Genf und Zürich – auf und ab

Damals und heute: Servette traf es vor Jahren, nun kämpfen die Grasshoppers gegen den Abstieg. Bild: Keystone
Im Winter 2005 schrieb ich für das «Magazin» des «Tages-Anzeigers» eine Story aus Genf. Es lief nicht gut für die Stadt. Die Swiss flog den Flughafen nicht mehr an, die Welthandelsorganisation der UNO wollte wegziehen, und als wäre das nicht genug, stieg Servette aus der obersten Fussballliga ab – ein Traditionsverein, siebzehnfacher Meister. Wird Genf zweitklassig?
Die Stadt hatte eben ein neues Stadion gebaut, und die legendäre Charmilles, Ort von tausend Schlachten, war abgerissen worden. Aber die finanzkräftigen Genfer Bürgerkonnten im Schweizer Fussball wenig Glamour ausmachen. Sie hätten es vorgezogen, wenn Servette in der französischen Meisterschaft gespielt hätte, gegen Marseille oder Paris, statt gegen Sion oder Thun. Sie investierten lieber in Eishockey oder in die Segeljacht Alinghi. Währenddessen wurde der stolze Servette FC von Hasardeuren ausgenommen und spielte gegen Clubs wie Le Mont und Stade Nyonnais.
Damals, 2005, blühten in Zürich zwei Spitzenclubs. GC wurde Dritter, der FC Zürich gewann den Cup und ein Jahr später die Meisterschaft. Ein Szenario wie in Genf schien unvorstellbar. Heute kämpfen beide Zürcher Vereine gegen den Abstieg. Und die Stadt hat kein anständiges Fussballstadion.
Warum wir das Wasser am Hals haben, darüber kann man in den Bars philosophieren. Die einen argumentieren – wie die Genfer Grossbürger – mit unseren provinziellen Bedingungen. Ohne reiche Sponsoren wie die Brüder Rihs in Bern oder wie die Basler Chemie oder irgendwelche Oligarchen aus China oder Katar gehe es nicht, sagen sie, weil der einheimische Fussballbetrieb zu wenig hergebe. Andere suchen die Schuld im Fussballsachverstand der Vereinsspitzen. Ich weiss es nicht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Am Donnerstag kann der FC Zürich mit einem Sieg im Cuphalbfinal gegen Basel einen Funken der Euphorie entfachen. Es ist eine entscheidende Woche für die Sportstadt Zürich. Am Samstag spielt GC gegen Xamax die letzte Karte. Mit einem Sieg ist GC nicht gerettet, aber paradoxerweise der FC Zürich. Die Nerven liegen blank.
Mit Servette geht es wieder aufwärts. Der Verein steht vor dem Aufstieg in die oberste Liga. Der neue Präsident, ein reicher Weinhändler, hat gute Beziehungen zum Genfer Grossbürgertum, Rolex gehört zum Kreis der Sponsoren. Genf wird erstklassig.
Ein Kommentar zu «Genf und Zürich – auf und ab»
Der deutschschweizerische Hang zur Selbstkritik ist in diesem Beitrag unübersehbar. Ich denke, dass die Einschätzung, „wir“ (die Zürcher) hätten „das Wasser am Hals“ und es herrschten „provinzielle Bedingungen“, zu pessimistisch ist. Die „provinzielle“ Stadt Zürich brilliert auf so vielen Gebieten und Bereichen, dass sie am Abstieg einer – oder sogar beider – Fussballmannschaften in die zweite Reihe nicht zu verzweifeln braucht.
Die aktuelle tabellentechnische Stellung von GC ist allerdings tatsächlich katastrophal. Selbst wenn der zweitletzte Xamax in den verbleibenden sechs Partien bloss 3 Punkte machen würde, müsste GC noch 12 Punkte realisieren. Das wären vier Siege. Daran glaubt niemand. Der Abstieg scheint als so gut wie sicher.