«Hooligan-Alarm im FCL-Trainingslager» titelte Blick.ch vergangene Woche und legte auf der Titelseite der Printausgabe noch einen nach: «FCL-Hooligans wüten in Spanien». Auch die «Neue Luzerner Zeitung» sparte nicht an Druckerschwärze für diesen hochbrisanten Fall. Machte sie doch das «pikante» Detail öffentlich, dass sich die drei FC-Luzern-Hooligans nicht nur im gleichen Hotel wie die Mannschaft einquartierten, sondern dass im feudalen Gran Hotel Guadalpin Banus (5 Sterne), direkt am Strand der Costa del Sol, auch Präsident Stäger, Ehrenpräsident Stierli und weitere wichtige FCL-Persönlichkeiten ein- und ausgingen. So etwas! Der Fussballpöbel nächtigt im gleichen Hotel wie die elitäre Vereinsführung?
Während des Testspiels des FC Luzern gegen Steaua Bukarest (1:0) etwas ausserhalb des Stadtzentrums verhielten sich die drei jungen Luzerner Fans friedlich. Auch im Hotel attestierten ihnen die FCL-Verantwortlichen Freundlichkeit, Interesse und schlicht Freude, unter ihren Lieblingen zu sein. Ich wäre auch freundlich, interessiert und glücklich bei der Vorstellung, mit Yassine Chikhaoui am Frühstückstisch zu sitzen, das Brotkörbchen mit ihm zu teilen und ihm ab und an ein Honigschnittli zu streichen.
Zu später Stunde wurden jedoch zwei der Luzerner Fans verhaftet, nachdem sie den Sieg ihrer Mannschaft in der südspanischen Stadt Marbella mit einigen Drinks gefeiert hatten. Über den Grund der beiden Verhaftungen sind keine Details bekannt. Wer jedoch weiss, wie aggressiv die spanische Polizei gegen Touristen vorgeht, die sich etwas ausserhalb der Norm bewegen, kann sich vielleicht denken, wie viele Zeilen diese Bagatelle den seriös arbeitenden Journalisten wirklich wert gewesen wäre. Untermauert wird diese Vermutung durch die Tatsache, dass die verhafteten Fans schon am übernächsten Tag ohne Hinterlegung einer Kaution oder dergleichen aus der Haft entlassen wurden.
Weit dramatischer als die Verhaftung der beiden FCL-Fans ist die Berichterstattung der Schweizer Medien. Ohne die genauen Hintergründe der Verhaftung zu kennen, wird von Randalen und Schlägereien geschrieben und die Fans als Hooligans oder Ultras an den Pranger gestellt. Dass die Vorkommnisse in keinem direkten Zusammenhang mit einem Fussballspiel stehen und solche Verhaftungen in spanischen Ferienorten an der Tagesordnung sind, spielt hierbei keine Rolle. Schlagzeilen sorgen für Klicks und Umsatz und scheinen für gewisse Medien mittlerweile wichtiger als die Wahrheit. Aus Angst, eine Titelgeschichte zu verpassen, wird abgeschrieben, ohne die Richtigkeit der Geschichte zu hinterfragen. Dass sich solche Falschmeldungen anschliessend wie ein Lauffeuer verbreiten, hat die vermeintliche Verpflichtung von Ailton durch den 5.-Liga-Club Olympique Lucerne eindrücklich gezeigt.
Die Medien erweisen dem Fussball-Liebhaber, aktuell auch im Hinblick auf die Berner Abstimmung zur Verschärfung des Hooligan-Konkordats in einer Woche, immer wieder einen Bärendienst. Und so bleibt der Fussballfan eine grölende, saufende und prügelnde Steuergeldschleuder. Schade.
bravo.
ps: sforza hat bei yb unterschrieben….
[…] Eine veritable Hooligan-Hysterie scheint sich breitzumachen: Das zeigt jüngst die übertriebene Berichterstattung über die Verhaftung zweier FC-Luzern-Fans in Spanien. …read more […]
Zuweilen werden auch ganze Artikel erfunden, z.B. im Tillate (20 Min.): Auf ein Bier mit Hooligans, im letzten Dezember. Es liegt an euch Journis solche “Kollegen” zu ächten.
So langsam nimmt die Anti-spanische Haltung, ursprünglich fussballerisch, schon leicht rassistische Tendenzen an.
“Wie aggressiv die spanische Polizei gegen Touristen vorgeht, die sich etwas ausserhalb der Norm bewegen”?
Das ist nun wirklich zynisch, nach jahrelangem Miterleben, wie englische, deutsche, französische, und ja, teilweise auch Schweizer Touristen in den spanischen Strandbars und Discos die Sau rauslassen, wie sie es zuhause nie würden.
Sorry, das war nun der allergrösste Klischee-Müll, den ich je von Ihnen gelesen habe, Herr Zimmerli, obwohl ich Sie sonst für einen der besseren Blogger hier halte.
Zentriert Euch doch einfach auf Fussball und lasst den Rest Eurer Vorurteile weg, dafür gibts andere Zeitungen.
Die spanische Polizei ist durchaus agressiv, und das nicht nur mit “Guiris” (Touristen). Wer einmal ein paar Jahre in Spanien lebt wird es bestätigen.
Es liegt mir fern, die spanische Polizei als ganzes zu verteidigen.
Aber ich habe schon beides erlebt – wie übrigens auch hier.
Und wie von Ihnen richtig festgestellt: die Polizisten die “aggressiv” sind, sind es sicher nicht vor allem gegen Touristen, “die von der Norm abweichen”, was auch immer das heisst.
Der Satz heisst schlicht nix, Punkt.
Lieber Roberto, ich hoffe, dir ist vor lauter Aufregung über diesen Satz die Kernaussage des obigen Textes nicht entgangen.
Danke Paolo, denn darum genau gehts.
Wenn ein journalistischer Blog sich über reisserische Texte äussert und solche Behauptungen drin hat, ists eben etwas ironisch.
Vielen Dank für diese Replik!
Wen interessiert schon die Wahrheit?
Vor Fussballfans darf man sich noch fürchten und politisch opportun hartes Durchgreifen fordern.
Klingt auch besser als “Schweizer benehmen sich in Spanien daneben”.
Vielen Dank für diesen treffenden Beitrag. Ich als Langnaufan kann diese Ausagen nur unterstützen. Gibt es an einem Fussball- oder Eishockeyspiel der höchsten zwei Ligen Ausschreitungen, wird wochenlang darüber berichtet. Mehrheitlich mit falschen Fakten um damit Geld zu verdienen. Dabei vergisst man, dass in den zwei höchsten Hockey- und Fussballligen pro Saison rund 1000 Spiele (nur Ligaspiele) stattfinden. Dazu kommen noch diverse Cupspiele. Schaut man sich die Anzahl der Spiele und die Anzahl der Ausschreitungen an, kann man sagen, dass die Sicherheit sehr hoch ist. Wenn man bedenkt, dass es in der Stadt Bern jedes Wochenende gibt, sollte man lieber dort ansetzen, als bei den Fussball- oder Hockeyfans. Das Konkordat führt sowieso in eine falsche Richtung. Man sollte auf einen gemeinsamen Dialog setzen, anstatt auf Repressionen.
Wunderbar. Die Polemik um Sportveranstaltungen kritisieren aber selbst in die selbe Kerbe schlagen (“Wenn man bedenkt, dass es in der Stadt Bern jedes Wochenende gibt, sollte man lieber dort ansetzen, als bei den Fussball- oder Hockeyfans.”).
Danke für diesen wirklich guten und nicht hetzerischen Bericht!
Grundsätzlich bringen Sie die Sache in diesem Artikel punktgenau zur Sprache. Die Ursache erwähnen Sie ganz beiläufig: Journalist und Seriosität! Was für eine Kombination! Ich bin vor Lachen vom Stuhle gefallen. Seien wir ehrlich: 90% dieser Meute hat ein Alkoholproblem, welches à priori verunmöglicht, einen klaren Blick auf was auch immer zu haben. Und von der grenzenlosen Borniertheit wollen wir gar nicht reden. Wer dumm ist, soll nicht noch fleissig sein, bitteschön!
Zweitunterste Kaste, wenn Sie mich fragen, knapp vor den Polit-Höllenhunden. Allfällige Ausnahmen bestätigen die Regel.
endlich mal einen Beitrag, der auch andere journalistische Auswüchse hinterfragt.
Hach, wie sehr hätte ich mir so einen Artikel bei der Kopenhagen-Geschichte gewünscht… aber auch da haben leider die meisten Journis einfach eine Mitteilung abgeschrieben, ohne zu hinterfragen oder dem ganzen nachzugehen… .
von dem her, vielen dank für den blog. Lieber spät als nie!
danke!
Die Zürcher haben Kopenhagen und die Basler den Kessel von Altstetten.
Leider braucht es solche Vorkomnisse um auch die Durchschnittfans wie ich begriffen, dass sich hier einiges in eine falsche Richtung entwickelt.
Herr Zimmerli, Danke für den Bericht!
Der Bericht ist sehr gut, Simon Zimmerli bitte weiter so. Es ist langsam Zeit, dass solcher Journalismus
wieder einmal Gerichtlich bestraft wir, Bohrer Affäre
Papst Johannes XIII und weitere Berichte.
Warum müssen die Blick Journalisten immer diesen
verleumderischen Ton anschlagen.
Haben wir nicht einen Verband von dieser Schreiber Zunft in der Schweiz wo diesen Journalisten einmal
eine Abmahnung auferlegen und im Wiederholungsfall
eine suspendierung verhängen.
Ich habe diesen Herbst beim Spiel Valencia – FCSG selber miterlebt, wie hart die spanische Polizei gegen Fans vorgeht, wenn sich diese nicht exakt an die Anweisungen halten. Aber immerhin sorgt die spanische Polizei für Ordnung; die in der Schweiz als Security verkleideten Studenten sind dagegen bloss Witzfiguren…
Nun, aus irgendeinem Grund wird die Spanische Polizei die beiden wohl verhaftet haben. Auch wenn es sich dabei um eine Bagatelle handelt – z.B. Ruhestörung, Trunkenheit, Erregung öffentlichen Ärgernisses, Drogenbesitz/-konsum, Beamtenbeleidigung, oder schlicht Repsektlosigkeit – ist für mich auf den ersten Blick nicht ersichtlich, warum das nicht ins Bild vom Fussballfan als “grölende, saufende und prügelnde” Prolls passen sollte. Es ist ja nicht so, dass in Spanien tagtäglich unbedarfte Familienväter und Gäste von 5 Sterne Hotels grundlos am Strand verhaftet und 1-2 Tage eingesperrt würden – und Marbella ist auch nicht gerade als prüdes Provinznest mit Nachtruhe ab 21.00h bekannt. Auf irgendeine Art muss man unter tausenden Touristen im Nachtleben so negativ auffallen, dass man eben verhaftet und über einen Tag festgehalten wird. Mit oder ohne Berichterstattung spricht das nicht unbedingt für die Integrität der betroffenen Personen und passt alles in allem halt leider auch ins Bild der Fussballfans. Wer dazu bei jeder Gelegenheit noch das Wort “Fankultur” als Legimitation von Ausfälligkeiten und widerrechtliche Handlungen verwendet, muss sich anschliessend nicht wundern, wenn “negatives Verhalten” mit dieser Kultur assoziiert wird.
” Mit oder ohne Berichterstattung spricht das nicht unbedingt für die Integrität der betroffenen Personen und passt alles in allem halt leider auch ins Bild der Fussballfans” , dann ist also ein gewisser Schweizer Multimillionär der sich in Florida in einem Nobelrestaurant mit seiner Ehefrau prügelt sicher auch ein Fussballfan.
Der Vorfall in Spanien hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Sport zu tun, aber für voreingenommene Personen wie Sie, ist es undenkbar, dass ein (Schweizer) Tourist einfach so mir nichts, dir nichts sich voll laufen lässt und dann ausrastet.
“Schlagzeilen sorgen für Klicks und Umsatz und scheinen für gewisse Medien mittlerweile wichtiger als die Wahrheit.” Ja, dass kann man auch beim Tagi mittlerweile leider immer mehr sagen… Vielleicht nicht bei der Fussballberichterstattung, aber anderswo sehr wohl.
hmm…, aber ganz ohne grund müssen einige leute ja nicht jeweils in altstetten aussteigen und ans spiel begleitet werden.
Einge wenige nicht. Viele mussten es jedoch schon….
Hallo Herr Zimmerli, schöner Artikel grundsätzlich. Doch sehen das Ihre Berufs-Kollegen genau gleich? Insbesondere diejenigen bei der gleichen Zeitung und den weiteren Publikations ihres Verlages? Richtig, eher nein. Munter wird berichtet was Publizität bringt, sei es erfunden, erdicht, gut gereimt oder halbwahr. Da ändern auch Sie wenig daran…
Warum kann man nirgends lesen, was die Betroffenen selber dazu zu sagen haben?
Bravo Herr Zimmerli!!!