Niemand spielte eleganteren Fussball als er. Unendlich grazil trotz seiner Körperlänge von 192 Zentimetern, kein Schritt zu viel, den Kopf stets oben und dabei das gesamte Spielfeld im Blick. Gesegnet mit einer stupenden Technik und einem unvergleichlichen Auge für die Mitspieler und offene Räume. Aus dem Nichts kreierte er völlig neue Spielsituationen, seine Pässe spielte er mit einer unglaublichen Nonchalance und bevorzugt mit der Hacke. Wenn Sócrates spielte, sah es zu keinem Zeitpunkt nach Anstrengung oder gar Kampf aus. Ihm zuzuschauen war ein ebensolcher Genuss, wie für ihn selber der Fussball offensichtlich auch war.
Gestern verschied der virtuose Brasilianer geschwächt von den Folgen übermässigen Alkoholkonsums – im Alter von 57 Jahren an den Folgen eines septischen Schocks, der von einer Entzündung im Darm herrührte. Mit ihm verstarb der letzte grosse Künstler, den der Weltfussball hervorgebracht hatte, das Idol unzähliger Jugendlicher in den Achtzigern und Sinnbild des schönen brasilianischen Fussballs.
Wäre er in der heutigen Zeit aktiv gewesen, er hätte es wohl kaum über die Fussballplätze der Provinz herausgebracht. Gegenspieler wären ihn hart angegangen, mit der Athletik wäre er nicht zurechtgekommen, den Raum und die Zeit, die er mit seinen Geistesblitzen füllte, hätte man ihm nicht gelassen. Und vor allem wäre ihm selber die Lust vergangen. Schon den Weltmeistertitel seiner Landsleute von 1994 kommentierte der studierte Arzt so: «Das war eine echte Qual. Mir taten die Augen weh, wenn ich mir die Spiele meines Landes anschaute. Grausam.»
Bei Sócrates war Fussball Kunst. Als Captain führte er die Seleção an der WM 1982 an und bildete zusammen mit Zico, Falcão und Toninho Cerezo das «magische Quartett» im Mittelfeld, das das ergreifende Offensivspiel der Mannschaft orchestrierte (siehe Videos in der Bildstrecke). «Von taktischem Geplänkel halte ich ganz und gar nichts», sagte die bärtige Nummer 8 einst. «Für mich darf der Sieg nie die Mittel heiligen. Es lebe der schöne Fussball!» Es war diese Einstellung, die Brasilien damals den WM-Titel kostete. Anstatt das 2:2 gegen Italien in der Zwischenrunde zu verwalten, das für die Halbfinalqualifikation gereicht hätte, stürmte die Mannschaft munter weiter nach vorne, bis Paolo Rossi ihr den Todesstoss versetzte. Bedauern? «Was bedeuten schon Titel? Gar nichts.»
Sócrates lebte, um zu spielen. Nicht für Trophäen. Er trainierte nur ungern, genoss dafür das Leben umso mehr. Er spielte und feierte, rauchte und revolutionierte. Bei seinem Stammverein Corinthians führte er die «Democracia Corinthiana» ein, die Hierarchien abschaffte und die Mannschaft über Trainingszeiten, Aufstellung und Menüwahl abstimmen liess. Als Aufruf zur Wahlbeteiligung prangte auf ihren Trikots «DIA 15 VOTE». Diese Kommunalwahl ebnete den Weg zur Beendigung der 20-jährigen Militärdiktatur. Am Tag von Sócrates’ Tod wurde Corinthians zum fünften Mal in der Vereinsgeschichte brasilianischer Meister.
Nur ein einziges Auslandsengagement erlebte der Ausnahmekönner als Profi. Trotz Angeboten vieler Grossklubs suchte er sich die Fiorentina aus, angeblich weil es der einzige Verein war, der Sex auch später als drei Tage vor dem Spiel erlaubte. Glücklich wurde er indes in Italien nie. Denn wer ihn einschränkte, nahm ihm die Lust am Fussball. Und ohne diese wollte er nicht leben.
Noch mit 50 Jahren versuchte er, diese Lust wieder zurückzugewinnen und liess sich zu einem einmonatigen Abenteuer beim englischen Provinzklub Garforth Town überreden. Doch lange hielt sie nicht an. Sócrates fiel tief und verlor gestern Sonntag seinen letzten Kampf. «Kein Spieler gibt seine Fussballkarriere auf. Der Fussball ist es, der sich von den Spielern abwendet», sagte er einmal. Für ihn, den Artisten, war dies nur schwer zu ertragen.
Sócrates hinterlässt eine Ehefrau und sechs Kinder, und bei Fussballfans auf der ganzen Welt die süssesten Erinnerungen an wunderbare Momente der Magie auf dem Platz. Er hat vielen Zuschauern gezeigt, wie unendlich schön dieser Sport sein kann, und sie für immer in seinen Bann gezogen. Ich bin einer davon. Danke, Dr. Sócrates!
Gut war er ja (wenn auch sehr erfolglos). Aber der “Allergrösste”? Und niemand spielte eleganter? – Was bitte schön ist dann mit Pelé, Beckenbauer, Cruyff, Maradona. Etwas vorsichtiger sollte man mit Superlativen schon sein. Vor allem, wenn man bedenkt, dass andere auch schön spielten und erst noch Titel gewannen.
hmm…, mit johan cruyff und franz beckenbauer liegen sie auf der richtigen linie. sie besassen ebenfalls diesen leichtfüssigen, langen “stride”, der das markenzeichen von socrates war. heute ist es mesut oezil oder yaya touré, wo man diese unglaublich eleganten bewegungsabläufe wieder am werk bewundern kann. immer wieder ein highlight, selbst in schwächeren spielen.
Pele und Maradonna elegant? Hallo?
Was ich sehr interessant finde, dass solche Aussagen jemand macht, der mal 10 Jahre alt war, zu Sócrates Zeiten. Herr Sykora scheint mir ein erinnerungsvermögen eines Elefanten zu besitzen.
Das mit dem Elefanten passt – zumindest fussballerinnerungstechnisch – durchaus. Gepaart mit einer Sammlung sämtlicher dieser Spiele auf Video/DVD gibt das ein ziemlich gutes Bild ab.
Sprach die graue Maus.
Ich war elf, als ich Sócrates und Zico zum ersten Mal im Fernsehen sah: Und wer das erlebt hat, der vergisst es nicht. Geht mir ähnlich wie Mämä Sykora: Anders als in Superlativen kann man über diesen Fussballer nicht schreiben. Denn hätte er die WM 82 und 86 mit Brasilien gewonnen, wie das angesichts des Spiels und der Genialität dieser Mannschaft hätte sein müssen, dann wäre heute jedem klar, dass er auf gleicher Stufe steht wie ein Maradona, Pele, Ademir, Cruyff oder Beckenbauer. Wenn man dann noch die Intelligenz neben dem Platz als Mass nimmt, ist der Mann wohl die Nummer Eins, vor Cruyff und Beckenbauer. In Brasilien schätzt man ihn ja gerade deswegen viel höher ein als Mitläufer Pele, der immer schön brav für die Militärdiktatoren und gegen das Volk gewinkt hat und der heute das Gleiche für die FIFA macht.
Das ganze Niederschreiben des Autors hier in der Kommentarspalte: Wozu soll das nochmal gut sein?
@Checkpoint Charlie. Der einzige Spieler der in meiner zweiten Heimat Brasilien höher als Pelé angesiedelt wird ist Garrincha. Nicht unbedingt der intelligenteste Mensch ausserhalb vom Platz. Genau deshalb und weil er einer vom Volk war der sich nichts aus der feinen Gesellschaft machte wurde er geschätzt. Das sein Leben tragisch endete bringt zusätzliche Symphatien. Charakterlich war Pelé nicht mein Ding, aber alle die diesen Spieler nicht auf Nummer 1 setzen haben ihn mit Sicherheit nie spielen sehen. Es gab keinen kompletteren Spieler. Er war beidfüssig (Maradona war es nicht) und trotz seiner geringen Körpergrösse einer der besten Kopfballspieler (Beispiel WM Final 1970). Pelé hat heute mit 71 noch einen Körperbau den manch aktiver Fussballerspieler gerne haben würde. Er war einfach der perfekte Athlet und nicht nur für mich nach Muhammad Ali der grösste Sportler des 20. Jahrhunderts.
Alles richtig FABIO! Genau meine Meinung….. JG 1947
der “mediziner” sokrates spielte in der brasilianischen nationalmannschaft, schiesst als mittelfeldspieler tore am laufmeter, ist der chef beim spiel der spiele seit es fussball gibt (wm `86 gegen frankreich), spielt 2 wm`s und sie betiteln ihn als “sehr erfolglos”! bravo!
Was für ein wundervoller Nachruf, Danke.
Und an Leute wie Tubandt kann ich nur richten: Erbsenzähler, nichts verstanden. Note eins, setzen.
Sorry Alois… Aber ich kann dem Gerhard Tuband nur zustimmen! Der Artikel ist leider schlecht recherchiert. Und wer Sócrates auf das selbe Niveau wie Cruyff, Bekenbauer, Messi oder Diego setzt, versteht nicht viel von Fussballkunst. Sócrtates ist hauptsächlich bei den Fans von Corinthians beliebt. In den anderen Klubs (in Rio und São Paulo) in denen er gespielt hat, war er nur “einer unter vielen”. Er war in seiner Zeit irgendwie stehengeblieben und wollte von der Zukunft nichts wissen. Etliche Spitalaufenthalte (war in den letzten vier Monaten 3 x auf der Intensivstation) und die ständige Fürsorge seines Sohnes (Rai; war ebenfalls Nationalspieler) konnten ihn nicht davon abbringen, seine Krankheit heilen zu lassen.
@Lukas Meier. Rai ist nicht der Sohn von Socrates sondern sein Bruder. Nein mit einem Pele oder Cruyff lässt sich ein Sokrates nicht vergleichen. Dese waren zusammen mit Di Stefano die komplettesten Fussballer aller Zeiten. Darum ging es aber auch nicht. Socrats war einfach ein untypischer Spieler, selbst für einen Brasilianer. Gab sicher keinen der soviel mit der Hacke spielte wie ihn, und alleine sein Körperbau war für einen Spieler eher unnatürlich. Nicht nur bei Corinthians sondern auch in der Selecao eine grosse Persönlichkeit.
Rai war sein Bruder, nicht sein Sohn.
Keine Ahnung aber in die Tasten hauen. Raí ist der Bruder von Sócrates und nich der Sohn………..
Kann ich noch eine kurze Info kriegen darüber, was denn «schlecht recherchiert» war, bitteschön?
Ironischerweise wurde Raí, Sócrates’ Bruder, mit einer für brasilianischen Verhältnisse nur durchschnittlichen Mannschaft in der WM-1994 Weltmeister… Mit den Jahren war der Kontrast zwischen den Brüdern nicht zu übersehen: auf der einen Seite der romantische, fragile Träumer, auf der Anderen der pragmatische Sieger…
1983 gab es den St.-Jakob-Park noch nicht. Es lebe das “Joggeli”!
Ja. Sehr schön. Mir fehlt nur irgendwie ein Erklärungsansatz, wie ein begnadeter Fussballer, Schöngeist, Mediziner und Familienvater sich zu Tode saufen kann.
Ich bin der Ansicht, daß ein Erklärungsansatz nur dilettantisch wäre. Der einzige, der etwas dazu sagen könnte – wenn überhaupt – wäre Sócrates selbst. Wie so häufig in solchen Fällen ist es somit besser zu schweigen und das Mysterium zu akzeptieren.
Es ist ja nicht so dass er keine Titel gewann.Mit Corinthians gewann er dreimal (79,82 und 83) die Meisterschaft Sao Paulos. 172 Tore in sechs Jahren beim Verein sprechen auch eine deutliche Sprache. Er kam eigentlich spät zum Fussball (mit 21 Jahren) aber dass man ihn so in Erinnerung haltet spricht viel für ihn. Die Mannschaften Brasiliens 82 und 86 waren die letzten die noch richtigen Samba Fussball spielten. Für mich neben Garrincha sowohl auf als auch neben dem Platz die faszinierendste Erscheinung im brasilianischen Fussball. Leider teilt er mit ihm auch das tragische Ende.
Brasilien 1982 war die beste Mannschaft, die ich je gesehen habe und wohl je sehen werde und Socrates war ihr Chef. Damals spielte nur Roberto Falcao im Ausland (Rom) und somit war der Stil der Brasilianer noch nicht europäisiert. Wer die Spiele von Brasilien gesehen hat damals, weiss, was ich meine. Es ist fast 30 Jahre her, aber Socrates, Eder, Junior, Falcao etc. werde ich nie vergessen.
hmm…, das 98er team mit rivaldo, ronaldo, caffu, roberto carlos, leonardo, zé roberto, bebeto war allerdings auch nicht ohne.
Da bin ich anderer Meinung Auguste. Mir hat das 98er Team nicht mehr gefallen, wie alle Brasilianischen Ausgaben seither (auch wenn das Potential sicherlich vorhanden wäre). Der Stil ist mittlerweile einfach zu europäisch, zu taktisch, zu durchgeplant. Es gibt im heutigen Fussball leider keinen Platz mehr für “Freiheit”, Individualisten, kunstvollen Fussball. Es geht um zuviel Geld, da kann man sich keine “Trickli” mehr erlauben…
Aber das gilt nicht nur für die Brasilianer, das gilt für alle Teams. Es gibt nicht mehr die hart kämpfenden, aber immer fair spielenden Engländer (man erinnere sich nur an Gary Lineker, der in seiner ganzen Karriere nie die rote Karte gesehen hat) die 90 Minuten Powerpressing machen, sich nie über den Schiedsrichter beschwerten, es gibt die edlen Franzosen nicht mehr, die Italiener, die den Defensivfussball perfektionierten, die Brasilianer, die das Spiel zur Kunst erklärten, ja selbst die Afrikaner haben heute Trainer, die nur Disziplin, Manndeckung und Kaltschnäuzigkeit fordern… Alle spielen gleich und darum wird der Fussball auch immer wie langweiliger.
kleine korrektur zu gary lineker: er hat auch nie eine “gelbe karte” bekommen. …der weiss bis heute nicht, wie es ist verwarnt zu werden! 🙂
Ja, ich kann mich noch gut daran erinnern. V.a. an die grandiose 3 zu 2 Niederlage gegen Italien… Italien war das beste Team der Welt und gewann folgerichtig auch die WM 82 🙂
@Dave. Obwohl ich Italiener bin und damals Paulo Rossi & Co. unterstützte spielte Brasilien klar den schönsten Fussball an der WM 82. Das Spiel gegen Italien war auch der eigentliche Final, denn die Deutschen waren im Finale völlig platt und unterlegen. Das meiner Meinung nach beste Spiel aller Zeiten bei einer WM war jedoch jenes zwischen Brasilien und Frankreich bei der WM 86. Traurig dass damals ausgerechnet Socrates und Zico in ihrem letzten Länderpsiel am Elfmeterpunkt scheiterten. Trotzdem blieben diese Teams von 82 und 86 in Brasilien mehr in Erinnerung als jenes von 94 welches den WM Pokal holte.
stimmt nicht: Italien 1982 war zuerst ein unglaublich pomadiges italien, dass sich durch die gruppenspiele gemogelt hatte und dafür bestraft wurde –> mit brasilien und argentinien in eine gruppe eingeteilt.
und erst ab da gab es ein wunderbares italien und hat restlos begeistert (was bis heute leider nie mehr vorkam).
das brasilien in den 70er/80er-jahren war jeweils ein ansammlung von superspielern, die es leider nie geschafft hat, diese qualität auch in erfolge umzumünzen.
“da gab es ein wunderbares italien und hat restlos begeistert (was bis heute leider nie mehr vorkam)” auch das stimmt nicht ganz. Ich zumindest war restlos begeistert von Roberto Baggio’s Italien 1994…
ja sócrates, allein schon der klang des names lässt das fussballerherz höher schlagen. wie habe ich das team bewundert an der wm in spanien 1982. zico, eder und sócrates, falcao, junior und leandro. ich hatte das glück, als 12 jähriger bub, einen wettbewerb zu gewinnen und durfte das spiel schweiz:brasilien vom 17. juni 1983 bei den journalisten hinter dem tor miterleben. es war unglaublich 60’000 zuschauer und dann mittendrin statt nur dabei. vor dem spiel nahm sich sócrates jede menge zeit um meine autogrammwünsche zu erfüllen. und jetzt ist er gestorben, unfassbar … ruhe in frieden, sócrates!!!
.. 1982 war ich auch 12 Jahre alt, die Begeisterung wuchs mit jedem Spiel, 4:0 gegen Neuseeland, 4:1 gegen Schottland…, dann das Spiel gegen Argentinien, ich erinnere mich noch an den sagenhaften Freistoss von Eder an die Latte, der Ball springt wieder hoch, wieder herunter…. und Zico schiesst ein. Die ganze Mannschaft war aus einem Guss, angeleitet von einem souveränden Socrates, es war die beste brasilianische Mannschaft überhaupt und die grenzenlose Spielfreude war absolut ansteckend, umso trauriger war das Ausscheiden gegen Italien…. Beim Spiel im alten Joggeli am 17.6.1983 war übrigens auch ein gewisser Dr. med. Roger Berbig Goalie der Schweizer Mannschaft…
…genau, damals war ich 18 und auch im Stadion. Irgendwie habe ich noch einen extremen Freistosskracher aus 30 m von Eder im Kopf, den Dr. Berbig mit einem sagenhaften Reflex aus der hohen Torecke holte. Ich glaube, Eder klatsche damals Berbig sogar noch ab…..der Schuss war eigentlich unhaltbar.
Ich erinnere mich eigentlich vor allem daran, dass die Brasilianer ständig Freistösse in Strafraumnähe suchten, damit Eder nochmals probieren durfte…
Nach der WM 82 war das Spiel in Basel im 83 eine Enttäuschung, aber vermutlich mauerten die Eidgenossen zu stark. Mehr in Erinnerung blieb das wirklich volle Joggeli – später durften ja aus Sicherheitsgründen nie mehr so viele Leute rein.
Braucht es überhaupt Kommentare als Antwort auf einen Nachruf?
hmm…, brauchen täte es sie nicht. aber man kann sie ja auch als weitere, kleine nachrufe an einen grossen spieler betrachten.
Das ist ja voll in Ordnung. Aber wenn es dann losgeht, ob jetzt dieser oder doch jener Spieler der “Allergrösste* aller Zeiten war…
Ein Steilpass ist eine Vorlage die es zu Verwerten gilt. Deshalb gehören hier auch Kommentare hin.
Dieser Steilpass von Mämä war zuweit zurückgelegt, da ich keine Lust habe dem Ball hinterher zu rennen, muss ich pausieren.
@ Egelseder: Wieso Erbsenzähler? Natürlich war Socrates ein toller Fussballer. Aber der Allergrösste ist halt einfach etwas zu viel. Die Allergrössten haben auch wichtige Turniere gewonnen.
@ Fabio: An Garrincha musste ich auch denken. Ob der brasilianische Titel indes sooo viel wert ist, darüber könnte man zumindest diskutieren. Es gibt sicherlich stärkere Ligen.
Garrincha und Robero Rivelino waren exzellente Fussballer dieser magischen Seleção. Ich möchte die Leistung von Sócrates nicht schmälern, doch waren es u.a. die oben genannten Spieler, die heute noch (zusammen mit Sócrates) an diese tolle Zeit erinnert.
ein mann mit grossem charisma und prinzipien. ruhe in frieden socrates.
die wm ’82 habe ich ebenfalls noch präsent, allerdings hielt ich für italien. sie schlugen sich in einer 3er gruppe gegen brasilien und argentinien durch. unvergesslich, aber ist ja klar, bei italien ist es immer zufall.
zu der zeit waren mir zico oder falcao eher ein begriff als socrates. aber das ganze team spielte in dem turnier fantastischen fussball. sie waren den gegnern noch überlegener als heute barca.
wieso man einen fussballer immer an seinen trophäen messen muss weiss ich auch nicht. cantona hat bei manu auch nicht viel gewonnen, aber wird von den fäns mehr verehrt als alle spieler die in dem verein alles gewonnen haben. weil dank ihm spieler wie giggs, scholes, beckham, keane oder schmeichel überhaupt gross geworden sind.
@Marius Weber. Der Meinung was Titel angeht bin ich auch. Wenn man sich die Liste der Spieler mal anschaut die nie WM wurden. Ich denke da vor allem an Puskas, Kocsis, Di Stefano, Seeler, Best, Eusebio, Rivera, Cruyff, Keegan, Rummenigge, Zico, Platini, Baresi, Maldini, Van Basten, Baggio, Cantona etc. Da braucht sich ein Socrates wirklich nicht zu schämen wenn er auch dieser Liste angehört. Nicht die Titel sind wichtig sondern die Freude die man den Fans bereitet hatte, und ausser Rivelino kannte ich keinen Spieler der von der zweitgrössten Fangemeinde Brasiliens (Corinthians mit 30 Millionen Fans) mehr verehrt wurde.
Socrates, Toninho Cerezo, Zico, Eder, Falcao, das waren meine Götter als 13 jähriger. Als sie gegen Italien ausschieden habe ich geflennt. 4 Jahre später, gegen Frankreich, vergab dann zunächst Zico während des Spiels einen Elfmeter und dann trat mein grosser Held Socrates, wie immer ohne Anlauf, den ersten Penalty im Elfmeterschiessen…und vergab ebenfalls. Brasilien schied wieder aus, wieder flossen Tränen. Socrates, der coolste Fussballspieler aller Zeiten, begründete meine Abneigung gegenüber cool getretenen Penalties…
RIP doctor Socrates!
@ Tubandt, Meier & Co.:
Vielleicht wird Socrates nie in einer Bestenliste zuvorderst auftauchen. Wenn jemand aber auf tragische Weise (selbstverschuldet) bereits mit 57 Jahren seinen persönlichen definitiven Schlusspfiff erlebt, darf man ihn – Danke Mämä! – in einem Nachruf und einer Würdigung durchaus als den ‘Allergrössten’ bezeichnen.
Und wer einen Nachruf nicht als solchen erkannt und meint, er müsse nun eine Diskussion darüber beginnen, wer die noch schöneren Tore geschossen hat oder erfolgreicher war oder eleganter spielte, hat wirklich nichts begriffen und ist eben doch ein Erbsenzähler.
Danke, Socrates, für die schönen und unvergesslichen Fussball-Momente. Danke Mämä für den schönen, emotionalen Nachruf.
Socarates war dabei – beim Spiel des Jahrhunderts in Guadalajara. Unglaublich 120 Minuten Dramatik pur.
Spielzüge von Socrates, Zico und von Giresse Tirana wie aus dem Lehrbuch. Spieldynamik pur.
Selten wurde besser Fussball gespielt. Ein Spiel das überhaupt keinen Verlierer verdient hätte.
Danek herr Summermatter – endlich hat sich jemand erinnert der wirklich etwas vom Fussball versteht! Brasilien vs. Frankreich ist der beste Match aller Zeiten, und dies ohne eine einzige gelbe Karte. Was für Namen damals – Helden, Legenden auf beiden Seiten! Wenn der FC Basel heute einen Wert von ca. 50 Milionen hat, welche Summe müsste man wohl für Frankreich oder Brasilien 1986 bezahlen?
Danke Mämä für den besten Artikel webweit. Genau um das geht es, im Fussball wie im Leben: Kunst und Tanz statt Kampf und Krampf. Sokrates spielte und lebte es. Ein Nummer 10 für die Ewigkeit.
Socrates war die Nr. 8, Zico die 10, Eder die 11, Falcao die 15, Junior die 6
oh yeah, so war es … für die ewigkeit!
Perfekt der Kommentar über Socrates. Auch ich bewunderte seinenFussball.
Ich war siebzehnjährig und Brasilien erlebte packend befreiende Jahren: die dunkle, feige, stumpfe Zeiten der Militärdiktatur machte langsam aber stetig Platz zu einer politisch anspruchsvolleren Zivilgesellschaft und die Dynamik, die diese Veränderung auslöste, erfüllte das verunsicherte Land mit Hoffnung und Stolz. Die WM-Fussballmanschaft von 1982 verkörperte auf dem Fussballfeld diese unsägliche, unvergessliche Stimmung und zelebrierte auf radikaler, unvergesslicher Art den Anspruch, den das Land auf sich selber stellte, in der Sprache, die wir am Schönsten konnten: dem Fussball. Schon in der Vorbereitungsphase waren wir enorm stolz auf dieses Team, das die ästhetisch-mythische spielweise früherer Generationen wieder aufleben liess.
Umso entsetzlich war dann die Niederlage gegen Italien – ausgerechnet gegen diejenige Mannschaft, die als Einzige sich sieglos durch die erste Runde der Meisterschaft schlieppte und für das pure Gegenpol unserer fussballerischen Sichtweise stand. Dass Italien vor dem Spiel gegen Brasilien Argentinien 2 x 1 schlug, nahmen wir nicht als Warnung, sondern mit unbekümmerter Schadenfreude wahr, zumal ist und bleibt Argentinien unser ewiger Rivale. Diese Ausscheidung war ein Schlag ins Gesicht, ein Trauma, das schien, uns aufzeigen zu wollen, was für schwierige Herausforderungen das Land noch zu meistern hatte.
Socrates war nicht nur einer der grossartigen Spieler dieser äusserst begnadeten Fussballgeneration, er war auch eine politische Personlichkeit, die mit viel Mut und Grösse offen Position bezog. Mit der ‘Democracia Corinthiana’ hat er Titeln gewonnen und unsere politische Fantasien beflügelt, in der Kampagne der ‘Diretas Já’ war er mit Lula und vielen anderen unterwegs, um die Demokratisierung des Landes zu konsolidieren. Diesem Mann haben die Brasilianer viel zu verdanken und, so elegant und inteligent war sein Stil auf dem Feld, so grosszügig und nobel war seine Wirkung ausserhalb desselben.
Vielen Dank für den wunderschönen Nachruf und die vielen echt rührenden Kommentare. In diesen Momente weiss ich noch besser: Es ist eine tolle Sache, in der Schweiz leben zu dürfen.
Schönes Kommentar!
“Wäre er in der heutigen Zeit aktiv gewesen, er hätte es wohl kaum über die Fussballplätze der Provinz herausgebracht” Dies ist doch schlichtweg Blödsinn. Spieler wie Sokrates wären heute in jedem grossen Club die Leithammel. Ausserdem wurden die Stars vergangener Jahrzehnte ganz anders angegangen als die heutigen. Pele wurde kaputt getreten, Maradonna und andere. Einen Messi darf man nicht einmal mehr anschauen, sonst läuft man Gefahr, dass Foul gepfiffen wird. Dies ist ein Artikel aus der Schublade nostalgisch schön, aber fern der Realität.
ich glaube nicht dass socrates heute ein grosser spieler wäre. er hatte ja keine freude am heutigen fussball. in italien war er totunglücklich, da es dort um resultate ging, nicht um freude am fussball. wo ist es denn heute nicht so?
Für die, die sich am Begriff “Allergrössten” stören: Viele Feldspieler von Weltformat, die grösser als 1.92 sind, kommen mir wirklich nicht in den Sinn…
Gut gegeben, Dustin Peters!
Hier ein Interview von 2009, das einen gewissen Einblick in diesen Socrates bietet: http://www.club-bellevue.com/socrates-von-fahnen-und-freiheiten/
Wow… Was kann ich sonst sagen? Danke sehr für den Link!
Danke!
Ein schöner Nachruf. Die Fakten sind sehr emotional erzählt aber kaum von Mäma S.selber erlebt, dazu müsste er ein anderer Jahrgang sein. Socrates ist wohl seine grosse platonische Fussballer-Liebe. Womit wir wieder bei den Griechen sind. Gute Philosophen und schlechte Fussballer.
Frage mich wer 1982 an der Weltmeisterschaft zwischen Bruno Conti und Socrates da eigentlich der Ballkünstler war. Ich war damals 18 Jahre jung. Für mich ganz eindeutig Bruno Conti!
who the fuck is conti?
ich bin dank bruno conti as roma fän geworden. aber wieso muss es denn an einer wm nur einen ballkünstler geben? brasilien hatte mind. 5 ballkünstler mit dem format von bruno conti. im spiel italien-brasilien war von conti nicht viel zu sehen, im gegensatz zu socrates.
dann schauen Sie sich die Aktion zum 1-0 Italien-Brasilien. Wer hat diese eingefädelt? und das 1-0 Italien-Argentinien 1982 die Aktion wurde von Bruno Conti eingefädelt. Weltmeister wird man mit Spieler, die wie in ein Orchester Fusball spielen und nicht mit 5 Ballkünstler.
also ich denke brasilien muss man nicht vormachen wie man weltmeister wird. sie haben es sicher 5 mal ganz ohne ballkünstler geschafft. und wenn sie jetzt unbedingt die spiele von socrates und conti vergleichen wollen dann bleiben sie lieber bei den direktbegegnungen weil sonst geht conti ganz bös baden. ihre karrieren haben sich nicht auf eine wm beschränkt. aber ist klar, ein tor vorzubereiten ist viel auffälliger als eines selber zu schiessen.
Hallo Mämä, was Sie geschrieben haben trifft voll zu, besser kann man es nicht formulieren!! Das war typisch Socrates!!
Also ich lese hier Kommentare wie: damals war ich 12 und erinnere mich noch an dies und das.
Ich glaube das sind alles Nostalgiker. Mit 12 versteht man den Fussball mit all seiner Taktik und Facetten einfach nicht. das kommt erst später; wenn man 1000ende Spiele gesehen hat und Auswechslungen vorhersagt, über taktische Einstellungen diskutiert, jedem Spieler Europas seine Eigenschaften kennt.
Der Fussball von früher war einfach langsamer und vorhersehbarer. Auch im Fussball gibt es eine gewisse Evolution und vor allem der heutige physische Aspekt ist entscheidend.
Also ihr Nostalgiker und Hobby-Netzers, lasst den Socrates ruhen und schaut die Spiele des fc barçelona, denn warscheinlich werded ihr bis ans Lebensende nie mehr eine solche Ansammlung an Qualität und Perfektion erblicken.
Danke für die Erinnerung an magische Momente. – Mit Sócrates war Fussball intelligent und ästhetisch. Eine neue Dimension, bis anhin unvorstellbar. Während der WM 82 erlag unsere traditionell fussballverachtende Familie kampflos dem Charme des brasilianischen Spiels, dessen Herz, Hirn und Seele Sócrates verkörperte. RIP.
Ein schöner Nachruf! Die WM 82 ist meine erste und für alle Zeit prägende Weltmeisterschaft gewesen. Die Euphorie für den Fussball, die ich als neunjähriger damals in Brasilien erlebt habe, war unvergleichlich. Die Spieler Zico, Falcão und allen voran Sócrates gehören daher auch für mich persönlich zu den allergrössten des Fussballs. Zugegeben, da ist eine grosse Portion Nostalgie dabei und gleichzeitg sind oft die tragischen Helden, diejenigen die den tiefsten Eindruck hinterlassen.
Und jetzt zitiere ich den Zitierenden – aus dem Blog vom langjährigen Journalisten Clovis Rossi, von Folha Online, São Paulo, Brasilien, über die Tatsache, dass der Tod eines Ex-Fussballspielers, der nur den Meisterschaft von São Paulo gewonnen hatte und sonst kaum in Europa tätig wurde, in den Medien des alten Kontinentes auf so viel Aufmerksamkeit stiess:
“(…) Meine Überraschung löste sich nur dann auf, als ich den Nachruf aus der Feder eines ‘Crack’ des spanischen Sportjournalismus, Cayetano Ros, im ‘El País’ las:
‘Sócrates war der Captain einer unvergesslichen Mannschaft, nämlich derjenigen von Brasilien im Spanien-82 – eine derjenigen drei Landesauswahlen, die, neben Ungarn in 1954 und Holland in 1974, die Welt in Leidenschaft versetzte, ohne irgendwas gewonnen zu haben’.
Bingo. (…)”
Bingo.
Netter Text, aber der Allergrösste und der letzte grosse Künstler des Weltfussballs? Naja…
Wer glaubt denn ernsthaft, etwa ein Zidane sei der weniger grosse Künstler? Man stelle ihn sich zu Zeiten von Socrates vor, als man für eine Ballannahme noch 10 Sekunden Zeit hatte…
Guardiolas FC Barcelona is number one! Ohne Diskussion!