Wie Abstimmen Spass macht

Seine Stimme abgeben - eine dröge Sache? Beni Frenkel weiss, wie es richtig geht.

Kinder, so geht der Abstimmen: Wahlurne im Ämtler-Schulhaus im Kreis drei. (Foto: Ennio Leanza)

Ich bin immer etwas enttäuscht, wie selten die Jugendlichen abstimmen. Wahrscheinlich ist das zu wenig «cool», um es in der Sprache der Jungen zu formulieren. Aber was ist denn «cool»? Bierflaschen auf dem Bürgersteig zerschlagen? Oder Abfall auf Wiesen herumliegen zu lassen?

Dann bin ich halt gerne «uncool» und nehme meine Pflichten als stimmberechtigter Bürger wahr. Mir bedeutet Politik viel, und ich finde es überhaupt nicht «altmodisch», sich für das Allgemeinwohl zu interessieren. Aber wahrscheinlich ist das eine Altersfrage. Eigentlich schade.

Letzte Woche habe ich gleich zweimal abgestimmt. Am Montag nahm ich an der Urabstimmung 2019 der Genossenschaft Migros Zürich teil. Es ging um die Frage «Genehmigen Sie den Lagebericht, die Jahresrechnung und die Konzernrechnung 2018 der Genossenschaft Migros Zürich?» Ich kreuzte Nein an und bekam dafür den «beliebten Schoggi-Gruss» der Migros.

Am Sonntag ging ich ins Schulhaus Lavater im Engequartier. Wie so häufig in letzter Zeit: Von Jugendlichen keine Spur. Im Vorfeld der nationalen Abstimmung studierte ich die Wahlunterlagen gründlich und kam zum Schluss: Das alles interessiert mich nicht. Fast hätte ich alles ins Altpapier geworfen. Dann kam mir der Aspekt der Wahlbeteiligung in den Sinn. All diese stirnrunzelnden Experten und naserümpfenden Kommentatoren in der «Tagesschau», die die Schweiz in Richtung Diktatur abgleiten sehen. Ich nahm den Kugelschreiber und schrieb in alle Felder «Quack» hinein. Das machte ich auch mit dem Stimmzettel meiner Frau. Ob man das auch bei der elektronischen Stimmabgabe machen kann?

Als ich das Schulhaus betreten wollte, wurde ich von zwei Männern aufgehalten, die meine Unterschrift benötigten. Ich habe mir aber gesagt: Zwei Abstimmungen pro Woche sind genug. Ausserdem musste ich mich gerade sehr konzentrieren: Wie geht das schon wieder: Kommt der Stimmzettel mit dem Stimmrechtsausweis in das Couvert? Eine ältere Frau half mir. Sie machte das auf so eine liebevolle Weise, dass mir die Tränen kamen. Ich fühlte mich in diesem Augenblick so schweizerisch wie noch selten zuvor. Als ich das alte Schulhaus verliess, rief mir eine Unterschriftensammlerin «Schalom» zu. «Ja, du mich auch», murmelte ich nur.

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