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Nötigt VW seine Kunden, Wolfsburg zu sponsern?

Alexander Kühn am Mittwoch den 10. Oktober 2012
Spielen sie für Wolfsburg oder für VW oder spielt das keine Rolle? Die Schweizer Diego Benaglio und Ricardo Rodriguez. (Fotos: Keystone)

Spielen sie für Wolfsburg oder für VW, oder ist das dasselbe? – Die Schweizer Diego Benaglio und Ricardo Rodriguez. (Fotos: Keystone)

Beim VfL Wolfsburg, dem Club der Schweizer Diego Benaglio und Ricardo Rodriguez, herrscht gleich an zwei Fronten Alarmstimmung. Zur sportlichen Krise, die am Wochenende im blamablen Auftritt beim 0:3 auf Schalke gipfelte, gesellt sich eine überaus unerfreuliche juristische Auseinandersetzung wegen des Verdachts auf die Zahlung von Schmiergeldern. Der mächtige Volkswagen-Konzern, der 100 Prozent der Aktien der VfL Wolfsburg Fussball GmbH hält, soll Geschäftspartner gezwungen haben, den Bundesligisten zu sponsern, um weiter Grossaufträge zu bekommen. «Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in einem besonders schweren Fall» nennt die zuständige Staatsanwältin das Geschehen rund um den VfL.

Es heisst, die Telekom-Tochter T-Systems zahle dem Fussballverein nur noch Geld, weil sie sonst den lukrativen Wartungsauftrag von VW über die nächsten vier Jahre verloren hätte. «16 Millionen für den VfL von T-Systems, 345 Millionen von Volkswagen für T-Systems», rechnet der Berliner «Tagesspiegel» vor. Ans Licht gekommen ist der faule Zauber, weil die Telekom Selbstanzeige erstattete. Und der Telekommunikationsriese ist anscheinend längst nicht die einzige Firma, die sich von VW zum Sponsoring treiben liess. Besonders grotesk mutet es an, dass sich ein Hersteller von Robotern, die Autos zusammenschrauben, in Wolfsburg als Partner des Vereins präsentiert. Welcher Zuschauer im Stadion kann schon einen solchen Roboter gebrauchen?

Auch aus Marketinggründen macht es eigentlich keinen Sinn, Geld in den Werksclub aus Niedersachsen zu pumpen. Der VfL Wolfsburg ist für den grössten Teil der Fussballkonsumenten ein rotes Tuch mit giftgrünem Logo. Was sich Fans gemeinhin wünschen, nämlich Tradition und eine Vereinsseele, besitzt er nich. Dafür hat er einen kaufwütigen Trainer und Unmengen von Geld, was natürlich wenig sympathisch rüberkommt.

Sollten sich die Schmiergeldvorwürfe als gerechtfertigt erweisen, muss man ganz klar von Wettbewerbsverzerrung sprechen. Dann hätte VW nicht nur sein eigenes Geld, sondern auch noch unfreiwillig zur Verfügung gestellte finanzielle Mittel anderer Unternehmen in die Kriegskasse des VfL Wolfsburg gepumpt. Spätestens dann müsste sich der Deutsche Fussball-Bund die Frage gefallen lassen, ob es richtig ist, wenn eine Firma derart grossen Einfluss auf einen Bundesliga-Club nehmen kann. Der Fussball ist ohnehin schon mehr eine wirtschaftliche als eine sportliche Schlacht geworden.

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8 Kommentare zu “Nötigt VW seine Kunden, Wolfsburg zu sponsern?”

  1. Horst Sänger sagt:

    Es handelt es sich im “VW-Lieferanten” – nicht Kunden !
    Aber ist nicht das ganze Sponsoring zu hinterfragen – auch im Amateurbereich ?
    Und auch in der Schweiz ?

    • Daniel sagt:

      Bei uns in der Schweiz heisst es dann Gegengeschäft. Aber nicht nur im Sport, auch in der Wirtschaft arrangiert man sich so.

  2. DAM sagt:

    Die Voraussetzungen für eine Wettbewerbsverzerrung ist in der Bundesliga meiner Meinung nach sowieso gegeben und hausgemacht. Wolfsburg und Leverkusen müssen sich als einzige Bundesliga-Clubs nicht an die durchaus sinnvolle 50+1-Regel halten. Einzig die gelebte Titellosigkeit dieser beiden Teams (ja, ja Wolfburg war einmal Meister, ich weiss) verhindert wohl, dass der Aufschrei bei den anderen Clubs nicht grösser ist.

  3. martin sagt:

    Bayer Leverkusen ist auch eine Werksmannschaft. Auch hier bezahlen die Endkunden für das Hobby einiger. Jedes mal wenn ich meine Kinder wickle brauch ich ein wenig Bepanthen und bezahle für Bayer Leverkusen mit. Aus Marketinggründen macht das auch keinen Sinn. wie auch Fussball keinen Sinn macht. Das ist reine Verschwendung von Zeit und Geld, wie alle Hobbies die Spass machen.

  4. Auguste sagt:

    hmm…, mit was wohl barbie gc dazu gebracht hat, in pink aufzulaufen?

  5. Andreas sagt:

    Bei Hoffenheim ist es auch nicht viel anders: da steht SAP bzw. deren Mehrheitsaktionär dahinter. Erstaunen darf einem die Entwicklung eigentlich nicht: die Saläre der Spieler bewegen sich in Sphären, die ungesund sind. Da schauen Durchschnittsverdiener den Millionären beim Spielen zu. Hauptsache, es macht Freude…

  6. Nötigt VW seine Kunden (Lieferanten, danke, Herr H.Sänger 10. Oktober 2012 um 07:25), Wolfsburg zu sponsern? Naja, wen interessiert’s? Die Justiz wird ihr Urteil fällen, danach kann darüber debattiert werden.

    Irgenwie fehlt mir hierzu das “Breaking News”-Momentum, der Reisser, Herr Kühn.

    Dannn doch lieber wieder Eindrücke aus Sandhaufen (jep, Autokorrektur des Schreibprogrammes), die Einblicke in eine vom DFB gepeinigte Dynamo Dresden Fan-Seele oder das Armutszeugnis des deutschen Fussballs ( Archiv sei Dank!). Weitere Thematiken könnten eine Chronik über den türkischen Fussball-Manipulationsskandal, die Rücktritte helvetischer Schiedsrichter, offene Briefe eines albanischstämmigen Secundos sowie die Fusion zu einer Fussballsektion Zürich United in den Steilpassraum stellen.

    Mit herzlichem Dank werden Sponsoring-Beiträge der Steilpass-Blogger unter PC-Konto 50-97275-0 martin zeltner angenommen, diese werden zielorientiert für Alkohol eingesetzt.

  7. Georg Stamm sagt:

    Bei VW fährt der Korruptionsbazillus mit. Vor einigen Jahren erfuhr man, dass Betriebsräte Sexausflüge auf Firmenkosten machten. Mit dabei waren Arbeitnehmervertreter, die so ruhig gestellt wurden. Es ist jetzt auch klar, weshalb es überall Korruption gibt (auch hierzulande): Weil es überall VWs gibt, die die Leute anstecken 🙂