Wie alles begann

Opfikon gehört zu jenen Gemeinden, die in den letzten Jahre an meisten gewachsen sind. Bild des Opfikerparks: Thomas Egli
Das ist der Beginn einer losen Serie, die sich nicht, wie oft in dieser Kolumne, locker und flockig, frech oder sentimental mit der Agglo beschäftigt. Wir haben einen, der die Agglo quasi zu seinem Beruf gemacht hat, gefragt, was es denn so ganz ernsthaft und vorurteilslos über die Agglo zu sagen gibt. Dieser eine ist der Raumplaner Manuel Peer. Sein Werdegang in Kürze: Metron AG, Stadtingenieur von Regensdorf und Schlieren – Letzteres während neun Jahren, in denen diese Gemeinde, die oft als Prototyp der Agglo empfunden (beschimpft) wird, so richtig vom Bauboom durchgeschüttelt wurde. Danach Siedlungs- und Freiraumplanung für den Kanton Aargau, heute Mitinhaber des Zürcher Büros Planar.
Wie alles begann: Drei gewaltige Wachstumsschübe führten zu der Agglo von Zürich, wie sie sich heute präsentiert. Die Wohnungsnot nach den Kriegsjahren katapultierte Gemeinden wie Schlieren und Dietikon, Opfikon und Adliswil, auch Kloten aus ihrem beschaulichen Dorfdasein heraus. Diese Nachfünfzigerjahr-Bauten seien es, welche heute den Gemeinden am meisten Bauchweh bereiteten, sagt Peer. «Kleine Vierzimmerwohnungen, vielleicht 70 Quadratmeter. Hier wohnen die, die wenig haben, manchmal zu wenig zum Leben und daher der Gemeinde auf der Tasche liegen.» Der nächste Schub: die Siebziger bis zur Ölkrise. Die Bauten zeichnen sich durch einen architektonischen Brutalismus aus – Art brut eben. Die Wohnungen seien aber meist grosszügig und mit guten Grundrissen: viereinhalb Zimmer mit 120 oder 130 Quadratmeter, eigentlich Eigentumswohnungsstandard. Doch die Siedlungen selbst fördern eher Vereinzelung als Zusammenhalt. Und dann, angestossen von der Personenfreizügigkeit, überrollte die Gemeinden der Boom der letzten 15 Jahre. Oft entsteht heute dabei richtig gute Architektur, so Peer. «Es sollten aber gute Siedlungen entstehen.»
Bei solchen Schüben geschieht mit den Menschen im Prinzip immer dasselbe. Sie werden wachstumsmüde. Peer sagt: «Sie sind nicht gegen das Wachstum an sich, sondern gegen dieses schnelle Wachstum, das ihre Umgebung in so kurzer Zeit verändert, dass sie nicht mitkommen.» Die Folge: Identitätsverlust. Und Überfremdungsängste, die von gewissen Parteien bewirtschaftet werden. Das war schon früher so, Stichwort: Schwarzenbach-Initiative.
Fortsetzung folgt…
3 Kommentare zu «Wie alles begann»
Vielleicht heisst die Frage, was was macht die Qualität von Orten aus? Ist es Dichte? Durchmischte Nutzungen? Gute Anschlüsse an öffentlichen Verkehr? Viele schöne Laubbaumbestände, begrünte Strassen, begrünte Quartiere und Langsamverkehrsachsen unter Laubdächern, Erholungslandschaften, intakte Natur? Und was es zum Leben braucht ist zu Fuss oder mit dem Velo erreichbar.
Genau, das Problem ist das Bevölkerungswachstum. Wegem Wirtschaftswachstum, von dem die Immobilienbarone profitieren, in dem sie die Mieter enteignen. Allgemein werden die Unternehmer gehätschelt und der Arbeiter guckt in die Röhre. Gewollt von der Politik.
Interessantes Thema, wobei der Artikel dessen Komplexität leider nicht beizukommen vermag. Mit ein paar Schlagworten und dem Bemühen der Migration ist es eben nicht getan. Der Grossraum Zürich ist im europäischen Vergleich vergleichsweise langsam und unstrukturiert gewachsen. Noch heute ist es schwierig, die Löcher in der inneren Agglo zu schliessen, stattdessen wird in 20, 30, 50 km Entfernung munter gebaut. Die S-Bahn als eigentliches Regionalbahnsystem hat hier verheerende Fehlanreize gesetzt. Es fehlt nach wie vor ein effizienter Verkehrsträger für die innere Agglo, dafür gibt es von jedem noch so entfernten „Krachen“ den 15-min-Takt nach Zürich. Sowohl verkehrs- wie raumplanungstechnisch mangelt es dem hiesigen politischen System stark an Sachverstand und Weitsicht.