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Ein Hoch auf den Idealisten Podolski

Alexander Kühn am Sonntag den 17. Juni 2012
Ein Lachen, das Berge versetzen kann: Lukas Podolski, guter Geist der deutschen Nationalmannschaft.

Ein Lachen, das Berge versetzen kann: Lukas Podolski, guter Geist der deutschen Nationalmannschaft.

Lukas Podolski, der mit einem Einsatz im heutigen Spiel gegen Dänemark die Marke von 100 Länderspielen für Deutschland erreicht, ist der bemerkenswerteste Spieler der Euro 2012. Nicht wegen seiner fussballerischen Fähigkeiten, obwohl diese unbestritten sind, sondern deshalb, weil er der letzte Idealist unter den Spielern von internationaler Klasse ist. Oder hätten Sie den grössten Teil Ihrer Karriere beim 1. FC Köln verbracht und als Nationalstürmer sogar in der 2. Bundesliga gespielt, wenn Sie seine Möglichkeiten hätten?

Während Kameruns Superstar Samuel Eto’o auf Grund finanzieller Überlegungen für den russischen Verein Anschi Machatschkala statt bei Inter Mailand kickt und auch noch behauptet, er mache dies der sportlichen Herausforderung wegen, stehen für den Fussball-Idealisten Podolski das Wohlbefinden und die Identifikation mit seinem Club über dem Geld. Er weiss, dass er nur dann glücklich ist und Leistung bringen kann, wenn sein Umfeld stimmt. Und so kommt seine Beschreibung der DFB-Equipe einer Liebeserklärung an den Verein seines Herzens gleich, den er mit einer Träne im Knopfloch Richtung Arsenal verlässt: «Wenn die Nationalmannschaft ein Club wäre, dann so einer wie der 1. FC Köln. Die Nationalmannschaft ist mir ans Herz gewachsen. Ich bin stolz und froh, wenn ich den Adler auf der Brust habe.»

Überhaupt verkörpert keiner den positiven Geist des neuen Fussball-Deutschland besser als Podolski, der vor acht Jahren in Kaiserslautern gegen Ungarn sein Debüt im Nationalteam gab – damals noch mit einer eigentümlichen Gel-Frisur samt Strähnchen auf dem Kopf. Der stets positive und fröhliche Kölner, der in ein müdes, übersättigtes Team kam, das an der Euro 2004 in Portugal kläglich in der Vorrunde scheitern sollte, half entscheidend mit, die Irrlehre zu beerdigen, das nur ein erfahrener Fussballer auch ein guter Fussballer sei. Inzwischen beneidet ganz Europa die Deutschen um ihre Talente, die auch auf höchster Ebene bestehen können. Zwei von ihnen, Marco Reus und André Schürrle, schielen nun auf Podolskis Platz, müssen sich jedoch wohl noch ein wenig gedulden. Bislang hat Podolski an der EM zwar noch nicht wirklich gezeigt, was er kann, doch er wird sich steigern, wenn es drauf ankommt. Das war noch immer so.

Das 100. Länderspiel ist denn auch nicht die Marke die Podolski reizt. Er denkt schon an den 150. Einsatz im DFB-Trikot, womit zum Rekordhalter Lothar Matthäus aufschliessen würde. Und an das 103. Länderspiel, das der EM-Final am 1. Juli in Kiew sein könnte und den Jubilar auf eine Ebene mit Franz Beckenbauer hieven würde. «Ich hoffe, dass das 103. Länderspiel mein schönstes wird», sagt Podolski.

Alexander Kühn (33) ist Steilpass-Blogger, Sportredaktor bei Newsnet und leidgeprüfter Fan des deutschen Zweitligisten Dynamo Dresden. Mangels fussballerischen Talents beschränkt er sich auf kritische Einwürfe von Tribüne und Schreibtisch aus.

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29 Kommentare zu “Ein Hoch auf den Idealisten Podolski”

  1. micha sagt:

    So ganz selbstlos ist der lustige Poldi auch nicht. Warum wechselte er 2006 zu Bayern, jetzt zu Arsenal, auch da dürfte das Einkommen wesentlich höher liegen. Richtig aber ist, dass Podolsky bereit war, sich 2009 wieder auf Köln einzulassen. Das Theater in der Führungsebene hat ihm jetzt wohl den Rest des Vertrauens geraubt. Aus meiner Sicht hat er eher zuwenig aus seinem unbestreitbar grossen Talent gemacht. Zwar hat er 100 Länderspiele, aber auf Vereinsebene ist ihm so viel nicht gelungen. In einem kompetitiven Umfeld hat er sich nicht durchsetzen können, nur dort reüssiert, wo er der ungekrönte König mit Stammplatzgarantie war. Ob er sich bei einem Spitzenklub durchsetzen kann, wird sich jetzt dann im zweiten Anlauf weisen.

  2. Nicolas sagt:

    na klar…

  3. Franz Melliger sagt:

    “Er weiss, dass er nur dann glücklich ist und Leistung bringen kann, wenn sein Umfeld stimmt.”

    Ich glaube, dass ist die wichtigste Aussage des Artikels. Podolski spielte nicht so lange bei Köln, weil er sich für den Verein opferte. Er tat es, weil er sich dort super fühlt und bisher auch nur dort Leistung bringen konnte. Er hat es ja auch mal in München versucht, was aber nicht funktioniert hat.

    Von daher würde ich Typen wie Podolski, Rossi oder Totti nicht nicht überhöhen wollen. Sie machen, was für sie gut ist. Die einen Spieler brauchen ein familiäres Umfeld und andere wollen halt lieber in einem Weltclub spielen. Die einen lieben die Konkurrenzsituation und wollen sich auch im eigenen Club mit den besten messen. Andere können damit nicht umgehen und spielen daher besser in einen kleineren Club.

    • Holger Fröhlich sagt:

      Genau mein Gedanke. Ob Söldner oder Idealist, das hat alles seinen Grund.

    • bulivo sagt:

      Schade, dass man nicht akzeptieren kann, dass es Spieler gibt, welchen der eigene Verein ALLES bedeutet!

      Ein Francesco Totti hätte zu seinen besten Zeiten bei JEDEM Verein der Welt den Stammplatz auf sicher gehabt und sich dadurch sicher auch wohl gefühlt usw…aber er ist Römer, er liebt den AS Rom…

      Aber einfach immer das Haar in der Suppe suchen und kritisieren und hinterfragen…naja…

      • Hans vom Hübel sagt:

        Dito. Dasselbe gilt für Alessandro del Piero oder Paolo Maldini.

        Und auch bei Poldi ist es mehr als purer Opportunismus. Der Typ identifiziert sich mit Köln wie kein Zweiter.

  4. Alex S sagt:

    Was ich an Podolski mag, ist sein Spiel, das manchmal an einen zehnjähriger Kicker auf dem Bolzplatz erinnert: Da wird nicht lange überlegt, sondern aus jeder Lage draufgehalten! Herrlich. Zumal durch seinen grandiosen Schuss mit Links dann auch in schöner Regelmässigkeit wunderbare und spektakuläre Tore möglich sind.
    Bei dieser Euro zeigt er aber auch, dass er taktisch spielen kann. Nicht umsonst taucht er bislang ziemlich unter, da er nun einmal für defensivere Aufgabe eingeteilt wurde. Ich hoffe, Löw lässt ihn zwischendurch noch einmal von der Leine – wie eigentlich auch den Rest der Mannschaft. Offensiv geht bei den Deutschen noch soviel mehr, als das was sie bislang gezeigt haben.

    Ich denke, Podolski wird sich in London wohlfühlen, anders als damals bei den Bayern. Das Spiel in der Premiere League wird ihm entgegenkommen und durch seine Bolzplatzmentalität wird er dort gefeiert werden, da bin ich mir fast sicher.

    • Auguste sagt:

      hmm…, ich würde mich sehr darüber freuen, wenn er es heute in seinem 100. länderspiel wieder mal so richtig krachen lassen könnte. poldi wird wegen seines naturelles oftmals etwas verkannt, aber wer einen desaströsen verein, wie den effzee, trotz eines konzeptionellen irrläufers auf der trainerbank mit 18 toren beinahe allein in der bundesliga gehalten hätte, der hat unbestritten qualität. ich denke auch, dass arsenal der richtige ort ist, um seiner karriere die krone aufs prinzenhaupt zu setzen. wahrscheinlich der fröhlichste linke hammer auf der ganzen welt, der junge.

  5. Danny Mellis sagt:

    Wieder

    Wenn Podolski so selbstlos wäre, müsste er eigentlich für Polen spielen. Aber wieder einmal eine Lobhudelei auf einen Deutschen Spieler. Alleine 20Min und Tagi publizierten letzte Woche je 2 Geschichten um den DFB täglich. Nach dem Ach so tollen Gomez der in Deutschland nur dank fehlenden Alternativen bei Bayern zum zuge gekommen ist und vom Abstellgleis dank einer guten Hintermannschaft wieder ins Geschäft kam oder ein Scherzkeks-Trainer dessen Hobby es offenbar ist Balljungen vor Millionen Zuschauern zum Affen zu machen. Deutsche hier, deutsche da. Gibt es keine Mannschaft im Teilnehmerfeld über das man schreiben könnte?

    • Viktor Knab sagt:

      @ Mellis So ein richtiger SVP Kommentar, populistisch und ohne Sachkenntnis. Wahrscheinlich einer von diesen, die meinen wenn sie die Kantonsgrenze überschreiten sie seien schon im Ausland und Ortsnachbaren bei sich in dem Wohnort als Eindringlinge betracht!
      Podolski ist in Deutschland aufgewachsen, hat dort die Schulen besucht und in Deutschland das Flussballspielen erlernt. Somit sind seine Wurzeln sicher eher Deutsch als Polnisch.übrigens gleich wie Blocher, dessen Vorfahren auch Einwanderer waren.
      Was Podolski anzuerkennen ist, dass er für das Land spielt, das ihm die Ausbildung ermöglichte, nicht so wie einige unserer Immigranten, die den einfacheren Weg gingen um eben das bessere Geld zu verdienen!

    • Daniel Huber sagt:

      Also auf gut Deutsch heisst es doch immer noch DIE Mannschaft. 😉

    • Hellmut Herr sagt:

      @Mellis: Da haben Sie recht! 20min, Blick am Abend und der Tagi publizieren ja laufend “Geschichten” über DE .Est. since 2007 . Spass beiseite! Warum ist dem so?

      • Remo Nydegger sagt:

        @Viktor Knab
        Autsch, brutales Eigentor! Anderen SVP Polemik und Populismusdenken unterstellen und dann selber gegen die Immigranten wettern, die sich nicht für die Kuhglockennati entschieden haben…

        • Viktor Knab sagt:

          @Remo Nydegger, das sehe ich nicht so, denn es sind die Geichen, die in der Schweiz eben gegen Migranten hetzen, welche unseren Schweizerfussball noch einigernassen hochhalten.
          Dass der SFV zu blöde ist, Migranten rechtzeitig ansich zubinden, wissen wir alle!
          Was die Kuhglockennati anbelangt darf man sicher festhalten, dass Poldi sich für das Land entschieden hat, welches im schlichtweg die Ausbildung ermöglichte und er sicher die grössere Bindung hat, das nennt man Loyalität:-)
          Da kann ich leider bestens mitreden, denn habe selber einen Sohn mit Schweizerpass jedoch in einem anderen Land aufgewachsen wo er seine Schulkameraden, Freunde und Bindungen hat. Da helfen keine Verwandtenbesuche usw.
          Oder, soll ich ihren Ball aufnehmen und sagen, Ausbildung usw. in der Schweiz ja, aber ja keine Integration, !?
          Mit anderen Worten: Profitieren und diejenigen in die Hand beissen, welche einem die Möglichkeiten geben, eben Profitdenken?
          Somit überlasse ich es ihnen, zu welchen sie gehören….

  6. bundestrainer sagt:

    Tja Danny Mellis , das mit dem Balljungen, das war vor dem Spiel und die UEFA hat’s wie vieles anderes während dem Spiel reingebastelt. Zum Thema “Ausländer in Nationalteams”: Hat den Franzosen 98 gutgetan, der Schweiz sowieso, vom Club Fussball gar nicht zu reden. Es gäbe noch unzählige andere Beispiele. Latenter Antigermanismus nennt man deine Haltung. Ist halt halt populär, Gell???

    • Markus Frey sagt:

      Leider hat “bundestrainer” 100%ig recht. Wie so oft hat hier wieder einmal einer die Chance genutzt, um seine Deutschen-Antipathie loszuwerden. Die von Danny Mellis aufgeführten Beispiele sind ja auch an Lächerlichkeit nur schwer zu überbieten. Und ach ja, Poldi kam im Alter von zwei Jahren nach Deutschland und war seither nur noch zu Verwandtenbesuchen bzw. Urlauben in Polen. Und mit Ausnahme seiner ersten beiden Lebensjahre und den drei Jahren in München hat er sein ganzes Leben in der Region Köln gelebt. Aber Fakten interessieren Leute wie Danny Mellis nach aller Erfahrung eh nicht…

      • Remo Nydegger sagt:

        Was bitte schön hat Kritik an der effektiv sehr einseitigen Berichterstattung in den Medien mit “Deutschen-Antipathie” zu tun?
        Ich erlebe es eher so, dass es heute Mode geworden ist alles und jeden der etwas mit schwarz-rot-gold zu tun hat, geil zu finden und jegliche (kleinste) Kritik als Kleingeistiges Denken abzutun.

        • Hans vom Hübel sagt:

          Ich denke, das hat zwei Gründe:

          Erstens spielen die Deutschen seit Löw einen attraktiven und modernen Fussball und konnten so ihr Hauruck-Image nachhaltig überwinden. Den früheren Kampf und Dusel-Deutschen mit Vertretern wie Brehme, Ramelow und Klinsmann steht heute eine aus hochtalentierten, jungen und technisch starken Spielern zusammengesetzte Truppe gegenüber, die zudem noch mit multikulti Ausnahmekönnern wie Özil, Klose oder Khedira gespickt ist. Das ist doch einfach ein erfrischendes Ensemble. Und wenn es um Teamgeist, Identifikation und 100% Commitment geht, waren die Deutschen immer schon Vorbilder.

          Zum zweiten haben die Deutschen während ihrer Heim-WM ganz gehörig an ihrer Aussenwahrnehmung gearbeitet und ein äusserst sympathisches Bild abgegeben. Indem sie auf eine authentische und organische Art und Weise ein Stück Vergangenheitsbewältigung vollzogen und ein positives Wir-Gefühl entwickelt haben, konnten sie ihr Image auch bei uns Schweizern nachhaltig verbessern.

  7. Fritz Miehl sagt:

    Schreiben Sie ja nichts negatives über unser Produkt- dadurch würden wir viel Geld verlieren! Immer schön Podolski loben und begeistert sein! Die Investoren Gemeinschaft!

  8. Peter Müller sagt:

    Es tönt auch etwas reisserisch, dass Podolski “als Nationalstürmer sogar in der 2. Bundesliga gespielt” hat. Der Junge ist damals gerade 19 Jahre alt geworden, hatte eine halbe Saison Bundesliga gespielt und zwei Kurzeinsätze in der Nationalmannschaft zu verbuchen. Regelmässiger Nationalspieler wurde er dann dank seiner 24 Tore in 30 Spielen in der 2. Bundesliga…

  9. Marc sagt:

    Na ja victor, deutschland ist kein schweizer kanton und es ist eben tatsaechlich so dass man sich hier wie in deutscher medienlandschaft vorkommt. Aber kein bericht ueber eine andere der 16 mannschaften. Ziemlich einvernehmend..

    • marius sagt:

      entspricht ebenfalls meiner wahrnehmung.

    • Hermann sagt:

      Aber das ist doch nicht die Schuld der Deutschen. Keiner zwingt die Medien in der Schweiz dazu.

      • Marc sagt:

        Du willst sagen zu schwache schweizer journis… Stimmt wohl wenn da scheinbar bis zur chefetage alet ausm norden abgedckt wird… Nur ist nicht gerade berauschend immer aus dem selben eimer zu schoepfend.

  10. D. Roesch sagt:

    Poldi ist ein erdiger und guter Typ, aber Loyalität bedeutet Del Piero.

    • ben sagt:

      da kann ich mich nur anschliessen, habe die BL auch immer wieder wegen der Spielweise des Lukas Podolski geschaut – immer für Ueberraschungen oder einen Knaller gut, oft auf der Verlierer-Seite mit dem FC Köln, immer kämpfen, selten grobe Fouls… auch seine Interviews sind irgendwie “normal” und zum schmunzeln …nicht wie smarte und immer gleichen Statements à la “wir haben die Leistung nicht abrufen können”…ich mag den Poldi mit Ecken und Kanten

    • FrauMirach sagt:

      präzis!

  11. FrauMirach sagt:

    mir kommen die Tränen … ich sage nur: Paolo Maldini