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«Das ist alles völlig krank»

Simon Zimmerli am Freitag den 17. Januar 2014
Steilpass_Zlatan

Links: Zlatan Ibrahimović kämpft um den Ball, 7. Dezember 2013. (Foto: Keystone/Christophe Karaba) Rechts: Umschlag des Buches «Ich bin Zlatan Ibrahimović». (Foto: Malik)

 

Das dämlichste Geschenk, das ich dieses Jahr zu Weihnachten erhalten habe, ist ein Buch. Bücher sind ja generell nicht etwas Schlechtes, aber ich suche sie mir lieber selber aus. Was bei einem solchen Geschenk erschwerend hinzukommt, ist der Druck, es in nützlicher Frist lesen zu müssen. Insbesondere wenn dich die Wohltäterin ab dem 27. Dezember in regelmässigen Abständen bedrängt und fragt, ob dir das Buch denn gefalle. Es ist das Buch über die Geschichte von Zlatan Ibrahimović, erzählt von David Lagercrantz.

Ibrahimović kommt in seiner Biografie mit drei Adjektiven aus und beschreibt damit meist beeindruckende Situationen oder prägende Momente. Entweder ist es «krass», «krank» oder «gross», und jedes dieser drei Eigenschaftswörter könnte er mit einem der anderen beiden ersetzen, da sie in seinem speziellen Fall die gleiche Bedeutung haben. Ich habe Zlatan nicht eben als hellste Birne im Kronleuchter wahrgenommen. Sei das nun, weil er für seine fette Töle Hoffa Pizza bestellt oder mit seinem kleinen Sohn auf dem Schoss nächtelang primitive Ego-Shooter-Games auf der Playstation spielt. Das Interesse hält sich bei mir auch in Grenzen, dass Hoffa die Pizza jedes Mal von innen nach aussen isst und die Teigränder stehen lässt oder dass Zlatan als Familienvater mit 325 km/h in seinem Ferrari Enzo durch Schweden rauscht, Unfälle verursacht und der Polizei in halsbrecherischer Art und Weise entflieht.

Die Geschichte von Zlatan ist das moderne Märchen vom Tellerwäscher zum Millionär. Oder in seinem Fall vom Velodieb, der in ärmlichen Verhältnissen aufwächst, zu den bestbezahlten Fussballern. Ibrahimović zeigt in seiner Biografie ohne jegliche Scham, welch riesiger Egozentriker er auch neben dem Platz ist, und lässt jegliche Empathie oder Sozialkompetenz vermissen. Selbst bei der Geburt seines ersten Sohnes Maxi (eventuell eine Anspielung auf seinen Lieblingsfilm «Gladiator», per Zufall auch der Lieblingsstreifen der Degen-Brüder) scheint es für ihn das wichtigste Ereignis gewesen zu sein, wie er dem Medien- und Paparazzirummel entkommen konnte: Securitas-Männer zogen ihm nämlich einen Arztkittel über und rollten ihn in einem grossen Wäschekorb durch die unterirdischen Gänge im Spital. Und das alles war natürlich völlig «krank».

Dennoch habe ich Zlatan Ibrahimović an der Gala zum Weltfussballer des Jahres vermisst. Er bleibt für mich der derzeit spektakulärste Spieler. Und sein Buch lebt auch von der Beschreibung seiner «krassesten» Tore, die ich mir dann alle auf Youtube anschauen musste. Auch die Interna aus der Kabine oder seine Abrechnungen an die Adressen von Rafael van der Vaart oder Pep Guardiola sind gross.

Zlatans Palmarès ist erschreckend. In seiner ersten Saison mit Malmö FF steigt er zwar ab, danach aber gleich wieder auf. Er wechselt für drei Jahre nach Amsterdam, gewinnt zweimal die holländische Meisterschaft und einmal den holländischen Pokal. Debütiert zudem in der Champions League und schiesst in seinem ersten Spiel der Königsklasse gleich zwei Tore. Er wechselt für zwei Jahre zu Juve nach Italien und gewinnt beide Male den Scudetto (die italienische Meisterschaft). Spielt drei Jahre für Inter Mailand, gewinnt dreimal den Scudetto und wird 2008/09 mit 25 Toren Torschützenkönig der Serie A. Danach wird er vom FC Barcelona verpflichtet und holt sich zwischen 2009 und 2011 einmal die spanische Meisterschaft, wechselt für eine Saison zur AC Milan und gewinnt mit ihr den Scudetto. 2012 wird der Transfer zu Paris Saint-Germain bekannt. Gewinnt auch hier die Meisterschaft und wird Torschützenkönig der Ligue 1. Seine Erfolge mit der schwedischen Nationalmannschaft, Gewinne des Supercups oder des UEFA-Supercups. sowie sonstige Auszeichnungen sind hier nicht mit eingerechnet.

«Zlatan, du bist dumm im Kopf, aber auch ganz lustig», pflegt Helena, seine Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder, jeweils zu sagen. David Lagercrantz gelingt es in seinem Buch hervorragend, dem Leser diesen Satz auf jeder der 394 Seiten immer und immer wieder zu verinnerlichen. Und da es das einzige Geschenk war, das ich zu Weihnachten erhalten habe, ist es auch das beste.

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10 Kommentare zu “«Das ist alles völlig krank»”

  1. nando widmer sagt:

    Ich frag mich grad, wer hier dümmer ist: Zlatan hat nur EINE Saison unter Guardiola gespielt, dafür ZWEI Saisons beim AC Milan, wovon er nur die erste gewonnen hat. Zlatan, das Sprachgenie (ENG, ITA, SVE, SERB-KRO und bald FRA), hat in seiner fussballgöttlichen Weisheit bestimmt bewusst darauf verzichtet, intellektuelle Floskeln von sich zu lassen. Dass ein solches Buch von Anfang an nicht für den Literaturclub oder für Philosophiekongresse bestimmt ist, musste ihm nicht erst beigebracht werden. Auch wenn er “Dummheiten” anstellt und seine Kinder bestimmt vorbildlicher erziehen könnte, so ist er dennoch alles andere als dumm, und er weiss, was seine Fans über ihn lesen wollen oder eben nicht lesen wollen.

    • Simon Zimmerli sagt:

      danke herr widmer, da ist mir wohl ein fehler unterlaufen. die kernaussage war aber die, dass er mit jedem seiner clubs meister wurde. in schweden wird meist in englisch unterrichtet und serbokroatisch ist seine muttersprache. italienisch habe ich ihn nur in wortfetzen sprechen hören und ohnehin; wieviel das mit sozialkompetenz, empathie oder intelligenz zu tun hat ist mir schleierhaft.

  2. Raim sagt:

    Eine Korrektur: Zlatan war an der Gala zum Weltfussballer des Jahres in Zürich anwesend. Er wurde sogar zwei mal ausgezeichnet (schönstes Tor und FIFA-Pro World XI Auswahl) und er stand beide mal auf der Bühne. Beim Ankunft vor dem Kongresshaus wurde Zlatan nach CR am lautesten und warmsten durch die anwesenden Fussballfans empfangen.

  3. Geezer sagt:

    Ibra braucht halt 99% seiner ohnehin schon wenigen hirnzellen zum tschüttele, da bleibt für die restlichen aspekte seines lebens halt nicht mehr viel übrig. die frage, wo er wohl gelandet wäre, hätte er nicht dieses fussballtalent, erübrigt sich wohl….

  4. Georgios sagt:

    Manche haben es in den Beinen – andere im Kopf. Daher gibt es Fussballer, Buchhalter, Verkäufer, Professoren, Journalisten.
    Es ist ok jemanden für sein Verhalten zu kritisieren (mit 325km/h durch Schweden rauschen), es ist nicht ok jemanden zu belächeln, für wie er ist oder für was er nicht hat (…nicht gerade die hellste Birne im Kronleuchter…).
    Ich weiss nicht wie der Autor auf dem Fussballplatz gegen Ibra aussehen würde – wohl eher nicht so gut, macht aber nichts, denn die einen haben es in den Beinen – andere….

  5. Ernst Stahel sagt:

    ibra … man kann durchaus geteilter meinung sein. spannend ist der verglich der beiden riesen egos ronaldo und ibra. während der weltfussballer 13 bei jeder gelegenheit mit dem fuss stampfen, mit den armen ruder und laufhals schreien muss, dass er a) da ist und b) wichtig ist, muss ibra nur eines: sich selbst sein.

    seine grenzenlose überheblichkeit (mit der er bereits einzug ins schwedische wörterbuch gehalten haben soll:: zlaten soll als adjektiv für schlechtes behandeln, von oben herab behandeln aufgenommen worden sein ((dafür fehlt aber noch der letzte beweis)) ) ist sein Markenzeichen und er macht das perfekt – schön das unsere identifikationsfiguren in der schweiz z.B. roger federer eher vom typ schwiegersohn sind. mir sind die lieber – aber ganz zu verachten sind die anderen auch nicht… und wenn, dann lieber so wie zlatan als so wie cr7…

  6. oliver brunner sagt:

    es scheint herr zimmerli hat einiges über ibra erfahren, auch unangenehmes. das ist doch das zeichen, dass das buch ehrlich ist und ibra zeigt wie er ist, durchschnitt. ausser im fussball, da ist er für mich der beste besser gesagt, der wertvollste spieler für eine mannschaft. und wenn sie bücher über sport “lesen müssen”, haben sie vielleicht den falschen beruf gewählt.

  7. Michel Zenger sagt:

    David Lagercrantz ist bestimmt ein professioneller Bücher- resp. Biografienschreiber und darum wurde das Buch wohl absichtlich in dieser Art und Weise geschrieben um genau die Egozentrik, welche Ibras Markenzeichen ist, herauszuheben. Ausserdem muss so ein Buch unterhaltsam sein und um 300 Seiten zu füllen (aus dem Leben eines 30ig jährigen) muss der Autor sicher etwas in die Trickkiste greifen und aus eher Nebensächlichem eine Story machen.

  8. #10 sagt:

    “Ich bin Zlatan” – das ist weitaus das beste Fussball-Buch, das in den letzten Jahren veröffentlich wurde.

    Ich las – eher, ich verschlang – es an einem Novemberwochenende. In einem Schnurz. Die Sympathie-Frage stellte sich für mich dabei nie, Ibrahimovic ist ein genialer Fussballer und lebt halt wie fast alle seiner Zunft die Status aus, der ihm das enorme Geld ermöglicht, das er mit seiner Kunst verdient. Die Ferrari-Geschichte etwa, der Zwist mit Guardiola bezgl. Porsche, oder die Szene mit dem Besitzer der rosaroten Villa in Malmö (“Es gibt ein Problem: du lebst in meinem Haus.”)

    Vor allem aber zeigt die Bio auf, was auf allen Fussballplätzen unseres Kontinents Tag für Tag geschieht. Die “Ex-Jugos” gehen einen ziemlich langen Weg, bis sie ihren Platz in einem arrivierten Verein haben. Talent wird grundsätzlich verachtet, v.a. wenn es mit der logischen Begleiterin Arroganz daher kommt. Man träumt von gut erzogenen Bürgersöhnen wie Rafael Van der Vaart. Unter all den Talenten aus Südosteuropa, der Türkei, vielleicht auch Portugal und Spanien setzen sich aber immer nur jene durch, die auch mal “Je m’en fous” durchgeben. Bin sicher, dass Ibra diesen Ausdruck in Paris recht schnell ins Voci aufgenommen hat.

  9. Dave Wiprächtiger sagt:

    Zlatan ist nicht dumm! Der spielt nur mit den Medien und verkauft sich geschickt. Das er sich von den Medien versteckt, bei der Geburt, heisst doch nicht dass die Geburt seines Kindes ihm nicht wichtig war?! Ich konnte kein einziges nützliches Argument lesen, dass Zlatan dumm sein sollte, oder kein Sozialkompetenz! Dieser Mann glaubt nur an sich, wie kein zweiter! Darum schisst er auch diese verrückten Tore, weil er eben glaubt das er es kann! Auch in seinem Humor verbirgt sich, das er ein Intelligenter Mensch ist. Wenn Sie einen Spieler als dumm darstellen wollen, nehmen Sie Ballotelli.