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Nur ein Spiel, oder?

Claudia Lässer am Montag den 18. Juni 2012
«Am Ende sind wir doch nur Fussballtrainer»: Spanien-Coach Vicente del Bosque. (Bild: AFP)

«Am Ende sind wir doch nur Fussballtrainer»: Spanien-Coach Vicente del Bosque. (Bild: AFP)

«Was würde vom Fussball bleiben, wenn man ihm seine Debatten nehmen würde?» Tiki-Taka-Trainer Vicente del Bosque ist ein bedachter Mann, seine Gedanken sind leise, seine Worte fein. Der Spanier spricht an, was wir Frauen denken: Wie nur könnt ihr Männer wochenlang über Fussball reden?

Vor dem Spiel prophezeit ihr unverschämt und wettet selbstbewusst. Ihr stichelt und zieht die Kumpels auf ­– von wegen elf Freunde müsst ihr sein und das Team geht über alles! Die eigene Position verteidigt ihr mit viel Leidenschaft, rückt keinen Zentimeter davon ab. Und Gegenargumente lasst ihr kühl ins Abseits laufen.

Während des Matchs spielt ihr bevorzugt auf den Mann: Ihr provoziert ungeniert, ja, mit einem Augenzwinkern zwar, gleichwohl direkt ins Gesicht. Ihr drückt den rhetorischen Stollen auf den grossen Zeh, schubst verbal und zerrt am Stolz. Und zwischendurch schreit ihr Zeter und Mordio, als ginge es um alles oder nichts.

Mit dem Abpfiff geht’s erst richtig los: Der, der jubelt, frotzelt laut und ungehemmt, und der, der leidet, verflucht die ganze Welt. Er trauert um die vergeigten Chancen, ringt um Worte und (er)findet Ausreden, die ­– Hand aufs Herz ­– niemand hören will.

Bis tief in die Nacht zappt ihr Männer durch Analysen, studiert frühmorgens schon die Spielberichte im Pendlerblatt und führt während Stunden scharfe Diskurse im Netz. Weil andere Männer die gleiche Begegnung, die gleichen Teams und die gleichen Spieler ganz anders gesehen haben.

Warum bloss, fragen wir uns Frauen. Warum macht ihr es nicht wie, sagen wir, Viviana, meine spanische Physiotherapeutin? Sie sucht sich einen gemütlichen Ort, schafft mit Freundinnen einen emotionalen Raum, zelebriert drei, vier, fünf lustige Stunden und hat Freude, dass sie während eines EM-Spiels Spass haben kann an und mit ihrem Team. Das Resultat und der ganze Rest wird zur Nebensache.

Denn del Bosque sagte an anderer Stelle: «Am Ende sind wir doch nur Fussballtrainer und Fussballspieler, nicht mehr.» Und Fussball ist nur ein Spiel, nicht mehr, ­oder, Ladies?

Claudia Lässer, 35, ist Model, Radio- und TV-Moderatorin. Die Geschäftsführerin des Schweizer Sportfernsehens moderiert den Fussballtalk «Kick it» sowie ihr persönliches Magazin «Close Up».

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20 Kommentare zu “Nur ein Spiel, oder?”

  1. Alex S sagt:

    Und wieder ein neuer Beweis, warum Frauen so rein gar nichts vom Fussball verstehen. 🙂

  2. Andreas Trachsel sagt:

    Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Nur ein Spiel? Wir reden hier von Fussball!

  3. Eric sagt:

    Thema wäre hochinteressant, um darüber zu schreiben. Nur – der Inhalt ist schwach. Diese Zeilen hätte noch mancher hingebracht; für mich keine journalistische Meisterleistung. Mit Del Bosque bin ich einig, wir brauchen doch Gesprächsstoff. Und was wollen wir uns über ein marodes Griechenland, eine (auch marode?) CS oder eine Möchte-Gern Staatsaffäre um Bankgeheimnisse debattieren? Da bleiben wir lieber bei Pässen, Abseitspositionen oder Frisuren und Zuschauerinnen auf den Rängen – doch dies erst, wenn nicht mehr alle zuhören.

  4. Basler sagt:

    Es gibt auch Männer, welche gegenwärtig bleiben können! Ich freue mich, dem Spiel gut 90 Minuten zuschauen zu dürfen und auf die Analysen danach kann ich verzichten… Dann bleibt ja noch Zeit über Handtaschen und Schuhe zu sprechen…

    Liebe Claudia, aber als Frau eines Fussballtrainers ist das eh ein bisschen anders. Ein Fussballtrainer sollte ein Spiel danach schon sehr detailliert analysieren. Ansonsten macht er seinen Job nicht.

    Für mich ist Fussball ein Genuss und nicht ein Job…

  5. Dimitri Iseli sagt:

    Ich denke nicht dass Fussball nur ein Spiel ist! Sicherlich ist es nicht das wichtigste auf dieser Welt, dennoch ist Fussball mehr als ein Spiel, nähmlich eine Leidenschaft! Was gibt es schöneres auf der Welt als mit seinen Freunden einen Match anzuschauen und dabei ein paar Bierchen zu trinken? Ich denke, dass Fussball immer noch die Leute zusammenbringt (siehe z.B. Irland – Spanien). Leider gibt zu viele Diskusionnen über so genannte “Fans” (Hooligans) die aus diesem schönen Sport ein Krieg machen… So oder so, ein Leben ohne Fussball, ist für Fussball-verükte nicht vorstellbar!

  6. Pascal von Arb sagt:

    Ein etwas oberflächlicher Blog, welcher auch durch das Schwingen der mittlerweile abgenutzten Klischee-Keule keine neuen Erkenntnisse bringt: Wir Männer sind in gewissen Situationen sehr einfache Gemüter und verlieren in Sachen Fussball die Contenance, während Frauen grundsätzlich die feinere Klinge führen. Die Autorin möchte diese These natürlich durch die bekannte “Die Ausnahme bestätigt die Regel”-Floskel unterstreichen, indem sie Spanien-Trainer Vicente del Bosque als eloquenten, intelligenten Mann hervorhebt (was er ohne jeden Zweifel ja auch ist), und in ihm den Mann sieht, wie sie (und damit natürlich alle Frauen) ihn gerne hätte: Einer, der den Fussball auch nur als ein Spiel sieht – womit Frau Lässer dem, in ihrer Vorstellung, vor dem Fernseher emotional entgleisenden Mann einen weiteren vorwurfsvollen Denkzettel verpasst.

    Heisst das Motto nicht: Leben und Leben lassen!? Ich werde das ungute Gefühl nicht los, dass Frau Lässer “uns Männer” gerne anders hätte, eben nicht so auf den “Fussball fokusiert”, etwas geistreicher und weniger laut. Dabei vergisst die Autorin: Sie lebt als Moderatorin des Fussballtalks “Kick it” in einer Welt voller alter Klischees, denn die Welt des Fussballs bietet, nebst faszinierenden Spielen, eine Ansammlung von Gockeln (Ronaldo, Robben, Ibrahimovic, Mourinho) und ist eine der letzten Bastionen längst nicht mehr zeitgemässer Vorurteile – im realen Leben sind Männer schon lange nicht mehr so, wie Frau Lässer dies in ihrem Blog so vorwurfsvoll skizziert!

  7. Geni Meier sagt:

    Alles schön und gut. Jede und jeder hat seine Ansicht. Fussball ist allerdings eine sehr einfach Sache, das hat schon Gary Lineker noch besser als Del Bosque ausgedrückt: Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen

  8. rita villiger sagt:

    Da bodigt sich Claudia gleich selbst: sie selbst ist ja über unendlich viele Stunden über Fussball am tratschen….:)

  9. Paulo sagt:

    Fussball ist in der Tat nur ein Spiel und es tut mir leid den legendären Billy Shankly von Liverpool widersprechen zu müssen. Es ist ja nicht einmal die schönste Nebensache der Welt. Für mich ist es immer wieder interessant zu sehen dass die Menschen nur dann zu Patrioten werden wenn der Fussball ansteht sich ansonsten jedoch wenig bis gar nicht für ihr Heimatland interessieren. Ein Beispiel ist Griechenland. Die unzähligen Trikots und Fahnen die ich heute gesehen habe würde ich mir auch dann wünschen wenn es um viel wichtigere Dinge geht. Als Italiener hätte ich kein Problem damit wenn wir heute im hohen Bogen aus dem EM Turnier ausscheiden würden, wenn das Land dafür andere Schlagzeilen bieten würde als Krisen, Erdbeben, Costa Concordia oder Mafia.

    • DAM sagt:

      @Paulo
      “Für mich ist es immer wieder interessant zu sehen dass die Menschen nur dann zu Patrioten werden wenn der Fussball ansteht sich ansonsten jedoch wenig bis gar nicht für ihr Heimatland interessieren.”

      Ist nicht gerade dies eben ein Zeichen, dass Fussball für viele Menschen eben doch mehr ist als nur ein Spiel?
      Ob dies aber positiv oder negativ ist, steht wieder auf einem anderen Blatt.

  10. Franz sagt:

    Das Zitat Del Bosques scheint mir hier falsch interpretiert zu werden. Es ist im Zusammenhang mit der Krise Spaniens zu verstehen.”Wir spielen nur Fussball, wir können doch das Land nicht verändern.” So hat ihn jedenfalls die NZZ zitiert. Wer wollte ihm da widersprechen? PS: Del Bosque als “Tiki-Taka-Trainer” zu bezeichnen, ist ziemlich oberflächlich.

  11. Patrick sagt:

    das ist eben genau das, was frauen nicht verstehen über fussball: fussball ist für uns viel mehr als nur ein spiel, es ist leidenschaft, emotionen, männerfreundschaften, wein, weib, gesang (gut, weib etwas weniger, dafür umso mehr wein und gesang). wenn man über jahre gelitten hat mit seinem club, seiner nati, umso grösser ist die explosion der glückshormone bei einem grossen sieg. ich zum beispiel habe als Filipescu in Basel dieses 2:1 erzielte die unglaublichste momentane freude erlebt, die ein mensch erleben kann. der taumel war so intensiv, dass ich wohl noch meinen enkeln davon erzählen werde. darum geht’s, und darum kann das auch eben ins genaue gegenteil umschlagen, und darum erhitzt so ein spiel zum teil nach jahren noch die gemüter. 2008 z. bsp., als Yakin aus 16 m gegen die Türkei das Tor nicht traf, wurde mir für einen moment schwarz vor augen, ich ärgere mich heute noch darüber. frauen verstehen das nicht, weil sie eben nicht so emotional sind wie wir.

  12. pipe sagt:

    Zitat von Bill Shankly: “Some people believe football is a matter of life and death, I am very disappointed with that attitude. I can assure you it is much, much more important than that.”

  13. Auguste sagt:

    hmm…, was würde von handtaschen & heels bleiben, wenn man ihnen die modetrends und die catwalks nehmen würde – ein tragbares behältnis für, wenn alles richtig läuft, das weibliche geschlecht und simple fussbekleidung.

    vor dem einkauf werden magazine, journale, das internet und glanz & gloria mit verve analysiert. es wird von den mädels, geträumt, gewünscht, erbettelt oder neuerdings gar geschrien im delirium, das verarbeitete kühhäute bei euch chicks erzeugen können.

    beim einkaufen, werden freunde in den wahnsinn getrieben, samstage in fox-town verplempert, kreditkarten vergewaltigt, freundinnen geherzt und abgeknutscht im moment des triumphs im bauch des fashion fish oder wieder einfach: geschrien.

    warum bloss macht ihr das nicht wie unser blog-kamerad kurt abächerli: fahrt über den hardturm nach einer gedächtnis-minute im heiligen trümmerfeld zum letzigrund, knüpft den schal enger und schlagt den kragen hoch, kauft eine wurst und bier und setzt euch zu einer handvoll weiterer unverdrossener und ärgert euch schwarz über blau-weiss?

    …und zum schluss sagt ihr euch: ein absatz ist im grunde genommen auch nur ein kleiner höhenunterschied, wenn auch ein ziemlich scharfer unter umständen.

  14. Maratonna sagt:

    Was gibt es Schöneres und Aufregenderes? Gerade in der heutigen Zeit, wo die Politiker auf der ganzen Welt nur nach Macht streben und Konflikte schüren. Das normale Fussvolk will keine Kriege und Anfeindungen. Fussball ist natürlich nur ein Spiel – aber wie in jedem Spiel geht es darum, mit allen legalen Mitteln gewinnen zu wollen und sich zu ärgern, wenn es einem nicht gelingt. Der Respekt vor dem Gegner bleibt immer vorhanden, auch wenn man ihn nicht zeigt.

  15. Der Teutone sagt:

    Ach, wäre Tschutten denn doch wirklich bloss ein Spiel, und kein MillionenMilliardenBusiness!
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    🙄

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    3Spiele – 3 Siege – 9 Punkte!

    😉

  16. DaniZHK3 sagt:

    Das ist doch gerade das Prächtige an einer EM oder WM. Während ein paar Wochen ist Fussball wie das Wetter; jeder kann mitreden!

  17. christian p. casparis sagt:

    seit ich die sendung in sachen globale korruption bis in die dritte fussball liga und die damit reichwerdende maffia gesehen habe, schaue ich nicht mehr fussball, obschon ich ein mann bin. da unser lieber Blatter auch soviel geld mit fussball macht, könnte er doch da ansetzen. ich würde gerne wieder fussball fan werden.

  18. Claudio Di Paolo sagt:

    Diese Verallgemeinerung teile ich nicht. Ich kenne viele fussballbegeisterte Frauen und die Gespräche mit Ihnen sind nicht so unterschiedlich. Man hält sich mit besonders ausdruckvollen Aussge vielleicht ein bisschen zurück, aber sonst kein grosser Unterschied.

  19. enver sagt:

    Des einen Fussball des (der) anderen Handtasche….