt und sagt: Nein, ich bin eben Budentreu. Wer von euch würde das machen? eben.
    Und Fussballer sind auch Arbeitnehmer. Und können nur bis etwas über 30 richtig Geld verdienen. Das ist zwar für uns Fans unromantisch und sehr schade, aber eben…

    Und hört bitte auf mit dem vereinstreuen Frei. So ein Quatsch.

    • Lennard sagt:

      Quatsch? Und warum bitte hat Frei beim Wechsel zurück nach Basel auf gutes Geld verzichtet?

      Aber sonst sehe ich es wie du, zudem kommt noch ein Faktor dazu – Erfahrung – im Leben auch mal eine andere Kultur kennen lernen, mal wo anders wohnen umso weiter…