Nach drei Wochen Ligapause (wegen Länderspielen und Cup) nimmt die Super League am Wochenende ihren Spielbetrieb wieder auf – gleich mit einer englischen Woche und drei Runden innerhalb von acht Tagen. Vorher nehmen wir die zehn Mannschaften unter die Lupe und verteilen Noten im Zwischenzeugnis. Dabei wird auch Rücksicht auf die Möglichkeiten der Teams genommen und darauf geachtet, wie sie ihr Potenzial ausgeschöpft haben.
1. Thun 5,5

Thuns Trainer Urs Fischer gestikuliert an einem Super League Spiel. 14. April 2013. (Keystone/Marcel Bieri)
Die Thuner werden seit Jahren unterschätzt. Sie sind wie moderne Gallier, die sich gegen grössere Mächte erfolgreich zur Wehr setzen. So gesehen ist Sportchef Andres Gerber mit smarten Transfers der Schweizer Asterix. Und die Rolle von Obelix übernimmt – nun, ja – Trainer und Verbalvorkämpfer Urs Fischer (figurentechnisch sei der Vergleich entschuldigt). Im beschaulichen Berner Oberland fallen zudem Fussballer, die bei bösen Gegnern in der Nachbarschaft nicht in Fahrt gekommen sind, offenbar immer wieder in eine Art Zaubertrank. Nach drei fünften Rängen in Serie überzeugten die Thuner in den ersten Wochen dieser Saison auch europäisch und qualifizierten sich souverän für die Europa League. Und in der Super League spielten sie mit Topskorer Josef Martinez ansprechend bis ausgezeichnet. Wären sie nicht mehrmals krass von den Schiedsrichtern benachteiligt worden, würden sie möglicherweise sogar als Tabellenführer grüssen.
2. YB 5,25
Wochenlang waren die Young Boys unter dem neuen Lehrer Uli Forte beeindruckend unterwegs, es sah nach einer Bestnote im Saisonstart aus. Doch die 6 wurde letztlich deutlich verpasst, weil es in Spitzenspielen gegen GC und in Basel (je 1:2) mal wieder Niederlagen setzte. Dennoch: Nach Rang 7 letzte Saison ist YB auf gutem Weg, den Klassenbesten FCB herausfordern zu können – dank verbesserter Defensive mit dem neuen Abwehrchef Steve von Bergen und einigen spektakulären Offensivkräften wie dem jungen Japaner Yuya Kubo.
3. GC 5,25
Viele sehen die Grasshoppers vermutlich nicht so positiv. Aber: Die Mannschaft hat bereits in den ersten Runden bewiesen, dass die letzte Erfolgssaison kein Zufall war. GC ist gut organisiert, solid, hat mit Roman Bürki den besten Goalie der Liga – und ist schwierig zu bezwingen. Auch im Europacup gelangen gegen Lyon und Fiorentina grösstenteils ordentliche Spiele. Doch gerade in diesen vier Begegnungen wurde das grösste Manko von GC offensichtlich: Es fehlt an einem Torjäger. Nur neun Treffer erzielten die Zürcher in sechs Ligaspielen, das ist enttäuschend. Die überragende Defensive dagegen liess erst vier Tore zu.
4. St. Gallen 5,25

St.-Gallen-Spieler Goran Karanovic (l.) köpfelt den Ball. 29. August 2013. (Keystone/Alexander Zemlianichenko)
St. Gallen fing sich nach relativ schwachem Beginn rasch auf, ist aber immer noch eine kleine Wundertüte. Das Potenzial wird wohl nicht ausreichen, um vorne mitzuspielen, zumal die Zusatzbelastung durch die Europa League zum Problem werden könnte. In den letzten Wochen aber überzeugten die Ostschweizer sehr. Und Stürmer Goran Karanovic schöpft seine Möglichkeiten unter Coach Jeff Saibene endlich aus. Er ist auf bestem Weg, zum Überflieger dieser Saison zu avancieren.
5. Luzern 4,75

Der FCL Cheftrainer Carlos Bernegger ruft bei einem Super League Spiel gegen den FC Basel aus. 24. August 2013 (Keystone/Sigi Tischler)
Carlos Bernegger ist – nach allem was man so hört, sieht und liest – ein exzellenter Trainer. Seine Handschrift ist bei den Auftritten Luzerns zu erkennen, doch mit der 1:4-Niederlage vor der Ligapause in St. Gallen verspielte der FCL eine noch bessere Note. Wie die St. Galler könnten die Luzerner letztlich im Mittelfeld der Liga steckenbleiben, weil Basel, YB und auch GC wohl stärker sind. Behalten die Verantwortlichen aber die Ruhe, ist es Bernegger zuzutrauen, das Team in der Spitzengruppe zu etablieren. Möglicherweise fehlt der Mannschaft jedoch ein echter Skorer. Oder trifft der Australier Oliver Bozanic derart konstant weiter?
6. Basel 4,5
Die Basler haben den Schaden aus ihrem fast schon traditionellen Langsamstart in Grenzen gehalten – dank des mühevollen 2:1-Siegs gegen YB Anfang September. Der prächtig besetzte Primus hat selten überzeugt, er schleppte sich von Runde zu Runde, die herausragenden Akteure wie Mohamed Salah und Valentin Stocker retteten teilweise mit Geniestreichen das Team. Aber drei Punkte Rückstand auf den Leader YB sind akzeptabel, die Champions League wurde problemlos erreicht. Wenn der FCB sogar in dieser mittelmässigen Verfassung nicht zu distanzieren ist, sollte das der nationalen Konkurrenz zu denken geben.
7. Aarau 4
Der Aufsteiger zahlte teilweise Lehrgeld, kassierte in sieben Begegnungen satte 17 Gegentore, hat sich aber stabilisiert. Die Aarauer sind gemessen an den bescheidenen Erwartungen an sie allemal genügend. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Und das könnte zum Problem werden, denn irgendwann wird die Aufstiegseuphorie vorbei sein – und der FC Aarau sich im Niemandsland der Rangliste wiederfinden.
8. Zürich 3,75
Sein bemerkenswertes Offensivpotenzial hat der FCZ bisher nicht ausgeschöpft, er schoss erst acht Tore in sechs Begegnungen. Das ist schwach. Und in der Abwehr leisteten sich die Zürcher einige Fehler, aber sie haben sich gesteigert. Insgesamt jedoch reichen die Vorstellungen nicht aus, um als genügend eingestuft zu werden. Und im Europacup flog der FCZ sofort raus. Das passt zum verbesserungswürdigen Bild, das er in den ersten Wochen abgab.
9. Sion 3

FC Sions Dario Vidosoic (rechts) versucht den Ball vor Joel Kiassumbua vom FC Wohlen zu erreichen. 15. September 2013. (Keystone/Alexandra Wey)
Ein Tor in sieben Partien, das ist natürlich ein Witz. Es reichte immerhin zum ersten Saisonsieg. Dieses 1:0 in Aarau soll der Startschuss zu einer Siegesserie sein. Man darf ein grosses Fragezeichen dahinter setzen. Der planlose Sion-Macher Christian Constantin hat im Sommer mal wieder fast das ganze Kader ausgewechselt, und noch passt gerade im Mittelfeld und im Angriff wenig zusammen. Die herausragende Abwehr aber ist mit bloss vier Gegentoren in sieben Spielen die beste der Liga. Sie wird den FC Sion vor dem Totalabsturz bewahren. Doch selbst der eigene Anhang wendete sich zuletzt von der Mannschaft (oder besser: von CC) ab.
10. Lausanne 2,5

Lausannes Trainer Laurent Roussey gibt seinen Spielern Tipps. 3. August 2013. (Keystone/Jean-Christophe Bott)
Nur ein Wunder kann die Lausanner vor dem Abstieg retten. Sie haben das mit Abstand schwächste Team der Liga, da kann selbst der tüchtige Trainer Laurent Roussey nicht mehr herausholen. Dem schlauen Coach aber ist es zuzutrauen, dass Lausanne nicht bereits in der Winterpause völlig abgeschlagen ist. Es wird in den nächsten Monaten wieder jede Menge 0:0, 1:0 und 1:1 auf der schwach besuchten Lausanner Pontaise geben.
Und wie sieht Ihre Notengebung aus? Verdient ein Team die Bestnote? Wer war bisher – gemessen an den Erwartungen – genügend? Wer enttäuschte?
Bin absolut einverstanden mit der Beurteilung.
Der FC Thun hat mit seiner nachhaltigen und bodenständigen Arbeit in den letzten Jahren sicher die gute Note verdient. Chapeau! Auch der Erfolg in der EL-Quali ist super. Hingegen finde ich, St. Gallen und GCZ müssten die Plätze tauschen. Die EL-Quali gegen Moskau ist doch der HAMMER für den Club und die Fussballschweiz. Mehr kann man doch von den Ostschweizern gar nicht verlangen können – Potential hunderprozent ausgenutz. Man könnte sogar drüber streiten, ob der FC St. Gallen nicht sogar vor dem BSCYB stehen sollte, da dieser nicht europäisch spielt? Note FCB i.O., wird sich noch steigern.
Herr Tarnutzer, ihnen ist aber schon aufgefallen, dass St.Gallen die gleiche Note wie der BSC hat und so ist die Rangierung wohl schon korrekt, denn in der Meisterschaft liegt YB ja vor den Ostschweizern. Ich wüsste nicht, was es darüber zu streiten gäbe !?
Für meinen Geschmack kommt Aarau im Vergleich zu Sion zu gut weg bei dieser Beurteilung. Kein Team kann über einen längeren Zeitraum erfolgreich spielen, wenn es immer 3 oder mehr Tore schiessen muss um ein Spiel zu gewinnen.
“GC ist gut organisiert, solid, hat mit Roman Bürki den besten Goalie der Liga”
Jaja, alles Ansichtssache.
Ist ja auch bloss Zufall, dass Basel in der CL spielt, und die anderen Teams nicht.
Schon in der Schule hegten viele Zweifel an manchen Benotungen…
Also dass Roman Bürki der beste Goalie der Liga ist, ist nun auch nicht so klar wie hier geschrieben. Ich sehe da eher Yann Sommer vorne – er ist ja auch die Nummer zwei bei der Nati.
Ansonsten einverstanden mit dieser Einschätzung.