
Die Spieler Ghanas posieren vor dem Afrika-Cup-Halbfinalspiel gegen Sambia für das Mannschaftsfoto. Vordere Reihe von links: Asamoah Gyan, Samuel Inkoom, Anthony Annan, Lee Addy, Andre Ayew. Hintere Reihe von links: Larsen Kwarasey, Derek Boateng, Jordan Ayew, John Boye, Kwadwo Asamoah und Captain John Mensah, 8. Februar 2012. (Foto: Keystone)
Ghana war in den letzten Jahren die Hoffnung des schwarzen Kontinents, dass doch noch in absehbarer Zeit eine Nationalmannschaft Afrikas im Konzert der Europäer und Südamerikaner mitmischen könnte. In der Tat war der Aufstieg beachtlich: 2006 war das Land erstmals an einer WM mit dabei und schaffte gleich den Sprung ins Achtelfinale, 2009 holte Ghana Gold bei der U-20-WM und 2010 verhinderte nur ein in der allerletzten Sekunde der Viertelfinal-Verlängerung gegen Uruguay verschossener Elfer den sensationellen Aufstieg ins Halbfinale bei der WM in Südafrika. Der jungen Mannschaft wurde eine rosige Zukunft prophezeit. Sie war auf dem Weg zum Dominator des Kontinents und machte sich auf, die Grossen das Fürchten zu lehren.
Gerade mal zwei Jahre sind seither vergangen, und in dieser kurzen Zeit hat sich einiges geändert. Leider nicht zum Guten. Kevin Prince Boateng, einer der Leistungsträger an der letzten WM, hatte genug von den Black Stars profitiert, die ihm einen Transfer zur AC Milan einbrachten, so dass er mit 24 Jahren den Rücktritt erklärte, offiziell wegen der körperlichen Belastung. Auch der ehemalige Chelsea- und heutige Real-Star Michael Essien spielt seit drei Jahren – auch verletzungsbedingt – kaum mehr für die Nationalelf. Und im vergangenen Februar erklärte auch noch WM-Held Asamoah Gyan, er stünde fortan nicht mehr zur Verfügung, nachdem er nach einem weiteren verschossenen Elfmeter im Afrika-Cup gegen Sambia verbal von den Fans attackiert worden ist. Mittlerweile ist er zwar bereits wieder vom Rücktritt zurückgetreten, dafür hat seine Karriere eine erstaunliche Wendung genommen.
Der umworbene Stürmer verblüffte seine Fans, als er im letzten September ankündigte, sich zu Al Ain in die Vereinigten Arabischen Emiraten ausleihen zu lassen. Ein grosser sportlicher Rückschritt, aber man sah es ihm nach, weil er in den paar Monaten ein beachtliches Vermögen anhäufen konnte und auch sein finanziell angeschlagener Verein Sunderland fürstlich entlöhnt wurde. Doch es blieb nicht bei der Leihe: Kürzlich unterzeichnete er bei Al Ain einen 5-Jahres-Vertrag, der ihm insgesamt 50 Millionen Franken garantiert. Lukrativ auf jeden Fall, doch in einer wenig kompetitiven Liga mit einem Schnitt von knapp 1000 Zuschauern.
Al Ain ist bei weitem nicht der einzige ungewöhnliche Verein bei den ghanaischen Nationalspielern. Gleich zwei Spieler sind beim norwegischen Strømsgodset unter Vertrag, einer in Schweden bei BK Häcken, türkische und ukrainische Abstiegskandidaten sind ebenso vertreten wie China, und mehrere Akteure spielen bei mittelmässigen Vereinen in der Heimat wie Berekum Chelsea. Stammkräfte bei grossen Vereinen sind nur gerade die Abedi-Pele-Söhne André und Jordan Ayew sowie Juve-Mittelfeldmann Kwadwo Asamoah.
Schaut man sich die Karrieren der einst vielversprechenden Talente an, fallen die unzähligen Vereinswechsel und die häufigen Leihgeschäfte ins Auge. Die Mannschaft ist im Schnitt noch nicht mal 23 Jahre alt, jeder spielte aber schon im Schnitt für 4,3 Profivereine. Die grössten Talente wechseln dabei am häufigsten: Für den Star beim U-20-WM-Titel Ghanas, der heute 22-jährige Dominic Adiyiah (Gewinner des Goldenen Balls), ist Arsenal Kiew bereits der achte Verein, und selbst da ist er nur Teilzeitarbeiter. Bei seinen damaligen Teamkollegen lief es ähnlich, oder sie folgten wie der damals hochgelobte Lee Addy gleich dem grossen Geld und heuerten in China an.
Konstanz und langfristige Planung fehlt auch anderorts. Akwasi Appiah, der aktuelle Trainer der Black Stars, ist deren 14. (!) seit 2000 – Interimstrainer nicht mitgerechnet. «Hire and fire» heisst die Devise. Offizielle und Fans verlangen sofortige Erfolge und missachten dabei die Regel, dass sich diese ohne Konzept und Planung nicht einstellen können. Denn länger als zwei Jahre hat sich seit den 1960er-Jahren kein Trainer im Amt halten können.
Die seltsamen Karriereplanungen der Spieler und die Unruhe im Verband schlagen sich freilich auch auf die Leistungen auf dem Platz nieder. Das hoch favorisierte Ghana scheiterte im Afrika-Cup-Halbfinale, in der WM-Qualifikation unterlag man Sambia gleich noch einmal und steht darum vor der Partie gegen den Sudan bereits mit dem Rücken zur Wand: Nur der Gruppensieger zieht in die dritte Runde der Ausscheidung ein und hat noch die Chance auf die Endrunde in Brasilien. Für Ghana wird dies sehr schwer werden. Kürzlich reichte es in einem Testspiel nicht mal mehr für einen Sieg über China. So wurde aus dem Team, das erst kürzlich noch die Speerspitze des afrikanischen Fussballs war, ein weiteres Beispiel für traurig verschwendetes Potenzial.
Herr Sykora haben Sie und Herr Kühn ein Problem mit dem Schweizer Fussball dass nach einem doch aufschlussreichen Cup-Wochenende über deutschen Provinzfussball und die afrikanische WM-Qualifikation geschrieben wird?
Herr Schönbächler, haben Sie ein Problem wenn über den Tellerrand des Schweizer Fussballs hinausgeschaut wird? Steht ja nirgends, dass sich der Steilpass-Blog nur um den Schweizer Fussball kümmern soll…
Zum Blog:
Ich persönlich habe das Gefühl, dass auf dem Afrikanischen Kontinent halt einfach die Strukturen null Entwickelt sind im Verband. Wie so viele Mannschaften aus Afrika hat auch Ghana ein riiesen Angebot an v.a physisch und technisch starken Spielern. Doch es klappt einfach nicht, eine stabile Mannschaft daraus zu formen. Auch die Elfenbeinküste vor 4-5 Jahren wie auch Senegal vor etwa 5-8 Jahren hatten talentierte Mannschaften, doch an einer WM gelang nie der grosse Durchbruch. Sogar Nigeria oder Kamerun hatten vor rund 10 Jahren starke Mannschaften, allerdings auch ohne Erfolg an den grossen Turnieren.
Berekum Chelsea soll mittelmässig sein? Immerhin hat gestern das Team gegen TP Mazembe aus der Demokratischen Rep..Kongo zu Hause 1:0 gewonnen. Waren unter den letzten acht Teams um die Afrikanische Championsleague. In der einen von den zwei Vierergruppen haben sie allerdings lediglich trotz des Sieges nur den dritten Rang erspielt. Die Finalrunde erreichten Al Aly Kairo und der besiegte TP Mazembe. Also da ist doch wohl von Mittelmässigkeit keine Rede. .
Nunja, der Verein ist 2008 erstmals in die 1. Division aufgestiegen, wurde zwar schon einmal Meister (2011), beendete die letzte Spielzeit aber auf dem 7. Platz. Und der Sieg gegen TP Mazembe ist zwar nett, aber Berekum war schon vor dieser Partie ausgeschieden, während für TP Mazembe das Weiterkommen schon feststand.
Hola Mr. Sykora – klar war Mazembe schon qualifizirt, wollte aber unbedingt die Partie in Ghana gewinnen um im Halbfinal nicht auf Esperance aus Tunis zu treffen. Das haben sie auch in ihrer Website immer so verkündet. Mazembe wurde auch von der tunesischen Presse bezichtigt, Berekum US$ 300’000.- angeboten zu haben, dass diese das Spiel verlieren würden. Also ich akzeptiere den netten Sieg wie sie es nennen. Gruss aus Spanien.
Dies wiederspiegelt in etwa die Wirtschaftskraft von Afrika(unter der Sahara). Viel gelobt, aber wenn es um die Bestätigung geht, rennen alle blind nur noch dem Geld nach.
Kann mich noch erinnern, als Kamerun die “Speerspitze” des Afrikanischen Fussball war.
Was lernen wir daraus? – Zuverlässigkeit sieht anderst aus
Also mich wundert es nicht, letztlich gehen viele halt zu den Klubs die besser bezahlen, das sind meist nicht die bekanntesten und renommiertesten. Wer kann es ihnen verdenken. Es wird generell zu viel bezahlt in der Fussballwelt.
hmm…, was für ein perfider weltoffenheits-test heute. nachdem alex “dä schwab” kühn mit seinen eindrücken aus dem rhein-neckar gebiet beim publikum unverdientermassen, dafür mehrheitlich, baden ging, setzt mämä “dä ex-kommunischt” sykora mit einer expedition ins schwärzeste afrika gleichentags noch einen drauf. und das einen tag nachdem die fast-urschweizer von den “franzosen” in delémont vernichtend geschlagen wurden, worauf die innerschweiz in cham an servette ein exempel in der 89. minute statuierte. tumultartiges, wohin man clickt.
welch hochexplosives nationales und internationales gemisch hier und heute. der steilpass-blog als ort des clashes der zivilisationen – jetzt soll bloss keiner das video mit der infamen 93. minute von basel hier reinstellen sonst fliegen wieder die wc-rollen und würste. alternativ könnte man aber dem gegner aber auch nur wieder mal die kalte schulter in altstetten zeigen – getreu dem leicht abgeänderten bundesliga-motto des wochenendes: geh deinen (heim) weg – auch wenn’s total bescheuert aussieht.
Ihr literarischer Erguss in Ehren, aber wie steht es denn nun wirklich um den Afrikanischen Fussball ? Meiner Meinung nach ist es schlicht und einfach normal, dass Jemand, der in einer Gesellschaft aufgewachsen ist, die von der Hand in den Mund lebt, dem Geld nachrennt. Auch sie möchten einmal das Gefühl des totalen Überflusses erleben, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Und das ist im Fussball möglich. Natürlich sind die Strukturen im Afrikanischen Fussball unterentwickelt, aber da ist ja auch weder Geld noch der Wille vorhanden, dies zu verändern, gerade wegen dem fehlenden Geld. Aber grundsätzlich ist es so, dass es Ziel jedes Afrikaners ist, einen europäischen Lebensstandard zu haben, und wieso sollten wir ihnen den verbieten, wo wir ihn doch sozusagen erfunden haben ? Wieso soll Asamoah Gyan sich einen Heiligenschein zulegen wollen, indem er auf’s grosse Geld verzichtet, nur damit er sagen kann, er würde dem Ghanaischen Fussball damit mehr helfen als andersrum.
Lieber M’boma
Natürlich ist nichts verwerflich daran, in die Emirate zu gehen und sich dort gemütlich eine goldige Nase zu verdienen. In Asamoah Gyans Fall finde ich es einfach Schade, dass man überflüssig viel Geld vor persönlichen Erfolg und Ruhm stellt. Er scheint gar keinen Antrieb zu haben, sich als Spieler weiterentwickeln zu wollen. Ausserdem ist es nicht so, dass man als Fussballer in Europa zu den Working-Poor zählt.
Das grössere Problem liegt bei den jüngeren Spielern. Anstatt seine Karriere langsam und stetig voranzutreiben und damit längerfristig auf der besseren Seite zu stehen, laufen sie dem schnellen Geld nach und enden somit schon in jungen Jahren in der Versenkung. Das ist nicht die Schuld der jungen Spieler, sonder ihrer Berater, des Verbandes usw. Wie gesagt, verwerflich ist daran nichts, Schade dafür allemal.
ja afrikanische nationalmannschaften haben oft probleme verschiedenster art. was in ghana auch ein faktor ist, ist dass in der nationalen liga auf ziemlich tiefem niveau gekickt wird. praktisch jeder,der einigermassen fussball speieln kann, geht irgendwo ins ausland. das können für die nati wichtige erfahrungen sein. aber eine liga auf gutem niveau mit entsprechenden zuschauermassen ist wohl mindestens so wichtig.für eine nationalmannscahft.
Wenn man bedenkt aus welchen Verhältnissen die Spieler stammen (meine Annahme) ist es ihnen wohl nicht wirklich zu verdenken, dass sie zuerst auf sich selbst (und ihre Familien) schauen und wenn immer möglich finanziell zugreifen. Da kommt der Patriotismus eben erst an zweiter Stelle. Ich kanns verstehen.
Wenn man bedenkt aus welchen Verhältnissen die Spieler stammen (meine Annahme)… würde man meinen, sie könnten sich selber und ihre Familien ausreichend unterstützen, auch wenn sie keine 10 Mio pro Jahr vedienen. Aber unter dem Problem namens Gier leidet in Afrika nicht nur der Fussball. Nicht dass Gier hierzulande nicht anzutreffen wäre, aber die Auswirkungen sind in Afrika am ausgeprägtesten.
Gier gibt’s überall, aber in Afrika ist es wohl am unangebrachtesten, dies zu kritisieren, weil die meisten mit der Hand im Mund aufgewachsen sind, so wie wir uns das beileibe nicht vorstellen können. Natürlich kommen jetzt die Schwarzmaler wieder und behaupten, dass hätte etwas mit der Afrikanischen Kultur zu tun usw. Ich finde es schön, dass die Qualität der Afrikanischen Spieler mittlerweile so hoch ist, dass sie es sich leisten können, von Europäischen Clubs z.B. fürstlich entlöhnt zu werden. Man erinnere sich an die Zeiten, wo man hierzulande dachte, Afrikaner wären zum Ausgebeutetwerden geboren.
It’s just too much Akpeteshie in the game
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