Ein Selekteur ist kein Security, liebe Stadtpolizei

Wer hier tanzen darf, entscheidet der Selekteur (Bild: Urs Jaudas)
In den 90er-Jahren zählten einige Selekteure zu den angesehensten Persönlichkeiten im Zürcher Nachtleben. Beispielsweise Nicole Iseli, verantwortlich für die Tür an der Adresse des heutigen Supermarkets. Aber auch Yves Spink vor dem Eingang zum Kaufleuten, damals vom Club-Gründer Fredi Müller für kalte Winternächte eigens mit einem Mantel einer exklusiven Marke ausgestattet. Ich stand damals vor dem Gothic in Wollishofen und war eine klitzekleine Nummer, deren Renommee sich auf den Eingangsbereich dieses kleinen Clubs beschränkte: Ich war ein Security und kein Selekteur und ein unfähiger obendrein.
Mir würde heute niemand mehr einen Sicherheits-Job geben: Seit 2018 müssen Sicherheitsmitarbeiter eine Ausbildung durchlaufen, um eine Bewilligung für den Job zu erhalten. Das ist richtig so: Wenns vor der Tür ruppig wird, braucht es Fachkräfte, welche die Gefahr in Sekundenschnelle richtig einschätzen und sich aufs Deeskalieren verstehen. Wenn das nichts mehr nützt, müssen die Sicherheitsmitarbeiter wissen, wie man physische Gewalt dosiert einsetzt. Eine Zusatzaufgabe der Security eines Clubs ist es, die Selekteure zu beschützen. Deren Jobprofil ist ein ganz anderes: Sie greifen nicht ein, wenn es brenzlig wird. Sie sorgen für einen Publikumsmix, der den Anforderungen der Clubchefs entspricht. Nicht selten sind Selekteure zierliche Personen, die Rangeleien schon aus physischen Gründen besser aus dem Weg gehen.
Die Stadtpolizei sieht das anders: Gemäss Bericht der NZZ ist für sie die Unterscheidung zwischen Selekteur und Security bloss ein Trick, um die erwähnten und seit Anfang 2018 geltenden Bestimmungen zu umgehen. Das zeugt von einer ordentlichen Portion Ignoranz dem Nachtleben gegenüber: Ist es ein Trick, wenn ein Restaurant von einem Kellner andere Qualifikationen verlangt als von einem Koch? Ist es ein Trick, wenn ein Bäcker andere Anforderungen erfüllen muss als das Personal, das vorne am Tresen die Brote verkauft? Nichtsdestotrotz müssen Zürcher Selekteure damit rechnen, verzeigt zu werden, wenn sie keine Security-Ausbildung absolviert haben. Dieses Vorgehen schadet den Clubs, denn sie sind darauf angewiesen, Leuten die Selektion anvertrauen zu können, die wissen, wer Stammgast ist und wer nicht, und die im Nachtleben gut vernetzt sind. Dass die Stadtpolizei nicht zwischen dem Job des Security und jenem des Selekteurs unterscheidet, entzieht ihnen dieses Recht.
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