Liebe Leserinnen und Leser
Als erstes eine traurige Nachricht: Birgit Schönau beendet ihre Zeit als Steilpass-Bloggerin bereits wieder. Der Wahlkampf in Italien nimmt sie leider voll in Beschlag. Kurz: Berlusconi ist schuld! Wir danken ihr für ihren Einsatz und wünschen alles Gute.
Hier im Steilpass geht es mit einer kleinen Serie weiter. Unter dem Motto «Was ich zum Thema Fussball schon lange loswerden wollte» schreiben verschiedene Autorinnen und Autoren über das, was sie an der populärsten Sportart der Welt stört – oder fasziniert. Den Anfang macht Steilpassblogger Alexander Kühn.
Viel Spass!
Die Redaktion

Freundschaftspiele haben wenig Aussagekraft und sind daher für die Katz: Dortmund-Spieler Marco Reus schaut während eines Freundschaftsspiels zu, wie der St. Galler Mario Mutsch dribbelt, AFG-Arena im Juli 2012. (Keystone/Steffen Schmidt)
Freundschaftsspiele sind das Allerletzte im Fussballzirkus. Schlimmer noch als die auf dem Elektrogrill malträtierte Letzigrund-Bratwurst, Pauseninterviews bei den Live-Übertragungen des Schweizer Fernsehens oder das potthässliche gelb-orange Auswärtstrikot des FC Barcelona. Nie wird einem dies deutlicher bewusst als in der Winterpause, wenn sich Club X mit Club Y irgendwo in der Südtürkei auf dem Fussballplatz eines All-inclusive-Resorts duelliert und die Presseverantwortlichen auf den Vereinswebsites auch noch ellenlange Abhandlungen über das bedeutungslose Ballgeschiebe verfassen.
Meine Vorliebe für den notorischen Verliererclub Dynamo Dresden – das haben meine Freunde schon länger festgestellt – ist eines vernünftigen Menschen eigentlich nicht mehr würdig. Und es stimmt sogar, dass ich als Kind aus Wut über Gegentore jeweils Orangen an die Wohnzimmerwand geworfen habe. (Heute beisse ich gelegentlich in die Fernbedienung, wenn es wie so oft entgegen meinen Vorstellungen läuft.) Trotz dieses Fanatismus interessieren mich selbst die Freundschaftsspiele von Dynamo nicht die Bohne.
Wenn ich jeweils am Morgen hoffnungsvoll die Website öffne, um von einem spektakulären Transfer zu erfahren (als sensationell würde ich schon einen abgehalfterten Bundesliga-Star bezeichnen), grinsen mich ständig nur die Meldungen über Trainingsspielchen gegen FK Aqtöbe (wahrscheinlich aus Kasachstan, ich habe zum Nachschauen aber keine Lust) oder den SV Horn (aus Österreich und dann auch noch zweite Spielklasse) an.
Selbst wenn es Real Madrid wäre, würde ich den Freundschaftsspiel-Kram nicht beachten. Solche Partien sind nicht nur bedeutungslos, sondern auch noch ohne jede Aussagekraft. Einmal – als Dynamo im Sommer gegen West Ham United 3:0 gewann – liess ich mich ein wenig von der Euphorie des vollen Stadions anstecken, sah mir Videos an, las den Matchbericht und träumte schon von der 1. Bundesliga. Heute, wo Dynamo auf Rang 16 steht und seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gewonnen hat, weiss ich, was der Zauber wert war. Darum eine Warnung an die Fans des FC Zürich: Dass eure Mannschaft ein Testspiel gegen Partizan Belgrad 2:1 gewonnen hat, muss noch lange nicht heissen, dass sie in der Rückrunde weniger erbärmlich spielen wird als vor der Winterpause.
Und es soll sich bei mir ja keiner über irgendwelche Wettskandale beschweren. Diese ganzen Freundschaftsspiele, die zwar keine (ehrliche) Sau interessieren, auf deren Ausgang man aber dennoch hohe Summen setzen kann, sind doch eine regelrechte Steilvorlage für Betrügereien.
Die oben beschriebenen Freundschaftsspiele sind nur noch von Freundschaftslaenderspielen vor den grossen Turnieren zu toppen. Wenn beispielsweise Frankreich-Finnland mit erlaubten (und voll benutzten) 7 Auswechslungen live im TV uebertragen wird.
Richtig, Freundschaftsspiele sind in sportlicher Hinsicht nicht sonderlich aussagekräftig. Aber: Sie generieren für ‘kleinere Gastgeber Geld, gerade wenn man es schafft gegen eine gute Mannschaft aus einer Topliga spielen zu können (z.B. FCSG gegen Dortmund (Bild) oder auch der FC Basel gegen die Bayern vor ein paar Wochen). Denn als Zuschauer kriegt man mal live ein paar der Stars zu sehen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt, was durchaus unterhaltsam sein kann.
Für die Topmannschaften auf der anderen Seite sind Freundschaftsspiele immerhin eine Gelegenheit, auch mal der Reservebank etwas Auslauf zu gönnen.
Im ersten Abschnitt fehlen noch die halbstündigen Vorberichte, i.e. Selbstbeweihräucherung von und mit selbstverliebten Schwaflis, die bei einer Einschaltquote von 0,1% laufen. Und dies bei Freundschaftsspielen wie auch Ernstkämpfen. Und welcher Fussballfan hat schon jemals eine WM- oder EM-Eröffnungs- bzw. Schlussfeier gesehen? Geschweige den FIFA-Heinis beim endlosen Blabla vor einer CL- oder EL-Auslosung zugeschaut?
Für die Fans sind “Freundschaftsspiele” völlig uninteressant, da gebe ich Ihnen recht. Für die Trainer und Spieler sind “Testspiele” jedoch sehr relevant. Wenn man in Pflichtspielen ausprobieren muss, welche Aufstellung funktioniert und welche nicht, verliert man im Kampf um die Meisterschaft oder gegen den Abstieg wichtige Punkte. Mit Trainingsspielen innerhalb der eigenen Mannschaft erhält man niemals die gleiche Fülle von nützlichen neuen Informationen.
Somit muss man nicht über Freundschaftsspiele motzen, sondern darüber, dass diese im Fernsehen übertragen werden. Allerdings wird niemand gezwungen ein Spiel wie Schweiz gegen Griechenland am 6. Februar im Stadion oder am Fernsehen anzuschauen. Den Trainern wäre es wohl egal, wenn bei einem solchen Spiel keine Zuschauer im Stadion wären, im Vordergrund steht für sie das Testen neuer Spieler, neuer Taktiken oder Formationen.
Ich glaube kaum, dass aus den Aufstellungen in den Freundschaftsspielen gegen z.T. massiv schwächere Gegener Rückschlüsse auf das Funktionieren in Pflichtspielen gezogen werden können. Zum einen gehen die Spieler sicherlich nicht ans Limit (welcher Profi riskiert schon eine Verletzung gegen den FC Hinterdorfhausen?). Zum anderen sind die Testspielgegner in der Regel technisch wie auch taktisch so schwach, dass z.B. eine Abwehrkette kaum je ernsthaft gefordert wird. Für mich sind daher Testspiele – egal ob Klub oder Nati – keine Franken Eintritt wert und in keiner Weise aussagekräftig.
Etwas gutes haben die Freundschaftsspiele schon, da diese bei CH-Vereinen eher auf kleinen Plätzen stattfinden ist es für den Fan schön wenn er einfach näher an seinen Idolen ist. Ganz speziell für die Kinder die eher eine Chance haben ein Autogramm oder sogar ein Match Leibchen zu ergattern.
Auf den Verlauf der Meisterschaft haben sie aber kaum Auswirkung, da gebe ich Ihnen Recht, das erste Spiel nach einer Pause ist da schon eher wegweisend.
Wir haben vorletztes Jahr in Hegenheim (Elsass) gespielt. Mit dem Auto von Basel warens ca 10 Minuten. Es gab normales, gutes Bier, es gab gutgebratene Bratwürste, und es herrschte Volksfeststimmung – der FCB kommt ja schliesslich nicht jeden Tag nach Hegenheim 🙂 Der Gingg war eher Nebensache. In solchen Fällen liebe ich Testspiele, denn da geht es um das ganze drumherum.
Was ich nicht mag sind Testspiele wie das gegen Bayern. Den meisten Zuschauern ging es entweder um Bayern oder um Shaqiri. Die Tatsache, von einem gutvorbereiteten Bayern lächerlich gemacht zu werden, da man erst 3 Balltrainings hatte, war denen egal. Einzig positives war die volle Kasse durch Ticketverkäufe.
Jetzt freue ich mich auf das Testspiel gegen Biel auf dem schmucken Rankhof, schon nur um wiedermal Fussball-Feeling zu bekommen. Da mich Bundesliga, Premier League etc. nicht interessieren werde ich langsam kribbelig.
Testspiele aus Trainingslagern interessieren mich wenig bis garnicht.
Auf das die Winterpause bald vorbei ist!
Sie (“Wir”) haben also gespielt, Bier getrunken und Bratwürste gegessen? Oder war die Rollenverteilung doch anders? In einer Zeit, wo sich der Fan “auf Augenhöhe” mit den Akteuren fühlt, zu denen er sich selbstredend zählt, sollte man sich wohl über solche Formulierungen nicht mehr wundern.
Der Rankhof, vielleicht der schönste Fussbalplatz der Welt. Und das sag ich als Luzerner. Viel Spass.
Franz, welch dämlicher Komentar.
Natürlich fühlen sich die Fans “auf Augenhöhe” mit den Akteuren. Spieler kommen und gehen, selbst Identifikationsfiguren wie Streller (vfb) oder Chipperfield (fast hertha). Ein Klub würde ohne seine Fans nicht überleben, somit sind diese ein wichtiger Bestandteil des ganzen. Daher halte ich es für völlig legitim, dass “wir” (der Klub) spielen.
holofernes, vielen Dank!
Wem gehst Du sagen … habe gestern mal wieder meinen FC gegen den BVB gesehen, Freundschaftsspiel, 9’500 Zuschauer … und 1:0 gewonnen. Der sportliche Wert dieses Spiels dürfte eine Null vor dem Komma haben und die Erkenntnisse, die Stani daraus gezogen haben dürfte … nun ja … Eichner als LV nicht mal mehr zweitliga-tauglich. Aber das wissen wir ja alle bereits …
Spruch des Abends von Norbert Dickel: Wenn die uns jetzt schlagen, sind sie dann automatisch für den UI-Cup qualifiziert?
100% -iges und fettes WORD!
Freundschaftsspiele sind das sowieso nicht. Es sind Testspiele. Trainer und Spieler müssen Neues probieren und trainieren können: andere Spielsysteme, neue Spieler und so weiter. Wer sich das anschauen will, sollte es als das sehen, was es ist, und darf keine Spannung erwarten. Wer das nicht aushält, kann ja in der Fussballfastenzeit zum Eishockey oder Tennis konvertieren.
Meine Rede! Freundschaftsspiele sind des Sports’ Essenz und Ästhetik beraubte Veranstaltungen. Für leidenschaftliche Supporter komplett ungeniessbar.
Welch ein schlechter Kommentar, noch sinnloser als die oben beschriebenen Freundschaftsspiele ist ihr hier veröffentlichter Kommentar. Diese Freundschaftsspiele werden grösstenteils ja nicht organisiert um angebliche Fans wie Sie zu begeistern, sondern um Trainingsabläufe und Automatismen in der Vorbereitung unter möglichst realitätsnahen Umständen zu testen.
Daher auch Testspiele… Eine Beleidigung gegenüber denen, welche in einem Verein arbeiten als Staff oder normaler Mitarbeiter. Fussball ist eben nicht nur Guardiola, Mourinho und Ribery und Cavani sondern ganz viel mehr…
Für solche mittelmäsigen Clubs sind diese Testspiele sehr wichtig und in den jeweiligen Analysen relevant für die Aufbereitung der nächsten Trainingseinheiten und Trainingsinhalte.
Schade bloggt Frau Schönau nicht mehr, ihre 3 Blogs waren allesamt besser als das, was sie in den letzten Jahren verfasst haben. Unter anderem dieser Blog ist ja wirklich völlig für die Katz und weder informativ noch witzig oder amüsant zu lesen.
Und ja nebenbei, wenn ich an Ihrer Stelle Blogs schreiben würde dann könnte man beispielsweise mit den Gegnern von Dynamo diesen Winter einen interessanten Blog schreiben… zB wie es zu Testtspielen kommt, warum welcher Gegner, wie viel Geld ist im Spiel, welche Vorteile bieten Freundschaftsspiele etc. Auch wie Sie ignorant und oberflächlich schreiben, dass Sie keine Lust hatten das gegnerische Team nachzuforschen, dass sagt bereits einiges aus über ihr wirkliches Interesse oder ob Sie doch eher nur ein SF2 CL/EM/WM Interessent sind…
Dass Trainingslager nicht so spannend sind, wie ein Schlussspurt in der Liga ist mir auch klar, nur geht es hierbei nicht um Vermarktung (USA, Asienreisen von Topclubs mal ausgenommen), sondern wie bereits erwähnt um sportliche Belange.
Schlagen Sie doch mal vor, diese Vorbereitungen abzuschaffen…
doch noch einer der checkt. besten dank.
Topkommentar, wenn auch ein wenig zu gehässig….
Unser Trainer hat uns letzhin beigebracht, dass es keine FREUNDSCHAFTSspiele gibt, sonder nur TESTspiele.
In der 4. Liga, nota bene.
Der Zuschauer ist die eine Seite; aber auch als Spieler/in im laufenden Spielbetrieb, fern der Alternativen Liga, versteht sich, sind Freundschaftsspiele, mitunter gar Pflichtfreundschaftsspiele, nicht nur sportlich uninteressant und wenig aussagekräftig, dem Wortspiel zu entsprechen nach der letzten Auswärtsniederlage oder inmitten einer ewig währenden Antipathie – laaangsweilig.
in australien hat es sehr viele fussballinteressierte leute—wann haben die schon mal gelegenheit eine mannschaft wie manchester united live zu sehen? eben, nur bei einem freundschaftsspiel—dabei ist das resultat bestimmt nebensache—aber mal giggs, van persie, hernandez etc “ganz nah” zu beobachten, ist bestimmt was besonderes