
Spieler mit Kanten und Ecken faszinieren immer: PSG-Spieler Zlatan Ibrahimović feiert einen Sieg gegen Olympique Lyon, 12. Mai 2013. (Keystone/Guillaume Horcajuelo)
Zuerst Zico, bald Walter Zenga (obwohl Goalie), Careca, Beat Sutter, später Romário, Pep Guardiola, Fernando Redondo (sogar, obwohl Argentinier), Eric Cantona und David Ginola, der unverwüstliche Javier Zanetti (ja, ja, ein Gaucho), dann vor allem Ronaldo, der mit den Zähnen, und bald Ronaldo, der mit dem Haargel, aktuell Mario Götze (obwohl Bayern) und natürlich Neymar, der Brasilien nächstes Jahr bitteschön zum Weltmeister schiessen soll: Meine Liste der Lieblingsfussballer ist lang und vielfältig, jeder hat halt Helden der Jugend und Kicker des Vertrauens. Idole, Vorbilder, Ikonen.
In meiner kunterbunten Liste, in der selbstredend absolut keine Gewähr auf Vollständigkeit herrscht, sind auch Franzosen und Argentinier sowie Akteure von Bayern und Barcelona dabei, obwohl mir diese Teams nicht ans Herz gewachsen sind. Es geht um Sympathie, und die kann bei einem Fussballer nicht verloren gehen, bloss weil er den Verein wechselt oder eine unpassende Nationalität besitzt. Es sind stilprägende Sechser dabei, wie es Guardiola und Redondo waren, weil ich auch so stark und passsicher und smart hätte spielen wollen (und es in meiner Vorstellung auf 100-mal tieferem Niveau natürlich auch tat …).
Mit der Zeit gefielen mir Fussballer immer wie mehr, die nicht geformt sind; die nicht auf die erste Frage mit «wie gesagt» antworten; die nicht als Traumschwiegersöhne gelten; die eigene Meinungen vertreten, auch mal für Unruhe sorgen, zuweilen einen Skandal verursachen. Ich mag spannende, interessante, vielleicht manchmal verrückte, wilde Spieler. Spinner und Exzentriker, wie es Paul Gascoigne, Stefan Effenberg, Mario Basler und Marcelinho waren. Leider sterben sie in dieser glattgebügelten Fussballwelt der Phrasen und Managerkontrolle und Bussenkataloge langsam aus.
Ich finde es toll, wenn einer wie Kevin-Prince Boateng keine Angst hat, sich mit aller Macht gegen den Rassismus zu stellen – und die unverständlichen, dummen Pfiffe und Affenlaute in italienischen Stadien eben nicht wie 99,9 Prozent der Spieler, Schiedsrichter, Trainer, Journalisten und Fans still akzeptiert. Das ist Charakterstärke.
Ich gebe es zu: Ich mag Bad Boys wie Trainer José Mourinho, selbst wenn sie möglicherweise für die meisten Menschen als Ekel gelten. Stefan Effenberg und sogar Lothar Matthäus (das bleibt unter uns) waren und sind mir lieber als Jürgen Klinsmann und Philipp Lahm. Zlatan Ibrahimović spricht mich deutlich stärker an als Lionel Messi. Selbst wenn Lahm wie Messi absolute Weltklasse verkörpern. Ich finde es sogar faszinierend, den mit immer gröberen Eskapaden gepflasterten Weg eines ziemlich freakigen Typen wie Mario Balotelli zu verfolgen. Mein Toleranzpegel ist da sehr hoch, ich mag es jedem gönnen, wenn er das Gefühl hat, er müsse seine Garage mit 14 Ferrari füllen und oben in der 23-Zimmer-Villa 200 Geliebte haben.
Zlatan Ibrahimović hätte in meinen Augen sogar 100 Ferrari und 1000 Frauen verdient. Es ist ein Riesenglück für uns, diesem sensationellen Fussballer und Typen zusehen und zuhören zu dürfen. Zur Lektüre sei das «Spiegel»-Interview vor ein paar Wochen empfohlen. Der bosnische Schwede schiesst ja mittlerweile alle drei Tage ein Tor des Jahres. Mal mit der Hacke, mal aus 30 Metern in den Winkel, mal mit einem Fallrückzieher. Ibrahimović schert sich einen Dreck um Konventionen, spricht und spielt, wie er will und was er will. Er attackiert selbst seinen früheren Trainer Guardiola, der (eigentlich) einen Heiligenschein besitzt. Er ist ein Anti-Konzeptfussballer und damit ein Graus für die Matchplan-Fanatiker unter den Coaches, die gerne jede Sekunde der Partie kontrollieren und jeden Laufweg ihrer Akteure wie Schachfiguren bestimmen möchten.
Ibrahimović ist anders, er ist einmalig und in keine Schablone zu pressen und dermassen stark, dass er jede Mannschaft automatisch besser macht. Er wurde fast immer Meister in den letzten Jahren, egal wo er auch spielte – und er wechselte oft den Club. Es ist wirklich jammerschade, ist der Stürmer bereits 32 Jahre alt. Andererseits: Er wird irgendwie immer besser.
Zlatan, der ehemalige Fahrraddieb aus dem Ghetto von Malmö, wäre heute vielleicht im Gefängnis, wie er selber einräumt, wenn er nicht mit derart viel fussballerischem Sondertalent ausgestattet worden wäre. Seine spektakuläre, attraktive, mitreissende Spielweise ist einzigartig, und vielleicht besitzt er im Jahr 2013 sogar die Chance, Weltfussballer zu werden. Verdient hätte er es. Sonst gucken Sie im Internet mal ein Best-of seiner schönsten Tore der letzten Monate an (unten ist ein Beispiel zu sehen). Und: Ibra hat seine Wurzeln nie verleugnet, er ist immer noch derb, direkt, dominant.
Zu Ibrahimovićs Ehren wurde in Schweden ja das Verb «zlatanera», auf Deutsch am ehesten «zlatanieren», ins Wörterbuch aufgenommen. Es stehe für «etwas mit Kraft dominieren», teilte die schwedische Sprachakademie mit. Wir schlagen gleich noch das Wort «Ibrakadabra» als Synonym für Fussballzauber vor.
Zlatan zlataniert also die Fussballwelt. Wir verneigen uns vor ihm und seiner Kunst und sind traurig, verpasst er die WM 2014, weil Schweden und Portugal in der Barrage aufeinandertreffen. Haargel-Ronaldo, der andere Liebling, muss ja zwingend dabei sein im nächsten Sommer in Brasilien.
Kann die Fifa, falls Schweden scheitert, Ibrahimovićs Team nicht mit einer Wildcard ausstatten?
Wer waren Ihre Lieblinge in der Jugend? Welche Fussballer schätzen Sie heute? Und wie stehen Sie zu Exzentrikern wie Zlatan Ibrahimović?
Sorry, Ihre Haltung erinnert mich an Menschen die Drogen brauchen, um Spass oder einen besonderen Kick zu empfinden.
Die Fussballkünste eines Ibrahimovic’s, Ronaldo’s, Cascoigne’s u.a. gefallen mir auch, aber deren Verhalten … kleine Kinder in der Trotzphase haben da einige Ähnlichkeiten, resp. umgekehrt. Wenn das bei den Fussballern bewusste Show ist –> na ja, wenn es “einfach zu ihnen gehört”, “so bin ich nun mal” –> “Trotzkind”!
Mein Lieblingsfussballer in meiner Jugend? Ganz klar der Blonde Engel von GC: Heinz Herrmann. Was allerdings Beat Sutter in Ihrer Liste zu suchen hat, ist mir schleierhaft. War mir seine ganze Karriere lang ein Rätsel, warum der in jedem Nati-Aufgebot bei verschiedenen Trainern immer dabei war (genauso wie bei C. Bonvin).
Und was die Exzentriker angeht: Da habe ich als biederer Eidgenosse schon etwas Mühe damit, in erster Linie einfach deshalb, weil viele von denen Fussball nicht als Teamsport verstehen, aber natürlich sind sie halt das Salz in der Suppe, die viel Diskussionsstoff liefern.
Er scheint ein aussergewöhnlich gutes Timing- und Ballgefühl zu haben.
Hatten wir das mit den bösen Jungs, Mourinhos etc und den “heiligen”, nach Steilpass-Kriterien langweiligen Guardiolas etc nicht bereits 3-4 mal hier?
Wenn es nicht immer nach dem gleichen Schema wäre und mit X (zufällig) deutschen Spieler in einem Atemzug genannt würde, wärs einfach mal spannender.
Zlatan ist nämlich meines Erachtens wirklich einer der besten Spieler der Welt, verdient hätte er den Ballon d’Or durchaus, dies jedoch trotz seiner Arroganz und sexistischen Sprüche – die finde ich ehrlich gesagt nicht spannend.
Herzlichen Dank für diese Kolumne. Ibra hat schon lange verdient, Weltfussballer zu werden, finde ich! Die Idee mit der Wildcard finde ich bestechen. Diese würden wir dann schon für uns reklamieren, oder? Sepp B. könnte das sicher einfädeln. Dann würden die Chancen, dass die Schweiz das Turnier gewinnt sozusagen bei 99% stehen…
Ich glaube die Idee wäre, gemäss dem Text, dass Schweden mit einer Wildcard ausgestattet würde.
ähm, wir brauchen keine Wildcard
Wie kann man gleichzeitig Cantona und Ibrahimavic und andererseits Neymar und Haargel-Ronaldo verehren? Das ist ja in etwa wie wenn man sowohl für Scheizer Demokraten als auch für die Alternative Liste wählt…
Ich bin sehr gespannt auf die Begründung dieser seltsamen Behauptung..
Prägnante Typen sind die Voraussetzung für packende Spannung, nicht nur im Fussball, auch in anderen Sportarten. Muhammad Ali gegen George Foreman, John McEnroe gegen Björn Borg, Franz Klammer gegen Bernhard Russi, Michael Schumacher gegen Jacques Villeneuve… Duelle mit unwiderstehlicher Anziehungskraft. Spitzensport mit Millionenpublikum ist Showbusiness, und da haben diese Mein-Tor-ist-nicht-wichtig-wir-gewinnen-als-Mannschaft-Interviews nichts zu suchen.
M. Schumacher gegen J. Villeneuve war ja nun wirklich kein langes Duell. Das dauerte gerade mal ein Rennen. Das Duell der Duelle war wohl eher Ayrton Senna gegen Alain Prost. Solche Typen sucht man heute in der F1 vergebens. Im Tennis nicht zu vergessen Connors gegen McEnroe. Da flogen immer die Fetzten.
In Ihrem letzten Punkt irren Sie sich leider: Ibrahimovic und seine Schweden werden die Barrage gewinnen, und Haargel-Ronaldo wird die WM vom bequemen Sofa-Sessel aus zuhause anschauen und dabei die eine oder andere Träne verdrücken.
Ibra ist sicher ein begnadeter Fussballer. Jeder Trainer kann sich glücklich schätzen einen solchen Terminator im Team zu haben. Er entscheidet Spiele alleine. Allerdings ist das nur die fussballerische Seite der Medaille. Die andere Seite wird man wohl erst sehen, wenn er mal nicht mehr Fussball spielt und ihm niemand mehr zujubelt und auf die Schultern klopft. Der hat für mich das Potenzial einer schwedischen Version von “Carlos”…mit dem Unterschied, dass er seine Taek Won Do-Kurse selber bezahlt.
Ich mag gute Fussballer wegen ihrer Art Fussball zu zelebrieren. Artisten, die mit dem Ball alles machen können, wie ein Zirkuskünstler der die Schwerkraft überwindet. Fussballer die Tore schiessen wie Kunstwerke, leicht und cool. Zlatan Ibrahimovic gehört zu diesen Fussballern, genau so wie Maradona, Ronaldhino, Messi, Iniesta oder Roberto Baggio.
Für mich gab es nur einen Fussballer den ich unabhängig seiner Vereinsfarben immer verehrte und dass war Roberto Baggio. Der wechselte sein Team auch alle zwei Jahre und hatte mit vielen Trainern so seine Mühe, aber technisch gab es wohl nur wenige Fussballer die besser waren als er. Ein Fussballer mit Ecken und Kanten, der zu seiner in Italien etwas ausgefallenen Religion stand und mehr als das nur übliche Bla Bla in Interviews von sich gab. Die besten Nummer 7 aller Zeiten waren Garrincha und George Best, sowohl auf als auch neben dem Platz. Dagegen sieht CR7 aus wie ein Mauerblümchen.
fussball ist das eine, benehmen ist das andere. nur weil einer ein super fussballer ist, gibt es ihm noch lange nicht das recht, sich durch sein benehmen ausserhalb der allgemeingültigen normen zu stellen. meine idole der jugend sind manni kaltz mit seinen bananenflanken, der kaiser, die hand gottes, die katze, cruyff, jashin, netzer, der terrier, uns uwe mit charly. alles fussballer die superstars ihrer zeit waren und alle wussten sich zu benehmen !
Sorry für den Ausdruck: Geiles Pamphlet ! Spricht mir aus der Seele, Typen wie Zlatan & Co. sind für den Fussball unverzichtbar und bringen auch abseits des Platzes immer Leben in die Bude… Habe es schon im Geschäftsleben nur noch mit eierlosen Langweilern zu tun, ein Graus, wenn es im Fussball auch so käme…
da können sie sicher sein, das wird es im fussball nie und nimmer geben – 22 langweiler auf dem platz, ein müdes 0:0 und der club würde in die allerunterste der unteren ligen durchgereicht werden. was im geschäftsleben gut und gerne durch aussitzen erreicht werden kann, ist im fussball ein absolutes no go(al)
Möglicherweise seiner Herkunft geschuldet, aber dieser Mann war schon seit jeher mein Liebling der Fussballszene.
Immer wieder belästige ich mein Umfeld mit den Traumtoren und selbstverliebten Aussagen dieses Egozentrikers und immer wieder stosse ich auf Unbehagen.
Zlatan ist halt kein Michi!
Er hat den Mut, den viele gerne hätten und glaubt an sich. In einer komischen Weise hat er mich möglicherweise sogar beeinflusst in meinem Dasein. Denn auch ich mag keine manischen “Ja-Sager”
Klare Bereicherung für den Fussball!!
P.S. einziger Wehrmutstropfen, dass er das gelbe Nationaltrikot trägt
Denilson !!!!!
hmm…, grad liebe würde ich es ja nicht nennen, aber wenn ibrahimovic den ball per hacke auf schulterhöhe um den gegner herum versenkt, während andere den trick immer noch auf bodenhöhe üben, dann muss man sich schon im klaren sein, dass man solche Brillanz nicht alle tage erlebt als fussball-fan. aber auch was messi und ronaldo jahrein jahraus zeigen sollte man nicht verpassen. die gehören allesamt zu den grössen, die es je gab im fussball. und sind wir ehrlich, verglichen mit einer pfeife und bad boy wie joey barton sind das doch alle musterknaben.
Es ist eine Kunst mit dem Ball so umzugehen wie z.B. Ibrahimovic, Maradona, Cristiano Ronald oder Messi. Es ist aber auch eine Kust mit diesem Ruhm und dieser Vorbildsfunktion neben dem Platz umzugehen. Und diese Kunst besitzen Spieler wie Ibrahimovic oder Maradona einfach nicht. Für mich ist das eine mit dem anderen verbunden.
Ibra ist 50% Ausnahmetalent und 50% Show. Wenn es ihn nicht geben würde, müsste man ihn erfinden. Denn zur Zeit gibt es keinen Spieler, der auf und neben dem Feld so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Und sie alle wollen ihn ihr eigen nennen: Die Bosnier, die Schweden und nun auch … die Franzosen!
Christo Stoitschkow
Geliebt, Roberto Baggio! Aber geweint habe ich um Maradona!
Ich werde es Trappatoni (der Opus Dei-trainer) nie vergessen, dass er Baggio nach einer Wahnsinnssaison aus religiösen Gründen nicht nach Japan/Korea mitgenommen hat. So wie ich es Maradona nie vergessen werde, dass er sein unglaubliches Talent im Prinzip trotz aller Erfolge verschleudert hat.
Ich liebe auch Exzentriker die den Mut haben sich zu exponieren und auch intelligent sind. Allerdings mag ich die arroganten Exzentriker nicht.
Eric Cantona war das beste Exzempel. Ein Mann wie es das Buch schreibt! Und dazu noch ueberdurchschnittlich intelligent!
Die besten Fussballer in der Geschichte bleiben aber Pele und Zidane. Pele fuer seine Durchsetzungskraft und Zizou fuer seine Technik und Tricks.